Mit dem ersten Teil beginnen: hier
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Der Renaissancemensch und noch der Kommunist, noch James Bond waren Männer und als solche Krieger wie ihre antiken und überhaupt alle Vorfahren. Der Kommunismus war zwar auch ein Schritt voran in der Frauenemanzipation – wenngleich ein durchwachsener -, aber da der Kommunist wesentlich Krieger war, blieb Männlichkeit das Prägende. Noch als die Niederlage des Realen Sozialismus absehbar wurde, fasste Peter Weiss seine Verzweiflung in der Vorstellung zusammen, der Mann als Träger aller Geschichte sei schlechthin und auch kommunistischerseits der geborene Mörder: so im 1981 erschienenen dritten Band der Ästhetik des Widerstands.
Die Vorstellung, Revolution bedeute Kriegführung, konnte ich aber im letzten Kapitel meiner Blogreihe (ab der 141. Notiz) beerdigen. Revolution ja, Bürgerkrieg nein! Revolution als Krieg ist unmöglich geworden, war es übrigens wohl schon 1917. Ich schrieb in jenem Kapitel, der Bürgerkrieg damals möge noch vertretbar erschienen sein, doch bin ich jetzt sehr erschrocken, wenn mich ein noch unveröffentlichtes Manuskript meines Freundes Karl-Ernst Lohmann an die Opferzahlen erinnert: In der Zeit zwischen 1917 und 1922 betrug der Aderlass nach neuesten Schätzungen um 13 Millionen Menschen, vorher hatte der ganze Weltkrieg – wenn man alle Opfer in allen beteiligten Länder zusammenzählt - um 17 Millionen Soldaten- und Zivilistenleben gekostet. War es das wert? Wäre es nicht vielleicht doch besser gewesen, wenn die Bolschewiki sich mit der Rolle einer parlamentarischen Partei begnügt hätten, die nun eben 1917 ganz deutlich in der Minderheit war? Wie Lohmann unterstreicht, stellt sich die Frage auch deshalb, weil man argwöhnen kann, dass es der Sowjetunion nie gelang, mit den Folgen der Katastrophe fertig zu werden. Und nicht zuletzt der Menschentypus des im Bürgerkrieg Gestählten, auch im Frieden stählern Bleibenden war später kaum noch korrigierbar. Wie Lohmann zitiert, spricht Wolfgang Fritz Haug von der „kriegskommunistische[n] Überformung der Männlichkeit und damit der Geschlechterverhältnisse“ (Dreizehn Versuche, marxistisches Denken zu erneuern, Hamburg 2005, S. 20).
Revolution ja, Krieg nein: Ich will meinen Vorstoß festigen, indem ich jetzt zeige, dass er ein neues Menschenbild herausfordert. Ansetzen möchte ich noch einmal bei Platon. „Mit seinem Modell, wie ein Staat künftig funktionieren solle, war er weniger erfolgreich“, schrieb ich im ersten Teil der Beilage. Dieses Modell ist aber in einem Punkt sehr interessant, darin nämlich, dass in ihm die staatliche Herrschaft dem Philosophen übergeben wird. Der Philosoph ist nach Platons Definition einer, der zu fragen und zu antworten versteht. Nun werden wir so ein Herrschaftsmodell ablehnen, weil wir überhaupt gegen Herrschaft sind. Wenn dann auch noch ein Philosoph herrscht, kann sich Herrschaft wohl nur verschlimmern. Philosophen, die über Waffen gebieten, sind eine Horrorvorstellung. Aber umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn sich das Gemeinwesen von solchen orientieren ließe, die fragen und antworten können, ohne dass sie herrschen, das wäre gut.
Voraussetzung wären Antwortend-Fragende, die sich auf diese Bedingung einlassen. Deshalb von Platon ein Sprung ins 20. Jahrhundert, zur Psychoanalyse, zu Jacques Lacan: Der hat Diskurse unterschieden, darunter den „Diskurs des Herrn“ und den „des Analytikers“. Der Analytiker ist natürlich der Psychoanalytiker, doch wie man auf Möchtegern-Herren nicht nur in der Analyse stößt, sondern in der ganzen Gesellschaft, kann auch der Analytiker als Typus über die Analyse hinaus verallgemeinert werden. Man sucht ihn auf, um Personen auf ihn zu projizieren, unter denen man gelitten hat. Sein Einfluss ist gewaltig, obwohl er nicht viel mehr tut als zuzuhören, doch ein Herr ist er gerade nicht, muss sich im Gegenteil auf Unwillen und Aggression dessen, der ihn aufsucht, einstellen, und wird dennoch mit ihm fertig. Nun soll ihm aber Eines nicht unterlaufen: „Gegenübertragung“. Das heißt, er darf zum Beispiel nicht auf den Analysanten wütend sein, wenn der auf ihn wütend ist. Das ist eine hohe Anforderung, für die er sich sorgfältig ausbilden lassen muss. Kann das wirklich über die Analysesituation hinaus verallgemeinert werden? Aber warum eigentlich nicht, im Grundzug jedenfalls? Es ist doch ähnlich, als wenn eine Mutter mit dem Geschrei ihres kleinen Bengels umgeht, mal tröstend, mal abweisend, möglichst aber unbeeindruckt. Nicht kühl, aber ohne sich hineinziehen zu lassen. Das ist nicht so ungewöhnlich.
Es ist jedenfalls die Haltung, die auch politisch allein weiterführt. Die Katastrophen, die uns heute heimsuchen, sind im Einzelnen unübersichtlich, die Menschen unvernünftig und gereizt. Da braucht es Leute, die nüchtern bleiben, wenn sie Vorschläge machen oder sich welche anhören, und die auf Aggression nicht mit Gegenaggression reagieren. Das heißt ja nicht, dass sie die linke Backe hinhalten sollen, wenn man sie auf die rechte zu schlagen versucht. Spray, sich zu wehren, werden sie schon eingesteckt haben. Ja, ich kann mir eine Revolution vorstellen, aber ich kann sie mir nur so vorstellen: von Menschen gemacht, die nicht nur ihren Verstand, sondern auch ihr Gefühl in weiter nichts als die Sache investieren. Man tappt gleichsam im Nebel auf einem Gebirge herum, könnte abstürzen oder von ein paar Dieben, die der Lage gewachsen sind und sie ausnutzen, beklaut werden - aber es gibt welche, die zur Stelle sind, wo es brenzlig wird, und warnen, den schmalen Pfad zu verlassen; die ruhig bleiben, wenn die Emotion hochkocht; die sich hart gegen die Diebe stellen, sich von ihnen aber keinen Krieg aufzwingen lassen, der alle Beteiligten zum tiefen Fall brächte. Das ist keine Gebrauchsanleitung für „Avantgarden“! Denn am besten wäre es, wenn die ganze Gesellschaft aus so vorstellbaren „Analytikern“ bestünde. Jede(r) sollte es für den oder die andere sein, denn jede(r) ist selbst auch in der Situation, Analysant zu sein.
Natürlich wird es welche geben, die anfangen. Elitär werden sie aber nicht sein, denn sie wissen: Man ist nicht Analytiker, weil man gefasster ist als andere, sondern ist es gewissermaßen qua Amt; ich kann doch andere vor etwas zurückhalten, auch ohne zu glauben, mich selbst müsste nicht auch jemand im Auge haben. Ist man nun Analytiker, wird man sich über nichts wundern, was sich „im Nebel“ nach und nach erschließt: Die schnellste, unerwartetste Wandlung von Situationen und auch Menschen mag es geben, sie wird doch registriert, statt dass man denkt, kann ja nicht sein, weil wir haben immer gesagt und so weiter. An denen, die anfangen, werden sich andere ein Beispiel nehmen, zumal die Objektseite hilft. Denn Gesellschaften werden klüger und unsere ist viel klüger geworden, als sie es 1918, 1933 und selbst 1968 war. Manch einer wird entdecken, dass die Wirklichkeit, wie sie geworden ist, danach geradezu verlangt, dass wir unbeeindruckt, als wär’s eine Geisterbahn, durch ihre Labyrinthe, Barrieren und Müllberge unsern Weg zu finden entschlossen sind, kreuz und quer oder geradeaus, wie es die Umstände ergeben, statt wie Selbstmörder frontal gegen sie anzurennen. Selbst Herakles hat den Augiasstall nicht mit Gewalt zu renovieren versucht, denn er war nicht dumm! Harten Kampf wird es auch geben, man wird ihn, wenn es sein muss, entschieden führen, ohne sich jedoch in „Kampfeslaune“ versetzen zu lassen.
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Man kommt, wenn man so überlegt, auf das Thema „Frauen“. Schon als ich das letzte Kapitel schrieb, schwirrte es mir durch den Kopf, aber da hielt ich es fast ganz zurück, weil ich dachte, das geht doch nicht, dass ich als Mann an die Frauen appelliere. Und darum kann es auch wirklich nicht gehen. Im Übrigen gibt es ja Männer, die meinem „Menschenbild“ einigermaßen entsprechen (und selbstredend Frauen, die es nicht tun). Dennoch lässt sich das Thema sinnvoll verhandeln, schon weil sich Tatsachen anführen lassen.
In dem Buch von Bude, das schon zitiert wurde, gibt es auch ein Kapitel über den Stand des Geschlechterverhältnisses ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn des neuen Feminismus (Das Gefühl der Welt, a.a.O, S. 105 ff.). Meine Rezension, die zur Buchmesse erscheinen wird, stellt es in den Mittelpunkt, weil es mich besonders beeindruckt. Dass die Frauen in „Arbeit, Beruf und Öffentlichkeit“ auf dem Vormarsch sind, gut, das sehen wir. Und auch wenn Bude die Gründe nennt, ist nichts Unbekanntes darunter. Sie imponieren aber in der Zusammenstellung und dadurch, dass alles wissenschaftlich belegt ist: die größere Intelligenz der Frauen schon in der Schule, als deren Kernstück man ihre überragende kommunikative Kompetenz wird ansehen dürfen; der dadurch vorgezeichnete Weg nach oben auch in modernen Unternehmen; die Fähigkeit, mit Katastrophen fertig zu werden – ein aus Afrika längst bekanntes, oft berichtetes Phänomen -; und die Fähigkeit zu erziehen, Kinder sowieso, aber hierzulande offenbar auch Männer. Als Beispiel führt Bude nicht das Pinkeln im Sitzen an, sondern dass es ihnen gelang, dem nach 1968 „deregulierten Liebesmarkt zivile Grenzen“ zu setzen: Nach der ‘68er sexuellen Revolution war alles erlaubt, die Frauen setzten aber die Bedingung durch, dass alle Praktiken zwischen gleichberechtigten Partnern ausgehandelt werden mussten.
