Auf eines ist in Paris Verlass. Regieren sozialistische Präsidenten, finden sie in ihrer Außenpolitik zuweilen Gefallen an der forschen Vollstrecker-Attitüde. Darauf wird besonders dann Wert gelegt, wenn es innenpolitisch an Fortune fehlt oder der Verdacht keimt, ein konservativer Amtsinhaber würde mehr Entschlusskraft zeigen. Es war in der Ära des Sozialisten François Mitterrand, als der französische Geheimdienst im Juli 1985 durch einen Bombenschlag das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior im Hafen von Auckland versenkte und dabei den 35-jährigen Fotografen Fernando Pereira tötete. Zweifelsfrei eine Strafaktion. Die Crew wollte gerade zum Moruroa-Atoll aufbrechen, wo Frankreich neue Atomtests vorbereitete. Zu dieser Reise kam es nicht mehr, weil Mitterrand Gewalt für ein legitimes Mittel hielt, um eine solche Aktion zu unterbinden.
François Hollande bedient sich der außenpolitischen Flucht nach vorn in fast schon obsessiver Weise und greift nach dem großen Hammer, um ihn wie eine Monstranz vor sich her zu tragen. Man denke an die Mali-Intervention vom Januar, über deren militärischen Ertrag anfangs viel zu hören war. Inzwischen stockt der Nachrichtenfluss. Von der versprochenen demokratischen Generalinventur in Bamako wird gleich gar nichts bekannt. Will Hollande jetzt das EU-Waffenembargo gegen Syrien zugunsten des Anti-Assad-Lagers aufgeben (wenn es sein muss, im Alleingang mit den Briten), hat dieses Gebaren mehr als nur einen Stich ins peinlich Tatendurstige. Herr Biedermann bemüht den gesunden Menschenverstand und wird zum Brandstifter. Es müsse doch endlich etwas geschehen, wird der französischen Öffentlichkeit suggeriert, damit Bashar al-Assad verschwindet und die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt. Zum Glück regiert in Paris ein willensstarker Präsident, der erst Mali rettet und jetzt in Syrien den designierten Siegern unter die Arme greift. Der Konservative Sarkozy hatte 2011 seinen Anteil am Sturz Gaddafis – der Sozialist Hollande macht sich um den Fall Assads verdient, so die Botschaft. Auch Sozialdemokraten sind Überzeugungstäter, wenn es darauf ankommt. Als ob man es geahnt hätte.
Frieden stiften statt Waffen schicken
Wer sich eingehend mit Syrien befasst, weiß allerdings, dass es der Freien Syrischen Armee, der Syrischen Befreiungsfront oder der islamistischen Jabhat al-Nusra dank der Gaben aus Katar, Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten nicht an Waffen fehlt. Bringen sich Frankreich und Großbritannien als Ausrüster ins Spiel, sind sie genau genommen überflüssig. Tatsächlich wird mit derlei Patenschaften verhindert, dass der Bürgerkrieg in Syrien durch einen politischen Kompromiss und nicht durch eine militärische Entscheidung endet. Hollande düpiert UN-Vermittler Lakhdar Brahimi und torpediert dessen Plan, eine Übergangsregierung zu bilden, ohne dass Staatschef Assad zuvor abtritt. Dieser Ausweg braucht eine starke internationale Lobby. Die EU sollte dazu gehören. Wer sonst als der Friedensnobelpreisträger 2012 hat das Mandat, Syrien von der Geißel des Massensterbens zu befreien? Stattdessen muss François Hollande zeigen, dass er in der EU aus dem Schatten von Angela Merkel treten und ganz allein am großen Rad drehen kann.
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