Kein Wunder, dass klassische Polit-Talkshows wie Anne Will, Hart aber Fair oder Maybrit Illner bei jüngeren Zuseher:innen herzlich wenig Anklang finden. Woche für Woche sitzen da die immer gleichen Leute, um ihre auswendig gelernten Baukastensätze vorzutragen. Eine Person, die nicht hauptberuflich als Politikerin, Journalist, Wissenschaftlerin oder Aufsichtsratsboss arbeitet, wird allenfalls als Fallbeispiel eingeladen. Die Folge: Seit Jahren sinken die Quoten.
Also versuchen die Öffentlich-Rechtlichen mit gleich mehreren neuen Formaten gegenzusteuern und ein jüngeres Publikum anzusprechen. Ein Beispiel ist die Sendung 13 Fragen auf ZDF Kultur. Eine vergleichsweise mutige Themen- und Gästeauswahl führt hier zu einigen gelungenen, weil erkenntnisfördernden Debatten. Konzeptionell dominiert der „konstruktive“ Journalismus: Stimmt eine Debattenteilnehmerin der Gegenseite zu, muss sie einen Schritt auf sie zugehen. Im besten Falle treffen sich die Streithähne am Ende der Sendung in der Mitte.
Noch konstruktiver geht es beim SWR-Format Der Raum mit Eva Schulz zu. In einer Mischung aus Polit-Talk und Spielshow müssen vier Gäste allen inhaltlichen Differenzen zum Trotz gemeinsame Aufgaben erfüllen. Die Message: Wir sitzen alle letztlich in einem Boot, lasst uns deshalb zusammenarbeiten. Das Konzept atmet die stickige Luft schlechter Politikwissenschaftsseminare über John Rawls’ oder Jürgen Habermas’ Demokratieverständnis. Im Raum soll es nicht um Ideologien gehen, die besseren Argumente sollen sich durchsetzen. Die konstruktive Suche nach dem besseren Argument und gegenseitigem Verständnis hilft am Ende aber vor allem dabei, Interessengegensätze zu verschleiern und Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu stabilisieren. Konzernspitzen etwa haben andere Interessen als ein Gros ihrer Beschäftigten: Hohe Profitraten lassen sich nicht ohne Ausbeutung von Mensch und Natur erzielen. Empathie, Verständnis und Respekt hin oder her.
Der konstruktive Ansatz wird beim ZDF-Format Die Couch auf die Spitze getrieben: Zwei Gäste mit entgegengesetzten Positionen treffen aufeinander, der Moderator wirbt mit Methoden aus der Familien- und Paartherapie bei den Diskutant:innen für gegenseitiges Verständnis. Doch ausgerechnet dem konservativen Jan Fleischhauer wird es in der Pilotfolge zu bunt. Er habe keine Lust, die Gräben zur Klimaaktivistin Carla Reemtsma zu überwinden. Freilich geht es dem Diskurs-Lebemann nur um Reichweite, nicht um die Bearbeitung gesellschaftlicher Widersprüche. Damit ist er auf der Couch am richtigen Platz.
Kommentare 15
Via Mediathek habe ich in das Format »13 Fragen« ebenso reingeschaut wie in jenes, welches vor einigen Wochen wegen seiner sexistisch-homophoben Grundanlage bereits Ziel kritischer Berichterstattung war (u. a. auch im »Freitag«). Fazit, Sorry – allesamt Formate, die nicht nur politischen Analphabetismus voraussetzen, sondern diesen sogar aktiv befördern.
Um nicht zu weit in die Runde zu schweifen, will ich hier bei »13 Fragen« bleiben. Erst einmal werden bei diesem »Spiel« Fragen von recht grundsätzlicher Tragweite in ein Brettspiel übersetzt, demgegenüber jede KiKa-Sendung ein Mehrfaches an Spannung bietet. Darüber hinaus ist die »Auseinandersetzung« von jeglichen inhaltlichen Auseinandersetzungselementen entkernt – es geht lediglich darum, sich visuell auf dem Studioboden-Schachbrettmuster »entgegenzukommen«. Dieses »Entgegenkommen« wird seitens der Moderation zusätzlich animiert – reichlich Ö/R-Pädagogik ist also ebenfalls dabei. Grundannahme dieser ganzen TV-Format-servierten Übung in Pseudo-Political-Correctness: Wenn sich der Rassist und die Antirassistin irgendwo in der Mitte treffen, ist alles nicht mehr so schlimm – Problem gelöst.
Fazit: das neueste »Highlight« volkspädagogischer Bemühungen aus der richtig peinlichen Ecke – und ebenso absehbar neuer Stoff, der den Rechten und ihrem Kampf gegen »Gender-Gaga« und »Zwangsrundfunk« Vorschub leistet. Frage an den Beitragsautor: Warum kein wohlwollender Artikel über Ö/R-Formate, die dem Anspruch an neue Reportage- und Diskussionsformen WIRKLICH gerecht werden? Mir fallen hier beispielsweise die vom Portal Funk ein – insbesondere die des Unterkanals STRG_F. Ergo: Es gibt durchaus sehenswerte Formate für ein jüngeres Publikum. Man muß sie halt nur eben finden.
Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Youtube hat doch alles schon über Influencer und ihren Stil auf eine neue 0 Linie gebracht und über Produktionsfirmen wie Terra X, Quarks und wie Sie alle heißen wollen, diese 0 Linie auch auf das ÖRR Fernsehen integriert.
Auf youtube wurde doch schon alles erzählt und besprochen, wie auch zu Aufregung hochstilisiert, um Likes und Abos zu erhalten und jetzt neue Medienpräsenz für alte Ideen, die mich eigentlich langweilen, wie das gemacht wird.
