Etwas ist aus dem Lot geraten zwischen den Geschlechtern. Dafür, dass die Deutschen allenthalben eine sehr pazifistische Grundhaltung an den Tag legen, herrscht in Fragen des Geschlechtes und des Machtverhältnisses zwischen den Geschlechtern doch reichlich viel Krieg. Ein echter Grabenkrieg. Man muss sich nur einen beliebigen Artikel im Netz zum Thema „Geschlecht“, Gleichberechtigung oder „Gender“ anschauen: Im Thread zum Text entspinnen sich binnen Stunden Diskussionen, die an Häme und Niedertracht, Spott und Gemeinheit kaum zu überbieten sind. Begriffe wie „Feminismus“ oder „Gender“ sind zu absoluten Reizworten avanciert. Und die gängige Deutung für Phänomene wie das Trolling lautet: Hier tun sich die Zu-kurz-Gekommen, die Versager, die Loser hervor und attackieren die Gewinner der Geschichte. Das Patriarchat hat abgefrühstückt, get over it! Aber so einfach ist das gar nicht. Das Problem beginnt mit einem Missverständnis.
Die Geschichte wird immer von Siegern geschrieben
Die gängige Lesart vom Ende des Patriarchats lautet so: Der Feminismus (in letzter Zeit tritt eher der Begriff des Gender-Mainstreamings an die Stelle des F-Wortes) habe die Familie, die Geschlechterbeziehungen, die gesellschaftliche Ordnung schlechthin aus dem Lot gebracht. Und nun stünden alle vor dem Ruin, besonders die Männer natürlich, denen Quotenfrauen und Emanzen das Leben mächtig schwer machen. Im Grunde genommen folgen beide Seiten – Feminismus und Männerfront – dieser Lesart, nur mit unterschiedlichen Wertungen. Der Niedergang des Mannes wird also als Folge weiblicher Entthronung betrachtet. Man könnte die Geschichte aber auch anders lesen. Und damit die unsägliche Debatte um „Gender-Mainstreaming“ einfach vom Tisch kehren.
Der Anfang vom Ende des Patriarchats beginnt nicht mit der 2. Frauenbewegung der 60er und 70er. Und es waren – Tragik der Geschichte – nicht die Frauen, die das Patriarchat stürzten. Es waren die Männer selbst. Das Ende des Mannes (so ja der Titel von Hanna Rosins Bestseller) beginnt mit dem Ersten Weltkrieg, und es verwundert mich schon, dass im Weltkriegserinnerungsjahr 2014 so viel darüber gestritten wurde, ob in den Krieg getaumelt, schlafgewandelt oder freudig marschiert wurde. Historisch und soziologisch ebenso spannend – und mindestens genauso folgenreich - ist die Frage, welche Konsequenz der Krieg für den Mann hatte. Denn der Mann – nicht nur jeder einzelne, sondern der Mann als Patriarch, als Repräsentant eines Systems – kehrte aus dem Krieg versehrt zurück. Unabhängig davon, ob der einzelne Mann physisch verwundet oder psychisch zerstört oder augenscheinlich unverletzt heimkehrte: Der Mann als Patriarch hatte an Integrität in jedem Wortsinne verloren. Denn die Stellung des Patriarchen in Familie und Gesellschaft fußte ja nicht auf offener Unterdrückung der Frau – dann hätte sich dieses System nicht so lange halten können.
Die Vormachtstellung des Mannes in Familie, Gesellschaft, Kirche und Staat beruhte nicht auf einer kämpferischen Aneignung, sondern seiner moralischen Überlegenheit. Natürlich können wir heute diese moralische Überlegenheit als Konstruktion - oder nennen wir es Fiktion - abtun, natürlich wissen wir, dass das 18. und 19. Jahrhundert viel Energie darauf verwendete, die psychische Unterlegenheit der Frau auf deren schwache körperliche Konstitution zurückzuführen. Dass allerhand rhetorischer Aufwand betrieben wurde, der Frau Intelligenz abzusprechen. Aber Konstruktion hin oder her: Die Taktik verfing (ebenso, wie wir heute gerne die moralische Überlegenheit der Frau behaupten). Der Mann hatte auch und vor allem moralische Vormacht.
Aber niemand, der Augen zu sehen und Ohren zu hören hatte, konnte am Ende des Ersten Weltkrieges noch ernsthaft die moralische Überlegenheit des Mannes behaupten. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges war gar die moralische Integrität des Menschen per se infrage gestellt. Der Krieg war offenkundiges Zeichen für den Verlust der Moral. Was blieb dem Mann also noch? Mit dem Verlust der Bedeutung der Religion als Sinnstiftung war auch die religiöse Funktion des Mannes am Ende des 19. Jahrhunderts verloren gegangen (der Patriarch verkörperte auch religiöse Rechtschaffenheit). Der Verlust der körperlichen Integrität durch Kriegsverwundung stellte schließlich sogar den männlichen Körper infrage. Nationalstolz bot sich dem Deutschen ebenfalls nicht mehr an, und im Gegensatz zum amerikanischen Mann konnte sich der Deutsche auch nicht in den Heldenmythos (die Fluchtfantasie des zerstörten Mannes) flüchten. Kurzum: Der Mann war lange vor Beginn der 2. Frauenbewegung am Ende, am symbolischen Nullpunkt angelangt. Nicht der Feminismus hat euch, liebe Männer, entthront, den König gestürzt, seinen Körper verletzt. Ihr selbst habt euch den Dolchstoß versetzt. Es gibt also keinen Grund, dem Feminismus zu zürnen. Damit erübrigt sich jeglicher Revanchismus.
Lob über den grünen Klee...
Aber sehen wir es doch einmal von der positiven Seite: Nur wenige Männer (die dafür umso heftiger) tun sich überhaupt als wütende Haudegen im Netz hervor. Der Rest ist doch sehr friedlich. Und gutmütig. Angesichts der Tatsache, dass Männer in den letzten hundert Jahren gewissermaßen kollektiv entthront wurden, schlagen sie sich also eigentlich ziemlich prächtig. Die Männer in meinem Umfeld (aber das mag ja nicht repräsentativ sein) taugen zum Feindbild überhaupt nicht, im Gegenteil: Sie sind klug und angenehm, hilfsbereit und warmherzig.
Ich will mich hier beim besten Willen nicht zur Männerversteherin aufschwingen, aber eines muss man mir zu sagen gestatten: Männer haben es gewiss nicht leicht, eine neue Rolle für sich zu finden, eine, die sie im Selbst- und Fremdbild nicht als Funktionsträger begreift – beispielsweise als Ernährer und Versorger. Der Schlüssel zu dieser neuen Rolle könnte – aber ich bin schließlich kein Mann und sollte mir hier vielleicht meine Ratschläge verkneifen – in einer Eigenschaft liegen, die ich an der Mehrzahl der Männer, die ich kenne, beobachte und absolut schätze: Sanftmut. Dieses Wort ist ein wunderbares Beispiel für die Qualität der deutschen Sprache, aus zwei zusammengesetzten Begriffen einen neuen Begriff zu formen, der die einzelnen Bedeutungen nicht nur verbindet, sondern übertrifft. Der Wortteil „mut“ bezieht sich wohl eher auf das mittelhochdeutsche „muot“, das Gemüt vielmehr als Mut im Sinne von Tapferkeit. Und trotzdem ist natürlich auch die neue Bedeutung des Mutes enthalten, aber nicht als heldenhafte Tapferkeit, eher als Willensstärke. Denn einen sanften Helden kennt der klassische Mythos nicht (obwohl er den heulenden Helden kennt, wie Jens Jessen in seinem Artikel Über weinende Männer feststellte). Vielleicht aber könnte die Gegenwart diesen sanften Helden gebären? Einen wie Ragnar Lodbrok in der Serie Vikings (zumindest deren erster Staffel), der dafür, dass er ein Wikinger ist, doch reichlich sanftmütig erscheint (wenn er sich nicht gerade an Verrätern rächt – aber hey, er ist ein Wikinger!). Er ist eher ein Faust, der nach Erkenntnis sucht, als ein brandschatzender Berserker. Und Floki, sein Schiffsbauer, erinnert auch nicht zufällig an Mephisto! Ragnar jedenfalls ist ein weinender Held.
Neue Männerbilder
Neulich las ich in einer Frauenzeitschrift einen Artikel über DILFs (in Anlehnung an die MILF), den „Daddy I'd like to fuck“ also. Interessanterweise waren die Männer, die darin als DILFs bezeichnet wurden, Männer, die Sanftmut zeigten, indem sie ihre kleinen Kinder spazieren trugen. Ihre Sexyness entstammt also der Fürsorge und Sanftheit, die sie gegenüber ihren Kindern zeigen (während die MILF ihre Sexyness eher aus der Stärke ihrer reifen und machtvollen Erotik bezieht!). Ob MILF oder DILF: Die Anziehungskraft der jeweiligen Fantasie liegt im Bruch mit Rollenerwartungen bei gleichzeitigem Verweis auf traditionelle Rollenbilder.
Im Falle des DILFs sind ja gerade Fürsorge, Stärke und Beschützerinstinkt des physisch starken Männerkörpers, der mit jenem zerbrechlichen kleinen Wesen, dem Säugling, konfrontiert wird, das, was so anrührend ist – auch wenn das Wort etwas altmodisch erscheint. Der Begriff Sanftmut jedenfalls enthält all jene alten und potenziell neuen Bilder von Männlichkeit. Vielleicht könnte der Begriff einen Kompass, einen Orientierungspunkt für neue Männlichkeitsbilder liefern. Ich ahne, dass jetzt einige Männer sagen werden: Über Männlichkeitsbilder habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Oder, wie es das Community-Mitglied R. M. in einem Kommentar zu Männlichkeit ist Krise so wunderbar ausdrückte: "Mir fiele gar nichts anderes ein, als männlich zu sein." Diese Haltung hängt aber offenbar davon ab, wie fest gefügt das Bild von Männlichkeit ist. Und: Dieses Bild von Männlichkeit muss dann immerhin eine positive Identifikationsgrundlage bilden.
Das Ende des Mannes? Besser: Ein Neuanfang
Ich habe oben Hanna Rosins Buch erwähnt. Es wurde in Deutschland viel besprochen, und ich konnte mich dabei des Gefühls nicht erwehren, dass da immer auch Häme und Spott mitklangen, wenn das Ende des Mannes erklärt wurde. Rosin argumentiert ja, dass der Mann im Zuge der Wirtschaftskrise seine Funktion als Ernährer verlor. Und zudem wiederum in seiner moralischen Integrität erschüttert wurde – waren nicht die Auslöser der Krise „gierige Banker“? Rosin erklärt das Ende des „symbolischen“ Mannes. Aber diese Erklärung hat auch Rückwirkung auf jeden einzelnen, realen Mann: Der muss sich nämlich nicht nur mit einer Aburteilung als Angehöriger eines Geschlechtes abfinden („Männer sind Egoisten!“), er wird auch rein auf eine Funktion reduziert, die ihm abgesehen vom Geldverdienen keine nennenswerte Bedeutung im Leben einer Frau beimisst. Die Frage lautet nur, ob wir Frauen uns einen Gefallen damit tun, Männer symbolisch zu exekutieren. Vielleicht sind Häme und Spott ja die Gründe dafür, dass sich immer mehr Männer ausgerechnet dem verweigern, was viele Frauen immer noch als Primärziel ihres Lebens begreifen: einer stabilen Bindung, eine Partnerschaft fürs Leben, einer gemeinsamen Familie.
Wenn unsere Gesellschaft mittlerweile von einem Ideal von Weiblichkeit, das Klischeevorstellungen wie Altruismus und Vermittlergeist beinhaltet, geradezu überschwemmt wird, und gleichzeitig klassische Männlichkeit als obsolet gilt, stellt sich die Frage, welche neuen Formen von „männlichem Protest“ im adlerschen Sinne all das provoziert. Alfred Adler prägte diesen Begriff im Hinblick auf Männer, die gegen innere Anteile an Weiblichkeit protestieren und in einem Akt der Überkompensation nur noch Härte und Dominanzverhalten zeigen können (weil das eben „unweiblich“ ist).
Männlicher Protest
Zu Adlers Zeit geschieht dieser Protest aufgrund der realen und gefühlten gesellschaftlichen Minderwertigkeit der Frau (der Mann kann also seine weiblichen Anteile nicht schätzen, weil sie ihm per se als minderwertig erscheinen müssen). In einer Zeit aber, in der Weiblichkeit als überlegen gilt, würde die Anerkennung der eigenen weiblichen Anteile durch einen Mann zugleich die Abwertung der inneren männlichen Anteile bedeuten. Auch würde das Zulassen von scheinbar weiblichen Qualitäten einen Mann, der ohnehin von Frauen „überschwemmt“ ist (Mutter, Erzieherinnen, Lehrerinnen usw. prägen den jungen Mann), in seiner Identität weiter verunsichern und die Übermacht der Frau im eigenen Ich weiter verfestigen. Und diese Übermacht der Frau wird nur umso größer, je mehr es an positiven Bildern von Männlichkeit mangelt.
