Meine ganz persönliche Sicht zur EEG-„Deform“

Erneuerbare Energien Entweder ist die EEG-Novelle der Einstieg in den Ausstieg der Energiewende – oder das Signal für die Öffentlichkeit, sich endlich der Lobbymacht entgegenzustellen

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Meine ganz persönliche Sicht zur EEG-„Deform“

Foto: STR/ AFP/ Getty Images

Ich bin nicht dafür bekannt, bei wichtigen Gesetzen meine Meinung zurückzuhalten, dennoch vermeide ich dabei, meine persönlichen Beweggründe für oder gegen ein Vorhaben öffentlich zu machen. In diesem Fall halte ich es für wichtig, es nicht nur bei einer sachlichen Begründung zu belassen, wie ich sie auch diesmal in einer Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Bundestag dargelegt habe: http://www.marco-buelow.de/neuigkeiten/meldung/artikel/2014/juni/erklaerung-zur-reform-des-eeg.html

Voller Überzeugung gegen die Ausbremsung des EEG

Ich kann mich kaum an ein Gesetz der Bundesregierung erinnern, das ich aus ganzem Herzen so ablehne wie diese EEG-Reform. Und Bauchscherzen habe ich gerade in der Großen Koalition bei vielen Gesetzen. Ich bin durch Tschernobyl politisiert worden und seitdem setze ich mich für eine wirkliche nachhaltige Energiewende ein. Über 20 Jahre engagiere ich mich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ich bin dafür lange verlacht und angefeindet worden. Als Juso saß ich auf einem Podium, auf dem ich wie ein Kind behandelte wurde, weil ich die Verdoppelung der Erneuerbaren Energien als mittelfristiges Ziel ausgab. Dies sei „unsinnig“ und „technisch“ gar nicht möglich, so all die klugen Herren von RWE über Bergbau bis hin zur CDU. Wir dümpelten zu dem Zeitpunkt bei einem Anteil von etwa 6 % Erneuerbaren an der Stromversorgung. Heute liegen wir bei über 25 %.

Vor fast 12 Jahren bin ich in den Bundestag gekommen, war damals gleich Berichterstatter der SPD-Fraktion für Erneuerbare Energien und habe seitdem als Abgeordneter an allen Novellen des EEG mitgewirkt und weiter für die Energiewende gestritten, die unter Rot-Grün begonnen hat. Das EEG ist aber keine grüne Erfindung. Es waren gerade auch Sozialdemokraten – allen voran Hermann Scheer –, die dieses Gesetz auf dem Weg gebracht haben. Gegen den vehementen Widerstand der großen Energieversorger, der Union und FDP, aber auch der Betonköpfe in den eigenen Reihen, wie Wolfgang Clement. Unterstützt wurden wir aber von den Umweltverbänden, den GRÜNEN und einem großen Teil der Bevölkerung.

Das EEG ist das Herzstück der Energiewende

Das EEG, kombiniert mit dem Atomausstieg, war immer das Herzstück der Energiewende, die damit überhaupt erst in Gang gesetzt wurde. Die Chancen und Vorteile waren und sind immens: Enorme CO2-Reduzierung, Generationengerechtigkeit, Ressourcenschutz, Innovationen und Schaffung neuer Arbeitsplätze, Stärkung der regionalen Energieversorgung, mehr Unabhängigkeit von Energieimporten, Vermeidung von Gesundheits- und Folgekosten in Milliardenhöhe. Und ausgerechnet jetzt, wo die Kosten den Höhepunkt überwinden, die Erzeugung dank des EEG immer billiger wird, beginnt man die Erneuerbaren auszubremsen. Das ist nicht nur umweltpolitisch fatal, sondern auch volkswirtschaftlicher Unsinn. Und der größte Witz ist, dass nicht einmal die Verbraucher kurzfristig davon profitieren werden, u.a. deshalb, weil die Ausnahmeregelungen für die Industrie und Großunternehmen nicht einmal moderat zurückgefahren werden. Unabhängig vom EEG zahlen wir am Ende sowieso alle drauf, denn die Folgekosten für Kohle und Atom, die stehen zwar nicht auf der Stromrechnung, sie werden auch nur selten diskutiert, aber müssen von uns allen getragen werden.

Die Lobbymacht schlägt zurück

Schon immer wurde der Ausbau der Erneuerbaren bekämpft, aber Schritt für Schritt hat die Akzeptanz zugenommen. Mittlerweile kann kaum noch jemand die Erfolge übersehen. Es ist kein Wunder, dass das Erfolgsmodell EEG in so vielen Ländern kopiert wurde. Doch nun schlägt die alte konservative Energielobby, die die Entwicklung lange selbstgefällig verschlafen hat, zurück. Stück für Stück hat sie sich die Vorherrschaft in den Medien und auch in der Politik zurückerobert. Ich habe längst meine letzte Naivität verloren und weiß mittlerweile ganz genau, wie Politik funktioniert. Dennoch bin ich (negativ) beeindruckt davon, wie wirkungsvoll die alte Lobby die Politik wieder auf Spur gebracht hat. (Mehr dazu und zur Kostendiskussion unter:http://blog.marco-buelow.de/2014/04/09/energiewende-nicht-bremsen-sondern-erweitern/ )

Enttäuscht bin ich besonders davon, wie stark sich dieser Einfluss auch in die SPD hineingefressen hat und wie wenig Widerstand es gegen die Reform am Ende noch gab. Alle Beschlüsse und Konzepte zur Energiepolitik der SPD weisen einen absolut anderen Weg. Noch letztes Jahr sind wir gegen eine Deckelung des Erneuerbaren Ausbaus und gegen das unsägliche Ausschreibungsmodell in den Wahlkampf gezogen. Nach der Wahl wurden all diese mühsamen Errungenschaften mit einem Handschlag vom Tisch gefegt. Ohne Ernst Ulrich von Weizsäcker, Michael Müller und Hermann Scheer ist es schwer geworden, die Fraktion vom richtigen Weg zu überzeugen. Dies ist aber weiterhin notwendig, weil die SPD dafür entscheidend ist, wohin die Reise in Zukunft geht. Mit der jetzigen Novelle werden die Erneuerbaren „nur“ ausgebremst, noch ist die Energiewende aber zu retten. Doch dafür müssen wir verhindern, dass die nächsten Novellen in der faktischen Abschaffung des EEG münden. Dazu müsste man zudem in vielen anderen Bereichen endlich mal Worte Taten folgen lassen:

Was jetzt getan werden muss

Ein Klimaschutzgesetz, die Belebung des Emissionshandels, die Anpassung des Strommarktes an den wachsenden Anteil der Erneuerbaren, einen angemessenen Stromnetzausbau, eine Effizienz- und Suffizienzoffensive, die Einhaltung der KWK-Ziele, ein Gesetz für die Erneuerbare Wärme, eine breite Diskussion über den Umgang mit der Verknappung des Öls und einen Ausgleich für Verbraucher (vor allem mit geringem Einkommen) für die Steigerung der gesamten Energiekosten.

Entweder ist diese EEG-Novelle der Einstieg in den Ausstieg der Energiewende oder es ist endlich das Signal auch an die Öffentlichkeit, sich der Lobbymacht entgegenzustellen und damit auch die Parteien unter Druck zu setzen. Das hat schon einmal funktioniert: Beim Atomausstieg.

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