Schamlosigkeit hat zwei Namen: Andreas Scheuer und Alexander Dobrindt. Über Jahre hinweg haben der neue und der alte Verkehrsminister die Republik mit einem Projekt beschäftigt, dessen Scheitern ihnen immer wieder prophezeit worden war. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof dem CSU-Modell einer Pkw-Maut, das von Anfang an nichts anderes sollte, als Ausländer zu diskriminieren, die endgültige Abfuhr erteilt. Doch statt sofort die einzig richtige Konsequenz aus dieser Blamage zu ziehen, die eigene Regierungsunfähigkeit anzuerkennen und die Verkehrspolitik Fähigen zu überlassen, erdreistete sich Scheuer tatsächlich, das EuGH-Urteil als „Überraschung“ zu bezeichnen.
Die Senatskanzlei in Berlin sollte Scheuer wie Dobrindt dringend Schnupperpraktika anbieten. Denn in Berlin können die beiden Bayern lernen, wie eine Regierungspraxis aussieht, die die dringendsten Erfordernisse unserer Zeit wirklich angeht – nicht nur die Mobilitäts-, sondern auch die Mietenwende, ebenso einen attraktiven öffentlichen Dienst als Voraussetzung für einen handlungsfähigen Staat. Mehr als 100.000 Mitarbeiter der Verwaltungen Berlins erhalten für ihre immens wichtige Arbeit bald eine Zulage, zu der ein Gratisticket für S- und U-Bahn, Bus und Tram gehört.
Das hat der rot-rot-grüne Senat nun ebenso beschlossen wie einen resoluten Mietenstopp: Fortan dürfen die Mieten in Berlin für zunächst fünf Jahre nicht erhöht werden, nicht einmal um den Inflationsausgleich – denn das habe „den Vorteil, dass die Einkommensentwicklung Gelegenheit bekommt, den Rückstand zur Mietpreisentwicklung aufzuholen“. Ein Paradigmenwechsel, ein Schulterschluss mit Mieterinnen und Mietern, wie er in Deutschland und darüber hinaus seinesgleichen sucht, garniert mit Weiterem: Die öffentliche Hand muss Modernisierungen, die die Miete erheblich erhöhen, nun erst zustimmen, und sie kann Vermietern, die Mietsteigerungen wirklich nötig haben, Genossenschaften oder Hausprojekten etwa, diese genehmigen – betroffenen Mietern garantiert der Staat den finanziellen Ausgleich zwischen genehmigter Miete und der Mietobergrenze.
Rot-Rot-Grün in Berlin regiert. Die CSU? Akklamiert. Was wohl die bleierne Überzeugung, dass die herrschenden Verhältnisse nicht politisch veränderbar seien, eher Lügen straft?
Kommentare 6
Wie kann es sein, dass es immer wieder solche "Tiefendenker" in politische Verantwortung bringt und sich vor allem die CSU dadurch auszeichnet, einer Regionalpartei, die unverhältnismäßigen Einfluss auf die Bundespolitik hat?
Nur, wer zahlt jetzt die Rechnung des Betreiberkonsortiums, die jene mit Sicherheit aufmachen werden? Sich politisch so einseitig "bescheuert" mit diesem Projekt aufzustellen, sollte doch zu Konsequenzen führen.
Wird es wohl nicht, denn die Bürger können es nicht durchsetzen und der Reinfall scheint eher in der CSU ein Qualifikationsmerkmal für höhere Aufgaben zu sein. So ticken halt deren Uhren.
>>Der Punkt ist, man muß der politischen Klasse sehr sehr deutlich sagen, was Sache ist, sonst reagieren die nicht, sonst hören die überhaupt nicht hin.<<
Ja. In Berlin stehen sie unter dem Druck des Volksbegehrens*, das wesentlich mehr Unterschriften bekam als nötig. Zur Zeit wird in Bayern ein Volksbegehren zum Mietenstopp vorbereitet. Ich denke, die Zustimmung wird ähnlich hoch sein wie in Berlin.
*Es sind zwei Effekte: Regierende werden zum Regieren getragen. Und, weil der Börsenkurs der Immobilienkonzerne fällt, werden wahrscheinlich Investoren aussteigen und andere Melkkühe suchen.