Im Ergebnis können sich viele Männer nur verweigern, auch und vor allem den weiblichen Ansprüchen auf Sanftmut und Fürsorge. Übrigens formulierte Adler diesen Gedanke angesichts des Ersten Weltkrieges und nimmt eine feministische Position – die männliche Übermacht sei schuld an menschlichen Verwerfungen – damit um 50 Jahre vorweg. Vielleicht hilft es also auch uns Frauen, die in Männern nicht nur einen schnöden Funktionsträger sehen, sondern jene wunderbare symbolische Ergänzung - das Andere in ihm - suchen, wenn wir ihn etwas über grünen den Klee loben. Das hat er sich einfach mal verdient. Vom Lieblingskind zum Aschenbrödel. So einen Absturz verkraftet nicht jeder. Er aber schon. Mit Sanftmut und Stärke.
Kommentare 80
Den Verlust der "moralischen Überlegenheit des Mannes" aus den zwei Kriegen abzuleiten, halte ich für gewagt. Zumindest haben die zwei Kriege einen gewaltigen Verlust beim männlichen Geschlecht verursacht, sodass einfach die Notwendigkeit bestand, die Frauen stärker in die Wirtschaft zu integrieren. Sie haben Aufgaben der Männer übernommen. Besonders stark ist das in der ehemaligen DDR notwendig gewesen, was automatisch eine ganz neue Positionierung der Frauen ergeben hat. Außerdem erforderte die Entwicklung moderner westlicher Zivilisationen einfach die Fähigkeiten der Frauen, die sich kein Land mehr leisten kann, außen vor zu lassen. Auch hier hat also die Ökonomie ihre Wirkungen erzielt. Ich sehe die Hauptursachen also etwas anders.
"Ich ahne, dass jetzt einige Männer sagen werden: Über Männlichkeitsbilder habe ich mir noch nie Gedanken gemacht." So würde ich es nicht sagen, aber zutreffender wäre mehr: warum die Grübelei über die Unterschiede?
".. er wird auch rein auf eine Funktion reduziert, die ihm abgesehen vom Geldverdienen keine nennenswerte Bedeutung im Leben einer Frau beimisst." Nun, wenn er sich auf so ein Bild festlegen lässt, dann lebt er "sich nicht selbst" sondern nach einer schwachen Außendarstellung.
".. was viele Frauen immer noch als Primärziel ihres Lebens begreifen: einer stabilen Bindung, eine Partnerschaft fürs Leben, einer gemeinsamen Familie."
Die Frage mit Kindern sollte schon geklärt sein, aber welcher Mann würde sich ansonsten keine glückliche, dauerhafte Beziehung mit einer Frau wünschen?
Ansonsten kann ich mit "klassischer Männlichkeit" nicht viel anfangen, wobei ich jetzt nicht sicher bin, ob das Bild nicht stärker bei Frauen vorhanden ist, die sich letztlich doch keinen "Softi" wünschen.
Sanftmut und Fürsorge sind positive Begriffe sowohl für Frau als auch für Mann. Sie sind sozusagen nicht geschlechtsspezifisch. Daher ein "Handkuss" von mir für den letzten Absatz. :-)
Guten Morgen,
Wenn unsere Gesellschaft mittlerweile von einem Ideal von Weiblichkeit, das Klischeevorstellungen wie Altruismus und Vermittlergeist beinhaltet, geradezu überschwemmt wird
... seit ich mit einem werdenden Erwachsenen zusammen lebe habe ich Zugang zu einem Ideal von Weiblichkeit, das Klischeevorstellungern von extremer Zickigkeit und Konzentration auf Äußerlichkeiten beinhaltet. ;-)
Es gibt mehr als ein Ideal von Weiblichkeit - ebenso wie von Männlichkeit - das macht es nicht leichter, aber auch spannender.
Liebe Grüße
Ismene
Schön, Sie hier wieder schreibend vorzufinden.
Hallo Angelia,
Ja genau, und weil man/frau nix weiter als Ideale im Kopf hat, Idealen hinterher rennt und versucht Idealen gerecht zu werden, verpasst man/frau komplett zu fragen, wer bin ICH überhaupt?
Ideale gab es immer und wird es wohl auch immer geben. Heute sind - so meine ich - aber die Möglichkeiten größer denn je, diese zu überwinden, eigene zu entwickeln. Und das vielleicht sogar unabhängig vom Geschlecht. Unbestreitbar ist das mühsam und mitunter auch schmerzhaft. Nicht von der Hand zu weisen, ist natürlich auch der Einfluss von Gesellschaft, Familie, Religion etc.
Und doch: die Chancen für die Entwicklung eigener Vorstellungen war wohl nie besser als heute - okay, in den wohlhabenden Regionen dieser Welt.
Liebe Grüße
Ismene
Hallo GEBE,
besten Dank. Mal sehen, ob das von Dauer sein kann.
einen schönen Sonntag
Ismene
Vielen Dank. Gern gelesen!
Wenn unsere Gesellschaft mittlerweile von einem Ideal von Weiblichkeit, das Klischeevorstellungen wie Altruismus und Vermittlergeist beinhaltet, geradezu überschwemmt wird, und gleichzeitig klassische Männlichkeit als obsolet gilt, stellt sich die Frage, welche neuen Formen von „männlichem Protest“ im adlerschen Sinne all das provoziert. Alfred Adler prägte diesen Begriff im Hinblick auf Männer, die gegen innere Anteile an Weiblichkeit protestieren und in einem Akt der Überkompensation nur noch Härte und Dominanzverhalten zeigen können (weil das eben „unweiblich“ ist).
Ich sehe keine Gesellschaft überschwemmt von weiblichen Idealen. Auch nicht, dass alle "klassischen männlichen" Verhaltensweisen plötzlich obsolet sind. Diese Verabsolutierungen nützen wenig.
Es gibt einen sehr harten Diskurs über Männlichkeiten und über die Krise der Männlichkeit. https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/maennlichkeit-in-der-krise-was-dabei-oft-uebersehen-wird
https://www.freitag.de/autoren/magda/krise-der-mannlichkeit-2013-was-ist-dran
Klaus Theweleit hat nach seinen "Männerfantasien", welche die These, dass die Krise der Männlichkeit schon älter ist, ebenfalls vertritt und belegt, ein weiteres Buch zum Thema vorgelegt. Hier ist die Besprechung Das Lachen der Täter.
Nebenher: Häme und Spott ist für mich auf beiden Seiten - schon seit Jahr und Tag - zu verzeichnen. Und - auch das ist zu beobachten: Eine gewisse Opferkonkurrenz.
Die kapitalistische Welt ist in der Krise. Das Alleinverdiener-Modell ist schon lange in der Krise. Daraus ergeben sich harte Konkurrenzkämpfe auch unter den beiden Geschlechtern.
Nochmal kurz zu "Wenn unsere Gesellschaft mittlerweile von einem Ideal von Weiblichkeit, [...]geradezu überschwemmt wird, " - die Wahrnehmung der nächsten Generation...
"Wenn unsere Gesellschaft mittlerweile von einem Ideal von Weiblichkeit, das Klischeevorstellungen wie Altruismus und Vermittlergeist beinhaltet, geradezu überschwemmt wird ..."
Altruismus und Vermittlergeist in dieser Konfektionierung sind nichts anderes als Maskierungen für Beliebigkeit.
Beleibigkeit lautet das Beschwörungsmantra heutiger Tage, um Menschenmassen auf Linie zu trimmen. Beliebigkeit in allen Lebensbereichen! Man kann sogar berechtigt versucht sein, an die endgültige, zur sozialen Realität gewordene Wirkmächtigkeit der Crowleyschen Formel denken: „Tu, was du willst, soll sein das ganze Gesetz. Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen.“ – wenn man nur etwas Sinn dafür aufwendet, wenn man hier ‚Willen’ durch Beliebigkeit austauscht. So werden Liebe und Empathie in einer denkwürdigen Weise zu konversen Idealen, welche als Menschenrechte nichts anderes mehr hergeben, als die Begründung und Legitimierung in Gestalt quasi höherer tierische Instinkte.
Es bedarf überhaupt keines besonderen Plans, keines erwogenen Kalküls, zur Manipulation, wenn Beliebigkeit angewendet wird. Jede Idee, jeder Vorschlag ist lediglich dann nur dahingehend zu verwirklichen, daß Beliebigkeit in ihnen als Wesentliches Element wirkt. Es ist damit geradezu jedweder Plan entbehrlich, jedwedes Kalkül obsolet.
Und das ist das Geheimnis dabei: Die Ausführenden brauchen keinerlei Plan!
Es brauchen Menschen über ein paar Generationen hinweg nur in eine gewisse Gestimmtheit gebracht zu werden, dann erfüllen Sie den „Masterplan“ ohne überhaupt einen Plan von einem Plan zu haben.
Und ein solcher Masterplan ist das Subtilste, was es gibt! Er geht einher mit Musik, Süßigkeiten und Leckereien, mit einem „Sommer of Love“, mit „sexueller Revolution“, alles Dinge, die die Emotionalität, Sehnsüchte und Begierden hervorlocken und nachhaltig stimulieren. Alles Dinge, welche Empathie-Surrogate sind.
Und wie diese Gestimmtheit erzeugt wird, das ist seit Ende des WK II überall abzulesen als Methode des Konsumismus zu Lifestyle. Erst muß man den Hebel mit großem Auswand ansetzen, viel Aufwand betreiben und dann immer weniger und weniger, bis nur noch hier und dort gewisse kleine subtile Stellschrauben nachgedreht werden müssen.
Das ist übrigens auch innerhalb einer auf Konditionierung ausgelegten Erziehung bei Kindern genau so: Erst macht es Mühe, man muß konsequent vorbildlich sich geben, selbst Regeln vormachen, einhalten usf.; das ahmen Kinder nach, bis es zu einem somatisch Agens (organisch manifestierten Reiz-Reaktions-Schema) bei Ihnen geworden ist; und mehr und mehr kann man dann auch das Kontrollieren nachlassen, nur ab und zu bedarf es dann noch des Schnippens mit dem Finger unter gütigem Lächeln, als Korrektur- und Erinnerungs-Impuls, und man selbst kann dabei bequem die Füße hochlegen. - Das hält dann auch ein Leben lang als ponerogen intitiierte Psychose, weil es bei einem solchen Kind zum Charakterwesen, zur Gestimmtheit geworden ist!
Nicht anders klappt es mit der in Gestimmtheit-Bringen zur Beliebigkeit inbezug auf die Umerziehung einer kompletten Gesellschaft! Nicht wahr, aus Kindern werde ja Leute!
[Ein konkretes Beispiel aus ganz konkretem Anlaß: Und auf eines möchte ich noch hinweisen, welches das kollektiv effektivste seit 1980 ist, was als psychisch-subtilstes aller wirksamsten Mittel eingesetzt ist: es ist die sogenannte „Sommerzeit“. Millionen von Menschen werden seit dieser Zeit dazu konditioniert, zweimal jährlich gegen ihr natürliches Empfinden anzugehen, also mit sich selbst in Widerstreit zu stehen, und anstatt dem den Vortritt zu geben, was Biorhythmus, sinnliche Wahrnehmungen über Lichteinfälle und die daraus entstehenden Gestimmtheiten deutlich sagen, wird gegen diese Empfindungen gehandelt. Es ist das, was da passiert, was schon über Generationen passiert, das probatestes Mittel, eine komplette Gesellschaft zu konditionieren, die eigene Urteilskraft in Frage zu stellen, d.h. sich die persönliche Integrität und Souveränität abzugewöhnen!
Wer ein kleines Bißchen nur Kenntnis hat von psychologischen Funktionen, kann deutlich sehen, wie diese Angelegenheit, nämlich einzuüben im Widerstreit mit den eigenen natürlichen und spontanen Urteilsgrundlagen zu geraten, eine nachhaltig absolute Verunsicherung in das Vertrauen zu eigenen Urteilskraft nach sich zieht!
