Das F-Wort

Genderkarte Strategisch denken: Wie Hillary Clinton in ihrer Kampagne zur Präsidentschaftskandidatur mit Feminismus hantiert
Ausgabe 18/2015
Alles wird davon abhängen, wie es Clinton gelingt, beide Geschlechter in ihre Agenda einzubeziehen
Alles wird davon abhängen, wie es Clinton gelingt, beide Geschlechter in ihre Agenda einzubeziehen

Foto: Andrew Burton/Getty Images

Sie spiele die Genderkarte, meint nicht nur der Guardian dieser Tage zur Kampagne der USA-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Aufmerksam beobachten die britischen und US-amerikanischen Medien, dass Clinton sogar mit dem F-Wort hantiert. F wie Feminismus natürlich.

Clinton ist politisch erfahren genug und auch gut beraten, wenn sie dies tut. Im Grunde ist jede Frau, die sich um ein öffentliches Amt bewirbt, gezwungen, die Genderkarte zu spielen – oder sie einzukalkulieren. Auch sie bewusst nicht zu spielen, wie es Merkel getan hat, gehört zum Spiel. Es hat sie nicht vor „Mutti“-Zuschreibungen bewahrt, die sie selbst kaum beeinflussen kann.

Hillary Clinton dagegen spielt offensiv. Sie hält es wohl für geschickter, die roten Tücher „Gender“ und „Feminismus“ schon mal hinzuhalten, damit sie merkt, wie die mediale Welt drauf reagiert und wo die Gegner attackieren. Nebenbei macht sie ihre Geschlechtszugehörigkeit so zum Teil ihres Markenkerns. Sie hat damit auch aus dem Wahlkampf 2008 gelernt, dem – aus Sicht der politischen Berater – zu viel Schärfe innewohnte. Jetzt setzt sie auf die weiblichen Kompetenzen. Auch das tun die meisten Frauen in der Politik, aber sie machen das selten so offensiv zum Thema wie jetzt Clinton.

Sie kennt die berüchtigte „gläserne Decke“, die Frauenkarrieren ab einer bestimmten Station plötzlich bremst. Sie hat sie mehrfach durchstoßen und weiß darum auch, wie man dabei umherfliegende Splitter meidet. Politische Forderungen wie Mindestlöhne, Lohngleichheit, gleiche Chancen für beide Geschlechter und Bildungschancen für alle Kinder will sie als „weiche“, aber gewichtige Themen in den Mittelpunkt stellen und daraus eine Agenda zur Förderung der Mittelschicht machen.

Sie könnte damit nicht nur die feministisch-geschlechterbewussten Wählerinnen gewinnen. Von ihnen gibt es in den USA wesentlich mehr als hierzulande. Und außerdem sehr prominente Frauen, die das Thema entsprechend kommunizieren. Das wäre gegenwärtig undenkbar für eine Kanzlerkandidatin.

Trotzdem wird es wichtig sein, einen zu offensiven Geschlechterkampf zu vermeiden. Alles wird davon abhängen, wie es Clinton gelingt, beide Geschlechter in ihre Gender-Agenda einzubeziehen und nicht zu spalten. Vielleicht haben sie und ihr Umfeld damit den richtigen Instinkt. Die US-Wähler sind nicht mehr sehr heiß auf patriotische Abenteuer. Gender in der Tagespolitik bedeutet, Angebote zu machen, wie ein prekärer und bedrohter Alltag zu meistern und zu erleichtern ist – für beide Geschlechter.

Magdalene Geisler bloggt seit vielen Jahren als Magda in der Freitag-Community

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