Ein umfassend politisches Projekt verfolgen die Frauen als Frauen bisher noch nicht. Das fällt über Bude hinaus auf. Ihr bisheriges Projekt ist vielmehr dem gewerkschaftlichen der Arbeiterbewegung analog: Sie führen nach und nach ihre volle Gleichberechtigung herbei. Aber darin liegt auch ihr Unterschied zur Arbeiterbewegung, gelingt ihnen doch, was Arbeitergewerkschaften nicht gelingen konnte. Während nämlich die Kapitallogik Privatunternehmer gegen Arbeiter bevorzugt, enthält sie einen Mechanismus, Männer zu bevorzugen, gerade nicht. Wenn Frauen aber voll gleichberechtigt werden können, können sie auch überlegen werden, ja dass es dahin kommt, ist dann wahrscheinlich. Und liegt es nicht nahe, noch mehr zu sagen: Wenn sie sich ökonomisch durchsetzen können, dann auch politisch? Was aber würde ihre politische Linie sein? Das lässt sich aus ihrer bisherigen quasi-gewerkschaftlichen „Politik“ noch keineswegs erschließen.
Ganz falsch wäre die Annahme, es liege Frauen als Frauen fern, politische Projekte zu haben. Denn das war schon in der Vergangenheit nicht der Fall. Vielmehr haben sie, seit die Männer das Wahlrecht mit ihnen teilten, immer wieder frauenspezifisch gewählt (dazu Verf., Parteiensystem und Sexismus [1986], in: Gender und Parteiensystem, Frankfurt/M. 2015, S. 65-113). Das hieß in der Weimarer Republik und noch in den ersten beiden Jahrzehnten der Bonner Republik, sie haben mehrheitlich konservative Parteien unterstützt, um die Familie vor dem Zugriff des Staates zu schützen. 1918 verhinderten sie die Einführung des Sozialismus durch Wahlen: Wenn nur Männer gewählt hätten, hätten sozialistische Parteien die absolute Mehrheit erlangt. Bis einschließlich 1969 blieben die Frauen bei ihrer Haltung. Willy Brandt wäre ohne ein starkes Übergewicht auf der Männerseite kein Machtwechsel gelungen. Aber bis zur nächsten Wahl, die auf 1972 vorgezogen werden musste, weil die Unionsparteien alles mobilisiert hatten, den ungeliebten SPD-Kanzler schnell wieder loszuwerden, hatten sich die Kräfteverhältnisse vollkommen umgekehrt: Die SPD verzeichnete einen Frauenstimmenzuwachs von über fünf Prozent, die Union, die entsprechend verlor, legte dafür bei den Männern zu. Wäre das eine reine Männerwahl gewesen, hätte die SPD das Kanzleramt schon wieder räumen müssen! Der Umschwung kann daraus erklärt werden, dass Willy Brandt eine konsequente und erfolgreiche Friedenspolitik betrieb. Gerade seine Politik der Versöhnung mit dem Osten wurde von der Union wütend, ja hasserfüllt angegriffen, obwohl ihm auf dem Höhepunkt des Streits der Friedensnobelpreis verliehen worden war.
Frieden ist natürlich an und für sich keine Frauen- statt Männersache. Aber historisch ist er es so sehr gewesen, dass die Homologie „weiblich verhält sich zu männlich wie friedlich zu kriegerisch“ seit mythischer Zeit ins Geschlechterverhältnis eingeschrieben war. Man versteht es daher, dass Frauen zustimmend und belohnend reagieren, wenn ein größerer Teil der Männer für den Frieden eintritt und dieser dadurch sicherer wird. Lysistrata war ein Wunschtraum, das Zusammentreffen von Brandts Politik und der Entstehung der neuen Frauenbewegung war keiner! Nun waren das damals sozialdemokratische Männer - auf kommunistischer Seite lässt sich Vergleichbares bis heute kaum beobachten. Im neuesten Buch von Haug, das ich gerade lese, um es zu rezensieren, finde ich den Begriff „Kriegskommunismus“ als Synonym für Kommunismus überhaupt, wie es ihn bis 1990 gegeben hat. Haug trifft den Nagel auf den Kopf, auch wenn man es nicht so interpretieren wird, als wäre der Sowjetunion in den internationalen Beziehungen mehr Kriegsgesinnung als den USA zu unterstellen gewesen. Es dürfte im Gegenteil eins ihrer größten Verdienste sein, dass sie sogar ihre Niederlage im Kalten Krieg ohne militärische Gegenwehr hinnahm, zu der sie sich durchaus hätte entschließen können. Auf der Ebene des Menschenbildes jedoch, das uns hier beschäftigt, ist der Begriff erhellend, denn noch heute wirkt der „kriegskommunistische“ Einfluss untergründig fort und ist so stark, dass er jede Revolutionsdebatte verdummt.
Aber wie würden revolutionäre Frauen denken? Ich meine, wie würden sie heute und morgen denken – nicht mehr als Engel starker Männer, wie noch Gudrun Ensslin einer war, sondern aus dem Wissen um die eigene gesellschaftliche Dominanz heraus? Da kommt mir als letzte historische Reminiszenz die Berliner Hausbesetzerszene 1981 in den Kopf. Damals hatten die Besetzer immer wieder Anlass, sich zu fragen, ob man die gewaltsame Konfrontation mit der Polizei auf sich nehmen oder die „Verhandlungslösung“ mit dem Berliner Senat anstreben sollte. Als der Senat noch SPD-geführt war, setzte sich zuletzt die friedliche Lösung durch. Da man auch sonst las, dass bei Besetzerdebatten immer wieder die Frauen statt der Männer zum Frieden gemahnt hatten, darf man annehmen, dass sie auch für diesen generellen Schritt das meiste getan haben.
Er nützte leider nicht viel, denn die SPD wurde abgewählt und dachte gar nicht daran, den schon unterzeichneten Vertrag, den sie mit den Besetzern geschlossen hatte, vor der Amtsübergabe noch in Kraft treten zu lassen, was ohne weiteres möglich gewesen wäre; die CDU, die dann ans Ruder kam, lehnte ihn ab. In der Folge setzen sich dann wieder diejenigen durch, die meinten, sie könnten die Häuser mit Gewalt verteidigen. Sie sind zwar keineswegs schuld daran, dass im Räumungskampf, zu dem es dann kam, der Besetzer Klaus-Jürgen Rattay starb. Alle zusammen aber, Männer wie Frauen, hatten sich in der Logik des parlamentarischen Zwei-Lager-Systems verheddert, weshalb sie darauf reinfielen, dass die SPD die sie ablösende CDU als kriegerisch und sich selbst als friedlich darstellte. In Wahrheit war die Politik beider Parteien identisch. Der Räumungsaktion, der Rattay zum Opfer fiel, war ja wenige Monate zuvor eine ganz gleiche des SPD-Senats vorausgegangen. Bei der hatten sich die Besetzer zurückgehalten, weil sie die Abwahl dieses Senats fürchteten, der sie dann, wie gesagt, mit seiner „Verhandlungslösung“ hinterging. Außerdem war die nachfolgende Räumung des CDU-Senats von der SPD-nahen Wohnungsbaugesellschaft Neue Heimat beantragt worden. Den Besetzern erschien Heinrich Lummer, damals Innensenator, als der große Bösewicht, Lummer hatte aber gezögert, den Antrag und gesetzlichen Auftrag umzusetzen, weil er dachte, die Neue Heimat würde ihn zurückziehen. Erst als klar war, dass das nicht geschehen würde, gab er den Räumungsbefehl. (Mein Text dazu, 1991 und 2011 im Freitag erschienen, ist auch im oben genannten Buch enthalten.)
Heute können Männer wie Frauen raffinierter über das parlamentarische Zwei-Lager-System urteilen. Bewegungen wie PODEMOS zeugen davon. Dass Frauen aber besonnener sind, wenn es um die Frage geht, welche Kampfmittel man anwendet, ja überhaupt wie man kämpft, dürfte auch heute noch zutreffen. Dass es beim Kämpfen nützt, kommunikative Kompetenz einzusetzen, wenn man sie denn hat, wer weiß es besser als die Frauen? Deshalb sind sie nicht etwa schwächlich, inkonsequent, nachgiebig und dergleichen mehr. Ihre Fähigkeit, mit Katastrophen fertigzuwerden, kennt man bisher nur aus einem Kontinent wie Afrika, sie ist aber ja auch in unserer Gesellschaft das Gesuchte. Wir leben bereits in der ökologischen, zunehmend auch zivilisatorischen Katastrophe, und genau das ist die Bedingung, unter der es zur Revolution der Anderen Gesellschaft kommen wird. Kühlen Kopf bewahren in einer Katastrophe, von der alle betroffen sind – ob sie den Ausweg wissen oder borniert bleiben -; hartnäckig sein, sich nicht einschüchtern oder auch nur verunsichern lassen; sicher sein, ja, aber nur in der Unbeirrbarkeit der tastenden Suche und Bahnung des Weges; entschlossen handeln, ohne die Katastrophe durch sinnlose Gewaltversuche noch zu vergrößern - ist es nicht das, wozu die neuen Revolutionäre befähigt sein müssen?
Noch einmal, ich will nicht sagen, es sei Frauensache. Nein, es ist Menschensache. Daher auch eine Frage des Menschenbilds. Es wird von Frauen nicht anders als von Männern erwartet. Außerdem rede ich sehr pauschal, obwohl ich ja weiß, dass in beiden Geschlechtern „sone und solche“ vorkommen. Aber dass Frauen aus Gründen des Geschichtsverlaufs einen kleinen Vorsprung haben und es daher nicht schlecht wäre, wenn sie ihn im vollen Bewusstsein ihrer größeren Kompetenz revolutionär einsetzten - angefangen damit, dass sie die revolutionären Gruppen, von denen ich am Ende des letzten Kapitels sprach, selbstbewusst dominieren -: so viel kann, und sollte auch, gesagt werden. Und nun mache ich noch eine weitere pauschale Bemerkung: Den Frauen gelingt es heute, ins kapitalistische Gefüge gleichberechtigt hineinzufinden. Das ist gut so. Denn gerade deshalb kann es im nächsten Schritt beiden Geschlechtern gelingen, aus ihm auch wieder herauszufinden.
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Ich muss am Ende eingestehen, dass meine Überlegungen zur „Propagandaversion“ direkt gar nichts gebracht haben. Um das Herz der Menschen revolutionär zu erreichen, braucht es ein neues Menschenbild, so sagte ich – eine neue ökonomische Verfassung vorzuschlagen, gehört zwar konstitutiv dazu, reicht aber nicht aus -; doch kann man ein Menschenbild nicht propagieren, wie man eine ökonomische Verfassung propagieren kann. Auch die historischen Beispiele, die ich gegeben habe, belegen das. Die Erneuerung des Menschen war jedesmal besonderen historischen Umständen geschuldet, was aber neu war, konnte jeweils nur nachträglich begriffen und benannt werden. Eine neue Art zu handeln macht immer den Anfang, ihn zu planen ist aber unmöglich, denn er geschieht spontan. Deshalb durchschaut man zunächst nicht voll, was man tut. Nur so viel ist klar, dass wenn kein neues Ziel sich abzeichnete, man ins Tun gar nicht erst einträte, jedenfalls nicht ins kontinuierliche, das allein Erfolg verspricht. Wenn manche meinen, auch das Objekt des Handelns, die neue Gesellschaft mit neuer Ökonomie, könne spontan entstehen, ist das natürlich Unfug. Kein Objekt fängt mit sich selbst an. Das heißt aber eben nicht, dass es keinen Anfang gibt. Es gibt ihn und ihm „wohnt ein Zauber inne“, der Zauber der Freiheit.
In diesem Sinn wollte ich hier auf Spuren eines neuen Handelns hinweisen, das sich abzeichnet und von dem ich erwarte, dass es die Revolution bestimmen wird. Es ist schon da, seiner politischen Bedeutung aber noch nicht bewusst geworden. Wenn sich das ändert, wird vieles geschehen, was sich jetzt noch gar nicht voraussehen lässt, und wird es zum neuen Menschenbild kommen, das der Revolution so viel Selbstgewissheit gibt, wie sie braucht.
Kommentare 60
Wie würden revolutionäre Frauen denken?
Beispielsweise Clara Zetkin
"Der Pazifismus ist seinem Wesen nach bürgerliche Sozialreform, ist eine spezifische Form der bürgerlichen Sozialreform und ebenso ohnmächtig wie diese, die Widersprüche, Gegensätze und Übel des Kapitalismus zu überwinden."
"Um sich von der Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien, muß die Arbeiterklasse der Bourgeoisie nicht bloß die Produktionsmittel des Lebens entreißen, sondern auch die Produktionsmittel des Todes.
Gewalt läßt sich nicht wegdisputieren und nicht wegbeten. Gewalt kann nur durch Gewalt gebrochen werden. Das sprechen wir Kommunisten offen aus, nicht weil wir 'Abbeter der Gewalt' sind, wie sanfte bürgerliche und sozialdemokratische pazifistische Gemüter uns beschuldigen. Nein, wir beten die Gewalt nicht an, jedoch wir rechnen mit ihr, weil wir mit ihr rechnen müssen. Sie ist da und spielt ihre geschichtliche Rolle, ob wir wollen oder nicht.
Es fragt sich nur, ob wir sie widerstandslos erdulden oder ob wir sie kämpfend überwinden wollen."
Vgl. Clara Zetkin: Gegen den Pazifismus.
Aus: "Kommunistischen Fraueninternationale" 1922, S. 13/14.
Clara Zetkin spricht da klare Worte, die hat ihren Lenin gelesen (Imperialismus).
Wie dem beizukommen ist, war ja auch damals DAS Streitthema zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten, köstlich übrigens die Beschreibung der Letzteren i i.g. Schrift durch L. Dem ist bis heute NICHTS hinzuzufügen!
Der hier bei Zetkin durchschimmernde Ansatz, welcher letztlich auf der auch durch L. formulierten Theorie einer Partei 'neuen Typs' beruht (Zentralismus, bzw seine Ansichten zur Wirksamkeit einer 'revolutionären' Partei) sind seltsamerweise wieder (noch???) aktuell, dagegen ist mit den heutigen 'Linken' gegen die straff und weltweit durchvernetzten und -organiserten Truppen der Neocons nichts zu gewinnen, d.h. nichts zuerwarten. Die sind erfolgreich marginalisiert!
Die Neocon-Strippenzieher (die Hexe, Wolfowoitz, Nuland, Kagan & Co) lachen sich ob ihrer total marginalisierten Gegner sich jeden Tag von neuem ins Fäustchen, so richtig ärgert man sich dagegen derzeit nur über Russland.
Ein Grund: deren aktuelle regierung hat o.g. Theorien vor 1990 noch gelehrt und dann sehr sehr 'live' vorgeführt bekommen. Und die Lektion hat gesessen!
[zu CYCLIS TO 1:]
Noch vor dem historischen Ende kam es zu Abstimmungen in Teilgebieten der UdSSR. Dabei hatten sich etwa 70% für den Erhalt der UdSSR ausgesprochen. Diese Abstimmungen wurden sabotiert und ignoriert. [Zu dieser Legende ist mir die Quelle -vorerst- nicht mehr bekannt.] Meines Wissens: Es gab unter der Sowjetbevölkerung keine Mehrheit für die Auflösung der UdSSR.
Bereits vor und nach dem Ende der UdSSR folgten die materielle Ausschlachtung und persönliche Bereicherung an den (noch) verwertbaren Beständen. So vor allem auch durch pseudomarxistische Karrieristen, rechte Sozialdemokraten und andere Opportunisten, vormalige Komsomolzen und Parteibürokraten: Antiszialisten, Nationalisten und Antikommunisten auf allen Ebenen der (vormaligen) sowjetischen Gesellschaft.
durch die erfolgreichen revolutionen in frankreich, russland und china ist das wort zur münze geworden. dann hieß es auf einmal "die industrielle revolution" und auch "die neolithische revolution" und noch einige revolutionen mehr, die gar nicht vergleichbar sind mit den politischen revolutionen. dahinter steckt absicht, aber auch schlicht effekthascherei bzw. werbungsmasche.
wenn du zu recht meinst, revolution solle nicht mehr kriegerisch sein wie die letzten großen revolutionen, dann solltest du auch den begriff/das wort nicht beibehalten. gorbatschow hat vorgemacht, dass es andere, neuere begriffe geben kann und muss. durch das ergebnis seiner erfolglosen politik steht nun aber perestroika nicht zur verfügung.
weil aber die verabscheuung und verwerfung des kriegs konsens sein muss, sollte die suche nach einem neuen begriff beginnen. man kann doch auch nicht mehr in mark und pfennig bezahlen. wer das trotzdem versucht, macht sich lächerlich.
Dein Vorschlag würde verhindern, daß es zur so notwendigen Kontroverse kommt. Schramm und Konsorten würden von der Revolution, du und ich von XY reden und keine Seite hätte Anlaß, sich um die andere zu kümmern. Das ist in meinen Augen die falsche politische Taktik. Wichtige Begriffe, die noch virulent ist, und dazu gehört der Revolutionsbegriff, muß man zu „besetzen“ versuchen. Die Hauptsache ist aber natürlich, daß es m.E. sachlich geboten ist, den Begriff bezubehalten. Weshalb ich das meine, geht recht ausführlich aus der Debatte hervor, die ich unter der 145. Notiz mit Klaus Fürst hatte. Ich wollte sie erst hier reinkopieren, aber sie ist zu lang; m.E. lohnt es sich, sie nachzulesen.
"Natürlich wird es welche geben, die anfangen. Elitär werden sie aber nicht sein, denn sie wissen: Man ist nicht Analytiker, weil man gefasster ist als andere, sondern ist es gewissermaßen qua Amt; (...)
Man ist weder Avantgarde noch Intellektueller, aber eben Analytiker, nüchtern mit gefestigtem Gefühlsleben. Halt ein Idealbild von einem Demokraten, der für mich immer noch ein Intellektueller ist mit analytischen Fähigkeiten. Jene sind nicht viele und wer sich "unberufen" dazu fähig sieht, kann froh sein, kritische Freunde zu haben, die ungefragt auch zu kritisieren bereit sind. Wenn dann der Intellektuelle uneitel die Fähigkeit der kritischen Selbstüberprüfung hat, dann entspräche er dem, der gefragt wird und der sich als Vorbild anbietet.
"Und nun mache ich noch eine weitere pauschale Bemerkung: Den Frauen gelingt es heute, ins kapitalistische Gefüge gleichberechtigt hineinzufinden. Das ist gut so. Denn gerade deshalb kann es im nächsten Schritt beiden Geschlechtern gelingen, aus ihm auch wieder herauszufinden."
Warum sollten die Frauen "gleichberechtigt ins kapitalistische Gefüge hineinfinden"? Sie schreiben es "pauschal". Da ich davon ausgehe, dass die Fähigkeit der Kommunikation auch in beiden Geschlechtern vorhanden ist und ich spekuliere, dass "kommunikative Intelligenz" der Frauen eine durch die hauptsächlich gebundene Tätigkeit mit der Kindererziehung einhergeht, wäre für mich klar, was zu ändern ist.
Ob es sinnvoll ist, bei der Frage nach dem neuen Menschenbild in die Geschlechterdiskussion einzusteigen, halte ich zumindest für fraglich. Solange allerdings Gleichberechtigungsfragen und Quoten noch auf der Tagesordnung stehen, ist die Diskussion über ein neues Menschenbild müßig. Das neue Menschenbild ließe sich dann an ihrem Einstieg an dem Analytiker festmachen, der aber als Ideal wohl nur von wenigen erreicht wird.
Fortschrittlich wäre es nun, wenn ein immer größerer Teil der Menschen sich auf die Gewaltlosigkeit festlegen könnten, sodass es nicht mehr als Spinnerei abgetan werden kann, Vorschläge zur generellen Abrüstung zu machen. Positiv, wenn sich hier die Frauen stärker einbringen (verweigern) würden, im Gegensatz zu dem fraglichen Recht des „Dienstes an der Waffe“. Vorbildlich wäre es in jedem Fall! Und wenn sie das noch in der Erziehung berücksichtigen, dann hätte es auch Auswirkungen auf die zukünftigen Männer.
Wichtige Begriffe, die noch virulent ist, und dazu gehört der Revolutionsbegriff, muß man zu „besetzen“ versuchen.
das ist genau die masche der reaktionäre, dies und das revolution zu nenen, obschon es mit revolution nur entfernt oder bildlich etwas zu tun hat. die industrielle revolution hat überhaupt keine auch nur entfernte ähnlichkeit mit der russischen revolution. die taktik der solchermaßen den begriff verhunzenden schreiber ist die inflationierung und verwischung der begriffe. einzelne schreiber können es auch auf den effekt abgesehen haben, aufmerksamkeit zu ernten.
sorry, ich muss bei meiner these bleiben, weil krieg wesentlicher bestandteil der historischen revolutionen ist. wenn die künftige umwälzung der verhältnisse ohne krieg möglich sein soll, muss die umwälzung auf die bezeichnung revolution verzichten. alles andere wäre falschmünzerei.
Nein, lieber HY, das ist doch nun wirklich abseitig, den Begriff „Industrielle Revolution“ auf reaktionäres Wirken zurückzuführen! Ich bitte Dich! Da finde ich mein Herangehen viel vernünftiger, zu sagen, in der Debatte mit Fürst, daß im Begriff der Revolution zwei Bedeutungen vermengt (konfundiert) sind, die ganz offenkundig nicht „ontologisch“ zusammengehören, sondern nur historisch zusammentreffen können und tatsächlich zusammengetroffen sind: der Neuanfang und die Gewalt. Wie aber gebraucht man einen Begriff „richtig“, der eine Konfusion ist? Indem man die Konfusion entweder bestehen läßt oder die ganze von ihm bezeichnete Problemkonstellation wegschmeißt?
Das erscheint mir durchaus plausibel. Da friedliche Revolution dann wohl ein Oxymoron ist, würde ich Evolution oder Umbruch vorschlagen. Denn ein Begriff, der geschichtlich so "belastet" ist, bedarf einer Alternative.
