Die Zombies der Demokratie

Der überflüssige Bürger Einige lose Betrachtungen zu Karl Marx, Donald Trump und das zu instrumentalisierende Heer der Bedeutungslosen

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Die Zombies der Demokratie

Foto: Pixabay (CC0)

''Von wem dürfen sich die Ausgebeuteten und Schutzlosen heute vertreten und verstanden fühlen? An wen wenden und auf wen stützen sie sich, um politisch und kulturell zu existieren, um Stolz und Selbstachtung zu empfinden, weil sie sich legitim, da von einer Machtinstanz legitimiert, fühlen? Oder ganz schlicht: Wer trägt der Tatsache Rechnung, dass sie existieren, dass sie leben, dass sie etwas denken und wollen?''

Didier Eribon, Rückkehr nach Reims
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''Und wenn das Volk sieht, dass es sich nicht mehr gegen die Großen zur Wehr setzen kann, dann zeichnet es einen einzelnen Bürger aus und macht ihn zum Fürsten, um durch seine Macht geschützt zu werden.''

Niccoló Machiavelli, Der Fürst
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Lesezeit: gefühlte 5 Stunden! Kaffee bereit halten, den Text wie ein Buch behandeln und sich Zeit nehmen, als Leser. Referenzen zur Textlänge bitte unterdrücken, es interessiert mich persönlich nicht, ob Sie gern den gleichen Text in kürzer läsen. Wer dagegen die intellektuelle Lust verspürt, sich auf einem Lesetrip als Geisel nehmen zu lassen, ist herzlich eingeladen.

Bei Karl Marx ging einst das Gespenst des Kommunismus in Europa um, er selbst geht derzeit als nützlicher Zombie der Phantasielosigkeit einer Epoche und ihrer Jubiläumswut um. Wo das Sprichwort gilt, dass Totgesagte länger leben, gilt leider nicht der Umkehrschluss, dass lebendig Gelaberte eine dem dann nur entsprechend kurze Verfallszeit haben. Marx ist der leblose Wiedergänger einer Epoche, die der unseren nichts mehr zu sagen hat. Aber ich habe das Gefühl, ich wollte anders anfangen.

In seinem Werk ''Karl Marx in Paris'' erledigt der Historiker Jan Gerber in einer einem Wissenschaftler vielleicht nicht ganz geziemenden abgeschmackt-mokanten Art, den Casus Karl Marx immerhin eindringlich. Am Ende, so führt Gerber den Verdacht, habe der Altmeister der Beschreibung der revolutionären Vorgänge stillschweigend und nach hinten raus wohl selbst nicht an die Dynamik der Proletarierklasse als Agens irgendwelcher Revolutionen geglaubt. Die Klasse der Plebejer, die selbst nicht in der Lage sei, intrinsische Ziele auch nur zu formulieren, tauge dann doch nur als eine Art von Transmissionsriemen für die Einflüsterungen avantgardistischer Intellektueller aus der bürgerlichen Klasse, die, ob aus reiner Langeweile und jugendlichem Überschwang oder aber vielleicht auch im überzeugten Glauben an ihre hehren Ideale, die Massen der Proletarier durch im wahrsten Sinne des Worte Agitprop, also Agitations-Propaganda, aufstacheln zur gewaltsamen Änderung der politischen Verhältnisse. Der Proletarier taugt so aber nur zum Mittel einer Revolution und ist sich dabei nicht selbst Zweck. Eine leblose Verschiebemasse jedoch, die keinen eigenen Willen besitzt, da sie einen solchen weder formulieren noch anwenden kann, hat etwas Überflüssiges an sich und erscheint entbehrlich.

Dieser Gedanke klingt an, wenn wir an die Masse der vom bürgerlichen Mainstreaming-Diskurs in den USA seitens der Regierung der Partei der Demokraten vergessenen späteren Trump-Wähler denken, welche Hillary Clinton in einem Anflug von schonungsloser Offenheit, wie ihn mitunter die Wut zulässt, ''deplorables'' nannte, also die jämmerlich Entbehrlichen. Es ist natürlich politischer Selbstmord, knappe 50% einer Nation in eine Kiste mit der Aufschrift ''Die jämmerlich Entbehrlichen'' zu packen. Wenn es der Politik nicht mehr gelingt, diese Masse oder auch nur Teile dieser Masse in die Gegenrichtung zu ''mobilisieren'', bestimmen diese abgehängten und im wahrsten Sinne des Wortes ''abgesagten'' Zombies plötzlich die Politik mit ihrem Frust-Wahlpotential. Man kann es sich leicht machen und, wie die moderne Linke, die Masse solcher Menschen als ''angry old white people'' titulieren und abfertigen aus einer Position der bedenkenlosen Arroganz heraus, aber es erscheint fast unnötig zu erklären, wie wenig man damit den Kern der Sache trifft.

