Westbank: Omar al-Khmour trug einen Brief bei sich, gefaltet und zerfranst

Reportage Palästinenser tragen Abschiedsbriefe an ihre Eltern bei sich. Ein Verhalten, das umso verbreiteter ist, je explosiver die Situation. Sie wollen eine letzte Botschaft hinterlassen, sollten sie bei israelischen Angriffen getötet werden
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 27/2023
Omars Mutter Samira al-Khmour in ihrem Haus im Flüchtlingslager Dheisheh mit Jamal, auf dessen Pullover das Konterfei seines Freundes Omar zu sehen ist
Omars Mutter Samira al-Khmour in ihrem Haus im Flüchtlingslager Dheisheh mit Jamal, auf dessen Pullover das Konterfei seines Freundes Omar zu sehen ist

Foto: Klaus Petrus

Vielleicht lag er ohnehin wach, hatte trübe Gedanken oder konnte einfach nicht von seinem Smartphone lassen. Vielleicht aber schlief er tief zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens, als das israelische Militär mit gepanzerten Jeeps ins Flüchtlingscamp Dheisheh südlich von Bethlehem in der Westbank eindrang und das Feuer eröffnete. Da rannte er womöglich mit Freunden auf die Straße, stellte sich ihnen in den Weg, warf Steine und Flaschen gegen die Fahrzeuge. Oder er hatte damit nichts zu tun, ging aus Neugier vor die Tür und geriet zwischen die Fronten, eine Handvoll bewaffneter Palästinenser hier, israelische Armee ihnen gegenüber. Obschon das wohl eher nicht zutrifft, denn in der Hosentasche des 14-jährigen Omar al-Khmour fand man e