US-Wahl: Zwölf Republikaner wollen Präsident werden, doch keiner gegen Donald Trump
Vorwahlfieber Es gibt eine eindrucksvolle Schar von republikanischen Bewerbern für das Weiße Haus, die ab Anfang 2024 in die Vorwahlen ziehen wollen, ohne den Favoriten infrage zu stellen
Erst einmal müssen die inzwischen gut ein Dutzend republikanischen Anwärter der Präsidentenwahl 2024 durch die Vorwahlen. Donald Trump gilt als Opfer der Justiz und starker Mann zugleich. Rivalen kuschen. Die Partei ist Trumps Partei. Es geht bei der Vorwahl um Trump.
Ungeachtet dessen wächst die Schar der vom Weißen Haus Träumenden. Jeder oder jede wie die einzige Bewerberin Nikki Haley muss sich gegen den Ex-Präsidenten durchsetzen. Allerdings wird der Elefant im Raum nur vorsichtig attackiert: Etwas müssen die Rivalen über Trumps Geheimdokumente sagen. Als taktisch unklug gelten scharfe Angriffe wegen des Rückhalts von Trump an der „Basis“. Kontrahenten hoffen womöglich, der 77-Jährige – mit Strafprozessen am H
essen am Hals – könnte implodieren.Wildes US-Wahljahr steht bevorDie Republikaner haben sich diese Hörigkeit selbst zuzuschreiben. Den Politiker Trump kennt man allerspätestens, seit der Immobilien-Milliardär und Fernsehunterhalter im Juni vor acht Jahren auf der Rolltreppe im Trump Tower erschien, um seine Kandidatur anzukündigen. Er hielt eine Ansprache mit wüsten Warnungen vor mexikanischen Migranten, die Drogendealer seien und Vergewaltiger. Trump symbolisierte Macht, seinen Anhängern vermittelte er Nähe zur Macht. Das kam an bei Menschen, die wissen, dass sie nicht viel zu sagen haben. Oder die um ihre eigene Stellung fürchten.Angstmache, Spott und Hohn prägen die Trump-Show, und republikanische Politiker wollen deren möglichen Zorn nicht auf sich ziehen. Trump verführt. Im Trump Tower damals ebenso wie jüngst bei seinem Statement nach der gerichtlichen Anhörung in Miami zu den Unterlagen aus dem Badezimmer im Mar-a-Lago. „Ein korrupter amtierender Präsident hat seinen wichtigsten politischen Gegner aufgrund einer erfundenen Anklage festnehmen lassen“, wetterte Trump.Den USA steht ein wildes Wahljahr ins Haus, in dem einem führenden Kandidaten zumindest theoretisch eine jahrelange Haftstrafe droht. Dieser Bewerber und viele seiner Wählerinnen und Wähler behaupten, sie hätten 2020 durch Betrug verloren. Das liberale Amerika ringt die Hände und sieht die Demokratie gefährdet. Trump hält dagegen, dass genau diese Demokraten die Demokratie schwer geschädigt hätten. Natürlich kandidiert Trump auch, um sich der Justiz zu entziehen.Selbst wenn sie wollten, hätten republikanische Anwärter Glaubwürdigkeitsprobleme, wollten sie die Nabelschnur zu Trump kappen. Als vielversprechendster Rivale gilt der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis (44), der sich mit einem Haufen Spendengeld als wählbar inszeniert und gleichzeitig als gefühlsmäßiger Erbe. DeSantis ist die Version eines Trumpisten, wiedergewählt in Florida im November 2022 mit 59 Prozent. Ron sei ein toller Vater, versichert Ehefrau Casey DeSantis. Im Werbespot zur Gouverneurswahl baute der Papa mit seiner kleinen Tochter eine Mauer und las aus einem Buch vor über Donald Trump.Wie sein zeitweiliges Vorbild macht Ron DeSantis Stimmung gegen irgendwelche Eliten, porträtiert sich als Populist, der haarscharf ausschließt, wer nicht zum „Volk“ gehört. Trump will Amerika retten und zu seiner wirtschaftlichen Größe zurückführen. DeSantis konzentriert seine öffentliche Empörung auf Woke-Anliegen, LGBT-Themen, Black Lives Matter, Dragqueens und die angebliche Gefahr von Transmenschen. Die Tech-Industrie sei verlängerter Arm der Linken, klagt DeSantis, den Medien sei nicht zu trauen, und der in Florida angesiedelte Disney-Konzern sei viel zu woke (der Freitag 18/2023). DeSantis fordert die Republikaner auf, die „Rüstung Gottes“ anzulegen gegen die