Wochenende - Zeit für Terror

Prime Time: Gut abgestimmt für die beste Sendezeit findet in München gerade der nächste Anschlag statt. Genaues weiß man noch nicht, aber es hat eine Schießerei gegeben und Tote.

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Schießerei in München

Schüsse und Tote in einem Münchener Einkaufszentrum. Die Leute sollen das Gebäude fluchtartig verlassen haben und berichten von unterschiedlichen Orten, an denen geschossen wurde. Auch in einem Schnellrestaurant. Die Polizei hat eine so genannte Amoklage ausgerufen und hat das Gelände abgeriegelt. Der oder die Täter, (inzwischen ist von drei Tätern die Rede) sind auf der Flucht. Kurz drauf geht die Polizei bereits "von einem Terrorverdacht aus". Der Reporter sagt dazu : "Wenn die Polzei das so sagt, wird sie entsprechende Informationen haben. Langsam verdichten sich die Informationen: Man erfährt von Langwaffen, die die Täter ddabei hane. Die ARD schaltet live an den Tatort und befragt Terrorismusexperten zum Thema Nummer eins. Im Internet werden erste Live Mitschnitte veröffentlicht. Hashtags zum Thema, alles wie gehabt.

Terror zur besten Sendezeit

Es ist wieder soweit: Wochenende, das Publikum sitzt vor den Bildschirmen, der Terror kann beginnen. Ich glaube, wenn wir diesen Mechanimus nicht dort verändern, wo seine Dynamik ihre Urspünge hat und von uns auch noch unterstützt wird, werden wir das Ganze einfach nur genau in dem Sinne eskalieren, wie Terroristen oder Amokläufer sich das wünschen. Das gilt für die Politik, die immer noch den Global War On Terror propagiert, es gilt aber auch für unsere Art und Weise, Realität mit dem zu verwechseln, was als Nachricht von der Wirklichkeit eine andere Bedeutung bekommt. Realität findet einfach statt. Die Nachricht aber transportiert bewusste Botschaften zwischen Sender und Empfänger und dient immer irgendwelchen Zwecken. Sie dient der Information, ist aber auch eine Ware. Terroristen dient sie dazu, ihre Interessen zu verfolgen, indem sie sich unserer Alltzagswerkzeuge bedienen. Werkzeuge welche die Terroristen als Waffe gegen uns richten. Und mit denen sie uns so lange schlagen werden, wie wir es ihnen in der Form ermöglichen.

Was kann man tun?

Nach der Amokfahrt von Nizza hatte ich schon mal etwas dazu geschrieben: Hollande in Not. Hier ist noch ein Kommentar zu diesem Thema nach dem Anschlag in Brüssel, den ich nach wie vor aktuell finde. Nicolas Hénin schriebt in dem Artikel:. "Der Mensch in der fanatischen Welt des IS"

»Wir sollten besonnen bleiben und die Dinge in Perspektive rücken. Und vor allem sollten wir die Wurzel all dessen, den Krieg in Syrien, angehen. Schließlich sollten wir uns ebenso klar machen, dass Terroristen uns terrorisieren – mit Handlungen und Bildern. [...] Die Terroristen wollen, dass wir Angst haben. Diesen Gefallen sollten wir ihnen nicht tun. Besser, wir halten zusammen und bekräftigen unsere Werte.«

Mein Kommentar dazu:

Leider werden all diese Appelle nichts bewirken. Auch nicht der kluge Artikel von Augstein. Weil der Terror, so wie er sich bei uns präsentiert nur den Trigger bedient, für eine inhärente Dynamik unserer Informationsgellschaft. Das heißt: Wir können die Dinge nicht "in Perspektive rücken" und "besonnen bleiben". Schon allein dewegen nicht, weil unsere Medien von der größmöglichen Aufregung leben, die sie in ihren News verkaufen. Um besonnen bleiben zu können, müsste für die Berichterstattung über den Terror in einen anderen Modus gewechselt werden. Das ist undenkbar. Nachrichten sind eine Ware, die über eine Nachfrage verkauft wird. Und diese Nachfrage wird, genau wie bei anderen Waren durch die effektivst mögliche Werbung erzeugt.

Der Terror, so wie er sich in den Köpfen der Menschen verfängt und verfangen soll, bedient sich der Mechanismen, die für unsere freien Märkte grundlegend sind. Das Marktgeschrei, authentische O-Töne und Bilder, die markigen Worte gehören ebenso dazu, wie einfach gestrickte Freund/Feind Weltbilder. Schwarz/weiß Muster, die unsere Wahrnehmung und die Rhetorik in allen Belangen der Öffentlichkeitsarbeit, Politik, Sport, Unterhaltung und Werbung bestimmen. Wenn man so will, lässt sich das auf die Formel bringen, dass die Terroristen uns mit unseren eigenen Waffen schlagen, was Beiträgen wie den von Princess_Myshkina am 24.03.2016 | 12:25 noch viel mehr Bedeutung verleiht, als dieser ohnehin hat. Weil das, was sich für uns untrennbar mit der unserer Vorstellung der freien Meinungsäußerung verbindet, einchließlich der Pressefreiheit, auch die Bedingung ist für die Mechanismen, deren sich der Terror so souverän bedient. Um unaufgeregter und besonnener berichten zu können müssten wir uns, und die Berichterstattung über den Terror zensieren oder wenigstens kontrollieren. Das hieße Grundsätze in Frage stellen, die für unsere Auffassung von Freiheit praktisch unantastbar sind.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

schna´sel

Flüchte nichtin ein Land,in dem der GeizhalsSchätze hortet

schna´sel

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