Zuschauer von mailab, oder Lesch Terra X haben ihren Kalender danach orientiert, was mich wundert, denn so toll finde ich diese Darbietung der immer wieder in Wiederholungsschleifen steckenden Themenaufarbeitung nicht, wie auch das ja sagen in den Kommentaren auch eine neue Wahrnehmung der 0 Linie aufzeigt.
Klima Lesch und Weltraum Lesch sind schizophren so Widersprüchlich und mich wundert, dass das niemanden auffällt. Auch mailab auf ZDF besteht nur aus Wiederholungen von kleinen aneinander gereihten Erzählsträngen der jeweiligen youtube Videos. So wie das gemacht ist, kann ich das nicht anschauen und Wissenschaft darf hierbei aufpassen, dass hier kein negatives religiöses Dilemma entsteht.
Man muss sich schon fragen, was will dieses Hintergrundrauschen auf einer 0 Linie, wie im geistigen Krankenhaus Koma bezwecken?
Findet man die Erklärung in den Arbeitsprozessen bei der Entstehung dieser Sendungen und sollten die grunderneuert werden?
Wie wäre es mit Tesla TV auf den ÖRR und youtuber wie clixoom sience & future Wissenschaftswerbungen, um eine hoch Einschaltquote zu erhalten, weil man ja technologisch dann im Fortschritt das passende 0 Linien TV macht und Tesla bestimmt gut Geld dahinein investiert.
Somit löst sich dann der schizophren Klima Widerspruch auf und alles findet in Zukunft im Weltall statt und das ÖRR bekommt seine eigene Tesla Raumstation für neues Dauerwerbefernsehen, bei modernem Sport, Spaß und Spiel.
Na ja ich mach mir gerade Gedanken über das Buch, dass ich lese: Poor Mouth und irgendwie geht es darin in armen Situationen einen Sinn für die eigene Handlung zu erkennen, falls das möglich ist, da das arme an den Situationen eine Fiktion darstellt und es nur um obskure diffuse Lebenssituationen geht bei denen man sich selber was vor macht, oder anderen was beängstigendes vormachen will, um diese arme fiktive innere 0 Linie positiv zu erleben, wie auch Vorteile gegen anderen zu erhalten.
Schon bin ich bei Titan den Film den alle so loben und nichts weiter darstellt wie eine neue Auflage von Rosemaries Baby und auch da erlaubt die innere 0 Linie das erleben von Gewalt und Klischees, da ein Auto als Teufel und Vater eine jungfräuliche Empfängnis zeugt.
Das gab es doch schon so oft.
Na dann, es gibt nichts neues auf diesen Unterhaltungsplaneten.
nee nur im real life. das ist eben noch echt. ua deswegen hab ich mich von der unterhaltung/skunst abgewendet. die merkwürdigen talk und schoformate waren noch nie meins. aber schön wenn zietz da was besseres entdeckt hat.
showformate....die polittalks sind ja noch weiter vom leben weg als die unterhaltung.
"Diskurs-Lebemann", haha, hübsches Wort. Für den so bezeichneten Herrn wahrscheinlich ein Kompliment. - Naja, meine Meinung ist harsch: Jedes Format, das sich von der Anwesenheit dieses Diskurs-Lebemannes etwas verspricht, ist k-a-c-k-e.
:-))
»jung und konstruktiv« meint vermutlich, dass die alten Fehler von jüngeren Leuten wiederholt werden?
Früher waren die Talkshows besser.
Wie wärs denn mal wieder mit JOURNALISMUS? - Zur Hauptsendezeit!
Und hier das Format: Kulturrat fordert ein Jahr Pause für Talkshows
Das ZDF-Format kenne ich nicht und mit Herrn Fleischhauer so eine Couch zu bestücken- welche Leute soll das zum Sehen ansprechen, aha jetzt soll-arroganterweise angemerkt-RTL Publikum, denen die Formate dort auch nicht mehr sehbar sind, abgeworben werden.Paartherapie in soziologisch relevanten Themen-prima Idee.Da hatte wohl das Studium auch nichts genützt.
alles wo für man mehr als 3 sätze braucht, ist zu komplex und nicht mehr vermittelbar. lasst uns lieber über befindlichkeiten, meinungen sprechen. ist politisch auch ungefährlich und niemand muss gehen (siehe ole skambraks).
Vielleicht hat das alles einen monetären Grund mit dem Niveau und den Wiederholungen, um auf die bezahlbaren Abos auszuweichen.
Hallo Mahe, ich hatte schon gestern geantwortet. Aber leider hat die Zensur zugeschlagen.
Übrigens hatte ich auch sehr ironisch gegen die Zensur geschrieben.
Jan Fleischhauer? War das nicht der mit dem Elaborat "Unter Linken. Von einem, der aus Versehen konservativ wurde."?
Der Mann war noch nie ein "Linker", der Mann war schon immer ein Neoliberal-Konservativ-Rechter, der den Leuten vorgauckelt, er wäre "links" gewesen, weil er einem Obdachlosen irgendwann einmal 10 Cent in den Karton mit den Münzen geworfen hat.
Das wird schon aus Prinzip nicht gelingen, siehe "Gleichschaltung". Ob diese per Order oder freiwillig erfolgt, ist am Ende egal.
Und wenn sich doch mal ein Journalist seiner eigentlichen Aufgaben erinnert, wird er 1-2-fix weggebissen, siehe Ole Skambraks.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/swr-entlaesst-mitarbeiter-der-dem-sender-manipulation-vorwirft-17608971.html
Hoffnungslos. Einzige Lösung: Alles dichtmachen. :-)