Angesichts der kriegerischen Desaster, die der Westen im arabisch-islamischen Raum verursacht hat, darf es nicht verwundern, dass öffentliche Koranschändungen dort weiter Massenproteste auslösen. Besonders wenig Verständnis herrscht für solche Happenings im Irak, der sich von dem durch gefakte Geheimdienstinformationen ausgelösten Aggressionskrieg der USA (2003 – 2011) bisher nicht erholt hat.
Sicher ist die Meinungsfreiheit eines Atheisten ein hoher Wert, den der irakische Flüchtling Salwan Momika bei seiner nun bereits zweiten öffentlichen Koranschändung im schwedischen Exil in Anspruch nahm. Ob ein Staat eine solche Veranstaltung im Namen der Meinungsfreiheit genehmigen und so Gefahren für Leib und Leben von Botschaftsangehörigen riskieren sollte, wird von etlichen Medien mit beispielloser Naivität bejaht: Westliche Meinungsfreiheit müsse verteidigt werden. Koste es, was es wolle. Schließlich sei es die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Irak gewesen, die schwedische Botschaft in Bagdad vor Demonstranten zu schützen. Die waren aber schon aktiv, ehe Momika auf dem Koran herumtrampelte. Hätte man den Vorgang nicht ausnahmsweise einmal medial ignorieren können?
Das Ganze dürfte auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nicht nur zusehen lassen. Er kann erneut infrage stellen, ob seinem Land Schwedens Beitritt zur NATO wirklich zugemutet werden kann. Auch aus westlicher Sicht sollten Political Correctness und kultureller Respekt vor einer Religion anders aussehen.
Inzwischen schält sich heraus, dass Momikas Show eine Verzweiflungstat gewesen sein könnte. Der Iraker wollte offenbar seine drohende Abschiebung verhindern. Die schwedische Justiz hat noch nicht geklärt, ob öffentliches Korantrampeln als Volksverhetzung zu werten ist, was dann strafrechtlich zu verfolgen wäre. Fraglich bleibt, ob eine Haftstrafe oder eine Einweisung in die Psychiatrie eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Koranschänder entfaltet. Dies würde eher zu ähnlichen Aktionen inspirieren. Auch in Kopenhagen wurden am 21. und 24. Juli vor der irakischen Botschaft Korane verbrannt. Der Hass auf Muslime ist wie der Antisemitismus eine historisch tief verwurzelte Grundkonstante des europäischen Rassismus.
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