Zu den hässlichsten Gartengewächsen in unseren Breitengraden zählen die witzigerweise Lebensbaum genannten Thujen, die in Wahrheit Bäume des Todes sind, und der Buchsbaum. Beider Blätter wirken irgendwie unnatürlich, beide könnte man getrost aus Kunststoff nachbauen, ohne dass es jemandem auffiele, und vermutlich passiert das längst. Wer einen Buchsbaum oder eine Thuja im Garten hat, dokumentiert seinen Anspruch auf Ordnung, Sauberkeit und maximale Naturbeherrschung bei bloß vorgetäuschter Naturfreundlichkeit. Gerne werden sie in Form eines Kegels oder einer Kugel geschnitten. Kleingärtner, die Thujen lieben, interessieren sich auch für Deutschlandfahnen.
Es war deshalb eine der ersten Amtshandlungen im beginnenden Gartenjahr, den Buchsbaum zu entfernen, den wir in unserem neuen Kleingarten letzten Herbst irgendwie übersehen hatten. Aber wohin damit? Ich hätte ihn schlechten Gewissens im Waldstück neben der Laubenkolonie entsorgt, aber dagegen stand das Veto der besten aller Ehefrauen, die mir auch gleich vom Handy ablas, wie das Entsorgen schon kleinster Mengen artfremder Gewächse das labile Ökosystem eines Waldes aus dem Gleichgewicht bringen kann. Bei Buchsbaum leuchtet mir das sofort ein. Wir stopften den Strauchschnitt ins Heck unseres Kombis.
Der Schnitt ist bei der Stadtreinigung zu entsorgen. Aber nur in der Tonne oder im Laubsack. In fünf ausgewählten Berliner Recyclinghöfen kann man sich einen solchen Sack für vier Euro kaufen, lese ich im Internet, bar oder mit EC-Karte. Das werde ich dann tun. Das arme Auto!, kommentierte ein vorbeigehender Kleingärtner die Aktion. Ich schlug vor, auf dem Rückweg dieses Mal nicht die Autobahn zu fahren, sondern die Landstraße, die durch ausgedehnte Wälder führt, rein interessehalber, um mal zu schauen, wie es um den Wald in Sachen wilde Deponien bestellt ist. Insgeheim hoffte ich natürlich, einen Haufen aus Geäst und Laub zu entdecken, der so groß ist, dass es auf einen Buchsbaum nun auch nicht mehr ankäme. Aber es gab nirgendwo auch nur den kleinsten Haufen zu sehen. Weder im Wald noch in Hecken noch in Gruben noch auf einem unbehausten Grundstück oder sonst wo. Ich erkannte: Deutschland ist ein unfassbar aufgeräumtes Land. Ein Land, in dem die Ordnung immer weiter wächst. Nicht Schland, LLLand – das Law-and-Order-Land. Interessanterweise gehört dieser Begriff ja kaum noch zum Rüstzeug der Kritik. Gelegentlich wird er Boris Palmer von irgendeinem Altlinken vorgeworfen. Die Ordnung hat sich tief in uns gefressen. Nicht nur der Buchsbaum ist noch im Auto. Auch zwei Kübel mit Sand, der vom Sandkasten des Vorgängers im Garten übrig geblieben war. Wer Sand nach Berlin bringt, trägt auch Eulen nach Athen.
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