In den Parlamenten sind Abgeordnete der AfD nun dauerhaft vertreten, und das führt auch zu der Frage, wie die Zusammenarbeit mit diesen Abgeordneten in außerparlamentarischen Gremien aussieht: In Beiräten etwa oder in den Kuratorien der Zentralen für politische Bildung. Vereinzelt gab es hier bereits größere Aufmerksamkeit: Etwa 2018, als sich Widerstand gegen die Mitgliedschaft des damaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier im Beirat des Bündnisses für Demokratie und Toleranz regte. Oder in Niedersachsen, als Überlebende des Konzentrationslagers Bergen-Belsen dagegen protestierten, dass Landtagsabgeordnete der AfD in den Stiftungsrat der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten berufen werden. Doch neben dieser vereinzelten Emp
örung wird über die Rolle der AfD in der politischen Bildung eher geschwiegen.Thüringen: Burschenschaftler im KuratoriumDabei ist das Funktionieren politischer Bildungsarbeit für die Demokratie von besonderer Bedeutung. Die Arbeit in den Gremien der Bundeszentrale und der Landeszentralen reicht von beratender Funktion über die Festlegung von Arbeitsschwerpunkten bis zur Mitwirkung an der Aufstellung des Haushaltsplanes. Wenn in diesen Gremien also AfD-Politiker sitzen, die völkische Familienpolitik, Rassismus und Antifeminismus fördern möchten, hat dies ganz konkrete Folgen. In der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt etwa befindet sich unter den derzeit drei AfD-Abgeordneten des 13-köpfigen Kuratoriums der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist beobachtete Hans-Thomas Tillschneider. Ob dieser dem Leitbild der Landeszentrale nachkommt, dass die „Vermittlung der Vorzüge der Demokratie, der Menschenrechte, der Freiheitsrechte des Einzelnen und des friedlichen Miteinanders, des Kompromisses und der Rechtsstaatlichkeit“ die Kernaufgabe der politischen Bildung ist, scheint fraglich.In anderen Kuratorien sieht es kaum besser aus. In Thüringen war es zunächst Björn Höcke, der Teil des aus elf Landtagsabgeordneten bestehenden Kuratoriums wurde. Aktuell sind es Denny Jankowski und Torben Braga, ehemaliger Sprecher der Deutschen Burschenschaft, der während seines Studiums der extrem rechten Marburger Burschenschaft Germania angehörte. In Sachsen, wo das Kuratorium auch an der Festlegung des Arbeitsplanes sowie der Aufstellung des Haushaltsplanes beteiligt wird, belegt die AfD derzeit vier von elf Abgeordnetenplätzen. Damit ist die Partei dort ebenso präsent wie die CDU.AfD-Teilerfolg in KarlsruheIn Rheinland-Pfalz wird die AfD von Martin Louis Schmidt vertreten. Als Vorstandsmitglied der von Erika Steinbach angeführten Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) bestimmt Schmidt zudem die Geschicke eines weiteren wesentlichen Zweiges, über den die AfD versucht, Einfluss auf die politische Bildung in Deutschland auszuüben.Seit ihrer Anerkennung als parteinahe Stiftung durch die AfD im Jahr 2018 strebt die Stiftung nach einer Förderung aus der öffentlichen Stiftungsfinanzierung – auch mit juristischen Mitteln. Im Februar 2023 konnte die AfD dabei einen Teilerfolg vor dem Bundesverfassungsgericht erringen: Die Nichtberücksichtigung der Desiderius-Erasmus-Stiftung im Gegensatz zu den übrigen parteinahen Stiftungen sei am Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien zu messen.Nach der Entscheidung der Verfassungsrichter sei es zwar möglich, dass eine Stiftung von der Förderung ausgeschlossen werde, dafür brauche es jedoch einer in einem Gesetz geregelten Rechtfertigung von Verfassungsrang – etwa der Schutz der demokratischen Grundordnung.Millionen für die Desiderius-Erasmus-StiftungSollte die DES in Zukunft ebenso wie die politischen Stiftungen anderer Parteien an dieser staatlichen Stiftungsfinanzierung teilhaben, so könnte ihr bald ein jährliches Millionenbudget zur Verfügung stehen. Gerade deshalb ist die Stiftung ein zentraler Bestandteil in den Plänen der AfD, ihre ideologischen Vorstellungen weiter in die Mitte der Gesellschaft zu tragen und dort zu verankern. Nicht nur für die Bildungsarbeit wäre es katastrophal, wenn Partei und Stiftung im Gleichschritt eine völkische Familien- und Bevölkerungspolitik, Rassismus, Antifeminismus, die Leugnung des Klimawandels und die Verbreitung von Verschwörungsideologien vorantreiben.Zusätzlich würde die Teilhabe an der staatlichen Finanzierung ein De-facto-Akzeptieren extrem rechter, antidemokratischer Positionen im politischen Diskurs bedeuten und zu einer weiteren Normalisierung dieser Ansichten führen. Und wie im Parlament würde sich dann auch im Bereich der politischen Stiftungen früher oder später die Frage nach einer Zusammenarbeit stellen.Für die Zukunft der Demokratie ist daher ganz im Sinne der Karlsruher Richter die Frage zu stellen, ob die vielerorts beschworenen „Brandmauern“ nicht besser durch rechtliche Regelungen ein festes Fundament bekommen sollten – aber auch in den Gremien der Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung.Wie das im Bereich der Besetzung von Gremien aussehen könnte, zeigt der Blick nach Niedersachsen. Hier hat der Landtag nach dem Protest der Überlebenden des Konzentrationslagers Bergen-Belsen eine Änderung der rechtlichen Voraussetzungen beschlossen, die verhindert, dass Landtagsabgeordnete der AfD in den Stiftungsrat der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten berufen werden können. Zuvor durfte jede im Landtag vertretene Partei eine*n Abgeordnete*n in den Stiftungsrat entsenden.Ein solcher Weg ist auch für die Gremienbesetzungen der Bundeszentrale und der anderen Landeszentralen denkbar. Schon heute sind die rechtlichen Voraussetzungen zur Besetzung keineswegs einheitlich geregelt: Es gibt nicht überall eine Verpflichtung, dass Abgeordnete aller im Landtag vertretenen Parteien vertreten sein müssen. Auch in Baden-Württemberg wird seit einiger Zeit den Vertreter*innen der AfD vom übrigen Landtag die Wahl in das Kuratorium verweigert.Was die Regierung bei der Stiftungsfinanzierung tun könnteWas die politischen Stiftungen angeht, arbeitet die Bundesregierung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits an einem Gesetz, welches die zukünftige Stiftungsfinanzierung regelt. Entscheidend wäre jedoch, ein unabhängiges Gremium zu installieren, das die personelle Zusammensetzung der Stiftung, deren Bildungsarbeit sowie deren Veröffentlichungen auf die Einhaltung demokratischer und menschenrechtlicher Kriterien überprüft.Die Desiderius-Erasmus-Stiftung entspricht diesen Kriterien nicht. Sowohl Führungspersonen als auch Referent*innen weisen eine tiefe Verankerung in neurechten Netzwerken und der AfD auf, und die Stiftung selbst leistet in ihrer derzeitigen Bildungsarbeit der Verbreitung antidemokratischer und menschenfeindlicher Ansichten Vorschub. Eine finanzielle Förderung der DES sollte daher von einem gewissenhaft prüfenden Gremium in naher Zukunft ausgeschlossen werden können.Placeholder authorbio-1