Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea wurde die deutsche Nationalmannschaft von einem „Arbeitskreis Nationalmannschaft“ begleitet. Er bestand aus zwei Personen, die stets als Duo auftraten. Sie sahen ein wenig aus wie Pat & Patachon. Es waren Karl-Heinz Rummenigge und Rainer Calmund, Kalle und Calli. Beide trugen die hellbraunen Anzüge der Delegation des Deutschen Fußball-Bundes, des DFB. Rummenigge könnte die Kluft heute wieder anziehen, er hat sich in 20 Jahren nicht groß verändert. Bei Calmund müsste das Outfit massiv umgearbeitet werden. Er hat sich den Magen verkleinern lassen und ist nur noch ein halber Calli. Jedenfalls: Es gibt jetzt wieder eine Arbeitsgruppe zur Rettung der Nationalmannschaft (und des d
zur Rettung der Nationalmannschaft (und des deutschen Fußballs), sie heißt nur anders, Task Force – und skandalöser Weise ist Reiner Calmund diesmal nicht dabei.Placeholder image-1Sie hätten ihn ruhig mit reinnehmen können, er gehört ja auch zur Generation derjenigen, die in Talkshows ihre Beiträge mit einem „Damals …“ beginnen. Rummenigge: „Damals, als man in England meine sexy Knie besang.“ Hans-Joachim Watzke: „Damals, als ich Jürgen Klopp entdeckte.“ Rudi Völler: „Damals, als alle in der Runde mich anschauten und ich plötzlich Bundestrainer war.“ In der Ü60-Task Force stehen die Ü50er Matthias Sammer und Oliver Kahn schon für die Jugend. Obwohl auch sie sich über ihr Damals definieren. Sammer: „Damals, als ich mit Udo Lattek Dortmund gerettet habe.“ Kahn: „Damals, als ich den Umsatz mit Bananen an Orten unserer Auswärtsspiele verdreifacht habe.“ Aus dem Rahmen fällt nur Oliver Mintzlaff, er kommt von RB Leipzig, und bei diesem Verein gibt es kein „Damals“.Wetten, dass.. ? und Barbara SaleschEs steckt wenig Zukunft in der neuen DFB-Arbeitsgruppe, Diversität bildet sich darin auch nicht ab. Eins zu eins versucht der Verband wieder das zu machen, womit er Anfang des Jahrtausends eine große Krise bewältigt hat: Er trommelt Leute zusammen, bei denen er Kompetenz und Autorität ausmacht. Da fragt man dann schon: Hat die Verwissenschaftlichung des Fußballs, die immer detailliertere Auseinandersetzung mit ihm zu nichts anderem geführt als dazu, dass man in der Not nach den ewig gleichen Reflexen handelt? Und fast mit dem gleichen Personal – nur dass es vom Geschäft viel weiter entfernt ist?Vielleicht lässt sich aber auch der Fußball mitreißen von der Retrowelle. Wenn Wetten, dass.. ? gute Einschaltquoten erzielt, dann müsste es doch auch was bringen, dass Oliver Kahn vorschlägt, man solle wieder Biss auf dem Platz zeigen. Wenn Richterin Barbara Salesch an Fernsehnachmittagen wieder Recht spricht, dann müssen auch deutsche Fußball-Tugenden wieder gefragt sein dürfen, oder?Von Friedrich Merz zu Philipp LahmUnd es ist ja auch so, dass der Fußball als gerne zitiertes Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse sich einbettet in ein Klima der Rückwärtsgewandtheit. Die Union als trotz derzeitiger Oppositionsrolle umfragestärkste deutsche Partei zelebriert in Gestalt des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz gerade die Rückkehr zu sämtlichen Idealen der 90er Jahre, es sollte einen nicht wundern, wenn es zu Weihnachten wieder ein Bild von ihm in Bundfaltenhose und mit Klarinette gibt. Und die Atomkraft kommt wohl auch zurück.In eineinhalb Jahren findet in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft statt, die EM 2024 ist als Neuauflage der WM 2006 gedacht. Philipp Lahm hat damals das erste Tor geschossen, nun ist er der Organisator – auch das ist retro. Lahm sichert sich schon jetzt eine Rolle in den Task Forces der Jahre 2042 und 2062. So geht im Fußball Zukunft.