Mops gepfändet, Geld verloren, Moral begraben

Forst und Wüste Unsere Kolumnistin wundert sich über einen Mops, der hohe Kosten verursacht
Ausgabe 13/2019

Mopsdame Edda ist jetzt ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Sie haben noch nie von ihr gehört? Verwunderlich, denn Edda vom Cappenbergersee, so ihr voller Name, beschäftigt die Medien von der Bild bis zur New York Times schon seit Monaten. Die Hündin wechselte ihre Familie auf etwas ungewöhnliche Weise: Ihre Besitzer, eine fünfköpfige Familie aus dem nordrhein-westfälischen Ahlen, hatten rund 7.000 Euro Schulden bei der Stadt angehäuft, unter anderem wegen nicht gezahlter Hundesteuer. Auf der Suche nach pfändbaren Gegenständen identifizierten die Vollziehungsbeamten Edda als das wertvollste Besitztum und sackten die Mopsdame ein (unbestätigten Gerüchten zufolge hatten sie zunächst den Rollstuhl des querschnittsgelähmten Vaters in Erwägung gezogen). Anschließend verkaufte die Stadt die Hündin für 690 Euro auf der Versteigerungsplattform Ebay, „Verwertung“ nannte der Bürgermeister das später.

Hier endet die Geschichte nicht: Die höchstbietende Michaela Jordan, die Edda in Wilma umbenannte, fühlt sich von der Stadt betrogen. Die habe ihr wissentlich einen kranken Hund angedreht. Jetzt klagt die Mopsbesitzerin die Tierarztkosten in Höhe von rund 2.000 Euro ein. Ein eilends von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigte, dass die Pfändung und der Verkauf rechtens gewesen seien. „Das ist enttäuschend für das Rechtsgefühl jedes redlich denkenden Bürgers“, kommentierte Jordans Anwalt. Zwischen Gefühl und Recht muss nun die Staatsanwaltschaft Münster unterscheiden.

Bislang hat sich offenkundig noch niemand die Mühe gemacht, zwischen einem Lebewesen und einem Gegenstand zu unterscheiden. Die Klägerin beschwert sich über die von ihr erworbene Katze im Sack, als ginge es um ein kaputtes Fahrrad. Dabei darf man Edda, respektive Wilma, durchaus Empfindungen unterstellen, vermutlich auch ihre bevorzugten Rudelmitglieder und den Wohnort betreffend. Gemeinhin werden Hunde doch sonst eher als feste Familienmitglieder gepriesen denn als geldwertes Ding. Eine Aktivistin der Tierschutzorganisation Vier Pfoten ließ sich deswegen zu dem Vergleich hinreißen, ein Haustier zu verpfänden sei, wie den Großvater auf Ebay zu versteigern.

Dass ein Mops hohe Tierarztkosten verursacht, ist übrigens keine große Überraschung, denn so schamlos wie nun über seinen Wert gestritten wird, so schamlos wurde er nahe an die Lebensunfähigkeit gezüchtet. Platte Schnauze, Glubschaugen und Knautschfalten machen ihm das Leben schwer – lassen ihn auf den Fotos in den Verkaufsanzeigen aber gewinnbringend niedlich aussehen.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden