Wie Elternzeit im Beruf umgesetzt wird

Wirtschaftsfaktor Vater Väter sind heute so viel mehr als nur Hauptverdiener und Familienversorger. Sie verstehen sich als aktiv gestaltenden Teil der Familie, und das ist auch gut so.

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Was den Wirtschaftsfaktor Familienvater angeht, hat sich dadurch vieles geändert und noch viel mehr muss in Zukunft noch geändert werden. Rollenmodelle im Wandel aus der wirtschaftlichen Perspektive.

Das Bild des Familienvaters hat sich in unserer Gesellschaft deutlich gewandelt. Väter sind längst nicht mehr nur Familienversorger, sondern möchten sich auch in anderen Bereichen intensiv in den Familienalltag einbringen. Sie planen eigene Elternzeitmonate, bereiten sich gemeinsam mit ihrer Partnerin auf die Geburt vor und die meisten Väter möchten heute auch im Kreißsaal dabei sein, um im Leben ihres Kindes von Anfang an eine wichtige Rolle einzunehmen.

Dieser Wandel war auf verschiedenen Ebenen nicht einfach und vollzieht sich stellenweise immer noch etwas schleppend. Während in den Köpfen moderner und liebevoll engagierter Familienväter die neuen Rollenmodelle längst Gestalt annehmen und sich von ihrer positiven Seite zeigen, hat vor allem die Wirtschaft noch einiges an Nachholbedarf was die Integration von qualitativ hochwertiger Familienzeit für Väter in den Arbeitsalltag angeht.

Der Gesetzgeber schafft Voraussetzungen, die Umsetzung hinkt

Der Gesetzgeber hat die Zeichen der Zeit verstanden und bereits einige neue Rechtsgrundlagen verankert, die die Möglichkeiten von Vätern unterstützen, sich als aktiven Part in den Familienalltag zu integrieren und der Zeit mit der Familie einen größeren Platz einzuräumen.

Das Herzstück der Gesetzesänderungen ist die Elternzeit für Väter, auf die Arbeitnehmer heute einen rechtlichen Anspruch haben. Bereits 2007 trat das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Kraft, in dem der Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld auch für Väter fest verankert ist. § 15 Absatz 1 BEEG besagt, dass sowohl Frauen als auch Männer nach der Geburt eines leiblichen Kindes das Recht haben, sich unentgeltlich von der Arbeit freistellen zu lassen, um das Kind oder die Kinder im eigenen Haushalt zu betreuen.

Dabei gelten die folgenden Voraussetzungen:

1. Die Elternzeit beträgt insgesamt 36 Monate, wovon 12 Monate in den ersten drei Lebensjahren des Kindes genommen werden müssen. Die verbleibenden 24 Monate können zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Sprösslings genutzt werden.

2. Vater und Mutter können die zur Verfügung stehende Elternzeit nach den gesetzlichen Vorgaben frei untereinander verteilen, müssen sich dem Arbeitgeber gegenüber aber verbindlich festlegen.

3. Die Elternzeit im vom Gesetzgeber festgelegten zeitlichen Rahmen bedarf nur der Kenntnisnahme des Arbeitgebers, nicht aber seiner Zustimmung. Eine Ausnahme bilden nur Betriebe, in denen weniger als 15 Mitarbeiter tätig sind.

4. Der Antrag auf Elternzeit muss dem Arbeitgeber mindestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich eingereicht werden und Arbeitnehmer müssen den Zeitraum der Elternzeit zumindest für die nächsten zwei Jahre verbindlich festlegen, um Arbeitgebern eine Planungssicherheit zu bieten.

5. Insgesamt darf die Elternzeit pro Elternteil in drei Teilabschnitte eingeteilt werden.

6. Spätere Änderungen bedürfen der Zustimmung des Arbeitgebers und müssen nicht akzeptiert werden.

7. Sie erhalten zwar in der Elternzeit als Vater kein Gehalt, können jedoch Elterngeld beantragen.

8. Sie müssen mit Ihrem Kind in einem Haushalt leben.

9. Sie müssen die Erziehung und Betreuung selbst übernehmen.

10. Sie dürfen monatlich im Durchschnitt nicht mehr als 30 Stunden arbeiten, wenn Sie Elterngeld beziehen möchten oder die Elternzeit weiterlaufen soll.