Wie aber gebraucht man einen Begriff „richtig“, der eine Konfusion ist?
dadurch dass man ad fontes geht. die französische aufklärung war nicht konfus, genauso die französische revolution.
die briten waren die erbittertsten feinde des geschehens in frankreich. und sie schafften es, ihre industrielle revolution dagegen zu setzen. die französische war die böse revolution, die britische war die gute. so ist uns das im geschichtsunterricht verkauft worden.
aber die politischen revolutionen in frankreich, russland, china und auf kuba usw. waren etwas ganz anderes als ein umbruch in der wirtschaft. als mechanisierung und nutzung fossiler energie.
die britische masche der bereicherung der reichen kann ich mit keiner politischen revolution zur deckung bringen. gewalt war in beiden fällen reichlich im spiel.
im fall der sog. neolithischen revolution ist die vermengung der bezeichnung und die verallgemeinerung noch deutlicher. aber die britische und die neolithische veränderung der wirtschaftsweise hätten insofern eine gewisse übereinstimmung, wenn es denn im fall der sog. neolithischen gerechtfertigt wäre, überhaupt von einem vergleich mit der umstellung auf industrielle methoden zu reden. ich meine, dafür fehlen alle voraussetzungen. ich tippe mal darauf, dass der name (von begriff will ich nicht reden) aus dem anglophonen bereich herüberwehte.
danke für das oxymoron. das macht es ganz klar.
Du scheinst zu glauben, daß der Begriff Revolution zuerst politisch und dann auch anders gebraucht wurde. Es ist aber umgekehrt (bin in der 140. Notiz darauf eingegangen).
Die Andere Gesellschaft beginnt mit Urwahlen: Dieser Beginn ist das, was ich als Revolution bezeichne.
eine reine definition. das kannst du machen. aber dass kopernikus von den umdrehungen schrieb, hat ja nun wirklich nichts mit dem etablierten revolutionsbegriff zu tun.
du kommst mit einem neuen, der allerdings die tradition nicht abschütteln kann.
Das wollen wir erst mal abwarten, ob er das kann. Da es aber jedenfalls genau darum geht: die Gewalttradition abzuschütteln, bin ich fest entschlossen, bei ihm zu bleiben. Sieh mal, wie willst du denn den Schachgegner besiegen, wenn du nicht das Schachbrett mit ihm teilst?
Übrigens hat die Sache noch eine weitere Dimension, die du auch nicht bedenkst: Bei jedem politischen Neuanfang ist die Gefahr real, daß der Gegner Gewalt anwendet. Siehe Chile. Insofern gehören Revolution und Gewalt sogar tatsächlich zusammen.
Ich wollte sagen: Insofern gehören Neuanfang und Gewalt sogar tatsächlich zusammen.
Michael Jäger, ihre Antwort an @H. YUREN, um 22:23 und 22:41 Uhr, im zweiten Absatz und im Nachtrag, eine Annäherung an die emanzipatorische und revolutionäre Position von Clara Zetkin?
[Siehe die zitierten Ausführungen -Pazifismus und Gewaltfrage- von Clara Zetkin, aus der "Kommunistischen Fraueninternationale" von 1922, S. 13/14]
Übrigens hat die Sache noch eine weitere Dimension, die du auch nicht bedenkst: Bei jedem politischen Neuanfang ist die Gefahr real, daß der Gegner Gewalt anwendet. Siehe Chile. Insofern gehören Revolution und Gewalt sogar tatsächlich zusammen.
über nacht hab ich darüber nachgedacht. das ergebnis: nach allem, was wir über ähnliche umbrüche im politischen wissen, ist die wahrscheinlichkeit, dass gewalt eine rolle spielt, sehr hoch. die friedliche revolution ist eine wunschvorstellung. idealiter denkbar, aber nicht allwetterfest.
es hieße, dass die gegner ihre positionen widerstandslos räumen.
Clara Zetkin schrieb das 1922 vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Rußland. Natürlich hatte sie recht, wenn sie schrieb, daß (weiße) Gewalt nur durch (rote) Gewalt gebrochen werden konnte. Aber wenn sie fortfährt, die Gewalt „ist da und spielt ihre geschichtliche Rolle, ob wir wollen oder nicht“, wird sie schon zu undifferenziert. Die Gewalt war nicht einfach da, sondern war sehr groß und war es, wie ich im Revolutionskapital dargelegt habe, nicht zuletzt auch wegen des Mangels an Legitimität aufseiten der Bolschewiki, die glaubten, sie könnten sich über demokratische Gepflogenheiten hinwegsetzen.
In jeder Revolution droht der Gewaltversuch des Gegners. Ich bleibe dabei: Die Revolution muß ein Weg nehmen, der diesen Versuch isoliert und klein hält, was nur möglich ist, wenn es eine demokratische und legitime Revolution ist, und wo dann eine gewöhnliche demokratische Polizei zur Brechung der Gewalt hinreicht.
Die Revolution, die zur SU führte, war mit 13 Millionen Toten zu teuer erkauft.
Und damit wir uns nicht mißverstehen: Wenn ich HY schrieb, „wie willst du denn den Schachgegner besiegen, wenn du nicht das Schachbrett mit ihm teilst“, meinte ich das Schachbrett, auf dem Sie und ich spielen um die Frage, ob es richtig oder falsch ist, Revolutionen mit jeweils 13 Millionen Toten oder so gutzuheißen.
Mit "13 Millionen Toten", ein Ergebnis in einer -unvorhersehbaren- Entwicklung in einem bestimmten historischen Kontext. Zu Beginn jeder sozialen Revolution ist der mögliche gewaltsame Verlauf nicht abzusehen. Bei Ihrer Entscheidung, ohne absehbaren Ausgang, würden Sie dann -unfreiwillig- auf die anstehende sozial-ökonomisch-ökologische Revolution, auf die notwendigerweise gewaltsame Umwälzung und Aufhebung der bestehenden kapitalistischen Gesellschaftsformation, verzichten?
Die Entwicklung mag damals unvorhersehbar gewesen sein, heute wäre sie es nicht mehr, denn die historische Erfahrung liegt vor: Wer heute noch eine Revolution versucht, die nicht von der großen Mehrheit gewollt - ermitteltermaßen - und legitimiert ist, der mag sich noch so sehr als Kommunist bezeichnen, in meinen Augen würde er sich von einem Faschisten nicht mehr unterscheiden. Wenn Sie die "notwendigerweise gewaltsame Umwälzung", wissend von jenen 13 Millionen Toten, so meinen, dann sind Sie ein Faschist.
Demnach wären die heutigen spät-bürgerlichen Gesellschaftsordnungen und Staatenbündnisse, -- mit ihren Millionen Kriegs-, Krisen- und Wirtschaftsopfern --, ein Ausfluss einer modifizierten kapital-faschistischen Gesellschaftsformation? So die führenden Staaten in der Europäischen Union, wie auch die geo- und militärpolitisch Vereinigten Staaten im NATO-Bündnis?
Wäre wohl nicht falsch, es so zu nennen. Der so generierte Faschismus zeigt sich ja heute in Gestalt etwa des IS.
Es gibt in unserem GG einen Artikel 20 Abs. 4: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung (demokratischen und sozialer Bundesstaats) zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."
Nun obliegt es dem Verfassungsgericht, siehe Artikel 18, "Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.", wie es mit der Qualität der Realität so bestellt ist. Ob am Asylrecht gedreht wird oder in Büchel Atomwaffen lagern, ob die sozialen Rechte abgebaut werden oder die Bundeswehr ihren Verteidigungsauftrag aufgrund politischen Willens aufgegeben hat, ist laut dem Verfassungsgericht noch im Rahmen der sogenannten freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
Nun war es schon in der Nazizeit so, dass große Teile der Bevölkerung offensichtlich einem verbrecherischem Regime aufgesessen sind (bzw. es für gut geheißen haben) und die Judikative, wie auch die Kirchen sich dem Staat konform gegenüber verhalten haben (mit Ausnahme weniger).
Wenn also hier Minderheiten das Unrecht erkannt haben und es im Einzelfall bis zur Gewaltanwendung im Widerstand gekommen ist, dann wird und kann hier keinesfalls von Unrecht gesprochen werden. Obwohl in der Phase dann gegen das herrschende System und im Einzelfall auch gegen die Gesetze verstoßen wurde!
Die Situation in Deutschland ist heute etwas komplizierter um eine Begründung für den Widerstand weniger zu legitimieren, da ja für alle Fälle ein Gericht das letzte Wort in der Sache haben soll. Nur, wenn Richter urteilen, dann ist so ziemlich alles möglich. Auch aus meiner vorherigen kleinen Aufzählung lässt sich schon ableiten, wie brüchig diese „Haltelinie“ werden kann, wenn der „Zeitgeist“ etwas zur Normalität werden lässt, was vor nicht allzu langer Zeit noch unmöglich gewesen wäre.
Es läuft also auf einen Punkt hinaus, wo Widerstand von wenigen das staatliche Gewaltmonopol aktiviert, sodass auf friedlichen Demos auch schon mal ein Auge „draufgehen“ kann. Wobei es mit den Demos immer schwieriger wird, da die Auflagen verschärft werden und das „Goodwill“ örtlicher Vertreter oft ausschlaggebend ist.
Widerstand gegen eine bestehende Ordnung kann kaum den Rahmen dieser Ordnung sprengen, wenn sich der Widerstand auf den Rahmen selbst beschränken muss (soll)! So lassen sich leicht Gründe finden, wo es eben nicht einer Mehrheit des Volkes bedarf, um gegen Unrecht vorzugehen. Auf die jeweiligen Mehrheiten zu warten, die sich aufgrund vernunftmäßiger und ethischer Willensbildung auf einem höheren Niveau bewegen müssten, ist müßig zu warten (brotlose Kunst).
Aufgrund der gegebenen Kräfteverhältnisse und der Absicherung des Bestehenden durch das juristische Beiwerk, sieht von der Warte aus jeden Widerstand in der Illegalität, dem Unrecht. Wenn also im Fall Büchel eine Regierung (und Vorgänger) weiterhin Atomwaffen lagern und bereit sind, diese auch noch einzusetzen, halte ich jeglichen Widerstand für legitim, was vom Gesetz her als Straftatbestand verurteilt würde. Im Einzelfall würde ich nicht das Leben derjenigen gefährden wollen, die zur Bewachung und Verteidigung der Anlage bereitstehen. Wenn aber tausende von Menschen das Gelände „übernehmen“ und es würde auf sie geschossen werden, dann wäre eine bestimmte Form von Bürgerkrieg erreicht, den ich als klassischen Revolutionszustand beschreiben würde.
Jede Änderung der jeweiligen Herrschaftsverhältnisse (bei uns ist es formal das Volk) widerspricht auf dem 1ten Blick der bestehenden Rechtsordnung. Wenn man sich dass GG allerdings genauestens anschaut, dann steckt darin „Dynamit“, dass bisher noch gar nicht aktiviert wurde.
Einen friedlichen Umbruch (Umsturz) halte ich für einen außergewöhnlichen und kaum durchzuhaltenden Prozess, da die alten Kräfte ihre Vorteile nicht freiwillig abgeben werden. Deshalb von „friedlichen Revolutionen“ zu träumen ist allenfalls naiv, wenn auch symphatisch.
Es bleibt dann jedem unbenommen, sich zusammenschlagen zu lassen und die Gewaltlosigkeit zu vertreten: wer es vermag?