Diese Zeitumstellungsmethode ist nichts anderes als ein flächendeckendes Menschheitsexperiment zum Einüben von Exerzitien hinsichtlich des Abgewöhnens von Vertrauen in persönliche Urteilskraft. Es ist das die ganz hohe Schule der Manipulation! Besonders hohe Schule deswegen, weil man sich sicher sein kann, daß man agitatorisch nicht ständig nachlegen muß, sondern es ein Selbstläufer ist, man sich absolut sicher sein kann, daß sich die Gesellschaft dadurch entsprechend unaufgefordert selbst konditioniert. Z.B. zur Charakterisierung dieser gegenseitigen Konditionierung sind Sätze mit dem Duktus wie: „Stell dich nicht so an mit deinem Biorhythmus und deiner Empfindlichkeit, andere müssen sich auch umstellen. In ein paar Tagen haste das hinter dir.“ So auch Eltern gegenüber ihren Kindern; Menschen gegen Jahreslichtstimmungen usw. usf. – absolut ohne besondere Aufforderung, in „Freiwilligkeit“]. Beliebigkeit regiert!
Ach, Gottchen. Hobrack tätschelt die wunde Männerseele. Schon die Behauptung, die im Teaser aufgestellt wird, kann ich nicht bestätigen. Und Behauptungen aufzustellen, um sich sogleich ihrer Widerlegung zu rühmen, ist ein übler populistischer Trick. Und überhaupt! Mich erinnert dieser Beitrag an die Kontroverse zwischen Kristina Schröder und Alice Schwarzer. Lobet den Herrn? Ja, sehr gerne, in diesem Kontext einen bestimmten, nämlich Ferdinand von Schirach, der in seinem aktuellen Buch über die genannte Auseinandersetzung kurz und bündig schreibt:
Schlimmer aber ist, dass Kristina Schröder von sich aus nicht anerkennt, dass sie nur Ministerin werden konnte, weil es Frauen wie Alice Schwarzer gibt. Natürlich, nach einer Revolution mag niemand mehr die Revolutionäre, sie sind zu laut, sie scheinen nicht mehr in die Zeit zu passen. Und es ist auch wirklich nicht leicht, Alice Schwarzer zu mögen (…).
Ähnlich verhält es sich hier. Den Feminismus – ich schätze diesen Begriff im Übrigen rein gar nicht – mag Hobrack nicht mehr, er ist ihr zu laut und scheint nicht mehr in die Zeit zu passen. Also weg damit. Es ist allerdings - je nach Betrachtungsweise und Absicht - entweder äußerst nobel oder äußerst dumm, an dem Ast zu sägen, auf dem Frau sitzt.
Zutreffend finde ich den Gedanken des selbstinszenierten Patriarchen-Sturzes durch zwei Weltkriege. Mir bleibt dabei aber die Weitertragung erlittener und verübter Kriegsgewalt in die Familien zu sehr außen vor.
Mir fehlt auch ein wenigstens klitzekleiner Blick darauf, was außerhalb unserer kleinen Luxus-Insel im Schlepptau der Weltkriege installiert wurde: eine in vielen, vor allem afrikanischen Ländern bis heute geltende koloniale Gesetzgebung, die Frauen von Erbrecht, Kapital, Geschäftsfähigkeit, Teilhabe ausschließt (auch an den meist nur an Männer adressierten Projekten westlicher Entwicklungsarbeit). Während sie über 90 Prozent der Grundnahrungsmittel, mehr als 30 Prozent der Cash-Crops produzieren und 70-80 Prozent der Arbeitskräfte stellen, indem sie die Arbeit abwesender Männer mitverrichten und den nahezu ganzen Laden schmeißen.
Auch das war eine Kündigung des patriarchalen Versorgungsvertrages. Der Preis dafür, nämlich Frauen-Unterdrückung, wurde aber nicht billiger und mir ist es u.a. deswegen auch für Lob über den grünen Klee noch ein bißchen früh.
Männer, die sich liebend gern mit Kindern beschäftigen, unterscheiden sich für mich auch nicht so sehr von den Patriarchen, die verantwortlich und verbindlich für Frau und Kinder sorgen. Auch bei denen war und ist Sanftmut und Stärke kein Ausschlußkriterium.
Eigentlich weiß ich nicht, was mir der Artikel sagen will, außer: sei lieb.
Ich finde es ja schon spannend wenn Sie sagen, dass ich den Ast ansägen würde, auf dem ich sitze. Erstens einmal geht es in meinem Text ja gar nicht um die Kritik am Feminismus (das ist ein anderes Thema), sondern um eine Lesart der Geschichte, in der es der F. war, der das Ende des Mannes einleitete. Wie oben gesagt: das hat der Mann ganz allein hinbekommen. Es mag für Männer aber nicht leichter sein, diese Einsicht zu haben - aber dadurch fällt eben das Feindbild F. oder Gender M. weg.
Wenn ich etwas aus meinem persönlichen Nähkästchen plaudern darf: ich hatte in meinem Leben sehr viele männliche Mentoren, ganz abgesehen von tollen männlichen Freunden. Deren Bild deckt sich für mich einfach überhaupt nicht mit dem, was man in Zeitungen und Büchern über die ach so defizitären Männer lesen kann, oder drücken wir es anders aus: Männer sind nicht mehr oder weniger defizitär als Frauen.
Wenn Sie mich als dumm charakterisieren mögen, steht Ihnen das frei. Ist natürlich auch eine interessante Kommunikationsstrategie ;)
Also Freiheit "verkauft" sich unter Beliebigkeit, die nicht als solche gesehen wird, da als Freiheit empfunden. Da der Rahmen (Framing) so gesetzt ist, dass die Auswahl (Konsum/Politik) als befreiendes Element empfunden wird, wobei Anstöße (Nudging) in die Richtung bugsieren, wohin sich die Mehrheit bewegen soll.
Aber eines lieber Gebe scheint mir etwas vereinfacht und zwar der Aspekt mit den Kindern. Ich weiß jetzt nicht, ob Sie selbst welche hatten, aber die antiautoritäre Erziehung war (gutgemeint) ein "Schuss in den Ofen", wobei das andere Extrem mindestens genauso fatal war. Aber entwicklungspsychologisch betrachtet, benötigen Kinder einen sicheren Raum, der von den Eltern ständig erweitert wird (wenn sie es gut machen), um Kinder ihre Persönlichkeit entfalten (entwickeln) zu lassen.
Dazu gehören aber auch gewisse Normen, denn wir sind nicht ihre Kumpel. Mehr oder weniger akzeptierte, reflektierte Normen sind unser demokratisches Umfeld und darin wachsen auch die Kinder auf, die allerdings nicht "zugenagelt" werden dürfen, was die Kritik des Ganzen betrifft. Da wird es bei ständigen Kompromissen bleiben, die in den Familien allein deshalb unterschiedlich ausfallen dürften, da jedem Kind auf individuelle und einzigartige Weise begegnet werden muss. Ich jedenfalls hätte vieles besser machen können.
Interessant, dass Sie einen Gegensatz zwischen Neo-Feminismus und Vernunft aufmachen wollen ;)
Haltungen wir Ihre lese ich oft. Darin wird die Frau nur noch als komplizierte, geldgierige Tante angetan, ohne die man im zweifelsfall besser auskommt. Auch keine schönere Behauptung, als die, dass Männer defizitär seien- Sie haben schon recht: Heirat braucht keiner. Liebe - meiner Meinung nach - schon. Und bekanntermaßen braucht man das eine für das andere nicht. Liebe wird um einiges angenehmer, wenn man sie von der Ökonomie trennt. Deswegen bleibe ich unverheiratet. Aber den Mann fürs Leben suche ich trotzdem noch immer ^_^
Eigentlich weiß ich nicht, was mir der Artikel sagen will, außer: sei lieb.
Auch das wäre ja schon eine Botschaft, die die Welt nicht schlechter machte! :) aber eigentlich möchte ich folgendes sagen: auf gesellschaftlicher Ebene könnten wir vielleicht etwas mehr Wertschätzung für das männliche Geschlecht aufbringen. Oder einfach auf Abwertung verzichten.
Ja, ich habe Kinder ("gehabt") und viele "Anderleutskinder" noch dazu. Abgesehen davon verstehe ich jedoch nicht, was Sie meinen, daß der Aspekt mit den Kindern in meinem obigen Kommentar zu kurz gekommen sei.
War zu erwarten, dass ihr Beitrag die entsprechende "Frauenkritik" auf sich ziehen würde. Es lässt sich wohl keiner schreiben, der nicht eine Flanke offen lässt. Falls dann keine Flanke offen wäre, ließe sich immer noch der Vorwurf der Banalität einbringen: denn wo keine Kanten da keine Konturen.
Nebenher: Häme und Spott ist für mich auf beiden Seiten - schon seit Jahr und Tag - zu verzeichnen. Und - auch das ist zu beobachten: Eine gewisse Opferkonkurrenz.
Den Begriff der Opferkonkurrenz finde ich sehr gut! Nein, es bringt wirklich nichts darüber zu debattieren, wer das größere Opfer ist. Wenn ich hier Partei für den Mann ergreife, dann wohl deshalb, weil ich in einer Vielzahl von Büchern und Artikeln Häme gegen Männer begegne.
Nicht zu kurz gekommen, sondern die Aspekte "Konditionierung" und "Kontrolle". Darüber können wir vielleicht demnächst mal woanders drüber sprechen, einverstanden?
Ach, mit Kritik kann ich umgehen - ich würde sonst nicht schreiben. Ärgerlich finde ich aber, wenn man Begriffe wie Naivität oder Dummheit dabei ins Spiel bringt... beides, so viel darf ich sagen, bin ich gewiss nicht. Und banal möchte ich auf keinen Fall sein. Daher in Zukunft noch mehr Kanten! :)
Na ja, wenn man es grob betrachten will, brauchen finanziell unabhängige Frauen Männer ja auch nur noch als Samenspender
oha. autsch. ich finde an Männern so spannend, dass sie durch eine andere emotionale, oder sagen wir psychische Qualität mein Leben bereichern. Männer sind nicht dramatisch anders als Frauen, aber sie machen eben andere Erfahrungen im Leben. Ich brauche Männer wegen dieser "Andersartigkeit" und gerade nicht nur als Funktionsträger ("Samenspender")
Ja, gerne! Ich"schuffte" mich seit geraumer Zeit an diesem Thema ab und versuche es systematisiert zu Papier zu bringen; doch kommt mir oft der Gedanke, es ist so umfangreich, daß mir der Tod wohl den Griffel aus der Hand nehmen wird und ich nicht über Gliederung, Vorwort und Einleitung hinausgekommen sein werde.^^
Bedauerlicherweise leben die Männer und Frauen, die den ersten Weltkrieg miterleben mussten nicht mehr. Man kann sie nicht fragen, ob sie sich in dieser Analyse wiederfinden.
Wir müssen niemanden fragen, ob er sich darin wiederfindet! Erstens, gibt es unbewusste gesellschaftliche Entwicklungen, die Teil des kollektiven Bewusstseins sind, die der einzelne gar nicht beschreiben kann. Außerdem wirken Entwicklungen seit dem Ersten Weltkrieg bis heute nach. Ein Bsp: Mein Großvater wurde 1917 geboren, im Kaiserreich, das es kurze Zeit später nicht mehr gab. Mein Großvater kämpfte im Zweiten Weltkrieg... in meinem Fall liegen also zwischen diesen Weltkriegserfahrungen und mir gerade einmal zwei Generationen. An meinem Vater - wie zahlreichen anderen Männern seiner Generation - konnte ich das Nachwirken der Kriegstraumata der Väter und Großväter gut beobachten. Mein Vater hatte einfach keine Rolle in Familie und Gesellschaft - nicht als Ernährer (meine Mutter verdiente viel mehr Geld als er), nicht als erzieherische Autorität usw. und er war kein Einzelfall in meinem Umfeld. Die DDR-Männer waren da noch einmal stärker betroffen, weil Frauen ganz selbstverständlich arbeiteten und unabhängig waren. Das ist auch ein Grund, warum ich die Rolle des Feminismus schmälern würde, der spielte in der DDR in der Form keine große Rolle.
Also mal konkret, ohne gleich unsere Anschriften ins Netz zu stellen. Bonn ist für mich in der Nähe und wir könnten uns zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort dort gerne treffen. Nur die Vormittage am Dienstag und Freitag fallen bei mir weg, da ich dann ohne Auto bin.
OT: Demnächst an anderer Stelle.
"Eigentlich weiß ich nicht, was mir der Artikel sagen will, außer: sei lieb."
°Auch das wäre ja schon eine Botschaft, die die Welt nicht schlechter machte! :) aber eigentlich möchte ich folgendes sagen: auf gesellschaftlicher Ebene könnten wir vielleicht etwas mehr Wertschätzung für das männliche Geschlecht aufbringen. Oder einfach auf Abwertung verzichten°
Ich hätte doch besser *harmlos* statt lieb schreiben sollen...