11. Während der Elternzeit gilt der bestehende Arbeitsvertrag lediglich als ruhend. Eltern im Angestelltenverhältnis muss nach dem Ende der Elternzeit die Möglichkeit eingeräumt werden, auf ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückzukehren.

12. Vielfach besteht auch ein rechtlicher Anspruch auf eine Teilzeittätigkeit in Anschluss an die Elternzeit. Dies hängt allerdings von der Größe und der internen Struktur des jeweiligen Unternehmens ab.

Rechtlich ist das Thema Elternzeit und auch Elterngeld also ganz klar geregelt. Der Praxis zeigt sich allerdings vielfach, dass die neuen Rechte von Vätern im Angestelltenverhältnis noch nicht in den Köpfen von Vorgesetzten angekommen sind.

Der Karriereknick als Hemmschuh für engagierte Familienväter

Während in familienfreundlichen Betrieben nach und nach die Voraussetzungen geschaffen werden, um Vätern Qualitätszeit mit der Familie einzuräumen, gehört es leider vielfach noch zum Alltag, dass der Antrag auf Elternzeit mit unangenehmen Diskussionen einhergeht, die nicht selten langfristig negative Auswirkungen auf die Position im Unternehmen haben. Frauen kennen dieses Thema zur Genüge. Der Karriereknick ist aber scheinbar auch für viele Väter vorprogrammiert, selbst wenn sie sich für eine eher kurz bemessene Elternzeit entscheiden. Die Wissenschaftlerin Lisa Yashodhara Haller hat sich verschiedenen Aspekten dieser Problematik in ihrem Buch „Elternschaft im Kapitalismus“ gewidmet und dabei beleuchtet, wie Paare mit den Einschränkungen und Zwängen umgehen, die von wirtschaftlicher Seite auf sie einwirken.

Ist die Wirtschaft, die hinter der Elternschaft im Wandel der Zeit hinterherhinkt, noch immer ein Hemmschuh für Väter, die sich Zeit für die Familie nehmen möchten? Leider ja. Bundesweite Erhebungen zeigen, dass zwar immer mehr Väter sich dazu entschließen, tatsächlich in Elternzeit zu gehen. Im Bundesdurchschnitt waren es im Jahr 2017 immerhin 35,7 Prozent. Allerdings beschränken die meisten Väter ihre Elternzeit auf die Mindestdauer von zwei Monaten. Weniger ist zumindest dann nicht möglich, wenn während der Elternzeit auch Elterngeld bezogen werden soll.

Das bedeutet, dass zumindest in den Köpfen von Familien die neuen Rollenmodelle und die Möglichkeiten, die sie für die Gestaltung des Familienalltages bieten, angekommen sind und vielfach positive und kreative Energie entfalten. Auf Arbeitgeberseite muss hier allerdings noch viel Kreativität und vor allem Kompromissbereitschaft folgen, damit Väter künftig entspannter und ohne Zukunftsangst in Elternzeit gehen können.

Es könnte helfen, wenn die zuständigen Behörden, wie zum Beispiel die Elterngeldstelle, auch Unternehmen ein breiteres Hilfsangebot zur Verfügung stellen würden. Vielfach scheitert die Bereitschaft von Vorgesetzten, sich auf eine flexible Elternzeit oder sogar ein Modell im Zusammenhang mit ElterngeldPlus einzulassen, an mangelndem Hintergrundwissen und der Angst vor bürokratischem Durcheinander. Hier könnten umfangreiche Beratungsangebote für Unternehmen Abhilfe schaffen und beiden Seiten Vorteile bringen.

Anpassungen wie flexible Teilzeitmodelle, Arbeitsplätze im Homeoffice, Arbeitszeiten, die aus dem klassischen Modell ausbrechen und familienfreundliche Regelungen bezüglich Urlaubsanspruch und Überstunden bergen für beide Zeiten Potenzial und könnten neben mehr Zufriedenheit auf Väterseite auch mehr Produktivität und Engagement für das Unternehmen mit sich bringen. Umdenken ist hier dringend erwünscht, damit moderne Familienväter wieder zu einem rentablen Wirtschaftsfaktor werden können.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Juliane von Hopfgarten

Meine Themenbereiche umfassen internationale Politik, Wirtschaft sowie Frauenrechte. Unten ein Link zu meinen Beiträgen auf EditionF.

Juliane von Hopfgarten

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