Vorhaben der Linken. Es drohten „flammende Pfeile“, vor denen der „Schild des Glaubens“ schütze.Vermeintlich modernes Gesicht Nikki HaleyTrumps Ex-Vizepräsident Mike Pence kann nicht so recht vermitteln, warum er ins Oval Office will. Er sei „Christ, konservativ und Republikaner“ – in dieser Reihenfolge, so Pence. Als Trumps Nr. 2 himmelte er den in der Hoffnung aufs Erbe an, dass einen das Fremdschämen überwältigte. Der Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 hat das Projekt Nachfolge aus dem Tritt gebracht. Pence zog nicht mit beim Unterfangen, die Auszählung der Stimmen der Wahlleute zu stoppen. Trump hat ihm das nie vergeben. Nikki Haley, Trumps UN-Botschafterin 2017/18, setzt sich vorsichtig von Trump ab.Haley hatte seinerzeit dem Weißen Haus so gut gefallen, dass spekuliert wurde, sie könne 2020 Trumps Kandidatin für die Vizepräsidentschaft werden. Haley mit Eltern aus Indien ist das vermeintlich moderne Gesicht der Republikaner. Die Riege der Vorwahlkandidaten soll das Image von der Partei der Weißen kontern, ein beinahe aussichtsloses Unterfangen zu Zeiten des gepflegten weißen Nationalismus. Der Bewerber Tim Scott, ein Senator, ist Afroamerikaner, ebenso der Medienprominente Larry Elder. Francis Suarez, Bürgermeister von Miami, ist Latino. Die Eltern von Pharma-Milliardär Vivek Ramaswamy kommen aus Indien.Weiter treten an: der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, der sich einst Hoffnung machte auf einen Posten im Trump-Kabinett. Mehrere Anwärter werden als „long shots“ geführt, ohne echte Chancen, darunter der Finanzunternehmer und Pastor Ryan Binkley, der Gouverneur von North Dakota, Doug Burgum, der frühere Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, und der Unternehmer Perry Johnson. Trump kann es recht sein, wenn möglichst viele Rivalen Stimmen untereinander aufteilen.Der Ukraine und den US-Hilfen können die Kandidaten nicht aus dem Weg gehen, weil Trump sich positioniert gegen Bidens Politik und erklärt, er würde den Krieg in Kürze durch Verhandlungen zu Ende bringen. Biden gebe der Ukraine zu viel, so Trump in der CNN-Townhall im Mai. Die USA hätten nicht genug Munition für sich selbst. DeSantis hat sich nicht auf Konkretes festgelegt, jedoch gesagt, weitere Verstrickung „in einen territorialen Streit zwischen der Ukraine und Russland“ sei nicht im nationalen Interesse der USA. DeSantis hat Erfahrung im Militär, er war 2006 im Gefangenenlager Guantanamo eingesetzt. Der dort inhaftierte Mansoor Adayfi hat auf der Website des Senders Al Jazeeraüber DeSantis geschrieben.Im Lager seien manche Gefangene im Hungerstreik zwangsernährt worden, und DeSantis habe zugeschaut. „Er lachte mit anderen Offizieren, während ich vor Schmerz schrie ... Er hat mich nicht gefoltert, doch hat anscheinend seine Freude gehabt.“ DeSantis bestreitet den Vorfall. Als er 2018 für das Gouverneursamt in Florida kandidierte, schaltete er eine Wahlwerbung: Er habe sich mit Terroristen in Guantánamo auseinandergesetzt. Es folgte ein Trump-Zitat. DeSantis sei „ein brillanter Führer“.In der Vergangenheit hat Trump den kulturellen Trumpismus mit Wirtschaftsinteressen zusammengebracht. Frauenfeindliche Aussagen mögen Wirtschaftslobbyisten peinlich gewesen sein. Allerdings hat der Mann geliefert mit Steuergesetzen und der Negierung von Umwelt- und Arbeitsschutzgesetzen. Dieser Klientel stellt sich nun die Frage, ob Trump trotz seines Rückhalts in der Partei bei der Hauptwahl wirklich gewinnen kann. Das Wall Street Journal machte sich im Juni Sorgen, Trump werde Biden wohl nicht besiegen können. Zudem zeige das „Dokumentenfiasko“, dass er selbst im Fall eines Wahlsieges wohl nicht für die gewünschten konservativen Siege sorgen würde, „weil er sich nicht selbst kontrollieren kann“. Team Trump verschickt Spendenaufrufe. Man müsse zusammenstehen gegen die Hexenjagd.