Wertschätzung ohne Ende für meine Freunde, Liebste, Mentoren, für liebevolle Väter und für jeden klugen und/oder freundlichen Mann. Männer-Wertschätzungspodeste äquivalent zum Heiligen-/Huren-Sockel erscheinen mir als oberüberflüssig.
Aus "etwas mehr Wertschätzung" geschwind ungerechtfertigte "Wertschätzungspodeste"machen, um sie dann flugs als überflüssig abwerten zu können. So leicht durchschaubare Strategie... Ts.
Nachdem ich schon so großzügig in Frau Hobracks "wir" einer gesellschaftlichen Ab-/Aufwertung von Männern eingemeindet wurde und ein Lob auf den sanftmütigen Mann singen soll?
Lieber Meyko, solche Arbeitsplatzbeschreibungen wie *Sanftmut* haben einen Nachteil: verhält sich nämlich jemand unbotmäßig, ist er/sie schneller vom Sockel runtergestoßen, als er/sie *Aber eben war ich doch noch ...* rufen kann, daher der Vergleich mit dem Heiligen-/Huren-Schema.
Wie kommen Sie eigentlich auf °durchschaubare Strategie... Ts°? Das war eine Meinung, nämlich meine, unter vielen anderen Meinungen, nicht mehr, nicht weniger.
Fühlen Sie sich als kluger Mann von meiner Wertschätzung ausgenommen? Das täte mir leid.
Oh, auch am lesen? Bei mir ist es gerade das aktuelle von Alexander von Schönburg: „Gerät man versehentlich in eine Diskussion über Gender-Mainstreaming, hilft es eigentlich nur noch, mit den Achseln zu zucken und sich im Disput ein wenig zurückzunehmen. Erstaunlicherweise weiß ja oft gerade der Meinungsstarke, der unerschütterlich zu seinen Ansichten steht, besonders wenig von den Dingen, um die es geht.“
Erstens einmal geht es in meinem Text ja gar nicht um die Kritik am Feminismus (das ist ein anderes Thema), sondern um eine Lesart der Geschichte, in der es der F. war, der das Ende des Mannes einleitete. Wie oben gesagt: das hat der Mann ganz allein hinbekommen.
Sie sprechen dem Feminismus seine feministischen Errungenschaften ab. Mehr noch: Sie sprechen diese Errungenschaften allein Männern durch die Einleitung ihres eigenen „Endes“ zu.
Es wirken immer politische, gesellschaftliche und historische Interferenzen, ich will nicht auf reine Monokausalität insistieren, aber in dem Tenor, in dem sie hier verhandeln, kann ich nur eine große Missachtung dieser Errungenschaften sehen, für die – zum Glück nicht nur, aber: vornehmlich Frauen gekämpft haben.
Wenn Sie mich als dumm charakterisieren mögen, steht Ihnen das frei. Ist natürlich auch eine interessante Kommunikationsstrategie ;)
Ich habe Bezug genommen auf Ihr kommunikatives und argumentatives Vorgehen. Von Ihrer Person war nicht die Rede.
Ich rede, wenn es um die Überwindung des Patriarchats geht, tatsächlich von der westlichen Gesellschaft, oder genauer: den anglo-amerikanischen und deutschsprachigen aber auch skandinavischen Ländern. Das ist ja das Problem in der Diskussion um das Patriarchat: der Feind ist längst tot.
ich habe etwas vergessen: Vielleicht könnten Sie mir ja Beispiele für das Vorhandensein des Patriarchats nennen? Und noch etwas - dieser Aspekt fällt mir immer wieder im Zusammenhang mit Laurie Pennys Texten auf: Warum werden Patriarchat und Kapitalismus stets zusammengedacht? Kann es das eine ohne das andere nicht geben?
"Sie sprechen dem Feminismus seine feministischen Errungenschaften ab. Mehr noch: Sie sprechen diese Errungenschaften allein Männern durch die Einleitung ihres eigenen „Endes“ zu." Nein, hier müssen Sie nochmal im Text lesen: Ich schreibe darin, dass die gängige Lesart der Geschichte der letzten 40 Jahre die sei, dass die zweite Frauenbewegung (Betonung liegt auf der 2.!) das Patriarchat gestürzt habe. Es geht mir darum, dass das Ende des Patriarchats viel früher beginnt. Dieses Ende wurde begleitet durch den Diskurs der ersten Frauenbewegung (Betonung liegt auf 1.!), aber auch den Kampagnen der sozialistischen Parteien und Bewegungen z.B. in England und Deutschland, die die Frauenbewegung unterstützten (nicht ohne Eigeninteresse). Den Verdienst des Feminismus (und darüber sollten wir reden!) sehe ich im Re-Reading der Geschichte (wozu zum Beispiel auch die Wissenschafts- und Literaturgeschichte gehört). Der akademische Fem. hat völlig zurecht auf die Einseitigkeit der Geschichtsschreibung hingewiesen und die Frau in diese Geschichte wieder eingeschrieben. Die Gender-Theorie wiederum hat die Mechanismen der sozialen Zurichtung des Geschlechtes offengelegt - auch eine Errungenschaft. Der dt. Feminismus hat sich aber nie deutlich genug von einem Feminismus der Marke Schwarzer abgegrenzt - wir durften das ja erst neulich bei der EMMA lesen: Weibliche Piloten würden niemanden mit in den Tod reißen. ... vielleicht können Sie mir darin zustimmen, dass solche Aussagen gelinde gesagt problematisch sind. Noch etwas anderes: Ich stelle auch deswegen die Verdienste des westdeutschen Feminismus in Frage, weil ich merke, dass bei DDR-Frauen das Selbstverständnis bereits in den 80er Jahren wesentlich emanzipierter war, als bei manchen jungen, westdeutschen Frauen, die ich heute kennenlerne. Ich frage mich, warum das so ist (wenn doch der F. so eine Erfolgsgeschichte geschrieben hat). Ich habe den Verdacht, dass andere ökonomische, historische und soziologische Faktoren ein weit wichtigeren Einfluss haben. Nur ein Hinweis: Ich weiß, dass die DDR kein Feminismus-Wunderland war. Aber ich bemerke schon, dass Frauen wie meine Mutter, ihre Schwestern und Freundinnen ganz selbstverständlich arbeiteten und Kinder hatten, etwas, dass meine westdeutschen Freundinnen (obgleich sehr jung) für praktisch unmöglich oder wenig erstrebenswert halten.
"Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder." was wollte denn der Feminismu? Dass Frauen selbstbestimmt handeln und denken können? Aber wenn sie es dann tun, ist es auch wieder nicht richtig? Das Zitat mag vielleicht für Schröder stimmen, weiß ich nicht. Wenn ich den Feminismus kritisiere (wobei ich in diesem Text ja nicht einmal kritisiere), dann eben, weil keine Ideologie oder Geisteshaltung absolute Wahrheit für sich beanspruchen kann. Revolutionen haben es immer so an sich, dass sie diejenigen, die gegen sie argumentieren, einen Kopf kürzer machen.
"Warum werden Patriarchat und Kapitalismus stets zusammengedacht? Kann es das eine ohne das andere nicht geben?" Kann es nicht, ansonsten hätten wir das Matriarchat. ;-)
Ernsthaft (wenn auch verallgemeinert), die Eigenschaften, die im Kapitalismus besonders gefragt sind, sind weniger sympathisch, wenn sie auch mit den schönsten Verkleidungen verkauft werden. Frauen durchschauen die Zusammenhänge wohl eher (leichter?), auch deshalb fehlen sie mehr in den Führungsetagen.
Die jetzigen Strukturen zieht die Typen an, die auf Macht, Ruhm, Geld und Gewaltausübung stehen. Es gibt darüber ´ne Menge Bücher, warum das so ist. Zwingend ist es aber nicht, denn es gibt ja gute Beispiele dafür, wie solche Strukturen auch ohne Kapitalismus ihre Traditionen haben, wobei neuerdings eine muslimische Aufklärung unser Gesichtsfeld erweitert, wenn Kopftücher als spirituelle Momente und Emanzipation normiert werden (andere Baustelle).
Patriarchat und Kapitalismus ergänzen sich einfach gut, stützen sich gegenseitig zur Machterhaltung.
Tja, oder vielleicht doch eher wie nach der Gnade der nimmer versiegen wollenden Erkenntnis. ;-)
°Warum werden Patriarchat und Kapitalismus stets zusammengedacht? Kann es das eine ohne das andere nicht geben?°
Ohne dem kleinen König vorzugreifen: empfehlenswert wäre z.B. Maria Mies, „Patriarchat und Kapital“, einen knappen Überblick feministischer Kapitalismuskritik finden Sie hier.
Kapitalismus fußt darauf, daß jemand (oder etwas) ausgebeutet wird, z.B., daß tradiert weiblich verrichtete Arbeit wie Familien-, Haus- und Pflegearbeit unentgeltlich verrichtet wurde und heute immer noch weit unter ihrem tatsächlichen gesellschaftlichen Wert bezahlt wird <--- da hätten Sie auch gleich ein kleines Beispiel für die existierende Verbindung von Patriarchat und Kapitalismus auf unserer kleinen Luxusinsel.
Einen weiteren, damit verwandten Punkt hatte ich schon weiter oben genannt, nämlich die Ausbeutung armer Länder, dort in besonderem Maße armer und rechtloser Frauen, ein dritter Punkt ist die Ausbeutung der Natur und ihrer Ressourcen, alle drei eng mit Kapitalismus und Patriarchat verbunden.
°Ich schreibe darin, dass die gängige Lesart der Geschichte der letzten 40 Jahre die sei, dass die zweite Frauenbewegung (Betonung liegt auf der 2.!) das Patriarchat gestürzt habe°
Für wen ist die denn gängig? Für die Schwarzer? Welche Deutungshoheit messen Sie der denn zu?
°Ich stelle auch deswegen die Verdienste des westdeutschen Feminismus in Frage, weil ich merke, dass bei DDR-Frauen das Selbstverständnis bereits in den 80er Jahren wesentlich emanzipierter war, als bei manchen jungen, westdeutschen Frauen, die ich heute kennenlerne°
Der westdeutsche Feminismus hatte keine staatlich angeordnete Kinderbetreuung, keine völlig selbstverständliche Berufstätigkeit, damit Geschäftsfähigkeit von Frauen, kein liberales Scheidungsrecht und kein vertretbares Abtreibungsgesetz zur Verfügung, sondern im zähen Gekämpfe um all das seine Wurzel und, Sie sagen's: Alice Schwarzer (bei der ich noch nie verstanden habe, warum die mal unter links rubrifiziert wurde, die war immer schon konservativ und darin reichlich paternalistisch).
Im Westen gab es z.B. lange keinen B-Plan für Frauen, wenn der Versorger, Ernährer und Vater der Kinder ein gewalttätiges Arschloch war. Im Osten ließ man sich scheiden, ohne auch noch wirtschaftlich völlig auf den Hund zu kommen und gesellschaftlich höchst verdächtig zu sein. Bei jungen Ost- wie bei Westfrauen bilden sich die Erfahrungen vorangegangener Generationen ab, auch in Fragen der Zuversicht, des Selbstverständnis und -wertgefühls.
"Ich stelle auch deswegen die Verdienste des westdeutschen Feminismus in Frage, weil ich merke, dass bei DDR-Frauen das Selbstverständnis bereits in den 80er Jahren wesentlich emanzipierter war, als bei manchen jungen, westdeutschen Frauen, die ich heute kennenlerne (...) Ich weiß, dass die DDR kein Feminismus-Wunderland war. Aber ich bemerke schon, dass Frauen wie meine Mutter, ihre Schwestern und Freundinnen ganz selbstverständlich arbeiteten und Kinder hatten."
Ich denke, der Vergleich zwischen der sozialen Realität Frauen in der DDR und dem Feminismus in der BRD ist etwas heikel. Ja, die Frau in der DDR war rechtlich in vielem dem Mann gleichgestellter als in der BRD. Gleichwohl ist es ein Mythos, dass sie emanzipierter war. Das konventionelle Verständnis und der Konsens von der Rolle des Mannes und der Frau war nicht wesentlich anders. Der einzige Unterschied war tatsächlich der der Erwerbstätigenquote. Die vornehmliche Verantwortung für Kinder, Heim und Küche kam für die Zeit des 'Feierabends' und die der Wochenenden sozusagen on the top dazu. Es war keine Entscheidung der Frauen, zumindest in puncto Werktätigkeit zum Mann 'aufzurücken'. Das war genauso Entscheidungen von oben zu danken, wie das konventionelle Rollenverständnis als naturgegeben galt und es im Westen nur eben noch konsequenter gehalten wurde. Ein Feminismus aber wäre in der DDR unvorstellbar gewesen. Schon aus politischen Gründen und solchen des Selbstverständnisses eines kollektivistischen sozialistischen Staates. Dass die DDR "kein Feminismus-Wunderland war" trifft es von daher nicht. Sie war überhaupt kein Land des Feminismus.