Was nun diese Abgehängten betrifft, so könnte man formulieren, dass die vermeintlichen ''Deplorables'' ihre politische Kontrolle einer Situation in der Demokratie abgeben, allein UM die Kontrolle abzugeben. Was tautologisch klingt, sei folgendermaßen erklärt: in der Politik der Gegenwart, die immer unübersichtlicher und verzettelter erscheint, strengt der Prozess der politischen Meinungsbildung die Vielen zu sehr an. Die Mühe, die damit verbunden ist, sich immer wieder anzupassen an beschleunigte Abläufe in der Lebenswelt, kostet schon genug Energie, da mag man sich nicht noch fortwährend lang über das Politische aufhalten. Es erscheint dann bequemer, die Männer mit den einfachen Botschaften zu wählen, die die komplexe Gemengelage wieder auf stichpunktartige Bottomlines zusammenkürzen: also gibt man durch das Wählen solcher politischer Windbeutel wie einem Donald Trump oder identitärer Parteien in Europa seine politische Kontrollfunktion, die man als mündiger Bürger auf sich vereint wissen sollte, per Wahlstimmenvergabe ab und überträgt die vermeintliche Kontrolle auf einen lumpenhaften Staatenlenker, den man gewählt hat und ihm vertraut, dass er die Simplizität der Zusammenhänge, die man selbst anstrebt, schon durchsetzen wird, sodass man selbst nicht fortwährend die Kontrolle ausüben und die daraus resultierende Angst und Unsicherheit nicht mehr ertragen muss. Man entledigt sich seiner politischen Verantwortung nahezu und überträgt lieber quasi-absolutistische Vollmacht auf den neuen Herrschenden.

So machen sich die Wähler der Neuen Rechten rund um die Welt zwar nicht generell für politische Belange wie die bloße Mechanik des Wählens, aber doch für die ideale Konstitution jeder Demokratie entbehrlich. Sie sind geradezu untote Bürger geworden, die um der Simplizität der Verhältnisse willen ihre autonome politische Souveränität verspielt haben. Ihre Wahlstimmen wirken wie die geifernd-zustimmenden Hasskommentare unter verschwörungstheoretischen Texten ihrer Vordenker. Wut und Trotz bestimmen hier statt der so dringlich geforderten ''sophrosyne'', der Nüchternheit des politischen Urteils, das Wahlverhalten. Die Stimmen der Unzufriedenen landen in den Fangmaschen der Netze der Rechten, da die Bewegung der Linken weltweit es seit ca. 20 Jahren nicht mehr vermag, die politisch Unzufriedenen zu adressieren oder Solidarität mit dem Prekariat zu formulieren. Stattdessen führt die sich derart völlig permutierende ''Linke'' lieber ein Varietétheater der individuellen Beliebigkeit der Person auf, seien es in der Sache völlig überzogen-hysterische Gender- und personelle Identitäts-Diskurse, seien es politisch gänzlich ahnungslose Unbedenklichkeitsbescheinigungen in Sachen unkontrollierter und unbegrenzter Aufnahme von Flüchtlingen. Klassische soziale Politik versteht sich dann maximal noch als kleinkariertes Herumschrauben an lieblos dargebotenen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitswelt wie den Mindestlöhnen oder kleinteilige Reformen bei Hartz IV (um mal in Deutschland zu bleiben.)

