Ein Geschenk der Götter

Filmkritik Ein Filmbesuch in einem leeren Kino, aber ein, lustiger, ernster und poetischer Film über Arbeitslose, diesmal nicht im Osten, sondern in Schwaben

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 Ein Geschenk der Götter

Eine wohlwollende Rezension und eine reichlich biestige– lagen vor, als wir ins „Kino in den Hackeschen Höfen“ gingen, um uns „Ein Geschenk der Götter“ anzusehen. Auch die Blogs von Corina Wagner über den Film und über die Dreharbeiten, das Stadttheater Ulm, einen Haupschauplatz des Films, der in der schwäbischen Stadt spielt, hatte Interesse geweckt.

Wir nahmen es keineswegs als schlechtes Omen, dass wir die einzigen Zuschauer waren. Es war ja früher Nachmittag. Gerne plauderten wir mit dem Haushandwerker über das Gebäude und die Höfe, in dem sich die Touristen drängten. Früher waren hier viele Gewerke und Produktionsstätten, auch Proberäume untergebracht. Man muss sich in den dritten Stock hocharbeiten, um das Kino zu erreichen und wird mit dem Blick auf ein schönes geräumiges Foyer entlohnt. Meinem Mann fiel ein, dass dies aussah, wie der Nähsaal einer Konfektionsfirma, in dem sein Vater einmal gearbeitet hatte.

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Der Handwerker beruhigte uns: Auch für uns beide würde der Vorhang hochgehen. Wir fanden es eher merkwürdig faszinierend, so ganz allein in einem Kino zu sitzen.

Der Plot ist schon im verlinkten Blog erzählt, aber hier nochmal eine kleine Inhaltsangabe: „Ein Geschenk der Götter“ handelt von einer arbeitslos gewordenen Schauspielerin, die eine theatervernarrte Fallmanagerin für eine „Maßnahme“ engagiert, die mit Theater zu tun haben soll. Das Ziel ist ein bisschen diffus: Körperbewusstsein erlangen, sich im Raum bewegen lernen, über sich selbst etwas erfahren, ein bisschen Rollenspiele – das soll die aus der Arbeitswelt Gefallenen wieder kompatibel machen. Aber ein Textbuch - am Boden einer Kramkiste gefunden - weist dann den Weg. „Antigone“ von Sophokles wird die gemeinsame Aufgabe sein. Einstudiert von den ganz unterschiedlichen Teilnehmern, von denen jeder sein eigenes Schickssal, seine Probleme hat, über die knapp und karg und ohne Larmoyanz erzählt wird. Da gibt’s herrliche Kabinettstückchen. Besonders die Arbeit der Regisseurin dieser Übersprung-Moment vom Professionellen zum Zwischenmenschlichen, das immer mit dieser Arbeit verbunden ist, wird herrlich eingefangen. Zorn und Tränen, Unlust und Begeisterung sind zu besichtigen.

Dann wird die „Maßnahme“ nicht weiter finanziert und genau das bringt die Teilnehmer wirklich zusammen. Sie finden einen neuen gemeinsamen Ort für ihre Arbeit. Der charmante Grieche soll den König spielen, aber das Schicksal treibt ihn nach Hause, just in dem Moment, da sich für die inzwischen zusammengewachsene Truppe sogar der Weg zum Stadttheater öffnet.

Es ist – entgegen der Kritik in der Stuttgarter Zeitung - ein Film, der überhaupt nicht zynisch ist, sondern sehr und zu Recht an seine Schauspieler glaubt und auch an die Menschen, die sie darstellen.

Arbeitslosigkeit ist ein Thema, das gern im Osten verortet wird, nicht im reichen Baden-Württemberg. Aber, auch hier sind Menschen, die sich als gescheitert erleben, die zu alt, zu wenig angepasst, nicht mehr gebraucht sind und entsprechend gestimmt. Es soll natürlich ein Film auch darüber sein, wie man wieder Mut fasst, aber er macht überhaupt nicht den Aufmunterer, sondern er ist im besten Sinne „menschenfreundlich“, den Menschen sehr nah, von denen er erzählt. Und das Ende - als die etwas instabile Premiere stattfindet - und das Theater begeistert ist, war durchaus ein glücklicher, gelungener Moment. Jedoch auch noch nicht ganz das Ende. Poetisch, komisch, sehr unterhaltsam.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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