Lesen Sie schon heute die Zeitung von morgen – zum Beispiel dieses Interview mit Jelbi-Chef Jakob Michael Heider, das ich noch gar nicht geführt habe, vermutlich auch nie führen werde, da es jetzt ja bereits veröffentlicht ist:
Herr Heider, neulich las ich auf Twitter: „Ich check dieses Jelbi nicht xD Was ist das?“ Checken Sie Jelbi?
Heider: Ja klar! Über die Jelbi-App der BVG kann ich nicht nur einen Fahrschein kaufen, sondern mittlerweile 60.000 Fahrzeuge buchen: Fahrräder, E-Scooter, E-Roller, E-Bikes, Autos, bald auch Flugzeuge, U-Boote, Heißluftbal...
Nutzt das denn jemand?
Heider: Manche schon! Andere kämpfen noch mit erlernter Hilfslosigkeit. Klar, wenn ich mich jahrelang von der BVG rumkutschieren lasse, verlerne ich irgendwann, selbst Verantwortung für mein Fortkommen zu übernehmen. Klappt dann etwas nicht, lungere ich meckernd und zeternd an der Station, anstatt aktiv zu werden. Diese Anspruchshaltung macht uns in Berlin viele Probleme.
Der US-Nachrichtenagentur Bloomberg sagten Sie Anfang des Jahres, hier brauche es eine klare „Nudging“-Strategie. Mit einem „ganzheitlichen Ansatz aus Pull- und Push-Maßnahmen“ wollen Sie die Berliner anstupsen. Was kommt da auf uns zu?
Heider: Derzeit arbeiten wir vor allem an den Push-Maßnahmen. Dazu zählen: Liniensperrungen, Pendelverkehre, Signalstörungen, Störungen im Betriebsablauf, polizeiliche Ermittlungen, Personen im Gleis und so weiter. All das aktiviert Fahrgäste, ihre Komfortzone zu verlassen und zu überlegen: Wie komme ich jetzt weiter? Bei einer Testaktion letztes Jahr in Weißensee haben wir den Schienenersatzverkehr zum großen Teil auf E-Scooter umgestellt. Die Erfahrungen waren so gut, dass wir auf Ersatzbusse bald komplett verzichten. Für Unsichere ist ein begleitetes Scootern in der Gruppe angedacht. Außerdem motivieren wir Fahrgäste, indem wir Umfahrungsmöglichkeiten mit U-Bahnen vorschlagen, die gar nicht in der Nähe fahren. Zum Beispiel: Senefelder Platz, man hört die Durchsage: Bitte nutzen Sie die U6 zur Umfahrung. Aber: Wo fährt die denn? Das sind so Lernsituationen, in denen Fahrgäste herausgefordert werden. Und die Klügsten kommen dann drauf: Klar, Jelbi! Ich traue mich einfach mal und nehme einen Jelbi-Roller, um zur U6 zu gelangen. Für die U2 ist eine Helmpflicht geplant. Fahrgästen soll klar werden: Okay, trotz des abgesackten Tunnels läuft der Pendelverkehr, aber so richtig sicher ist es vielleicht doch nicht. Lass uns lieber ein Jelbi-Leihauto nehmen!
Was ist Ihr langfristiges Ziel? Soll keiner mehr mit den Öffis fahren?
Heider: Im Gegenteil. Der gesamte ÖPNV gehört in die Hände der Fahrgäste. Angenommen, Sie wollen in der nahen Zukunft von der Schönhauser Allee zum Bundesplatz fahren, dann leihen Sie sich eine S42 zum Selbststeuern. Wir tüfteln gerade noch aus, wie wir Zubuchungen regeln und ob Selbstfahrende den Fahrpreis für Mitfahrende festlegen dürfen. Das könnte lukrativ werden: Sagen wir, Sie zahlen zwölf Euro Leihgebühr für die S42, nehmen noch einige hundert Zugebuchte mit, und am Bundesplatz lassen Sie die Bahn einfach stehen. Das ist doch ein super Angebot! Wenn alles glattläuft, wartet hier schon jemand mit einer Anschlussbuchung. Falls nicht, kommt es eben zu einer kleinen Störung im Betriebsablauf. Alles wie gehabt. Unser Fehler ist das dann aber nicht mehr. Natürlich werden für das Fahren unserer Flotte die entsprechenden Fahrerlaubnisse benötigt. Deshalb rate ich allen ÖPNV-Nutzern: Bringen Sie Ihre Führerscheine auf den neuesten Stand: Lernen Sie bei uns das Bus-, Tram-, S- und U-Bahn-Fahren. Damit Sie auch in Zukunft gut durchkommen.
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