Keine Regenschirme für Hollande

Frankreich Halbzeit für François Hollande und eine Pressekonferenz als Versuch sich freizuschwimmen: mit Luftschlägen, Witzchen und einem Bekenntnis gegen Regenschirme

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Keine Regenschirme für Hollande

Bild: PATRICK KOVARIK/AFP/Getty Images

Bei perfekten Inszenierungen sagen kleine Details am Ende mehr als große Worte. Im goldglänzenden Festsaal des Elysée-Palastes, sorgfältig für Kamerafahrten und Live-Schalten hergerichtet, werden die Minuten gezählt: 6, 7 oder doch 7 1/2 Minuten Verspätung? Als François Hollande zur großen, halbjährlichen Pressekonferenz ans Mikrofon tritt, will er ein Präsident sein, der noch wenige Sekunden zuvor schwierige Entscheidungen zu treffen hatte. Schon ein paar Sätze später geht es um nicht weniger als um die Sicherheit Frankreichs, um Luftangriffe im Irak.

Indes scherzen die anwesenden Journalisten bereits, ob wohl ein Kollege vom Klatsch-Magazin Closer gleich eine Frage nach Hollandes Bettgeschichten stellen darf. Nach den pikanten Bekenntnissen von Valerie Trierweiler will schließlich Monsieur-Tout-le-Monde, der gemeine Franzose, ganz genau wissen, was die "Zahnlosen" sind. Die "Sans dents", über die der Präsident im Privaten angeblich gerne Witze reißt. Nicht zu vergessen, ob Julie Gayet noch akutell ist.

Die bevorstehende Rückkehr von Nicolas Sarkozy auf die politische Bühne amüsiert die Anwesenden mehr als Hollandes Ausführungen zur Ausbreitung von Ebola oder die Sanktionen gegen Russland. Dabei ist es gerade auf außenpolitischem Parkett trotz aller internationalen Zerrüttungen nicht ganz so rutschig für diesen Präsidenten.

Luftbilder von Bombardements im Nordirak, Interviews mit geretteten Flüchtlingen - So lässt sich Verantwortung und Handlungsfähigkeit besser illustrieren als mit Statistiken zu steigenden Arbeitslosenzahlen oder Firmenschließungen.

Lieber nass als trocken

Der Name Gerhard Schröder darf ebenso wenig fehlen wie Anleihen zum deutschen Modell. Letzteres sei inspirierend -ganz sicher - aber eben nicht in allen Punkten übertragbar. Dann Europa, der deutsch-französischer Motor...und immer wieder Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. So weit, so fern.

Zum Amüsement noch ein Bonmot über die Unabhängigkeit der Presse, die er selbst ja als allererster zu spüren bekommen würde (ein kleines bitteres Augenzwinkern in Richtung seiner Ex Valérie und ihres kürzlich erschienenen Buches).

Doch sein persönliches Schicksal sei am Ende völlig nebensächlich, zweitrangig. Auf die Frage, warum er bei einer Gedenkveranstaltung vor einigen Tagen auf einen Regenschirm verzichtet hätte und so sein Bild noch weiter ins Lächerliche gezogen hat, antwortet er: "Ich kann, selbst als Präsident der Republik, weder den Regen anhalten, noch anordnen." Er habe sich genau wie die Besucher der Veranstaltung dem nassen Element stellen wollen. "Ich war lieber nass als trocken an diesem Tag."

Am Ende der über zweistündigen Pressekonferenz ist Hollande schweißgebadet. Selbst im Trockenen wirkt der glücklose Präsident derzeit stets wie ein Ertrinkender.

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Geschrieben von

Romy Straßenburg

Lebt als freie Journalistin in Paris. Ihr Buch "Adieu Liberté - Wie mein Frankreich verschwand" ist im Ullstein-Verlag erschienen.

Romy Straßenburg

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