Jede unmittelbare Selbstermächtigung enthält das bürgerlich-liberalistische Moment der Absolutsetzung des Subjekts. Auch wenn ich Macht nicht als brutale physische Gewaltanwendung, sondern als nützliche Gestaltungsmacht denke, gilt: Mit Macht zu verändern, weil ich es kann und weil ich im Besitz der Wahrheit bin, ist nur der scheinlegitimierte Machtanspruch, etwas zu machen, weil man es kann. Denn der Besitz der Wahrheit, in dem man sich ohnehin meist nur wähnt, ist kein hinreichender Grund, etwas zu tun. Es sei denn, man redet hier tatsächlich einer Diktatur der Wahrheit das Wort. So ist es die Gefahr aller linken revolutionären Bestrebungen, in diesem technokratischen Herrschaftsdenken (der Zweck heiligt die Mittel) befangen zu bleiben.
Punkt 4 ist eine sehr schöne Beschreibung der alternativen Notwendigkeit des Typus des Analytikers. Ich würde ihn gerne erweitern um den visionären Hypothetiker, weil es nicht nur um Blockaden und falsche Weichenstellungen, sondern auch um revisionsfähige, aber auch konstitutive Weichenstellungen, nicht nur um die Gegenwart, sondern um die Zukunft geht. Und der gute Analytiker hört nicht nur zu, er lenkt auch die Selbstreflexion bzw öffnet ihr neue Räume. In diesem erweiterten Typ paart sich der verständnisvolle Kommunikator mit dem kreativen Befreier. Das leitet zu Punkt 5.
Ja, Frauen sind die besseren Kommunikatoren, die verständnisvolleren Kompromißfinder, Frauen folgen nicht so unbeirrbar, unbelehrbar einem Irrweg in den Untergang. Im Allgemeinen jedenfalls. Männer sollten weiblicher werden, d'accord. Allerdings ist Kompromißbereitschaft auch höhere Anpassungsbereitschaft an das Schlechte, sind größere Leidenstoleranz und übervorsichtiges Agieren auch negative Aspekte des weiblichen Herangehens. Frauen verirren sich nicht so leicht in die Extreme, sind aber eher konservativ. Sollten sie da nicht auch männlicher werden? Die erwähnten männlich-aggressiven Ansichten der revolutionären Frauen sind wohl auch als Emanzipation von der Frauenrolle zu sehen. Die Angleichung der Geschlechter geschieht bereits in der Gesellschaft und ich plädiere durchaus für eine Androgynisierung. Oder, um einen Gedanken aus dem parallelen Blog von Helder Yuren aufzugreifen, für ein produktives Sichabarbeiten an der Differenz. Da mögen Männer und Frauen bleiben, wie sie sind, aber sich auf die Suche nach einer Feinsteuerung mithilfe ihrer Differenzen begeben.
wenn die künftige umwälzung der verhältnisse ohne krieg möglich sein soll, muss die umwälzung auf die bezeichnung revolution verzichten. alles andere wäre falschmünzerei.
Nein, lieber Helder, da muß ich widersprechen. Wo kämen wir hin, wenn wir akzeptierten, daß Begriffe sinnwidrig als emotionale Marker benutzt, dh mißbraucht werden und wir uns dem widerstandslos anpaßten? Du selbst wehrst Dich vehement in Deinen sprachkritischen Beiträgen gegen solchen Sprachvandalismus. Das Ende der DDR wollte man nicht Revolution nennen, weil das mit links und positiv konnotiert war, von Konterrevolution, was teilweise berechtigt war (vom Pseudosozialismus zurück in den Kapitalismus), wollte man nicht sprechen, weil sie negativ konnotiert war, da ist man auf die lächerliche (windelweiche) Wende verfallen. Naja, die hat uns immerhin die despektierliche Bezeichnung Wendehals beschert.
Revolution ist ein formaler Strukturbegriff. Er besagt die sprunghafte, diskontinuierliche, plötzliche Veränderung im Gegensatz zu Evolution, die eine stetige, differentielle, allmähliche Veränderung beschreibt. Das entspricht genau dem der wissenschaftlichen Revolution, die keinen Machtanspruch, freilich aber einen Geltungsanspruch für ein ganz andersartiges Erklärungsmodell erhebt. Eine soziale Revolution ist ein Bruch mit dem Bestehenden, der sehr wohl auf der Aufhebung der Geltung der bisherigen Sozialordnung besteht und sie ersetzt. Gewalt und Gegengewalt, die dabei mobilisiert werden, sind natürlich häufige Begleiterscheinungen von Revolutionen, aber erstens gibt es Gewalt in den verschiedensten Zusammenhängen, im Fall der sozialen Revolution ist ja die vorhandene Gewalt vielfach die Ursache für die Revolution, zum anderen gibt es Revolutionen, die sich gar nicht offen zeigen und bemerkt werden, erst die wissenschaftliche Analyse bringt die Revolution ans Licht. Ich stimme also Michael Jäger zu, eine gewaltfreie Revolution ist notwendig, eine soziale Revolution, die hinter dem Bewußtsein der Beteiligten stattfände, wäre auch nicht schlecht, aber kaum möglich. Also werden wir die Revolution bewußt machen müssen, und gleichzeitig Gewaltausbrüche so gut es geht zu vermeiden versuchen.
Übrigens: Eine Veränderung ist nicht dadurch, daß sie revolutionär ist, gut. Revolution bezeichnet nur die Art, wie sich etwas verändert, nicht, ob es gut oder schlecht ist. Diese Zurechnung fällt bekanntlich unter Menschen ganz unterschiedlich aus.
… tatsächlich zusammengetroffen sind: der Neuanfang und die Gewalt.
Noch eine kleine sprachliche Anmerkung. Es gibt revolutionäre und strukturelle Gewalt. Hier ist revolutionär ein Attribut von Gewalt, nämlich eine Gewalt, die ändert, gegenüber einer, die affirmativ ist. Ebenso attribuieren wir Revolutionen (Umwälzungen) mit Gewaltförmigkeit oder Gewaltlosigkeit.
Das Ende der DDR wollte man nicht Revolution nennen,
hat man aber doch propagandistisch oft genug getan.
da ist man auf die lächerliche (windelweiche) Wende verfallen.
und auch das war eine sprachregelung, die mehr versteckte als preisgab.
der wissenschaftlichen Revolution,
die aber kein gängiger begriff ist. revolution muss sich immer messen lassen am anfang, an der französ. revolution.
Eine soziale Revolution
ist wieder eine ableitung und erweiterung oder anwendung des zugrunde liegenden begriffs. das geht in richtunf inflationären wortgebrauchs, wobei die ursprüngliche idee verblasst.
Ich stimme also Michael Jäger zu, eine gewaltfreie Revolution ist notwendig,
aber michael hat inzwischen eingeräumt, dass der neuanfang in kaum einer gesellschaft ohne gewalt denkbar ist.
Nun habe ich viel gelesen über das Für oder Wider gegen den Begriff der Revolution. Ebenfalls, wie Revolution zu verstehen ist und etwas zu den Ursprüngen. Zum Schluss auch noch dein wichtiger Hinweis auf die Unterschiede der Gewalt.
Nur, ist es nicht eine Binse, dass es eben genau die strukturelle Gewalt in den modernen Gesellschaften ist, die den Anlass für die andere Form des aktiven Widerstands, ggf., die mit einer Revolution i.d.R. verbundenen Gewalt ist?
So zeigt es sich bisher in der Geschichte und wenn @M. Jäger meint, dass aufgrund der Verbrechen der Vergangenheit retrospektiv eine Revolution nicht mehr zu rechtfertigen wäre, wenn damit einhergehend eine große Zahl von Menschen getötet würde, dann verstehe ich den klassischen Begriff von Revolution wohl falsch, denn wenn nicht gleich Anfangs beschlossen wird, die Gewalt als notwendiges Mittel zu legitimieren, dann ist ein revolutionärer Prozess ein aus berechtigtem Anliegen heraus initiierter Vorgang, der nicht wie ein Projektplan kalkulierbar ist: denn die Gegenspieler verhalten sich eben nicht wie in Lehrbüchern.
Ich kann nicht erkennen, wie der Widerspruch sich auflösen soll, zwischen revolutionärer Berechtigung und den legal abgesicherten Verhältnissen. Diese werden durch (scheinbare) Mehrheiten legitimiert und dadurch auch bei offensichtlichem Unrecht abgesichert. Eine Revolution ist aber keine, die sich im Rahmen bisheriger Verhältnisse bewegt. Diesen dialektischen Widerspruch gilt es aufzulösen, denn hier steht das Subjekt gegen das Kollektiv (Staat), der wiederum das Subjekt abbilden sollte.
Zu deinen letzten beiden Absätzen: Da muß man genauer sein. Das, wovon du jetzt sagst, ich hätte es eingeräumt, war von Anfang an die Problemstellung meines Revolutionskapitels ab der 141. Notiz. Und genau genommen habe ich da wie auch wieder von der realen Gewaltgefahr gesprochen. Das Ziel ist, die Revolution trotz dieser Gefahr gewaltfrei zu halten bzw. das Gewaltmoment, ich wiederhole mich, so klein zu halten, daß "eine gewöhnliche demokratische Polizei damit fertig wird".
"Das sind", mit Marx' schöner Formulierung gesprochen, "die Bedingungen des Problems". Ich habe sehr sehr viel dazu geschrieben in diesem Revolutionskapitel, man konnte aber einen einfachen Kernpunkt darin finden und kann ihn wiederholen: Die Revolution muß demokratisch sein, d.h. von der großen Mehrheit ermitteltermaßen gewollt sein. Das war 1917 nicht so, das war in Chile nicht so usw.
Eine Revolution ist aber keine, die sich im Rahmen bisheriger Verhältnisse bewegt. Diesen dialektischen Widerspruch gilt es aufzulösen.
Ich antworte vielleicht noch ausführlicher hierauf, will aber schon mal dies sagen: Schade, daß Sie Ihren Versuch, sich mein Fragespielkonzept anzueignen, so schnell aufgegeben haben. Da hätten Sie die Antwort gefunden.
"Ich antworte vielleicht noch ausführlicher hierauf, (...).Das würde mich freuen, denn in ihrem Buch hatte ich nicht mehr die Geduld aufgebracht. Wenn ich den Eindruck gewinne, etwas lässt sich kürzer und prägnant formulieren, ansonsten ..
Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel. Es kann auch an mir liegen. Es hat aber zumindest bewirkt, das ich mich anderweitig damit beschäftigt habe und werde.
Die Revolution muß demokratisch sein, d.h. von der großen Mehrheit ermitteltermaßen gewollt sein. Das war 1917 nicht so, das war in Chile nicht so usw.
lieber michael,
mir ist keine demokratische revolution bekannt. ich wage mal zu sagen, gestützt aufs milgram-experiment, die mehrheit besteht zum größten teil aus mitläufern. die revolutionäre minderheit muss es erreichen, dass die mitläufer zu ihr überlaufen...
nebenbei: in chile gab es einen putsch, aber keine revolution oder?
die revolution ist zur gewalt verdammt, weil sie andernfalls innen wie besonders außen durch gewalt zerschlagen wird. das lässt sich bei allen revolutionen zeigen.