Obwohl im Koalitionsvertrag der letzten GroKo vereinbart, hatte die Union - und nicht der damalige verantwortliche SPD-Minister Maas - mit ihrer Beschränkung der Bremswirkung "auf die absolut notwendigen Bereiche" das Mietpreis-Bremse-Gesetz mit zahllosen Beschränkungen und Ausnahmen erheblich verwässert. Daher war es nicht verwunderlich, dass die Bremswirkung bei den Mieten nicht eingetreten ist. Die Ursache hierfür sah und sieht auch der deutsche Mieterbund ausschließlich bei der bremsenden Union.Die neuen CDU-geführten Landesregierungen in NRW und Schleswig-Holstein wollten dieses Gesetz sogar wieder abschaffen, anstelle es zu verbessern! Die „C“SU-Regierung hat in Bayern gar die Einführung dieses Gesetzes in Bayern torpediert! Das ist das wahre Gesicht der Union ggü. den Mietern!Und anstelle, wie in der neuen GroKo vereinbart, die entschärfte Mietpreisgrenze endlich scharf zu machen, bremste die Union erneut! Die Ex-CDU-Generalsekretärin Frau Kramp-Karrenbauer forderte - noch - mehr Marktwirtschaft! Die Immobilienwirtschaft zeigte sich bereits erfreut über den erneut verwässerten Entwurf! Die Mieter haben wieder das Nachsehen! Und die Union wird wieder einmal hinterher auf die SPD zeigen wegen eines wenig wirksamen Gesetzes!Und vergessen wir auch nicht, dass es die Regierung Kohl war, die seinerzeit in ihrem neoliberalen Irrweg den bis dahin erfolgreichen sozialen Wohnungsbau abgeschafft hatte: der Markt sollte es künftig richten. Und der Markt hat es gerichtet: er hat die Entwicklung bezahlbarer Wohnungen hingerichtet!Die Stadt München und ihr SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter haben für - den kommunalen Wohnungsbestand - überzeugend gezeigt, wie weit eine solche Mietpreisbremse gehen sollte und gehen kann, damit diese ihre volle Wirkung auch entfalten kann: Mieterhöhung begrenzt auf 10% innerhalb von 5 Jahren anstelle von 15% innerhalb von 3 Jahren, Mietobergrenze = 90% des jeweiligen Mietspiegel-Wertes, Modernisierungsumlage max. 5% anstelle 11% bzw. 8%, max. 3€ pro qm und nur solange, bis Modernisierung „abbezahlt“ anstelle unbegrenzt. Und zusätzlich hat Reiter über das Vorkaufsrecht der Stadt München gerade 300 Mietwohnungen zum Schutz der dortigen Mieter zurückgekauft.Weitere Vorschläge, die in dieselbe Zielrichtung gehen, wurden mittlerweile von der Berliner Bausenatorin bzw. dem Frankfurter Oberbürgermeister vorgelegt.Wir können festhalten, dass die Union dagegen alles unterlässt, um, insbesondere den bedürftigen Mietern (Alleinerziehende, etc.), bezahlbare Mieten zu garantieren. Der frühere bayerische „C“SU-Finanzminister Söder hatte da noch eines drauf gesetzt und alleine in München über 32.000 landeseigene Wohnungen (85.000 Mieter!) an dubiose Investoren verscherbelt. Mit dem Erlös hatte Söder notleidende Banker der bayerischen Landesbank gerettet und unbescholtene Mieter geopfert. Und als diese Sauerei selbst bei den Schweinen ruchbar wurde, hatten diese verlogen nach Brüssel auf die EU gezeigt! Insofern kann ich den betroffenen Mietern nur raten, die Mieter-Heuchler Merkel, Seehofer, Söder und ihre Union nach 14 und mehr Jahren Nichtstun auf diesem Sektor endlich abzuwählen. Und die SPD-Koalition fest vereinbart - das Instrument der SEM (Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme) aufgekündigt, was weiterhin ungebremste Bodenspekulation zu Lasten von Müllwerkern, Polizisten, Krankenpflegern/-Schwestern , Altenpflegern, Lehrern etc. auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum ermöglicht!Solange die Politik weiterhin weitgehend ergebnislos vor sich hinstümpert, wäre ein sofortiger Mietpreisstop eine sofort wirksame schnelle Notlösung, die auch den offensichtlich notwendigen Handlungsdruck auf die Politik schaffen würde!Ach noch etwas!Warum schwört man beim Thema Wohnen und Boden nicht generell von der - unsozialen - Marktwirtschaft ab und führt, z.B. an Rentensteigerungen orientierte, Obergrenzen für Mietsteigerungen und Bodenwertsteigerungen ein? Warum werden Bodenwertsteigerungen nicht grundsätzlich im Sinne des Gemeinwohls abgeschöpft, wie im Grundgesetz verankert? Warum wird die sozialgerechte Bodennutzung (SoBon) nicht generell praktiziert und das Bauen ohne jede soziale Verpflichtung, wie im §34 des Baugesetzbuchs verankert, nicht abgeschafft? Warum wird, zumindest bei Grundbesitz in öffentlicher