Die moderne Linke hat in ihrem präskriptiven Sendungsbewusstsein einen schulmeisterlich-pädagogischen Gestus entwickelt: sie entwirft ein globalistisch-kosmopolitisches Menschenbild, bei dem der einzelne sich zudem personell multipel ausagieren darf, vermag es aber nicht mehr, die Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse in dem System, in dem dieses freie und arbiträre Individuum sich einbetten soll, zu thematisieren oder zu beschreiben, ganz zu schweigen davon, den legitimen Anspruch zu formulieren, etwaige soziale Missverhältnisse noch zu ändern. Polemisch überspitzt ließe sich feststellen, dass die ''moderne'' Linke das freie Individuum in einer zunehmend unfreier werdenden Gesellschaft fordert. Die Entwicklung des Individuums auf welches progressive Ende hin zu auch immer, ist ohne die Entwicklung der Gesellschaft und der Institutionen, in die dieses ''progressive'' Individuum eingebettet bleibt, aber gar nicht zu denken. Dieser notwendige Zusammenhang jedoch befindet sich offensichtlich außerhalb der intellektuellen Reichweite linker ''Vordenker''.

Darüberhinaus schämt sich die Linke in der Wohligkeit und comfort zone ihres ''juste milieu'' der eigenen ''Deplorables'' innerhalb ihrer eigenen Reichweite: solche Wähler sind ihr zu doof und unsexy und man adressiert lieber ein gebildetes jung-urbanes Bürgertum, dass die ZEIT abonniert und sich eine eigene Meinung zu bilden vermag. Die prekär Abgehängten dagegen wählen konsequent AfD oder andere identitäre Parteien, was es doch zu vermeiden galt. Weil man sexy sein wollte und bunt und dem Konsum frönen, hat man diejenigen, die ihre Ziele nicht eloquent formulieren und sich auch nicht viel leisten zu leiten vermochten, sich selbst überlassen, sodass der Zorn der Entbehrlichen nicht mehr in sinnvolle politische Agitationsdynamik umformuliert werden kann, sondern frisch auf der Straße oder heute vielleicht besser: im Internet schäumt und wütet und später Trump oder einen degenerierten Autokraten wählt. Es entbehrt nicht der Ironie, dass die Wütenden dann exakt die Politiker an die Macht wählen, die die Verhältnisse, die die Wut hervorrufen, überhaupt geschaffen haben. Das Lumpenproletariat ist nunmehr allein noch zum Wählen und zum Zeugen da und dient fortan bloß noch als Negativfolie für alle Formen politischer Triebabfuhr der Linken zum Ziele der Seelenhygiene bürgerlicher Parteien. Aber die schlechte Nachricht für Verfechter des klassischen Bürgertums ist sicher, dass die Entbehrlichen längst nicht mehr nur dem ''Proletariat'' entstammen: auch das Bürgertum kippt.

Mit einem geglückten Wort von Nietzsche gewandt, sind also in den Augen der politischen Parteien der Gegenwart die Entbehrlichen zugleich ''obenauf und untendurch''. Ihre Masse bedingt gewaltige Transformationsströme in der Politik, deren drängende, wie unbewusst wirkende Kraft nicht abzuweisen und kaum in geordnete Bahnen zu bringen ist (vergleiche die Trump'sche Chaos-Politik oder das sich im politischen Ausrichten soviel Porzellan zerbrechende Navigieren einer AfD) und zugleich wird es jedem nüchternen Beobachter der politischen Zeitläufte ganz ekel, Zeuge dieses ungestümen Wollens (mehr als Willen) der Entbehrlich-Bedauernswerten zu werden.

Was soll jetzt bitte, um mal doch zum Thema zurückzukommen, ein Karl Marx noch daran ändern? Da können diverse Tages- und Wochenzeitungen noch so lange irrlichtern und schwadronieren, ob Marx nicht vielleicht doch recht hatte und es dann wieder nicht beantworten: was ändert das an den politischen Verhältnissen anno 2018? Viel eher, als dass Marx noch zu uns spräche, labern uns Journalisten und Feuilletonisten voll, dass die Verhältnisse sich eigentlich wieder so entwickeln müssten, dass sie zu dem passen, was ein Karl Marx vor über 150 Jahren alles so formuliert hat.