Es gibt ja Worte für organisierte politische Gegengewalt, Revolte, Aufstand, Rebellion, Umsturz, usw, die den Gewalt- bzw Kampfaspekt betonen. Dagegen gibt es keinen Begriff außer Revolution (neben schwächeren Umschreibungen wie Umwälzung, Neubeginn, usw), der den strukturellen Wandel, wie ich ihn beschrieben habe, kennzeichnet (das auch @ H.Yuren: die französische Revolution ist in der Tat ein Revolutionsmodell, es geht um eine nicht mehr gottgegebene, sondern endlich selbstbestimmte Ordnung, die auf der Grundlage von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit errichtet wird. Das ist die radikale Umwälzung, in der im Unterschied zu den späteren linken Revolutionensversuchen noch nicht zwischen einer partikularen bürgerlichen und einer allgemeineren Freiheit unterschieden ist, es gibt noch keinen wahrnehmbaren vierten Stand, der universellere Interessen vertritt).
Nur, ist es nicht eine Binse, dass es eben genau die strukturelle Gewalt in den modernen Gesellschaften ist, die den Anlass für die andere Form des aktiven Widerstands, ggf., die mit einer Revolution i.d.R. verbundenen Gewalt ist?
Symbolische Formen des Widerstands, passiven Widerstand möchte ich nicht oder nur bedingt Gewalt nennen. Das dient der Mobilisierung und dem Öffentlichmachen von Nichtakzeptanz, nicht der Durchsetzung einer anderen Wirklichkeit. Gewalt kommt ins Spiel bei existentieller oder wenigstens so empfundener Bedrohung eines Kollektivs (das muß nicht einmal die Mehrheit sein, @ M.Jäger). Notwehr rechtfertigt den Einsatz aller Gewaltmittel, die zur Aufhebung der Notwehrsituation notwendig sind. Das sagt auch unser Privatrecht. Notwehr besitzt sogar eine Verantwortbarkeit über konkrete Kodifikationen von Privatrecht hinaus, eine Art Naturrecht. Kollektive Notwehrsituationen erlauben die gewaltsame Zerstörung der Ordnung, die diese existentielle Bedrohung zuläßt. Ich unterscheide daher zwischen gewaltsamen Notrevolutionen, wie es sie in der Vergangenheit gegeben hat, und wie sie weiterhin in vielen Teilen der Welt noch auf der Tagesordnung stehen, und Revolutionen, die eine emanzipierte Gesellschaft installieren (wollen). So notwendig die ersteren sind, so unwahrscheinlich ist es, daß sie sich im Sinne der letzteren entwickeln. Im Übrigen stellt die Notrevolution keinen Freibrief für revolutionäre Gewalt aus, unnötige Opfer müssen vermieden, die Verhältnismäßigkeit der Gewalt gewahrt werden. Und mit dem heutigen Kenntnisstand ist es geboten, wenigstens von Außen mäßigend auf die im Inneren solcher Konflikte kaum beherrschbare Gewaltdynamik einzuwirken. Aber gewaltfreie Notrevolution ist tatsächlich ein Oxymoron. Nur für die dagegengesetzte Revolution in und aus Freiheit ist Gewalt mit Gewaltopfern auszuschließen. Eine solche radikale Idee von Freiheit kann man natürlich für unrealistische Träumerei halten, und ich gebe zu, daß es nur ein anzustrebendes Ideal sein kann.
In den westlichen Ländern muß es allerdings das linke Denken beschäftigen, denn hier ist für nennenswert große Kollektive überhaupt keine Notwehrsituation, also kein Recht zu tödlicher Gewalt gegeben. Das Anzünden von Flüchtlingsunterkünften ist keine Notwehrhandlung. Selbstverständlich spielt in der Situationsbeurteilung das subjektive Empfinden eine Rolle. Immer mehr Menschen sind depraviert, gedemütigt, verwahrlost. Zur Rechtfertigung von Gewalt reicht es bisher nicht aus, aber zu einer Propaganda für eine so sehr gewollte Veränderung, daß das spaltende, unwürdige Zustände produzierende System dem parlamentarischen oder außerparlamentarischen Druck nicht mehr standhält. Wenn dieser Wille stark genug ist, wird es nur wenige Unbelehrbare geben, die sich trotzdem mit Gewalt dagegen stellen. Da wäre dann, wie M. Jäger sagt, Polizeiarbeit nötig, nicht revolutionäre Gewalt.
In Chile gab es einen sozialistischen Präsidenten, der vom Präsidentenamt aus revolutionäre Politik machte, obwohl er nur von einer Minderheit von ca. 35 Prozent gewählt worden war. Ich habe das im Revolutionskapitel behandelt.
Doch, lieber Pleifel, das nehme ich Ihnen übel. Als Sie mein Buch in der Hand hatten, haben Sie zunächst noch zugegeben, daß Sie sich einfach leichtere Kost gewünscht hatten, jetzt stellen Sie sich mit großer Pose hin und behaupten, Sie hätten die Geduld verloren, weil ich mich nicht kurz gefaßt hätte. Was für eine absurde Lüge bei diesem schmalen Büchlein, das ein extremer Extrakt ist! Trotzdem lesbar, will ich meinen, aber nicht für jemanden, der nur so darin „surfen“ will wie zwischen Internetbildchen. Ganz zuerst hatten Sie ja so getan, als hätten Sie es gelesen und haben dann so ein Urteil abgegeben, aus dem zu erkennen war, daß Sie nur am Anfang und vielleicht am Schluß geblättert hatten. Als ich Sie darauf hinwies, sagten Sie, das sei aber bewunderungswert, daß ich das erkannt hätte... Sie wollen sich keine Mühe geben und sind auch nicht redlich – Sie langweilen mich.
Friedliche Revolution ist ein gutes Konzept.
Neues Menschenbild erinnert mich etwas zu sehr an "Die Neue Menschheit: Biopolitische Utopien in Russland zu Beginn des 20. Jahrhunderts".
"Um die Jahrhundertwende entwarfen russische Autoren radikale Projekte einer totalen Umgestaltung des Lebens, vor deren Hintergrund heutige Biopolitikdebatten geradezu bescheiden wirken. So entwarf etwa Fedorov das »Projekt der gemeinsamen Tat«, dessen Ziel es war, mittels moderner Technik alle Toten künstlich auferstehen zu lassen; die »Biokosmisten« proklamierten den Kommunismus als Weg zur Erlangung der Unsterblichkeit, und Ciolkovskij, der Vater des sowjetischen Raumfahrtprogramms, hatte das Ziel vor Augen, andere Planeten mit auferstandenen Menschen zu bevölkern. Der Band stellt die bisher unbekannt gebliebenen biopolitisch-utopischen Entwürfe vor und veranschaulicht die in der westlichen Rezeption kaum wahrgenommene ideologische Komponente der kommunistischen Weltanschauung, die bis in die postkommunistische Gegenwart wirkt."
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Obwohl ich nicht glaube, dass Sie andere Planeten zu Testzwecken für die Andere Gesellschaft bevölkern wollen usw. ...
Vor ein paar Wochen erst haben Sie die friedliche Revolution als "Bambi" usw. verspottet. Warum ist es jetzt auf einmal ein "gutes Konzept"?
So einfach ist es nicht, es ist bei Ihnen sowohl eine Stilfrage als auch eine der inhaltlichen Konzeption. Es lässt sich leicht behaupten, es läge dann am Leser, wenn er sich mit ihrer Lektüre schwer tut.
Auch ein "schmales" Büchlein, wie Sie es nennen, kann verschwurbelt geschrieben sein. In einem haben Sie allerdings Recht, der Umfang ihres "Büchleins" ist überschaubar, sodass es doch verwunderlich ist, dass weitaus umfangreichere und anspruchsvollere Bücher über das Thema für mich einfacher zu lesen sind.
Mit anderen Worten, es sollte eine Linie und ein Konzept zu erkennen sein und vor allem kein Roman. Wissen im Kopf allein reicht nicht hin, es braucht halt als Schreiber auch ein wenig Mühe, die Gedanken strukturiert zu Papier zu bringen.
Im Übrigen stelle ich fest, Sie sind ziemlich schnell auf der persönlichen Schiene; da bin ich jetzt keine Ausnahme. Ich nehme mich mal zurück, da mir, was Revolutionen mit Ihnen betreffen würde, so einiges durch den Kopf geht. Ansonsten erscheint mir, dass Sie sich ein wenig überschätzen. Vielleicht waren Sie mal jemand, der auf der Straße unterwegs war an der Basis. Davon lässt sich (falls überhaupt), heute wenig lesen.
Ich werde es nun so halten, in ihrer „Unendlichen Geschichte“, wie ich es genannt hatte, andere Foristen zu kommentieren. Wir brauchen dann unsere Zeit nicht mehr zu verschwenden.
Hier schrieb ich:
"Nun werde ich zum Ausgleich einmal den positiven Aspekt Ihrer Revolution, diesem friedfertigen Fragespiel überzeugter Demokraten, in Abgrenzung zum Behauptungsspiel, erwähnen:
Wo alles zum Mittel der Auseinandersetzung, zum Kampf, zur Front und zur Konfrontation wird, da bleibt nichts mehr, was es liebevoll zu fördern und zu bewahren gälte. Und da ist es zuletzt auch belanglos, ob einer die Fronten wechselt ..."
...
Das bezieht sich auf die "Friedliche Revolution" als solche.
---
Hier schrieb ich:
"Mal ganz abgesehen von den völlig veralteten historischen Bezügen, könnte diese Revolution des friedfertigen Fragespiels überzeugter Demokraten von Disney als Bambi 2.0 verfilmt werden.
In der sich entwickelnden Geschichte teilt das Kapital diese Anschaungsweise nicht und Bambi 2.0 wird zu Al Qaida 2.0, ähnlich kurz wird das Gemetzel. Die Zuschauer verlassen weinend das Kino ..."
...
Das bezieht sich darauf, wie die "Herrschenden" aller Voraussicht nach auf eine friedliche Revolution reagieren werden ...
Sie sind wirklich ein elender Lügner, siehe die Kommentarspalte zu (123).
Herr und Frau XYZ bemühen sich -vorgeblich- moralisch aufrichtig, um die -immer noch überfällige- sozialpolitische und gesellschaftspolitische Aufklärung in der kapital-dominierten und -beherrschten Gesellschaftsformation der -realen- Finanz- und Monopolbourgeoisie, weltweit! Nur WIE erreichen wir gemeinsam die -demokratische- Aufhebung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ---- mit einer -demokratischen- Mehrheit?
So groß auch die Errungenschaften der kapitalistischen Welt bei der Vervollkommnung der Informationstechnik und -elektronik sind, die Zielsetzung und der Charakter dieser Mittel als weltweites, bürgerlich-ideologisches Werkzeug --- zur Beherrschung des (vor allem werktätigen) Massenbewusstseins --- im Interesse der herrschenden Klassen und Schichten, blieben bisher unverändert.
Punkte und Themen, die immer noch der -progressiv- aufklärerischen und jurnalistischen Bearbeitung bedürfen, auch im Freitag-Meinungsmedium:
1) Die weltweite kapitalistische und imperialistische Bewusstseins-Industrie des Wortes.
