US-Politik: Assad "Teil der Lösung"?

Syrien. Eine falsche Politik muss ein Land sich überhaupt erst leisten können. In dieser Hinsicht wird Washington nun offenbar sparsamer.

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US-Präsident Obama stattet Saudi-Arabien einen Kurzbesuch ab - begleitet wird er von hochrangigen Vertretern beider großer US-Parteien, so der BBC WS heute morgen. Simon Henderson, senior fellow at the Washington Institute for Near East Policy, erklärt dem BBC World Service am Mittwochmorgen, warum dieser Besuch so wichtig sei, und erwähnt unter anderem Syrien.

Die US-Politik sei flexibler und anpassungsfähiger als die saudische, so Henderson, und ziehe angesichts der Lage nach drei Jahren der Versuche, Assad "loszuwerden" (to get rid of Assad), und insbesondere nach dem Erscheinen des "Islamic State", die Möglichkeit in Betracht, dass Assad gar nicht so sehr das Problem, sondern die Lösung sein könne.

Jazz-ähnlich hätte das wohl die frühere amerikanische Außenministerin und vielleicht zukünftige Präsidentin Hilary Clinton genannt.

Wie es die saudische Führung oder die saudische Öffentlichkeit nennen, ist wohl nicht bekannt. Aber ein besonders unfreundlicher Begriff wäre "Verrat".

Man möchte also auf amerikanischer Seite nicht nur herausfinden, was für Leute das sind, die nach König Abdullahs Tod nun in Riyad das Sagen haben, sondern denen auch - moölichst zu ihrer hinreichenden Beruhigung - erklären, wer man selber sei. Also: ein grosser und verlässlicher Verbündeter gegen alle Fährnisse, kämen sie aus Syrien, aus Iran, oder aus dem Jemen.

Obama ist vermutlich der erste amerikanische Präsident, der den - relativen - Niedergang der USA bewusst gestaltet. Dabei ist es an sich nichts Neues, dass die Washingtoner Politik ihre eigenen Grenzen kennenlernt. Vor über fünfzig Jahren scheiterte die Schweinebucht-Operation gegen Kuba.

Man darf zum Beispiel annehmen, dass Washington Castro hätte stürzen koennen, wenn es die dafür nötigen Mittel eingesetzt hätte. Aber nicht zuletzt angesichts der sowjetischen Protektion Kubas war das amerikanische Interesse an einem Erfolg des Angriffs nicht sonderlich groß - das Anliegen, Kuba zu konterrevolutionieren, war keinen Weltkrieg wert. Eine "neue" amerikanische Syrienpolitik (es würde im übrigen nicht die erste Wiederannäherung zwischen Damaskus und Washington sein) waere also erklärbar.

Die Obama-Administration war nach eigenem Bekunden von Anfang an mehr an einem "nation building" zu Hause gelegen als an Aufbau (oder auch Zerstörung) im Ausland. Damaskus scheint das zu wissen. Jedenfalls waren die Sendungen des syrischen Auslandsradios im vergangenen Jahr zurückhaltend bei der Kritik Washingtons, verglichen mit dem, was über Syriens Nachbarn gesagt wurde. Es scheint darum zu gehen, das amerikanisch-arabische Bündnis gegen Damaskus aufzubrechen. Das könnte Damaskus gelingen.

Amerika brauchte über ein halbes Jahrhundert um zu »verstehen, dass es das kubanische politische System nicht aus der Welt boykottieren konnte. Dass sich Regimewechsel in Irak oder Syrien nicht nach Belieben auslösen oder "steuern" lassen, hat man in Washington womöglich schneller begriffen.

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