So mage es auch sein, dass in puncto Eigenverantwortung und Unabhängigkeit bzw. eines Selbstverständnisses darüber, DDR-sozialisierte Frauen einiges für sich über den Systemwechsel von 89/90 herübergerettet haben. Ist das aber heute noch so spürbar? Da hätte ich meine Zweifel - möchte undn kann Ihren Erfahrungen aber auch nicht einfach widersprechen.
Alles in allem gerne gelesen Ihren Artikel! Dennoch frage ich mich (nicht erst seit diesem Beitrag), ob die ganze Problematik um die Verortung von Mann und Frau und darin vor allem die psychische Bewältigung dessen im Alltag tatsächlich so virulent ('tschuldigung ^^) ist. Also uns wirklich so beschäftigt, wie es die Vielzahl von Verlautbarungen und Studien dazu suggeriert. Ich habe schon oft den Eindruck, dass da viel hochstilisiert und hochgekocht wird ...
Die Rechte Homosexueller spielen bei dem, was ich unter Emanzipation verstehe, durchaus eine Rolle, deswegen greift der Begriff „Feminismus“ etwas zu kurz. Genauso wenig wie das biologische Geschlecht - Sex in Abgrenzung zu Gender - keine Diskriminierungen begründen darf, darf es selbstredend auch die sexuelle Orientierung nicht. Gehört beides zusammen, vollkommen d'accord.
Das ging zwar an Calvani, ist willkürlich heraus gegriffen, aber ….
Der dt. Feminismus hat sich aber nie deutlich genug von einem Feminismus der Marke Schwarzer abgegrenzt - wir durften das ja erst neulich bei der EMMA lesen: Weibliche Piloten würden niemanden mit in den Tod reißen. ... vielleicht können Sie mir darin zustimmen, dass solche Aussagen gelinde gesagt problematisch sind.
Nur ein paar Klicks hätten gezeigt, dass der ursprüngliche Text von Luise F. Pusch den Glossen zugerechnet wird (=witziger, geistreicher, ironischer oder überspitzter Umgang mit einem Thema).
Emma-Online macht daraus, warum auch immer, einen Kommentar, eine durchaus ernst gemeinte journalistische Rubrik.
Zugegeben diese Verballhornung ist nicht Ihre Baustelle – Ihre Baustelle ist mit welchen Infos Sie die zu Papier gebrachten Gedankenstränge stützen.
ich wollte meine Frage ein wenig mehr als rhetorisch verstanden wissen. Ich halte es nicht für ausgemacht, dass Unterdrückung nur im Kapitalismus existiert oder Kapitalismus patriarchaler Strukturen bedarf oder umgekehrt. Großes Thema! Wäre wohl eher Thema für einen Essay.
Die Verkettung von Kapitalismus- Frauenunterdrückung - Patriarchat ist jedenfalls nicht "naturgemacht". Feudale Strukturen basieren beispielsweise auch auf Ausbeutung, und nicht nur der der Frau - sondern der Mehrheit der Bevölkerung.
danke, ich weiß was eine Glosse ist ;) so viel Geist dürfen Sie mir gerade noch zutrauen. Aber nur weil man Glosse darüber schreibt, wird es noch lange nicht geistreich
Ja, die Frau in der DDR war rechtlich in vielem dem Mann gleichgestellter als in der BRD. Gleichwohl ist es ein Mythos, dass sie emanzipierter war. Das konventionelle Verständnis und der Konsens von der Rolle des Mannes und der Frau war nicht wesentlich anders. Der einzige Unterschied war tatsächlich der der Erwerbstätigenquote. Die vornehmliche Verantwortung für Kinder, Heim und Küche kam für die Zeit des 'Feierabends' und die der Wochenenden sozusagen on the top dazu.
Sie haben recht damit, dass Frauen noch extra Verantwortung durch die Erwerbsarbeit auf sich nahmen und anderswo nicht entlastet wurden. Trotzdem hat diese Erwerbsarbeit etwas an ihrem Bewusstsein verändert, und ja, das hat auch mit Emanzipation zu tun! Zu wissen: Ich kann mich selbstversorgen, ich trage zum Familieneinkommen bei, ich kann genauso mitentscheiden. Männer hatten in Ostfamilien eine andere Rolle. Manchmal gar keine Rolle - übrigens nicht leicht für diese Männer, habe ich an meinem Vater gesehen.
Ein Feminismus aber wäre in der DDR unvorstellbar gewesen.
Stimmt durchaus nicht! Es gab eine aktive Frauenbewegung der DDR. Ein wenig erforschtes (oder sagen wir: öffentlich vermitteltes) Thema.
"
°Ich schreibe darin, dass die gängige Lesart der Geschichte der letzten 40 Jahre die sei, dass die zweite Frauenbewegung (Betonung liegt auf der 2.!) das Patriarchat gestürzt habe°
Für wen ist die denn gängig? Für die Schwarzer? Welche Deutungshoheit messen Sie der denn zu?"#
ach, da müssen Sie ja nur einige der Kommentare hier lesen, die meinen, ich würde die Leistung des Feminismus schmälern, wenn ich schreibe, das Ende des Patriarchats beginnt viel früher. Oder Online-Kommentare von "Maskulinisten".
"Der westdeutsche Feminismus hatte keine staatlich angeordnete Kinderbetreuung, keine völlig selbstverständliche Berufstätigkeit, damit Geschäftsfähigkeit von Frauen, kein liberales Scheidungsrecht und kein vertretbares Abtreibungsgesetz zur Verfügung, sondern im zähen Gekämpfe um all das seine Wurzel"
Aber das ist es doch: IM Gegensatz zur DDR konnte man in der BRD frei wählen. Stellt sich doch die Frage, warum Frauen die politischen Verhältnisse nach 45 in der BRD nicht anders beeinflussten. Frauen stellten zu dieser Zeit schließlich mehr als 50 Prozent der Gesellschaft. Wir betrachten Frauen immer als Opfer der Geschichte/der patriarchalen Strukturen. Aber ich kenne auch heute noch junge Frauen, die sich trotz guter Ausbildung ganz selbstverständlich in die Abhängigkeit von Männern begeben. Die Gründe dafür sind heute vermutlich dieselben wie in den 50ern. Bequemlichkeit? Die Verführungskraft der heilen Welt?
°ich wollte meine Frage ein wenig mehr als rhetorisch verstanden wissen°
Dann wäre es vielleicht eine gute Idee, Sie schrieben in Zukunft dazu, wenn Sie Ihre Fragen ein wenig mehr als rhetorisch verstanden wissen möchten, dann spare ich mir wunschgemäß Zeit, Antwort und links.
°Die Verkettung von Kapitalismus- Frauenunterdrückung - Patriarchat ist jedenfalls nicht "naturgemacht"°
Ich halte weder Kapitalismus noch Patriarchat noch irgendeine Unterdrückung für "naturgemacht".
°Feudale Strukturen basieren beispielsweise auch auf Ausbeutung, und nicht nur der der Frau - sondern der Mehrheit der Bevölkerung°
Niemand hier hat behauptet, nur Frauen würden im Patriarchat unterdrückt oder nur Männer wären dessen engagierte Befürworter. Außer Ihnen: °Wir betrachten Frauen immer als Opfer der Geschichte/der patriarchalen Strukturen°
Warum ich wohl vorhin z.B. Kolonialgesetze erwähnte, die in der Zeit Ihrer Patriarchats-Selbstzerstörung installiert wurden? An Ressourcen armer Länder zum Beispiel partizipieren auch Frauen in Industrieländern.
Zu Ihrem nächsten Kommentar, Sie finden eben den West-Feminismus doof oder nicht und versuchen, dessen Errungenschaften zu schmälern oder nicht, könnten Sie gern tun, so lange es Ihnen Freude bereitet, juckt mich nicht groß.
Mir ist keine Feministin bekannt, die den Sturz des Patriarchats der 2. Frauenbewegung zuordnen würde, genauer gesagt: ich kenne keine, die das Patriarchat für gestürzt hält. Wiederum: außer Ihnen und Sie kenne ich ja nicht.
Zu Ihrem Argument der Wahlfreiheit in der BRD wäre Ihnen zu entgegnen, daß auch die Ost-Frauen und ihr Selbstverständnis die DDR nicht früher gestürzt haben als 1989. Freie Wahlen waren ihnen vermutlich nicht wichtiger als die DDR mit all ihren Vor- und Nachteilen.
Und warum junge Frauen sich heute freiwillig in 50er-Abhängigkeiten begeben, fragen Sie am besten die jungen Frauen, die das tun. Ich kenne keine, die so tickt. In jedem Fall haben junge Frauen heute ein Konto, sie können Geld verdienen und arbeiten, ohne um Erlaubnis zu fragen, sich einfacher von Idioten trennen und haben die PiDaNa. Selbst, wenn junge Frauen meinen sollten, auch das sei alles "naturgemacht", juckt mich auch nicht allzu sehr.
Emanzipation ist eben auch, wenn Frauen andere Entscheidungen treffen, als Sie oder sonstwer sinnvoll findet.
Womit ich mich verabschiede und Ihrem großen Essay-Thema gespannt entgegen sehe...;-)...
"Hölle" wird hier als Theorie nicht mehr gebraucht. Versuchen Sie ihr Glück woanders.
Nein, hier müssen Sie nochmal im Text lesen: Ich schreibe darin, dass die gängige Lesart der Geschichte der letzten 40 Jahre die sei, dass die zweite Frauenbewegung (Betonung liegt auf der 2.!) das Patriarchat gestürzt habe. Es geht mir darum, dass das Ende des Patriarchats viel früher beginnt.
Ach so! Es geht Ihnen um die korrekte Datierung des Endes des Patriarchats? Donnerwetter! Sie müssen in die Zukunft schauen können!^^ Scheiße, da bin doch schon wieder auf Satire reingefallen. So ein Mist!
"Trotzdem hat diese Erwerbsarbeit etwas an ihrem Bewusstsein verändert, und ja, das hat auch mit Emanzipation zu tun!"
Emanzipation ist doch, sich aus der passiven Dulder-Rolle in einem sozialen System in die des aktiven (Mit-)Gestalters zu verändern. Ich denke doch, man kann nicht emanzipiert werden.
"Emanzipation ist eben auch, wenn Frauen andere Entscheidungen treffen, als Sie oder sonstwer sinnvoll findet."
Warum nun, im finalen Satz, so unbestimmt ("Entscheidungen", die mehr oder weniger "sinnvoll")? Schließlich waren Sie doch gerade bei den von Hobrack angesprochenen "50er-Abhängigkeiten". Auch wenn Sie keine kennen, die "so tickt" - es gibt sie. Auf jeden Fall deutlich mehr als Feministinnen. Und auch wenn Frauen heute, zumindest de jure, die Entscheidungsfreiheit auch der wirtschaftlichen Unabhängigkeit haben, und das ein Ergebnis von feministischen oder Frauenbewegungen ist, so heißt eine Entscheidung contra dieselbe nicht emanzipiert. Entscheidet sich eine jeweilige Frau pro "50er-Modell" und wir nennen es trotzdem emanzipiert, so würde doch der Begriff der Emanzipation der Frau verkehrt. Dann hätte überdies alles, was auch heute noch in dieser Hinsicht diskutiert wird überhaupt keinen Boden mehr; wäre gegenstandslos. Aber vielleicht ist es ja sogar so ...
°Schließlich waren Sie doch gerade bei den von Hobrack angesprochenen "50er-Abhängigkeiten". Auch wenn Sie keine kennen, die "so tickt" - es gibt sie. Auf jeden Fall deutlich mehr als Feministinnen. ...
Entscheidet sich eine jeweilige Frau pro "50er-Modell" und wir nennen es trotzdem emanzipiert, so würde doch der Begriff der Emanzipation der Frau verkehrt. Dann hätte überdies alles, was auch heute noch in dieser Hinsicht diskutiert wird überhaupt keinen Boden mehr; wäre gegenstandslos. Aber vielleicht ist es ja sogar so ...°
Emanzipation heißt wenigstens für mich nicht, Frauen ihre Entscheidungen zu diktieren.
Wenn Frauen der Meinung sind, ihr Lebensglück läge in Mann und Kindern und unentgeltlich verrichteter Arbeit, dann ist das so, die dürfen das. Emanzipation heißt nicht zuletzt auch Wahlfreiheit und die hat sich seit den 50ern erheblich vergrößert.