Hand, nicht generell von Verkauf auf Erbpacht umgestellt? Warum werden bereits überhöhte Mieten vom Vormieter einfach „übernommen“ anstelle diese wieder zurückzuführen? Warum wird der Mietpreisspiegel, der ja in Wahrheit ein Mietsteigerungen antreibender Mietpreiserhöhungsspiegel ist, nicht endlich der Realität angepasst - z.B. durch Einbeziehung der Bestandsmieten? Warum wird die neue Grundsteuer nicht wieder auf Ihre ursprüngliche Zielsetzung zurückgeführt: eine nicht auf die Mieter umlegbare Steuer auf das Immobilienvermögen und nicht eine weitere Umlage auf die Mieter? Ich höre aber schon die „Schein“-Elite der deutschen Volkswirte und die sog. Unions-Mietexperten jammern! Der kürzlich von der SPD vorgelegte 12-Punkte-Plan einschließlich der Verschärfung der Mietpreisbremse geht zwar in die richtige Richtung, dürfte aber mit der Union nicht durchsetzbar sein!Natürlich schafft dieses längst überfällige Mietpreisbrems-Gesetz keinen neuen, bezahlbaren Wohnraum! Das ist auch nicht die Zielrichtung dieses Gesetzes! Aber ganz Deutschland wartet auf einen entsprechenden „Masterplan“ des auch für Wohnungsbau zuständigen Bundesinnenministers Seehofer. Der scheint aber mit anderen, wichtigeren(?) Themen beschäftigt.In Anbetracht dieser weitgehenden Tatenlosigkeit sind die Mieter-Initiativen in Berlin und München einschließlich deren Forderungen nach Vergesellschaftung und Mietenstop verständlich und überfällig!Im übrigen:Verscherbeln von gemeinnützigen Wohnungen an dubiose Investoren ist Marktliberalisierung! Zurückholen ist Sozialismus! Zumindest in den Augen von CDU, „C“SU und FDP!Nach der Wahl ist vor der Wahl: http://youtu.be/0zSclA_zqK4Münchner „C“SU will - obwohl in der Münchner „C“SU-Stadtratsfraktion ursprünglich anders beschlossen - den Immobilien-Spekulanten in München wieder Tür und Tor öffnen!
Verscherbeln von ehemals gemeinnützigen Wohnungen an dubiose Investoren ist Marktliberalisierung! Zurückholen ist Sozialismus! Zumindest in den Augen von CDU, „C“SU und FDP! Dabei wird doch selbst von diesen Unterstützern der Reichen und Mächtigen das Verkaufen und die Aufgabe des ehedem erfolgreichen sozialen Wohnungsbaus - übrigens in den Neunziger Jahren von der damaligen Regierung Kohl - mittlerweile kleinlaut als Fehler bezeichnet. Selbst die Süddeutsche Zeitung - die WELT ist da nicht besser - weint hier Gegnern der damaligen Politik wie z.B. den damaligen Münchner SPD-Oberbürgermeistern („stalinistische Kollektivierer“ wurden sie schon damals beschimpft!) Krokodilstränen nach, bekämpft aber heutige Politiker und deren radikaleren Konzepte als „Enteignungsträume“, „Enteignungsfuror“ „kein gangbarer Weg“ ... und streut eine Reihe, zumindest kurzfristig untauglicher, „Alternativen“ in die Augen seiner Leser.Und der Merkur und sein Chefredakteur blasen in das gleiche Horn der Reichen und Mächtigen!Solange die politischen Randbedingungen für bezahlbares Wohnen nicht endlich wieder auf „Grün stehen“, wäre ein bundesweiter Mietendeckel das richtige Instrument, um die Politik zum Handeln zu zwingen!
Der Mietenstopp in Berlin ist ein Beispiel dafür wie die Artikeln 1, 20 und 14 GG wirklich gelebt bzw.- politisch umgesetzt werden und nicht nur Ihre Geltung auf dem Papier finden.
Das ist zugleich ein Signal in die gesamte Bundesrepublik: die Gewaltenteilung besser zu nutzen. Die Gewaltenteilung hat historische (NS) Hintergrunde bzw. ist eine der Maßnahmen, damit die NS Regime in Deutschland, EU und der Welt nie wieder den Fuß fassen können. Funktioniert keine SOZIALE Mietenpolitik auf der Bundesebene, so können, dürfen und müssen einzelne Bundesländer aktiv werden! Dazu gibt es außerdem den Absatz III im wichigsten Gesetz unseres Landes, dem Art. 1 GG, der besser und öfter genutzt werden sollte, der lautet:
„Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“
>>2020 wird in München das Justemilieu die Grünen zur stärksten Partei machen, die dann (wie auch in Berlin) regieren werden. Wir werden sehen, ob und wo es dann sozialer wird.<<
Damit bestimmt nicht: Die Grünen haben sich 1998-2005 als asoziale Kapital- und Kriegspartei profiliert, auch wenn sie danach immer so taten & tun, als wären sie damals irgendwo auf der Rückseite des Mondes gewesen.
Aber solange die Möglichkeit von Volksbegehren noch besteht kann man wenigstens auf der Landesebene ein bisserl Druck machen.