HALLOWEEN ENDS? Niemals!

Film und Kino Diese ausgebeutete HALLOWEEN-Kinoreihe um den soziopatischen Massenmörder Michael Myers wird niemals enden, so lange damit Gewinne gemacht werden.

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USA 2022, von David Gordon Green, mit Jamie Lee Curtis, Andi Matichak, Rohan Campbell, Kyle Richards, Nick Castle, Judy Greer, James Jude Courtney und Will Patton

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Vorbemerkung

Eigenlich habe ich vor, am Samstag, den 15. Oktober den Film zu sehen, und bin rechtzeitig in einem Multiplex in der Nähe. Eine ungewöhnlich lange Schlange steht an der Kasse an und es ist nur eine Kasse geöffnet, deren Kassiererin auch noch Minuten lang ihren Platz verlässt und sich zwischenzeitlich mit einer einzigen Kundin und einer falsch verstandenen Rabattaktion beschäftigt. Fast Alle möchten in einen von mehreren Kinderfilmen gehen, die aber teilweise ausverkauft sind. Mehrfach geht ein Angestellter an der Schlange vorbei und ruft, welche Kinderfilme ausverkauft sind. Es gibt zwei Lautsprecherdurchsagen im Foyer. Aber die meisten Kinobesucher*innen sind zu doof, um das wahrzunehmen, zu verstehen und die Konsequenzen zu ziehen; sie spielen unbeeindruckt mit ihren Mobiltelefonen. Und wirklich Alle diskutieren dann mit der einzigen sehr geduldigen Kassiererin, sie seien doch extra gekommen und ihre Kinder wollen diesen Film sehen – Ja, aber der Film ist trotzdem ausverkauft. Als ich an der Reihe bin, läuft HALLOWEEN ENDS bereits seit einer viertel Stunde. Ich besorge mir eine Karte für Dienstag und gehe nach Hause.
Die Kinobranche hat also im Wesentlichen drei Probleme: die eigene mangelhafte Organisation, die gezeigten Filme bzw. die Filmauswahl und ein Publikum mit mangelhafter Intelligenz und Wahrnehmungsfähigkeit.

Eine filmische Bankrotterklärung und eine Beleidigung für das Original von John Carpenter

Wir steigen ein mit einem Halloween-Abend, an dem der junge Mann Corey Babysitter für einen Jungen sein soll. Der Junge spielt einen Streich und erleidet im Verlauf einen tödlichen Sturz im Treppenhaus. Fast der gesamte Ort und die Mutter machen Corey schwere Vorwürfe und er wird gemieden und gemobbt. Auch das HALLOWEEN-Orignal von Kult-Regisseur John Carpenter hat als Hauptelement die Babysitterin Laurie Strode und die zu betreuenden Kinder, die am Halloween-Abend von Massenmörder Michael Myers heimgesucht und verfolgt werden.
Vier Jahre später. Nach einer Halloween-Party und einer Auseinandersetzung mit anderen Jugendlichen trifft Corey auf Michael Myers, der seit der Handlung von HALLOWEEN KILLS zurückgezogen in der Kanalisation lebt, sich nirgendwo sehen ließ und von dem wir nicht wissen, wie und wovon er sich ernährt. Corey fordert ihn auf, ihm das Töten beizubringen. Im weiteren Verlauf begehen sie teilweise einzeln und teilweise gemeinsam maskiert Morde.

Die Handlung ist absoluter Müll, unlogisch und über weite Strecken leider langweilig. Corey verletzt sich bei der ersten Auseinandersetzung mit der feindlichen Jugendlichen-Gruppe, die wir sehen, schwer mit Glasscherben an der Hand, muss im Krankenhaus behandelt werden und freundet sich da mit Laurie Strode´s Enkelin Allyson an. Mit dieser sehr tiefen Schnittwunde auf der Handfläche wird er sicher nicht Motorrad fahren und Autos reparieren können. Auch Michael Myers hat eine verstümmelte Hand und bekommt die andere Hand in einem der Kämpfe mit einem Messer durchstochen und dürfte so eigentlich mehr oder weniger kampfunfähig sein.

Der große Nachteil des Films ist, dass der Regisseur, die Drehbuchautoren und die Macher bei der Produktionsgesellscharft Blumhouse den Charakter Michael Myers einfach nicht zu verstehen scheinen. Michael Myers ist seit seiner Kindheit ein psychisch gestörter Soziopath. Er meidet die Gesellschaft anderer Menschen und nähert sich ihnen nur zum Töten. Er macht keine Gefangenen. Und er nimmt keine Auszubildenden auf. Er tötet einfach, was im in die Hände oder vor die Messerklinge kommt.

Nach dem absurden Wutbürgerszenario im Vorgänger-Film HALLOWEEN KILLS endet dieses Machwerk mit einer surrealen rituellen Prozession zum Schrottplatz, auf dem Corey arbeitete.

Die Mordszenen sind insgesamt kompetent inszeniert und gestaltet und dürften Splatter-Fans durchaus befriedigen. Ich finde sie insgesamt eher abstoßend. Im Kino mit ca. 420 Sitzplätzen, in dem ich den Film am Dienstag sah, waren in der Vorabend-Vorstellung keine zehn Leute. Einige lachten bei Mordszenen. Ja, hier wirkte auch auf mich Einiges unfreiwillig komisch.