2) Weltwirtschaftskombinate heute.
3) Die Verteilung der Informationsmittel zwischen den ökonomisch entwickelten kapitalistischen und den sog. Schwellen- und Entwicklungsländern.
4) Die Fäden der Informationen in den heutigen Manipulations-Zentren (auch in Hamburg, Frankfurt und Berlin).
5) Die ideologischen Sprachrohre in Asien und Lateinamerika.
6) Die monopolistischen Herren und Damen des Wortes.
7) Familienunternehmen und nichtmonopolistische Unternehmen.
8) Verzweigte Konzerne und Kettenmonopole.
9) Wer herrscht tatsächlich im Äther der Bewusstseins- und Manipulationsindustrie?
10) Die ideologischen Sprachrohre der Politik und des Geschäfts.
11) Die Nachrichten vom Fließband.
12) Die Anatomie des Agenturgeschäfts.
13) Der Preis der "Freiheit des Wortes"
14) Die ökonomischen Regulatoren des Propagandageschäfts.
15) Die Quellen zur Finanzierung der Propaganda in den Händen von Multimillionär_innen und Milliardär_innen.
16) Die kapitalistisch-imperialistische Werbung -- der Hauptregulator des Propagandageschäfts.
17) Welche Haupt-Faktoren bestimmen den Fluß der Werbeeinnahmen?
18) Der Transmissionsriemen des Werbemechanismus.
19) Die bürgerlich-parlamentarischen Don Quichottes und die monopolistischen Mühlen.
20) Die ungebrochene Macht des Geldes diktiert die Umgruppierung der Kräfte.
21) Der Kampf der Giganten der Bewusstseinsindustrie.
22) "Organisierte Nachrichten"
23) Der Kampf hinter den Kulissen von Fernsehen und Internet.
24) Die Wirtschaftsmonopole wählen für Zuschauer und Hörer.
25) Wer ist stärker, -- die "demokratische" Gesellschaft oder ein Privatmonopol?
26) Die Jugend -- das erste Ziel und das Hauptopfer.
27) Typische Verfahren der Massenmedien.
28) Die Haupttriebfeder des Geschäfts.
29) Desinformation und Verleumdung.
30) Die Nachhricht ist große Politik.
31) Standardisierung und Tendenzberichterstattung.
32) Schablone und Geld.
33) Gerüchte, Klatsch und "Versuchsballons"
34) Regie hinter den Kulissen.
35) Politische Kampagnen ...
36) Die Medienherren und Damen und die Politik.
37) Die "Parteilichkeit" der Monopolherren und Damen.
38) Eigentümer und RedakteurInnen.
39) Die Propagandastäbe der herrschenden Klasse und ihre Strategie.
40) Die Informationsküche der -bürgerlichen- Regierung.
41) Der Apparat der außenpolitischen Propaganda.
42) Die Strategie der "vierten Front"
43) Die Sprachrohre des Krieges.
44) Das Ziel -- Diskriminierung der Kräfte des demokratischen und emanzipatorischen Fortschritts.
45) Das Fundament der aggressiven Politik.
46) Die vergifteten Brunnen der psychologischen Kriegführung.
47) Die ersten Schritte im Kampf gegen die Unwissenheit.
{...} Ein modifizierter Themenauszug.
Vgl. Spartak Iwanowitsch Beglow, Moskau 1969, Staatsverlag Berlin 1971. Deutscher Titel: Millionäre machen Meinung von Millionen.
"Kompliment übrigens, Sie haben bemerkt, dass ich zumindest den mittleren Teil ihres Buches nur „überschlagen“ habe, da er für mich zu theoretisch wurde. Ich hole das noch nach, um zumindest bei dann noch fehlendem „Verstehen“ den Mangel bei mir zu belassen."
Das können Sie nun gerne zu ihren Gunsten auslegen. Alles weitere hatte ich hier kommentiert. Mein lieber Mann, kommen sie mal runter vom Baum! Es wundert mich allerdings, wie Sie da überhaupt so schnell rauf gekommen sind. Ihre unpassende Beleidigung prallt aber von mir ab, zum einen, weil ich Ihnen das als privat zuordne und nicht dem Niveau des Freitag entspricht und zum anderen, da ich Sie schon seit einiger Zeit als einen Alt-68er im Establishment verorte, der sich (uns) noch den Anschein eines revolutionären Subjekts vermitteln möchte, aber längst als Stubentheoretiker gelandet ist, der sich überdies nicht gerne festlegen lässt.
Und um dieses Elaborat ging es: Die Methode der wissenschaftlichen Revolution.
Vielleicht mische ich mich zu Unrecht ein, aber ich würde nicht versuchen, Herrn Jäger seine Beleidigung ("elender Lügner") in vergleichbarer Währung ("als einen Alt-68er im Establishment verorte") zurückzuzahlen.
Manchmal hilft Steckenlassen am besten - mir scheint von außen her gesehen, dass es sich hier um eine solche Situation handelt.
Nochmal: Die Methode der wissenschaftlichen Revolution.
Danke!
In Chile gab es einen sozialistischen Präsidenten, der vom Präsidentenamt aus revolutionäre Politik machte, obwohl er nur von einer Minderheit von ca. 35 Prozent gewählt worden war.
hab davon gehört. für eine revolution war das drittel zu wenig. vor allem, wenns demokratisch laufen sollte.
einer der vielen anläufe in latein-amerika, der dem norden nicht gefallen konnte. und da springt die gewalt ins feld. von der andern seite. wir wissen, wozu das führte.
ich wünsche mir eine revolution der gewaltlosigkeit. nur per ansteckung bei der mehrheit. gandhis politik meine ich nicht. er verlangte zuviel von seinen anhängern.
gewaltverweigerung - wie bei der wehrdienstverweigerung. das hat die bundeswehr nicht verhindert, aber dumm dastehen lassen. sie stehtnoch immer so da samt ministern.
Ich würde ihn gerne erweitern um den visionären Hypothetiker, weil es nicht nur um Blockaden und falsche Weichenstellungen, sondern auch um revisionsfähige, aber auch konstitutive Weichenstellungen, nicht nur um die Gegenwart, sondern um die Zukunft geht.
Das sehe ich auch so. Die „visionäre Hypothese“ ist bei mir getrennt behandelt vom revolutionär Handelnden, der etwas vom „Analytiker“ haben sollte; behandelt als die Vorstellung einer zukünftigen Ökonomie (der Vorschlag, den ich dazu machen konnte, war ja mein eigentlicher Gegenstand, ausgeführt in der Blogreihe); aber man muß beides natürlich im Zusammenhang sehen. Es ist sicher problematisch, wenn man es erst einmal getrennt durchdenkt, aber es geht wohl gar nicht anders. Sehr genau sprechen Sie von Weichenstellungen, die revisionsfähig und konstitutiv sind. Sie haben natürlich auch darin recht, daß der Analytiker ein bißchen mehr tut als zuzuhören. Er hat ja eine bestimmte Theorie im Kopf und von daher auch ein Analyseziel. Das gehört ja auch zum Spannenden: Er hat dieses Ziel (das nicht mehr ist als eine „Weichenstellung“) und braucht es dem Gegenüber doch nicht aufzudrängen, will es auch nicht, selbst dann nicht, wenn der Analysant ihn doch von sich aus aufgesucht hat. Er indoktriniert nicht und ist dennoch fürs Gegenüber wichtig.
Info.-Empfehlung:
Philosophie der Revolution
Studie zur Herausbildung der marxistisch-leninistischen Theorie der Revolution als materialistisch-dialektischer Entwicklungstheorie und zur Kritik gegenrevolutionärer Ideologien der Gegenwart. Eine Studie von Otto Finger. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975.
Hier insbesondere im 2. Kapitel: Existenzialismus, Strukturalismus, "Kritische" Theorie -- Scheinkritizismus, pseudorevolutionäres Denken und Materialismusfeindschaft.
Das "Sie" war mir so rausgerutscht, sorry.
Nach 15 Jahren Leben und Arbeiten in Russland kann ich aus eigenem Erleben behaupten, dass auch HEUTE noch eine Mehrheit der vernunftbegaten Leute dort das ebenso sehen. Diese Menschen sind so wie ich mindestens in ihren Fümfzigern, gemeinhin versucht man seinen Nachkommen ein sinnerfülltes einfaches (Vorbild-) Leben jenseits von Alkohol, Drogen und aggresiven Kapitalismus vorzuleben, was, wie ich finde, in der Weite des riesigen Landes jenseits von Moskau in erstaunlich vielen Fällen ganz gut gelingt – dort herrscht vielerorten noch kein Turbokapitalismus. Gut, diese Leute werden keine 'Revolution' hin zu eine SU v2.0 mehr ausrichtenn, allerdings sind diese in ihren jeweiligen Gemeinschaften schon die tonangebeneden Leute, so dass da in den Weiten Russlands interessanterweise eine Jugend nachwächst mit dem Wissen, dass es da mal eine 'bessere Gesellschaft', als den heutigen Raubtierkapitalismus gegeben habe, für den besten Teil der Jugend wird dass das ein erstrebenswertes Lebensziel werden. Eine solche Deutungshoheit über die jüngere Geschichte scheint mir hier dagegen selbst in Ostdeutschland nicht (mehr) zu existieren, deswegen weise hier in Bezug auf Russland explizit darauf hin, unterscheidet es sich doch sehr von den Erfahrungswelten der Jugend hier im Westen, denen wird ja tagtäglich und wohl mit Erfolg durch die Herren der Deutungshoheit eingebläut, wie finster und fies der ‚Osten‘ war, selbst ein ND zimmert heutzutage an solch einem schrägen Geschichtsbild mit… In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einen kurzen Fernsehbeitrag (3SAT) von und über Axel Honneth hinweisen http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=57469. Auch sein Büchlein 'Die Idee des Sozialismus: Versuch einer Aktualisierung ' lässt sich mit Gewinn lesen, wie ich finde. Die generelle Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung der 'Wertegemeinschaft' lässt mich dagegen überlegen, schlussendlich komplett nach Russland auszuwandern, da ich inzwischen glaube, dass dort die Möglichkeit und Kraft zu einer Besinnung auf einer gesellschaftlichen Alternative eher gegebn sein wird, als hierzulande, wo es den Herren der Deutungshoheit gelungen ist, flächendeckend eine 'Homunkuls'-Elite als Gral des wahren Wissens quer durch Medien, Justiz, Politik- und Gesellschaftswissenschaften, sowie schlussendlich auch der Politik aufzubauen, wovor es mir beim Blick in Zeitung, Nachrichten, Fernsehen tagtäglich graut. Man lese nur mal die Lebensläufe, insbesondere die WERDEGÄNGE der sog. 100 Osteuropaexperten, welche sich öffentlich unter unheimlichen Beifall des gesamten Mainstreams im Dezember 2014 gegen den Friedens-Appell deutscher Politiker, Künstler und Intellektueller im Ukrainekonflikt gewandt hatten (http://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-aufruf-im-ukraine-konflikt-osteuropa-experten-sehen-russland-als-aggressor/11105530.html). Der Durchlauf durch die KAS, bzw. sonstiger transatlantisch geprägter parteinaher Stiftungen und Einrichtung ist da stets Vorbedingung für eine spätere Berufung an prominenter Stelle als Meinungsmacher! Für mich ist das inzwischen Meinungsdiktatur. Hin zu physischer Verfolgung sog. Putinversteher ist es inzwischen auch nur noch ein kleiner Schritt. Für mich eindeutig eine Richtung hin zu Faschismus v2.0, diesmal unter transatlantischer Flagge, als Konsequenz des alternativlosen Turbokapitalismus a la Globalisierung, anders lässt sich aufkommender Widerspruch wohl nicht mehr unterdrücken.. Das sich die Geschichte des Kapitalismus dergestalt entwickelt, ist indes nicht neu - hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auf die m.M. immer noch richtige Faschismusdefinition nach Dimitroff (http://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-aufruf-im-ukraine-konflikt-osteuropa-experten-sehen-russland-als-aggressor/11105530.html). Gut, das werden nicht alle Mitforisten SO sehen, in den Augen mancher Mitforisten gilt man da sicher als 'Stalinist'. Da gilt es auszuhalten.