Was ist eigentlich mit den emanzipierten Männern, die begeisterte und hingebungsvolle Väter sind und niemalsnienicht eine von ihnen abhängige Frau an ihrer Seite dulden würden? Hörte man in letzter Zeit irgendetwas von denen? Oder müssen ersatzhalber Frauen Superwomen sein, Kinder bekommen, Lohnarbeit und unentgeltlich verrichtete Arbeit leisten und in ihrer Freizeit noch eben die Weltrevolution anberaumen, um dabei die Männer mitzuretten?^^
°Wäre das Patriarchat wirklich gestürtzt, sähe alles wirklich ganz anders aus, selbst wenn wir nur aus dem Fenster schauen würden°
Hmnuja, die Sonne würde vermutlich trotzdem auf- und untergehen...;-)... der letzte Absatz an Miaux geht schon auch mit an Sie.
Bei Marie Mies gefällt mir deren Verknüpfung der Ausbeutung von Natur, Armen in kolonisierten Ländern und Frauen im Rahmen kapitalistischer Produktion ausgesprochen gut, wobei ich bekanntlich kein Verfechter allzu reiner Lehren bin, weil dabei immer so viele unter die Räder geraten. Ich habe mich auch schon lange von der Idee verabschiedet, im Rahmen meines Lebens die Umsetzung all meiner Ideale zu erreichen/erleben. Und finde auch, daß Frau Hobrack schon einen dicken Punkt hat mit der männlichen Rollen- und Selbstzerstörung durch zwei Weltkriege. Das kann man Gunst der Stunde nennen, die Frauen ja auch nutzten, nach dem 50er-Jahre-Umweg zurück an Heim und Herd.
Was mir aber ein stinkendes Rätsel war, ist und vermutlich auch bleiben wird: what about the men? Wo bleibt in Anbetracht der Schleifung vieler Heldenherrlichkeiten eigentlich die Emanzipation wenigstens der linken Männer? Es geistert reichlich viel vom berühmten Nebenwiderspruch und von Frauen-Bewertung und -arbeitsplatzbeschreibung auch durch die FC-Diskussionen.
"Wo bleibt in Anbetracht der Schleifung vieler Heldenherrlichkeiten eigentlich die Emanzipation wenigstens der linken Männer?"
Da wäre eine Arbeitsplatzbeschreibung sinnvoll. Emanzipation woraufhin? Sie haben konkrete Vorstellungen (Erwartungen), halten die aber zurück (vielleicht haben Sie es an anderen Stellen mal geschrieben), weil Sie nicht "übergriffig" werden wollen. Mir fallen noch weitere Gründe ein, warum Sie es bei einer Frage belassen.
Zumindest sollten die Geschlechter die gegenseitigen Vorstellungen kennen, um sich daraufhin selbst zu befragen. Es geht auch anders, wenn jeder von seiner Warte ausgeht. Mir erscheint der augenblickliche Zustand aber genau hier verursacht. Möglicherweise ist es aber auch beides nicht, denn die Gesamtfolgen aller Einzelentscheidungen bedingen ein schlechtes Milieu, dass weder geplant noch gewollt war.
@Angelia setzt den Schwerpunkt bei der individuellen Lösung, während ich den Ansatz stärker bei den systemischen sehe. Es wird wohl beides sein.
Ging zwar nicht an mich, aber ich merke an.
Männer hatten in Ostfamilien eine andere Rolle. Manchmal gar keine Rolle - übrigens nicht leicht für diese Männer, habe ich an meinem Vater gesehen.
Aber, war das nicht auch sehr unterschiedlich? Ich habe Männer eher so erlebt, dass die nicht andauernd sinniert haben, wie man sich als Mann aufführt. Die waren verhaltener, oft humorvoller und selbstbewusster als die Männer im Westen. So kurz nach der Wende war mal ein Artikel in einer Zeitschrift, in der ein Journalist die Männer-Ost fast ein wenig beneidete um diese Unverkrampftheit. Sicher gabs auch Beziehungen, in denen die Männer am Ende gar nichts mehr zu entscheiden hatten. Aber, wie häufig das war, weiß ich nicht zu sagen. Es wurde ja auch wirklich über Geschlechterrollen wenig diskutiert.
"Emanzipation heißt wenigstens für mich nicht, Frauen ihre Entscheidungen zu diktieren."
Ja aber von einem Diktat habe ich auch nicht geschrieben. Ich möchte nicht einmal so weit gehen, Bewertungen abzugeben. Es soll sich auch keine Frau genötigt sehen, sich vom Modell 'Wirtschaftlich unabhängig und geteilte Kinderfürsorge' emanzipieren zu müssen.
Da das überkommene Rollenmodell aber nach wie vor sehr stark ist, bin ich der Ansicht, dass eine Frau, die sich in diesem wiederfindet, nicht am Begriff der Emanzipation der Frau teilhat. Und das nur im Sinne der Klärung des Begriffs.
Wenn Patriarchat und Kapitalismus "dieselbe Ursprungsgeschichte" hätten, folgt daraus zwingend, dass sie dasselbe bezeichnen, mithin Synonyme wären.
Vielmehr ist doch der Kapitalismus aus patriarchalen Strukturen gewachsen. Patriarchat und Kapitalismus sind zwar historisch nicht oder kaum zu trennen aber eben nicht dasselbe. Naheliegend wäre nun, anzunehmen, dass patriarchale Strukturen eine Voraussetzung für Kapitalismus seien. Aber könnten wir das prüfen? Allein der Mangel starker Gegenbeispiele würde nicht ausreichen und allenfalls willkürliche Schlüsse erlauben. Du weißt ja zurecht auf die strukturellen Transformationen des Wirtschaftens, der Entwicklung des Wirtschaftens selbst, hin. Da haben wir es mit Evolutionsschritten und letztlich sozialen Systemen zu tun. Letztere weisen sich als überaus komplex aus. Ich denke, wir haben keine Mittel zur Hand, welche die Falsifizierbarkeit der möglichen These, Kapitalismus kann nur aus patriarchalen Strukturen entstehen und durch diese erhalten werden, ermöglichen. Das wiederum heißt jedoch nicht, dass es nicht wert wäre, Patriarchate zu überwinden.
°Ich möchte nicht einmal so weit gehen, Bewertungen abzugeben. Es soll sich auch keine Frau genötigt sehen, sich vom Modell 'Wirtschaftlich unabhängig und geteilte Kinderfürsorge' emanzipieren zu müssen.
Da das überkommene Rollenmodell aber nach wie vor sehr stark ist, bin ich der Ansicht, dass eine Frau, die sich in diesem wiederfindet, nicht am Begriff der Emanzipation der Frau teilhat. Und das nur im Sinne der Klärung des Begriffs°
Das Modell "Wirtschaftlich unabhängig und geteilte Kinderfürsorge" halten Sie für so weit verbreitet, daß Sie Frauen, die ihren Schwerpunkt auf Familienarbeit legen, aus der Emanzipation ausbürgern und meinen, damit nicht zu werten? Mir ist so, als würden Frauen nach wie vor die meiste Familienarbeit erledigen.
Wir reden aber womöglich auch bloß aneinander vorbei, ich würde das 50er-Jahre-Modell nie emanzipiert nennen und mir ist der reine *Begriff* Emanzipation oder Feminismus herzlich wurscht.
Es gibt selbst im 50er-Jahre-Modell freie und souveräne Frauen, in Dax-Vorständen vermutlich unfreie und unter berufstätigen Müttern viele erschöpfte. An der weiblichen Emanzipation partizipieren alle Frauen, Stichwort Wahlmöglichkeite, obwohl die nach wie vor nicht so groß sind wie die männlichen, auch auf unserer Luxusinsel nicht.
Karamasoff hat in Angelias Blog einen interessanten Radiobeitrag von Robert Kurz verlinkt, den ich auch hier passend finde: Liebesökonomie und Schicksalsgemeinschaft. Den Frauen zugeschriebene Rollen beschränken sich ja nicht auf die drei 50er-Jahre-Ks, bei denen eins statt Kirche auch Kommunismus-> Weltrevolution lauten kann.
Mein Satz "Es soll sich auch keine Frau genötigt sehen, sich vom Modell 'Wirtschaftlich unabhängig und geteilte Kinderfürsorge'emanzipieren zu müssen." will im Grunde Ihnen zustimmen: Sollen sie sich entscheiden, denn immerhin können sie sich heute entscheiden. (Obwohl das ja auch nur bedingt stimmt. Denn wir alle, ob Männlein oder Weiblein, sind längst nicht so frei, wie uns suggeriert wird. Aber machen wir das Fass jetzt hier nicht weiter auf, als es ohnehin schon ist.)
"Wir reden aber womöglich auch bloß aneinander vorbei, ich würde das 50er-Jahre-Modell nie emanzipiert nennen und mir ist der reine *Begriff* Emanzipation oder Feminismus herzlich wurscht."
Ein bisschen aneinander vorbei ging es schon - eigentlich sind wir nicht wirklich auseinander.
°Da wäre eine Arbeitsplatzbeschreibung sinnvoll. Emanzipation woraufhin?°
Lieber Pfeifel, ich bin eine Frau und werde den Teufel tun, Männern eine Arbeitsplatzbeschreibung zu schreiben, wohin sie sich emanzipieren sollen °_O
Emanzipation ist eine Wovon-, keine im Geschlechterkonsens zu klärende Woraufhin-Frage, ist doch kein Wunschkonzert!
Die Wovon-Frage wäre (mit allem Vorbehalt) schon etwas einfacher zu beantworten: z.B. Emanzipation von der psychischen, sozialen und atmosphärischen Rundumversorgung durch Frauen. Es hat z.B. ja Gründe, warum so viele Männer ins völlig Bodenlose stürzen, wenn die Liebste sie verläßt. Das hat nicht nur mit häßlichen Scheidungen und ruinierenden Unterhaltszahlungen, sondern auch damit zu tun, daß Frauen zuvor oft für die männliche innere Hygiene, für Sozialkontakte, fürs angenehme Drumherum für alleinzuständig erklärt wurden.
Emanzipation von Männlichkeitsbildern fiele mir auch noch ein, He-Man, Prinz auf dem weißen Pferd, Großgeweihträger, unverwundbarer Held, Weltenlenker usw. sind ziemlich überlebensgroß.
Aber Sie als Mann wissen mit allergrößter Sicherheit viel besser als ich, wo Sie und andere Männer sich unfrei und unsouverän fühlen oder wo sie ohne Frauen hilflos wären.
Systemische Lösungen sehe ich keine am Horizont, weswegen ich wie Angelia den Schwerpunkt auf individuelle Entwicklung setze (und fürchte, daß es keine systemische Abkürzung gibt) - aus denen dann aber womöglich endlich systemische Lösungen wachsen und zwar für Männer, Frauen, Kinder, alle 3+x sexes, die Bewohner armer Länder, die Natur.
Da haben sich ein paar Wolken verzogen, danke.
"Wovon" reicht aber nicht, wenn keine Idee vom "wohin" vorhanden ist. "Rundumversorgung" ist wohl so, wobei ich tatsächlich Familien kenne, wo die Frauen den Männern die Koffer packen! Das macht mich schon ein wenig sprachlos. Da können die Frauen für die Zukunft aber zur Besserung beitragen, wenn sie den kleinen Jungen gleich den richtigen Unterricht erteilen, was Hausarbeit betrifft. Wenn es Männer selbst machen, wäre es noch besser.
Ansonsten ist die Freiheit (Emanzipation) der Geschlechter als gegenwärtige Arbeitnehmer kaum in der Produktion zu finden. Zumindest mache ich mir da keine Illusionen. Denn die Produktivität außer Haus ist eine, die als verkaufte und verausgabte beide Geschlechter im Prinzip gleich belastet. Möglicherweise stelle ich in den nächsten Tagen dazu noch einen Beitrag ein, wenn es nicht an der entsprechenden Stelle zur Veröffentlichung angenommen wird.
Verkürzt würde ich es so formulieren: alles was Mann machen kann, sollte auch Frau können, wenn sie es will. Da darf es keine gesetzlichen Hürden geben. Allein diese Fragestellung müsste Unverständnis auslösen. Alles weitere spielt sich im Innenraum ab, wo im ständigen Lernprozess eine gemeinsame Weiterentwicklung stattfinden kann. Rückblickend aus eigener Perspektive könnte ich also von einer Transformation sprechen, die, wenn sie positiv verläuft, mehr ist, als es vorherzusehen war.
Das trifft sich dann mit ihrem letzten Absatz, dass es auch auf der individuellen Ebene gelingen kann. Es ist aber für viele zu schwer, denn sonst hätten wir keine so hohe Trennungsraten. Ob es früher besser war bezweifele ich allerdings, denn die Statistiken täuschen darüber hinweg, dass in der Vergangenheit Tradition und Konvention einen stärkeren Einfluss hatten.