Die beste Szene im Film ist ein Ausschnitt aus dem John-Carpenter-Film THE THING – DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT, der im Halloween-Programm im Fernsehen zu sehen ist. Carpenter drehte 1982 diese Neuverfilmung eines Klassikers von 1951. Und genau dieser 1951er Klassiker von Christopher Nyby wird im Halloween-Fernsehprogramm in John Carpenter´s Ur-HALLOWEEN gezeigt. Und es steckt noch mehr Carpenter in diesem Film als diese Parallele und die Filmmusik von John Carpenter und seinem Sohn. Eine Szene im nächtlichen Nebel und der Überfall auf die Radiostation erinnern natürlich an John Carpenters Klassiker THE FOG – NEBEL DES GRAUENS. Und die Szenen auf dem Werkstatt- und Schrottplatzgelände lässt mich natürlich an John Carpenter´s Stephen-King-Verfilmung CHRISTINE denken. Das könnten bewusste Zitate sein. Das könnte auch alles aus Versehen und einfache Planlosigkeit sein.

Unlogisch ist, dass Corey nach seinen Erlebnissen und den vielen Anfeindungen gegen ihn den Ort nicht einfach verlässt und ein neues Leben beginnt. Unlogisch ist, dass Laurie Strode am Ende des Vorgängerfilms ihre Tochter und Allyson ihre beiden Eltern durch Michael Myers verloren und das hier überhaupt gar keine Rolle spielt und in der Handlung total vernachlässigt wird. Dass der mittlwerweile 65jährige Triebtäter vier Jahre unter nicht näher erklärten Bedingungen in der Kanalisation lebt, ist unlogisch. Nach zahlreichen Dialogen über das Böse im Menschen und entsprechenden Erklärungsversuchen in mehreren Vorgängerfilmen nervt dieses Handlungselement mehr als je zu vor und wird dadurch entwertet, dass Michael vier Jahre im Tunnel lebt und an drei HALLOWEEN-Abenden untätig war.

Die vielen Nebenfiguren wie das Jugendlichen-Quartett sind schlecht geschrieben und entwickelt. Die Beziehung zu Corey und seiner Mutter ist oberflächlich und schlampig erzählt. Eine mögliche Romanze zwischen Laurie Strode und dem Sheriff wird angedeutet, hätte interessant werden können, wird aber aus Unfähigkeit und Planlosigkeit nicht weiter erzählt.

Fazit: Eine filmische Bankrotterklärung

Die HALLOWEEN-Filmreihe wird niemals enden. Achtung! Spoiler-Warnung

Michael Myers ist tot. Corey ist tot, was auch sehr unlogisch ist. Nach gemeinsam verübten Morden tötet Michael Corey. Die HALLOWEEN-Reihe könnte jetzt tatsächlich enden. Aber es ist noch Geld damit zu verdienen und es sind Gewinne zu erwirtschaften. Produzent dieses Machwerks ist übrigens ein gewisser Malek Akkad. Er ist der Sohn des verstorbenen US-syrischen Filmproduzenten Moustapha Akkad, der den Original-HALLOWEEN-Film und alle Fortsetzungen bis 2002 produzierte, und offensichtlich der Rechte-Inhaber der HALLOWEEN-Produktreihe.

Ist Corey doch noch am Leben, erholt sich, wird gesund gepflegt und zum neuen Mörder? HALLOWEEN – NEXT GENERATION? HALLOWEEN LEGACY? HALLOWEEN REBORN? Gehen böses Blut und Geschnetzeltes und die böse Seele von Michael Myers auf eine andere Person über. Wird er anders reanimiert? Werden wir es mit Zeitreisen, Wurmlöchern, Klonen zu tun haben? Gibt es gemeinsamen Nachwuchs von Allyson & Corey, der das Böse erbt? Auch zwischen 1982 und 2002 wurde Michael Myers mehrfach getötet und zerstört und kam immer wieder zurück. Bei der neuen Trilogie ab 2018 wurden auch alle Fortsetzungen ignoriert, allerdings Originalszenen von HALLOWEEN II als Rückblenden eingebaut und Handlungselemente von HALLOWEEN III zitiert, obwohl diese Filme ja eigentlich ignoriert werden. So könnte in einigen Jahren natürlich wieder ein Neustart gemacht und dabei frühere Fortsetzungen und Neustarts ignoriert werden.

Laurie Strode und Michael Myers werden sich noch Jahrzehnte mit Krücken oder Rollatoren gegenseitig verfolgen. Selbst nach Jamie Lee Curtis´ Tod wird sie mit neuester Digitaltechnik filmisch am Leben erhalten werden können und Michael Myers trägt eine Maske und bei ihm ist es daher egal.

Ein gutes Zeichen scheint es zu geben. HALLOWEEN ENDS hat schlechte Publikumsbewertungen. Die Einspielergebnisse scheinen nicht gut zu sein. Im Multiplexer, in dem ich den Film sah, waren wir weniger als zehn Leute in einem der beiden größten Kinos mit ca. 420 Plätzen. In der zweiten Spielwoche zieht der Film bereits in eines der kleinsten Kinos mit ca. 150 Plätzen um.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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