Nach 15 Jahren Leben und Arbeiten in Russland kann ich aus eigenem Erleben behaupten, dass auch HEUTE noch eine Mehrheit der vernunftbegaten Leute dort das ebenso sehen. Diese Menschen sind so wie ich mindestens in ihren Fümfzigern, gemeinhin versucht man seinen Nachkommen ein sinnerfülltes einfaches (Vorbild-) Leben jenseits von Alkohol, Drogen und aggresiven Kapitalismus vorzuleben, was, wie ich finde, in der Weite des riesigen Landes jenseits von Moskau in erstaunlich vielen Fällen ganz gut gelingt – dort herrscht vielerorten noch kein Turbokapitalismus. Gut, diese Leute werden keine 'Revolution' hin zu eine SU v2.0 mehr ausrichtenn, allerdings sind diese in ihren jeweiligen Gemeinschaften schon die tonangebeneden Leute, so dass da in den Weiten Russlands interessanterweise eine Jugend nachwächst mit dem Wissen, dass es da mal eine 'bessere Gesellschaft', als den heutigen Raubtierkapitalismus gegeben habe, für den besten Teil der Jugend wird dass das ein erstrebenswertes Lebensziel werden. Eine solche Deutungshoheit über die jüngere Geschichte scheint mir hier dagegen selbst in Ostdeutschland nicht (mehr) zu existieren, deswegen weise hier in Bezug auf Russland explizit darauf hin, unterscheidet es sich doch sehr von den Erfahrungswelten der Jugend hier im Westen, denen wird ja tagtäglich und wohl mit Erfolg durch die Herren der Deutungshoheit eingebläut, wie finster und fies der ‚Osten‘ war, selbst ein ND zimmert heutzutage an solch einem schrägen Geschichtsbild mit… In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einen kurzen Fernsehbeitrag (3SAT) von und über Axel Honneth hinweisen http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=57469. Auch sein Büchlein 'Die Idee des Sozialismus: Versuch einer Aktualisierung ' lässt sich mit Gewinn lesen, wie ich finde. Die generelle Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung der 'Wertegemeinschaft' lässt mich dagegen überlegen, schlussendlich komplett nach Russland auszuwandern, da ich inzwischen glaube, dass dort die Möglichkeit und Kraft zu einer Besinnung auf einer gesellschaftlichen Alternative eher gegebn sein wird, als hierzulande, wo es den Herren der Deutungshoheit gelungen ist, flächendeckend eine 'Homunkuls'-Elite als Gral des wahren Wissens quer durch Medien, Justiz, Politik- und Gesellschaftswissenschaften, sowie schlussendlich auch der Politik aufzubauen, wovor es mir beim Blick in Zeitung, Nachrichten, Fernsehen tagtäglich graut. Man lese nur mal die Lebensläufe, insbesondere die WERDEGÄNGE der sog. 100 Osteuropaexperten, welche sich öffentlich unter unheimlichen Beifall des gesamten Mainstreams im Dezember 2014 gegen den Friedens-Appell deutscher Politiker, Künstler und Intellektueller im Ukrainekonflikt gewandt hatten (http://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-aufruf-im-ukraine-konflikt-osteuropa-experten-sehen-russland-als-aggressor/11105530.html). Der Durchlauf durch die KAS, bzw. sonstiger transatlantisch geprägter parteinaher Stiftungen und Einrichtung ist da stets Vorbedingung für eine spätere Berufung an prominenter Stelle als Meinungsmacher! Für mich ist das inzwischen Meinungsdiktatur. Hin zu physischer Verfolgung sog. Putinversteher ist es inzwischen auch nur noch ein kleiner Schritt. Für mich eindeutig eine Richtung hin zu Faschismus v2.0, diesmal unter transatlantischer Flagge, als Konsequenz des alternativlosen Turbokapitalismus a la Globalisierung, anders lässt sich aufkommender Widerspruch wohl nicht mehr unterdrücken.. Das sich die Geschichte des Kapitalismus dergestalt entwickelt, ist indes nicht neu - hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auf die m.M. immer noch richtige Faschismusdefinition nach Dimitroff (http://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-aufruf-im-ukraine-konflikt-osteuropa-experten-sehen-russland-als-aggressor/11105530.html). Gut, das werden nicht alle Mitforisten SO sehen, in den Augen mancher Mitforisten gilt man da sicher als 'Stalinist'. Da gilt es auszuhalten!
Wenn ich recht lese, unterscheiden sich beide Kommentare nur durch das Ausrufezeichen zuletzt, so daß ich einen davon einklappen kann?
Danke für Ihren lesenswerten Beitrag, auch wenn Michael Jäger meint "einen davon einklappen" zu können.
Auch für bürgerliche Demokraten "gilt es auszuhalten!"
Trotz alledem!
Yupp!
Haben Sie nicht bemerkt, daß der zweite Beitrag mit dem ersten identisch ist?
Zu spät! Habe ziemlich langsames Internet. das war erstmal micht zu sehen, sorry!
Danke, ok, kam von unten nach oben, und hatte es zu spät bemerkt.
Erstaunlich, was sich bei Oskar Negt bereits 1995 in "Achtundsechzig" finden lässt und aktueller denn je ist, er schreibt:
„Wo schon die Sitzblockaden auf Straßenbahnschienen oder vor Kasernentoren, um Raketentransporte zu behindern, als Gewalt betrachtet werden und der Schutzhelm, mit dem man sich gegen Polizeiknüppel sichern möchte, als passive Bewaffnung verstanden wird, verwischen sich allmählich auch die Unterschiede zwischen revolutionärer Gewalt, den Motiven einer Massenempörung gegen Unterdrückung und Herrschaft entspringt, und den Gewalttaten eines gewöhnlichen Kriminellen oder dem Aggressionsstau von Jugendlichen, der sich im Vandalismus von Sachbeschädigungen Luft macht.“
(…)
„Je deutlicher erkennbar wird, dass Arbeitslosigkeit als Massenschicksal von den wirtschaftlichen Wellenbewegungen, von Konjunktur und Rezession weitgehend abgekoppelt ist (heute zusätzlich noch die prekären Beschäftigungsverhältnisse, Subunternehmen, Leiharbeit, Werkverträge und Befristungen!), desto größere Anstrengungen sind für den Nachweis unternommen worden, dass Arbeit und Gewalt nichts miteinander zu tun haben (alles mit Vorzeichen vor Hartz-IV). Aber es dringt doch breiten Bevölkerungskreisen immer nachdrücklicher ins Bewusstsein, dass der Boden, auf dem Gewalt entsteht, sich ausweitet und sich in diffusen, häufig motivlos erscheinenden Aktionen entlädt, in erster Linie von einer Gesellschaft bereitet wird, die nicht mehr fähig ist, den verschwenderisch aufgehäuften gesellschaftlichen Reichtum angemessen zu verteilen. Mit angemessen bezeichne ich hier etwas sehr Einfaches: das instinktive Gefühl großer Teile der Bevölkerung, an der gesellschaftlichen Gesamtarbeit und deren Ergebnissen in einer als gerecht und billig empfundenen weise beteiligt zu sein.“
(…)
Und was nun diese strukturelle Gewalt betrifft (Gewalt des Systems) schreibt er:
„Die Gewalt des Systems selbst – die Menschen erfahren, die, im Vollbesitz ihrer geistigen, seelischen und körperlichen Kräfte und mit starkem Arbeitswillen ausgestattet, in die Arbeitslosigkeit gestoßen werden, die ihre Wohnung verlieren und (damals noch) von magerer Sozialhilfe leben -, diese Gewalt aus dem Gewaltdiskurs auszusparen würde zu nichts anderem führen als zu einem für sozialwissenschaftliche Erkenntnis unbrauchbaren Datenverschnitt. Denn der fortwährenden Anstrengungen der offiziellen Gesellschaft, die Gewaltmomente in der eigenen Ordnung zu verleugnen oder dadurch zu neutralisieren, dass sie dem staatlichen Gewaltmonopol als Legitimationsbestandteile zugeschlagen werden, ist der Satz des Berliner Malers Heinrich Zille entgegenzuhalten, der sich im Milieu der Ausgestoßenen gut auskannte und der diese Formen von sublimer, verdeckter und aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängter Gewalt hautnah wahrgenommen hat. „Man kann“, sagte er, „einen Menschen mit einer Wohnung genau so töten wie mit einer Axt.“
Vor mehr als 20 Jahren geschrieben und seitdem hat sich der Zustand weiter verschärft. Dazu muss man wirklich kein Analytiker sein!
Lieber Michaek, ich möchte dir für die beiden nachgeschobenen Texte zu deiner Blogserie herzlich danken! Ich komme nicht immer gleich dazu, deine Beiträge zu lesen und meinen Kommentar dazu abzugeben. Die Debatte zu deinem Text habe ich nur überflogen. Ich will noch etwas zu deiner Beilage schreiben. Das, was du gegen Ende der Fortsetzun formulierst, halte ich für ganz zentral: Wir bewegen uns auf eine zivilisatorische Katastrophe hin, und wenn die Umkehr zu einer Anderen Gesellschaft gelingen soll, dann bedarf es einer ungeheuren Stärkung der konstruktiven subjektiven Kräfte, um jenen widerstehen zu können, die alles "den Bach ab" gehen lassen wollen, wie man bei uns in der Schweiz sagt. Gründe, sich einschüchtern zu lassen und mutlos zu werden, gibt es genug. Sie werden in der sogenannten Community auch bis zum Erbrechen repetiert. Wir brauchen hingegen Ermutigungen, um weiterhin widerstehen zu können (und wir tun dies ja auch unter vorteilhaften Bedingungen eines noch einigermassen funktionerenden Rechtsstaates)!
Zur Frage, wer der Mensch eigentlich ist, fällt mir noch Ernst Bloch ein: «Der Mensch liegt sich auf der Zunge. Er weiss nur noch nicht, wie er schmeckt.»
Herzliche Grüsse, Kurt
Soll natürlich heissen: Lieber Michael!
danke, die herrschenden zustände zu begreifen, muß man erst nur seine sozialen antennen ausfahren und sehen wollen.