In Deutschland und in der Eurozone insgesamt stehen die Zeichen auf Rezession. Produktion und Auftragseingang in der Industrie sind seit mehreren Monaten rückläufig. Auch die Nachfrage nach Dienstleistungen schrumpft mittlerweile, wenn man die Umfrageergebnisse des Purchasing Managers Index (PMI) von August und September zugrunde legt.
Dieselbe Erhebung zeigt, dass die Einkaufspreise der Unternehmen erneut und beschleunigt anziehen. Die Unternehmen verzeichnen also wieder neue Kostensteigerungen. Wegen der Schwäche der Konsumnachfrage können sie diese aber kaum noch auf ihre Kunden abwälzen. Das führt zu einem Rückgang der Gewinne, würgt Investitionen ab und vernichtet Arbeitsplätze, die Deutschland und ganz Europa dringend benötigen.
Die Ver
en.Die Verantwortlichen in der Europäischen Zentralbank (EZB) werden sich vermutlich zu ihrer strammen Zinspolitik beglückwünschen, wenn sie lesen, dass der Preisdruck auf der Ebene der Verbraucher nachlässt und die Gewinnmargen sinken. Denn bis vor wenigen Monaten stand der Vorwurf im Raum, die Unternehmen gäben nicht nur Kostensteigerungen in den Preisen weiter, sondern erhöhten sogar ihre Stückgewinne.Die EZB hat ein ErkenntnisproblemDumm nur, dass die Strategie der EZB, mit Zinserhöhungen Preissteigerungen zu bekämpfen, die ihren Ursprung in Rohstoffpreissteigerungen hatten, Investitionen und Arbeitsplätze unmittelbar gefährdet. Hätte die EZB rechtzeitig mit allen Betroffenen über die unumgänglichen Einkommensverluste geredet, also den Prozess der Verteilung der Einkommensverluste moderiert, statt einfach die Wirtschaft abzuwürgen, stünde Europa heute weit besser da.Wie die jetzt in Gang gekommene Abwärtsbewegung der Wirtschaft wieder umgekehrt werden kann, bevor es zu einer sich verselbstständigenden Abwärtsspirale kommt, ist völlig unklar. Es liegt nämlich ein Erkenntnisproblem bei der EZB und bei den Regierungen vor. Deswegen fehlt es der Wirtschaftspolitik an Handlungsoptionen.Das Tempo der negativen wirtschaftlichen Dynamik wird von den verantwortlichen Zentralbankern massiv unterschätzt. Sie verlassen sich auf die eigenen, oft von komplizierten mathematischen Modellen gestützten Prognosen und gehen davon aus, dass sich die Konjunktur derzeit nur ein wenig abkühlt und früher oder später von allein wieder auf die Beine kommt – trotz oder sogar gerade wegen des straffen Kurses der Geldpolitik.Stehen die Zeichen aber bereits nachweislich auf Kontraktion, agieren Unternehmen wie private Haushalte mehr oder weniger parallel, nämlich vorsichtig und abwartend. Das führt zu einem sich selbst verstärkenden Prozess, wenn der Staat keinen positiven Gegenimpuls setzt.Der Fehler von MaastrichtDie europäische Fiskalpolitik hat sich allerdings selbst die Hände gebunden. Zu oft wurde betont, dass man durch öffentliche Sparsamkeit für negative exogene Schocks vorsorgen und sich an einmal aufgestellte Regeln halten müsse, um deren Glaubwürdigkeit zu untermauern, als dass man diese Prinzipien nun ohne neuen exogenen Anlass wie Pandemie oder Krieg einfach über Bord werfen könnte.Doch auch eine angemessenere Politik der europäischen Staaten könnte nur fruchten, wenn die Geldpolitik rasch damit aufhört, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen systematisch auszubremsen. Wie kann man aber Einsicht von einer Zentralbank erwarten, deren Spitze sich total verrannt hat und die sich immer bequem auf die formale Position zurückziehen kann, dass sie ja nur die Aufgabe habe, die Inflation niedrig zu halten?Hier zeigt sich die fundamentale Fehlkonstruktion des Vertrags von Maastricht, die von Deutschland bei der Gründung der Währungsunion mit aller Macht durchgesetzt wurde. Anders als die US-Zentralbank, die Federal Reserve, deren Mandat Preisstabilität und hohe Beschäftigung gleichberechtigt nebeneinanderstellt, kann die EZB auch bei einem restriktiven Kurs jede Verantwortung für wirtschaftliche Fehlentwicklungen von sich weisen.Dass die EZB derzeit aber obendrein die Fiskalpolitik ermahnt, zu sparen und die Schuldenregeln einzuhalten, kommt einer Aufforderung zum Harakiri gleich. Setzt sich in Europa nicht schnell ein anderes Denken durch, werden die Schäden dieser Politik kaum mehr zu beheben sein.