Gut geschrieben, wobei sich weder um die Kasse noch um die Steuern kümmern sehr befreiend sein kann, was aber nicht heißt, dabei keinen Überblick zu behalten. :-)
°Frauen kämpfen da heute selbstverständlich an den selben Fronten wie Männer, aber können meiner Meinung nach noch immer viel mehr erreichen als Männer, die sich ihrer Unterwerfung leider weniger bewusst sind und sein wollen.... Sie unterliegen der krankmachenden "Individualisierung" des einzelnen auf subtilere Art. Frauen haben sich über ihre klare Entmündigung viel leichter hinwegsetzen können als Männer über ihre obskurierte, tabuiisierte°
Das, lieber iDog, ist eine Arbeitsplatzbeschreibung an die sowieso schon doppelt vergesellschaftlichten Frauen. Wir würden uns vermutlich über ein wünschenswertes Endergebnis viel einiger als über den Weg dahin. Aus meiner Sicht: erst, wenn viel mehr Männer anders (°banaler alltäglicher Kommunismus° ist schön gesagt) mit ihren Frauen zusammenleben, haben beide, vor allem aber die Frauen, wieder Kapazitäten frei für eine mögliche systemische Lösung.
°... Was bleibt ist vielleicht die Erkenntnis, dass das menschliche Leben ein Abhängigkeitsmodell zwischen weiblicher und männlicher Natur ist, das man zwar missbrauchen kann, aber nicht muss. Das Patriarchat in seinem ignoranten Extrem negiert diese Natur nach wie vor°
Zur °weiblichen Natur° rate ich zu Sarah Blaffer Hrdy und Judith Butler und ansonsten zum oben schon verlinkten Robert-Kurz-Beitrag Liebesökonomie und Schicksalsgemeinschaft (danke Karamasoff!) Sie schirrmachern mehr, als Sie glauben^^
"Ja, die Frau in der DDR war rechtlich in vielem dem Mann gleichgestellter als in der BRD."
Auf alle Fälle waren Frauen in der DDR Männern rechtlich gleichgestellt. In der BRD (zumindest bist Juli 1975 auf gravierende Weise) nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Erstes_Gesetz_zur_Reform_des_Ehe-_und_Familienrechts
Zitat:
"Bis zum Ersten Eherechtsreformgesetz war die Verteilung der Aufgaben zwischen Ehepartnern im Bürgerlichen Gesetzbuch des Jahres 1900 geregelt.[1]
Nach diesem Einverdienermodell war der Mann für den finanziellen Unterhalt der Familie zuständig, während die Frau für die Haushaltsführung und Kindererziehung verantwortlich war.
Die Ehefrau durfte nur dann berufstätig sein, wenn dies mit den Interessen der Familie und des Ehemannes vereinbar war.[1][2]
Dem Ehemann kam das Entscheidungsrecht in allen Fragen des Ehe- und Familienlebens zu und er hatte das Recht, die von der Frau eingegangenen Arbeitsverhältnisse (selbst gegen deren ausdrücklichen Willen) zu kündigen.[1]"
Jeder DDR-Frau, die ich kenne, würden sich bei diesen gesetzlichen Vorgaben die Nackenhaare sträuben - mindestens!
"Gleichwohl ist es ein Mythos, dass sie emanzipierter war."
Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht einmal meine Oma gehört dazu - trifft das, jedenfalls nach meinen Erfahrungen, nicht zu.
"Das konventionelle Verständnis und der Konsens von der Rolle des Mannes und der Frau war nicht wesentlich anders."
Selbst wenn es in nicht wenigen Fällen so gewesen sein mag, dass es, z.B. was Hausarbeit, Kindererziehung, Anstreben leitender Positionen u.ä. betraf, Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab, die (auch) konventionell bedingt gewesen sein mögen, so war das (Selbst)Verständnis, das diese Rollenverteilung betraf, in vielen mir bekannten Fällen, zumindest bei der Generation Frauen, die in der DDR sozialisiert worden waren, ein wesentlich anderes.
"Der einzige Unterschied war tatsächlich der der Erwerbstätigenquote."
"Der einzige Unterschied" sagen Sie (lapidar).
Das ist einer DER entscheidenden, bedeutendsten Unterschiede überhaupt, denn:
Erwerbstätigkeit bedeutet finanzielle, ökonomische und damit einhergehend, weitgreifende Unabhängigkeit vom jeweiligen Ehemann.
DAS kann man gar nicht hoch genug einschätzen.
"Die vornehmliche Verantwortung für Kinder, Heim und Küche kam für die Zeit des 'Feierabends' und die der Wochenenden sozusagen on the top dazu. Es war keine Entscheidung der Frauen, zumindest in puncto Werktätigkeit zum Mann 'aufzurücken'."
"Aufzurücken" :-D. Da gab es nichts aufzurücken. Entweder fand das Ganze auf Augenhöhe statt oder es wurde abgerückt.
Und zwar ohne jegliche finanzielle Einbuße, ohne Statusverlustängste oder die Angst als Mutter irgendwelche gesellschaftlichen Nachteile erleiden zu müssen.
"Das war genauso Entscheidungen von oben zu danken, wie das konventionelle Rollenverständnis als naturgegeben galt und es im Westen nur eben noch konsequenter gehalten wurde."
Wie Sie auf diese merkwürdige, pauschale Aussage kommen - habe ich eine Ahnung.
Ich habe noch zwei Dinge anzumerken dazu.
Robert Kurz hat in diesem Radiofeature, und in der gesamten Wertkritik der Gruppe Exit!, die originären Ideen von Roswitha Scholz transportiert. Ihre Theorien zur Abspaltung und doppelten Vergesellschaftung sind die seitdem unabdingbare Grundlage für das Neuüberdenken dieser Wertkritik als Kritik an den herrschenden Verhältrnissen und der kapitalistischen Strukturen.
Dann habe ich hier noch einen ergänzenden Link zur Liebesökonomie von den Störenfriedas
Pflege zum Dumpingpreis
Als letzes noch einen Satz, der auch in einem Artikel auf dieser Seite gefallen ist und so ziemlich exakt die Tendenzen beschreibt mit denen Frauen wieder in herrschende Verhältnisse zurückgefoltert werden sollen (analog zum Ausdruck den Kurz Marx zuschrieb, daß der Mensch in den Kapitalismus geradezu hineingefoltert wurde)
"Feminismus ist keine Identität, sondern ein Prozeß"
Es ist ja geradezu das Hauptmerkmal u.a. des Maskulinismus sich selbst, und damit automatisch auch den Feminismus, als Identität darstellen zu wollen (als naturgegeben mit borniertem Selbstverständnis), um den Prozeß so entwerten zu können.
Vielen Dank für die ganzen links! (den zur Pflege zum Dumpingpreis in anklickbar nachgereicht und der Vollständigkeit halber noch Robert Kurz über das Methusalem-Komplott)
Die Liebesökonomie war mir heute morgen ein echter Augenöffner, bei diesen beinahe mystischen Zuschreibungen an Frauenqualitäten läge ja auch der Anflug eines Gefühls von schmeichelnder Wertschätzung nahe...;-)...
Und, in der Tat: Prozess, nicht Identität.
Jetzt ist mir gerade ein langer Kommentar an Sie flöten gegangen, zu dessen Rekonstruktion ich jetzt keine Lust habe, deswegen kurz, knapp, ruppig: zwei Rezensionen, nämlich Mutter Natur und Mütter und andere mit Grüßen auch an die unbekannte Frau iDog...;-)...
Kooperation ist weibliche menschliche Natur.
Daß Frauen denken, töten, Geld verdienen können, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Kooperation bedeutet, daß Männer langsam mal Interesse an Rollen entwickeln, die Frauen zugeschrieben werden und das beschränkt sich nicht nur auf die Arbeit rund um Kinder.
Statt Frauen übermenschliche Qualitäten zuzuschreiben oder anzunehmen, sie hätten es leichter bei Hinterfragung und Teilablegung ihrer Rollenbilder oder wären effektiver oder gar das Überleben in der Krise den Frauen aufzuhalsen wie der Schirrmacher. An dieser Stelle schirrmachern Sie auch ein bißchen, ohne das vermutlich zu wollen, haben Sie den Radiobeitrag gehört?
Frauen müssen meist eine Revolution mehr absolvieren, nämlich auch noch die zuhause und sie sind ohnehin schon doppelt vergesellschaftet, wenn sie Kinder haben/berufstätig sind. Viele rödeln sich daran müde und krank, es ist so bitter schade, daß die allermeisten Männer eben kein Hölzchen mehr auflegen.
"Auf alle Fälle waren Frauen in der DDR Männern rechtlich gleichgestellt."
Sie haben Recht - man kann es durchaus so unumwunden formulieren.
"Aufzurücken" :-D. Da gab es nichts aufzurücken."
Das wollte ich ja auch gesagt haben. Siehe der dem folgende Satz, den Sie weiter unten in Ihrem Kommentar zitieren. Es ging ja in meinem Kommentar an die Autorin dieses Artikels auch darum, dass die Frauen in der DDR sich ihre weitestgehende Gleichstellung nicht erkämpfen mussten.
Nein, meine Frage lautete: °Wo bleibt in Anbetracht der Schleifung vieler Heldenherrlichkeiten eigentlich die Emanzipation wenigstens der linken Männer?°
Nehmen Sie sich dabei gern aus, ich glaube Ihnen den alltäglichen Kommunismus mit Frau iDog gern.
Ich habe Ihre letzten Kommentare nochmals etwas gründlicher als zuvor durchgelesen.
In vielen Punkten stimme ich Ihnen zu, kann mich jetzt aber aus verschiedenen Gründen nicht intensiver mit den hier angesprochenen (komplexen) Themen beschäftigen. Vielleicht später.
"Emanzipation heißt wenigstens für mich nicht, Frauen ihre Entscheidungen zu diktieren."
Ist mir neu, dass man Entscheidungen diktieren kann?
"Wenn Frauen der Meinung sind, ihr Lebensglück läge in Mann und Kindern und unentgeltlich verrichteter Arbeit, dann ist das so, die dürfen das."
Dann dürfen sie das. Das ist ja nett, aber was hat das mit Emanzipation zu tun?
"Emanzipation heißt nicht zuletzt auch Wahlfreiheit und die hat sich seit den 50ern erheblich vergrößert."
Emanzipation heißt - und zwar völlig unabhängig davon, was Sie persönlich darunter verstehen - zu allererst und im Wesentlichen, dass ein Mensch frei - im Sinne von (fananziell) unabhängig - ist.
Eine Frau und Mutter, die unentgeltlich für einen Mann und/oder Familienangehörige arbeitet und nicht irgendwelche anderen Einnahmequellen hat, ist von diesem Mann nicht unabhängig, somit nicht (entscheidungs)frei und auch nicht emanzipiert.
Ach, die Sache mit der Globalisierung: Ich denke, wir reden hier aneinander vorbei. Natürlich können wir jetzt vom globalen Patriarchat reden, aber mir ging es ja ganz konkret um den Diskurs in Deutschland aber auch den "westlichen Ländern". Ich hatte hier gar nicht den Anspruch, über die globalen Auswüchse von Patriarchat und co. zu schreiben. Darüber könnte man nun wahrlich Bücher schreiben! ich finde nicht, dass es zu kurz gedacht ist, zunächst einmal von der eigenen Lebenswelt auszugehen, auch deshalb, weil ich in den globalen Analysen zu Patriarchat und Unterdrückung der Frau immer reichlich - sicherlich gut gemeintes - Herabgucken auf die "Dritte Welt" und ihre Probleme sehe - die, nun ausgerechnet! - durch den Diskurs westlicher Feministen gerettet werden soll? Und darum geht es doch in meinem Text: westliche Diskurse von Frauen und Männern über Männer.
Natürlich könnte man mir deswegen westliche Nabelschau vorwerfen, na meinetwegen. Aber wie gesagt: Eien globale Analyse wäre hochkomplex und war in diesem Zusammenhang nicht meine Zielsetzung.
Sie haben natürlich recht damit zu sagen, dass es so etwas wie Rückzugsgefechte gibt - und gerade das Phänomen des Trollings verstehe ich als Rückzugsgefecht derjenigen, die einfach nicht verstehen wollen, dass das Patriarchat am Ende ist.