Wie wollen wir dieses Phänomen also nennen? Nostalgische Denkfaulheit? Das Problem liegt anno 2018 ganz anders begründet: der saturierte Mittelstand hat die Unterschicht völlig vergessen und marginalisiert. Indem selbst der prekäre Teil der Mittelschicht, der selbst immer wieder hart zu kämpfen hat im und am System, um nicht wieder zum Proletariat hinabzusinken, es verlernt hat, Ziele der Unterprivilegierten zu formulieren oder diese zu addressieren und stattdessen nur um den Bauchnabel der eigenen Schicht zu kreisen und sich nach oben zu orientieren, hat zur selben Zeit diese Abkopplung der unteren Klassen dazu geführt, dass sich diese entweder völlig entpolitisiert haben oder sich dem Discount-Konsum und der politischen Frustration/Resignation gewidmet haben. Wo ansonsten politisches Interesse in der Unterschicht am Leben erhalten wird, wandert es nicht in den öffentlich-zivilen Diskurs hinein, sondern es nährt Verschwörungstheorien und Simplifikationen der politischen Lage und nährt sich zugleich davon.

Da nun die politische Linke traditionell sehr explizit darum bemüht ist, die Durchsetzung politischer Ziele intellektuell distanzierend zu formulieren, während die Rechte eher dazu neigt, dumpfe, aber eingängige Parolen zu formulieren, strömt die Resignation oder Wut der prekarisierten Unterschicht eher dem rechten Spektrum des Populismus zu. Die Unterprivilegierten empfinden innerhalb des öffentlichen Diskurses keine Resonanz mehr. Einstmals große Fürsprecher dieser Gruppe wie zB die SPD sind in ihrem Wahn nach dem Streben zur politischen Mitte und also zum vorzeigbaren Mittelstandsbürger hin, als glaubhafte Vertreter der Unterschicht komplett ausgefallen. Auch die Linke der Gegenwart verspürt eine deutliche Entfremdung von den unterprivilegierten Wählern und erkennt, dass wer in der Gegenwart politisch sexy wirken will, lieber die Finger von den Unterprivilegierten lässt. Diese Lektion hat man bei den Grünen gelernt, die seit Jahren zu DER Partei der schicken Mittelstands-Parvenüs mutiert ist. Derart hat sich gerade die Linke der Gegenwart in gigantischen Wohlfühlzonen eingerichtet, sodass moderne ''linke'' Parteien eher an Verbraucherzentralen für ihre Klientel als an überzeugend politisch-institutionelle Interessenträger erinnern.

Aber all diese PR-Manöver hin zur Modernisierung des jeweiligen Parteibildes durch smarten, gutverdienenden, selbsterklärt ''hart arbeitenden'' und voll LGBT-anschlussfähigen Mittelstand ändern nichts an der Tatsache, dass es eine Masse von Wählern gibt, die aus Gründen ihrer Distanzierung und ihres Abgekoppeltwerdens (und der daraus resultierenden Wut und Resignation) vom laufenden ''liberalen'' Diskurs (''liberal'' hier verstanden als ein durch Extremkonsum und individuelle Diversifikation gestützter ''comfort-zone''-Begriff von Linkssein. Letztlich also bewegt sich auch die Linke des 21. Jahrhunderts, ob sie das nun hören mag oder nicht, im Fahrwasser des Neoliberalismus) fast magnetisch ins rechte Lager gezogen werden. Die simplen, aber deutlich konturierten politischen Angebote der rechten Parteien und Interessengruppen üben einen gewaltigen Sog auf die ''entbehrlichen'' Wählermassen aus. Im Bündnis mit einer starrsinnigen Nostalgie als Rückblick auf ein Verständnis eines fiktiven und als selig inszenierten 20. Jahrhundert und dem Angebot unterkomplexer Schablonen-Antworten auf ansonsten drängende und hochkomplexe Fragen der Moderne, vermag es die Rechte, sich die Unterschicht und die Abgehängten zu Verbündeten zu machen. (Zugleich gewinnt sie quasi als Kollateral-Phänomen zur Reserve eine Menge Uneinverstandener und vom modernen Diskurs gelangweilter Angehöriger der Mittelschicht, die einmal Lust haben auf politisches Divertissement und gehe es zu ihren eigenen Lasten. Diese stellen konsequent die Intelligenzija der Rechten, über deren Ambitionen ein eigener Eintrag zu verfassen wäre).

Aus den angegebenen Gründen verweist das oben angeführte Zitat aus Machiavellis Fürsten direkt auf den Wahlsieg Trumps in den USA. ''Die Großen'', gegen die sich das Volk dabei zur Wehr setzte, sind die Zusammenhänge und die neoliberalen Gespinste des Turbokapitalismus, den man entfesselt hat in elitären Kreisen und der derart invasiv auf die Politik und die Bürger einwirkte, dass er selbst seine gegen ihn opponierenden Kräfte, also zB linke Parteien und Vordenker, gekapert und nach seiner Agenda ausgerichtet hat. Obwohl Multi-Millionär, hat es Trump verstanden, sich dem unterprivilegiertem Volk als Fürsprecher seiner Interessen anzudienen und die Uhren auf ein imaginiertes utopisch-seliges und segregiertes Amerika der 1950-er Jahre zurückzudrehen. Rechtsradikale Grassroot-Bewegungen wie die AltRight oder die TeaParty haben dabei eine Partei gekapert, die diese Meuterei hilf- und würdelos über sich ergehen hat lassen. Trump als ''Fürst'' (die Allegorie passt ja ganz fein) hat sich zum Fürsprecher der deprivierten Massen gemacht, ohne natürlich die Interessen dieser Massen wirklich im Blick zu haben. Er macht sich selbst den ''white trash'' verfügbar, aber produktiv, indem er die obligate Masse, die von der liberalen Polit-Elite zuvor nur als entbehrlicher Wahlstimmen-Pool wahrgenommen wurde, als Transmissionsriemen seiner diffusen Ziele nutzt. (Der intellektuelle Unterbau zur smarten Simplifikation stammt dabei von ultrarechten Vordenkern wie Steve Bannon et allis.) Dass diese Ziele dabei weder Deckungsgleichheit mit den Interessen seiner Wählerschaft noch denen Amerikas im Generellen aufweisen, ist dabei offensichtlich. Ob im Falle Amerikas nicht inzwischen sogar (eine womöglich international zu denkende) radikale und auf Pöbelelemente fundierte Rechte die Macht übernommen und hinwiederum in Form einer Idioten-Symbiose nur einen willfährigen narzisstischen Milliardär als Transmissionsriemen und nützlichen Idioten zur Verwirklichung ihrer Interessen als US-Präsidenten ins Amt getragen hat, ist eine offene Frage, die zur Diskussion gestellt werden darf.

Die ''überflüssigen'' Wähler sind leichte Beute für (vorwiegend rechte) Stimmenfänger, wenn man diese nur richtig adressiert und in den Diskurs einbezieht. Es verwundert nicht, dass selbst Parteimitglieder der Linken, wenn sie eine Bewegung gründen, wie derzeit Sahra Wagenknecht mit ''Aufstehen'', ihre Konzession an rechte Positionen machen müssen, um auf effektiven Stimmenfang zu gehen. Das Horaz'sche ''Odi profanum, vulgus!'' wird hier also in sein Gegenteil verkehrt: hier wird der ''Pöbel'' nicht gemieden, sondern gesucht und zum politischen Tanz gebeten.

Dass allerdings der ''Pöbel'' zu guten Teilen aus Menschen besteht, die von dem politisch-ökonomischen Trust ihrer politischen Partizipation mit System fast komplett beraubt wurden, sodass sie bloß noch als Stimmvieh alle vier Jahre ein für sie selbst als prekäre Bürger fast gänzlich bedeutungsloses Kreuzchen setzen dürfen, macht den eigentlichen politischen Skandal dieses Zeitalters aus. Als hinter dem Begriff der ''Sozialdemokratie'' noch authentische Bedeutung und dem Begriff entsprechende Wirkung steckten, lagen die Verhältnisse in den sich selbst als liberal verstehenden westlichen Gesellschaften jedenfalls anders. Der Siegeszug der ''neoliberal befreiten'' Gesellschaft hat Menschen, die zuvor wie selbstverständlich politische Teilhabe und Stimme auch außerhalb der Wahlstimme fanden, seit Beginn der 1990er Jahre systematisch marginalisiert und unterprivilegiert und sie wahlweise so in die Resignation oder den konspirativen Untergrund gedrängt. Zur dringlichen Rückkehr zur partizipatorischen Politik sozialer Prägung, wie erwartet...

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Geschrieben von

Paul Duroy

Der Weg in die neu aufgeklaerte und entspannte Gesellschaft ist moeglich und noetig

Paul Duroy

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