Was leider in den allernwenigsten Kommentaren so richtig zur Geltung kommt, ist dass ich vor allem von den psychischen Vorraussetzungen vom Ende des Patriarchats spreche, die ich beim Ende des 1. Weltkrieges verorte. Natürlich hat dasselbe auch juristische, ökonomische Voraussetzungen etc. Mir geht es in diesem Text aber darum zu zeigen, dass patriarchale Strukturen auch auf psychischer und ethischer Ebene eine Voraussetzung hatten, die in Diskursen um das P. vernachlässigt werden. Das Frauenwahlrecht konnte nur deswegen 1917 eingeführt werden, weil kein Mann mehr psychisch-moralische Überlegenheit über die Frau behaupten konnte (was das ganze 18. und 19. Jahrhundert lang geschehen war).
Entschuldigung, nun muss ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Erstens widerpsreche ich an keiner Stelle dem ersten Teil Ihres Kommentars und bin sehr dafür, ein Geschlecht nicht pauschal abzuwerten - darum geht es ja bereits im Teaser zum Text! Sie haben also gar nciht gelesen, nehme ich an.
Zweitens: "Und auch dieser Artikel unterstellt der Männlichkeit pauschal, sich in das Patriachat des vorvergangenen Jahrhunderts zurückzuwünschen. Emliy Dickins' lässt grüßen."
Wo steht das im Text? Würde ich gerne wissen. Erstens unterstelle ich wenig bis gar nicht. Dass sich Männer kollkektiv ins Patriarchat zurückwünschen - wo steht das? Einige wenige trollen sich durch Foren, das habe ich geschrieben. Aber nicht mehr.
ich glaube, Sie ein typisches Beispiel für einen "Vorbei-Leser" - nicht lesen wollen und unterstellen, dass man irgendetwas unterstellt. Und das, obwohl sowohl Intention als auch konkrete Aussage des Textes das Gegenteil darstellen.
Also: Bevor Sie jemand anderem intellektuell auf die Sprünge helfen wollen - besser lesen. Ansonsten stimme ich Ihren Aussagen ja sogar sehr zu und bringe das auch im Text zum Ausdruck.
°Emanzipation heißt - und zwar völlig unabhängig davon, was Sie persönlich darunter verstehen - zu allererst und im Wesentlichen, dass ein Mensch frei - im Sinne von (fananziell) unabhängig - ist.
Eine Frau und Mutter, die unentgeltlich für einen Mann und/oder Familienangehörige arbeitet und nicht irgendwelche anderen Einnahmequellen hat, ist von diesem Mann nicht unabhängig, somit nicht (entscheidungs)frei und auch nicht emanzipiert.°
Nach Ihrer Definition ist also Geld der große Emanzipator. Demnach sind Reiche emanzipierter als Arme, Chefs emanzipierter als Lohnempfänger, Männer im Schnitt emanzipierter als Frauen, Kinder, Alte und Kranke fallen völlig unten durch und Banken sind emanzipierter als alle zusammen.
Emanzipation ist nach Ihrer Definition kein individuell zu absolvierender Befreiungsprozess von kaputten Werten und Normen, sondern eine von Wirtschaft/Staat gewährte Gnadenleistung. Die reine Menschenfreundlichkeit der Lohndrückerei für die BRD-Politik wie auch den Altruismus Arbeitskräftemangel der DDR-Frauenpolitik lassen wir dabei mal schön außen vor.
Abhängigkeit voneinander ist in Familien btw. die Regel, keineswegs nur in wirtschaftlicher Hinsicht, im Idealfall wird kooperiert. Familien, in denen z.B. das von einem Partner erwirtschaftete Geld gemeinsam oder vom unentgeltlich Arbeitenden verwaltet wird, sind nach Ihrer Definition unemanzipiert.
Ich bin ganz sicher kein Verfechter des 50er-Jahre-Modells, aber auch keiner einer gewährten Emanzipation im Sinne der ursprünglichen Wortbedeutung: der Freilassung von Sklaven oder von Kindern aus väterlicher Gewalt. Seit dem 17/18. Jhdt wird Emanzipation als Selbstbefreiung verstanden, immer individuell, beginnt im Kopf und hört auch gar nicht wieder auf.
""Wenn Frauen der Meinung sind, ihr Lebensglück läge in Mann und Kindern und unentgeltlich verrichteter Arbeit, dann ist das so, die dürfen das."
Dann dürfen sie das. Das ist ja nett, aber was hat das mit Emanzipation zu tun?"
Ich will jetzt gar nicht darüber richten, ob Frauen sich wirklich ihr Leben in Heim und Herd erträumen oder bestimmte gesellschaftliche Mechanismen hierzu führen (ist ein Thema für sich). Emanzipation kann man als Befreiung von Abhängigkeit deuten - im intellektuellen, materiellen, rechtlichen Sinn usw. Wenn eine Frau sich für einen Lebensstil entscheidet, weil er ihren individuellen Vorstellungen entspricht, dann kann man das schon emanzipiert nennen. Nämlich im Sinne einer mündigen Entscheidung. Auch wenn man diese Haltung nicht teilen kann/will, muss man sie nicht als emanzipiert abtun. Wenn man wie Sie - so habe ich das verstanden - Emanzipaition vor allem als materielle Freiheit bzw. finanzielle Unabhängigkeit definiert, gerät man in ein problematisches Fahrwasser. Die Gedanken sind frei, der Geldbeutel nicht immer. Aber Renter und Hartz IV Empfänger wären in Ihrer Vorstellung auch unemanzipiert... ergibt für mich keinen Sinn.
Ihre ökonomische Analyse erinnert mich sehr an Simone de Beauvoir... ich halte diese Sichtweise für zu einseitig, fühle mich aber gerade zu müde, um weiter auszuholen. Vielleicht reiche ich einen längeren Text dazu nach! :) ich hoffe, Sie verzeihen mir das an dieser Stelle. Für mich erwecken solche Analysen stets den Eindruck einer nachträglichen Konstruktion der Geschichte auf ein Telos hin, aber wie gesagt, mehr dazu ein andermal. Ich möchte mal etwas anderes aus Ihrem Text herausgreifen, dass das durch uns geteilte Missverständnis vielleicht beleuchtet:
"Alleinerziehende Frauen sind immer noch am stärksten von Armut bedroht und das Versorgerprinzip beschert Rentnerinnen aktuell (vermehrt in Westdeutschland) Altersarmut. Homosexuelle dürfen nicht heiraten oder Kinder adoptieren, es gibt immer noch sexuelle Gewalt und diese folgt stets dem Macht und Erniedrigungsprinzip. Transphobie ist gesellschaftlicher Konsens. das alles sind Beispiele."
Sie deuten all diese Beispiele als Exempel einer patriarchal-dominanten Kultur. Schauen wir uns da sgenauer an: Armut Alleinerziehender (bin selbst alleineinziehend, aber nicht arm): Die meisten Alleinerziehenden in hartz IV Bezug haben zwei Probleme: Keine Kinderbetreuung und schlechte Ausbildung. Für eine schlechte Ausbildung kann die Gesellschaft - ob patriarchal oder nicht erst einmal nichts (nein nein, kommen Sie mir nicht mit sozialer Ungleichheit, ich komme auch aus einem sehr bildungsfernen Haushalt und trotzdem haben meine Geschwister und ich studiert). Der Mangel an KITA-Plätzen wurzelt natürlich in Vorstellungen, die Frauen und Kinder als unauflösbare Einheit betrachtet. Aber in der BRD hätten die Frauen spätestens in den 70ern dagegen aufbegehren können.- Haben sie aber nicht, weil das Modell des alleinversorgenden Mannes eben auch Bequemlichkeit für die Frau bedeutete, die sich mit dem ach so grausamen patriarchalen System doch sehr gut arrangierte.
Altersarmut resultiert aus entsprechenden Erwerbsbiografien - in der BRD! In Ostdeutschland dagegen gibt es jetzt schon zahlreiche Frauen, die immer gearbeitet haben, aber von dem ungerechten Rentensystem benachteiligt werden. Das ist aber eher ein Ost-West-Problem, als ein Patriarchatsproblem.
Thema Homosexuellen-Ehe: Wenn sogar die CDU zahlreiche schwule Politiker hat, und eingetragene Lebenspartnerschaften möglich sind (die sogar von Karlsruhe in jüngster Entscheidung nochmals "gleicher" gestellt wurden (Thema Erbschaft), wozu dann eine Ehe? Ehe ist aus meiner Perspektive ohnehin eine muffige Angelegenheit, wie das P. ein Thema von gestern. Warum sollten asugerechnet Schwule und Lesben (die in den 80ern ihre Lebensweise auch als Gegenkultur begriffen) jetzt dieses Modell von gestern (etwas trutschig, oder?) anstreben?
Thema Adoption: Wird hierzulande wie in anderen westlichen Ländern bald kommen. Und gibt es da nicht einige schwule Prominente, die das längst getan haben? (Patrick Lindner) Natürlich, die gleichzeitige Adoption durch zwei homosexuelle Partner ist noch nicht möglich, wird aber auch kommen. Ich würde jetzt auch darüber streiten wollen, ob es Ausdruck einer patriarchalen Kultur ist, wenn wir Homosexuellen Adoptionen verweigern. Spannendes Thema. Natürlich geht es hier um psychologische, juristische Diskurse, die einerseits in der patrairchalen Kultur wurzeln und verankert sind. Ob sie aber nicht auch unabhängig von diesem existierten (aufgrund der biologischen Notwendigkeit von gegengeschlechtlichen Elternteilen) wäre zu diskutieren. Auch ein Thema für sich! Sie sehen, mein Kommentar wird immer länger. Ich deute aber gerade die wachsende Akzeptanz für Homosexuelle und Transgenderidentitäten (wir in Dresden haben eine transsexuelle Bürgermeisterkandidatin) als Beleg für ein Verschwinden patriarchaler Denk- und Machtstrukturen.
Die °psychischen Vorraussetzungen° der überlebenden Soldaten beider Weltkriege bestanden nicht zuletzt darin, erlittene wie verübte Gewalt in ihre Familien zu tragen, mit Auswirkungen bis zum heutigen Tag. Das als ein Beispiel der ziemlich langandauernden Rückzugsgefechte des verendeten Patriarchats, eine weitere Planche °westlicher Diskurse von Frauen und Männern über Männer° finden Sie hier.
In °der eigenen Lebenswelt° kommt der eigene Profit an der Ausbeutung armer Länder nur mit sehr großen Scheuklappen nicht vor. In Ihrem Lob des sanftmütigen Manns ist übrigens auch °reichlich - sicherlich gut gemeintes - Herabgucken° auszumachen.
Der Anfang vom Ende des Patriarchats im Bezug auf Frauen wäre aus meiner Sicht eher bei Olympe de Gouges zu suchen, als dessen Ableben an der moralisch-psychischen Verfassung gewesener Heldenkrieger des 1. Weltkriegs festzumachen.
Die späte Durchsetzung europäischer Bürgerrechte für Frauen, die bereits ein Jahrhundert zuvor ausformuliert waren, fällt zweifellos unter Wahrnehmung der Gunst der Stunde, mit dem etwas später zu zahlenden Preis Blitzmädel, Mutterkreuzträgerin, Trümmerfrau und der auch heute ungebrochen doppelten Vergesellschaftung von Frauen. Weswegen es mir für den Patriachatsabgesang noch ein bißchen arg früh erscheint.
Es wird das eine ohne das andere so lange nicht geben, wie Menschen nach Besitz und Vermögen bewertet werden. Der Begriff Patriarch = Stammvater ist bereits seit der Patriarchin Geschichte. Die Aufklärung meinte die Emanzipation aller Menschen. Die weitest möglich Emanzipation können wir nur erreichen, wenn sich unsere Gesellschaften weltweit emanzipieren. Und dazu liegt der Ursprung weiterhin in der kleinsten Zelle der Gesellschaften, in den Familien. Diese hängen nicht von einem Trauschein ab, sondern von der gegenseitigen Achtung. Sonst geht es nicht um das Patriachart oder Matriachart, sondern das Despotentum. Beides können Frauen und Männer leisten.
Die überzeugendsten Lehrmeister der Emanzipation waren seit Menschengedenken die Kriege und die Strapazen der Völkerwanderungen, in denen Frauen sich gar nicht leisten konnten, das "schwache Geschlecht" zu sein. Und Männer nicht, auf die "Stärke der Frauen" verzichten zu können. Die Natur verlangt die Fortpflanzung der Menschheit. Diese erfordert eine gemeinsame und beiderseitige Abhängigkeit.
Emanzipierte Menschen erkennen das für sie Richtige und lassen sich nicht gegen die eigenen Interessen und Pflichten von außen steuern. Nicht einmal alle Priester. So gibt es auch Priesterväter, die emanzipiert zu ihrer Familie stehen, trotz einer despotischen Institution.
N.S. Ich habe den langen, interessanten Forenstrang nicht vollständig gelesen. Pardon, für evtl. Wiederholungen.