Nein, die isländische Sängerin Björk singt jetzt nicht über Fische. Aber sie widmet einen verloren geglaubten und jetzt erst wieder aufgetauchten Song dem Kampf gegen die industrielle Lachszucht in Island. Denn diese bestehe aus „ein paar wilden Kerle, die einfach nur schnelles Geld machen wollen und dafür die Natur opfern“, sagt die isländische Sängerin.
Der Song, eine Zusammenarbeit mit der katalanischen Popsängerin und TikTok-Sensation Rosalía, soll noch im Oktober erscheinen. Er basiert auf einer Aufnahme, die Björk vor zwei Jahrzehnten gemacht und erst im März wiederentdeckt hat. Den Erlös aus der Veröffentlichung des Songs wollen die beiden an Aktivist:innen spenden, die sich gegen die industrielle Lachszucht in Island einsetzen. Diese steht derzeit im Rampenlicht, nachdem bekannt wurde, dass wiederholt Tausende von Fischen in die freie Natur entkommen sind, was zu verheerenden Schäden an der wilden Lachspopulation Islands zu führen droht.
Björk sagt, das wiederentdeckte Lied klinge „seltsam“. Es sei vor etwa 20 Jahren aufgenommen worden, als sie Mitte 30 war. „Der Beat war sehr primitiv, aber ich glaube, ich war ein wenig von Dancehall aus Jamaika inspiriert.“ Sie habe gedacht, dass sie den Song für die Sorge um die Umwelt nutzen könnte, „wofür mein Herz schlägt“. Also bat sie Rosalía, ihr zu helfen, den Song für ein zeitgenössisches Publikum zu aktualisieren, mit einer Produktion des irisch-schottischen Produzenten Sega Bodega.
Von Dancehall zu Reggaeton
„Ich dachte: Am besten kann ich einen Song für eine Umweltplattform im Jahr 2023 reaktivieren, wenn ich mit jemandem kollaboriere, die die Gegenwart repräsentiert“, so Björk. „Dancehall ist die Großmutter des Reggaeton. Als ich das hörte, dachte ich: Rosalía hatte eine Menge Reggaeton auf ihrem Album. Ich weiß, dass es ihr wirklich am Herzen liegt und dass sie handeln will. Ich glaube, sie war begeistert davon, weil sie etwas für die Umwelt tun will“.
Künstler werden oft zu Umweltschützern, denn, so Björk, „wir sind der Kanarienvogel in der Kohlengrube. Es ist unsere Aufgabe, unsere Sensoren, unsere Antennen, ständig auszustrecken und zu lesen, wie wir uns in unserer Umgebung fühlen, und aufmerksam zu sein. Wir nehmen diese Notlage wahr – und wir wollen darauf reagieren.“
In einem Statement auf Instagram über die Zusammenarbeit schreibt Björk: „Die Menschen am Fjord Seyðisfjörður sind aufgestanden und haben gegen die dort beginnende Fischzucht protestiert. Wir möchten die Einnahmen aus dem Song spenden, um ihnen bei den Gerichtskosten zu helfen und hoffen, dass dies ein Beispiel für andere sein kann.“
Björk sagt, die industrielle Lachszucht „hat bereits verheerende Auswirkungen auf die Tierwelt, und die Zuchtfische leiden unter schrecklichen gesundheitlichen Bedingungen. Und da viele von ihnen entkommen sind, haben sie begonnen, die DNA des isländischen Lachses zum Schlechten zu verändern, was schließlich zu seinem Aussterben führen könnte.“
Ein Song für den Protest ist kein Protestsong
Aber, so betont sie, der Song selbst sei kein Protestsong. „Es ist kein Aktivistenlied“, sagte sie. „Es ist ein Liebeslied. Es geht nicht um Fische.“ Sie hält inne. „Obwohl man einen guten Punksong darüber schreiben könnte.“
Sie fügt hinzu: „Der Song zeigt nicht meine experimentellste Seite. Ich bin nicht wirklich eine Popmusikerin.“ Das ist auch der Grund, warum er es nie auf [ihre letzten Alben] Homogenic oder Vespertine geschafft hat. „Das war irgendwie zu viel Zucker. Das hier ist so poppig, wie ich jemals sein werde. Deshalb wollte ich es einem guten Zweck widmen.“ Das Werbematerial für den Song gibt es auch auf Spanisch, in der Hoffnung, dass „andere Orte folgen könnten“, sagte sie. „Rosalía hat mir gesagt, dass die Fischzucht in Argentinien und Chile ebenfalls eine Katastrophe ist“.
Björk sagt, sie habe sich drei Fragen gestellt, bevor sie sich entschloss, die Bewegung zu unterstützen. „Können wir sie aufhalten? Können wir es ändern? Können wir den Wildlachs in Island retten? Die Antwort auf all diese drei Fragen lautet: Ja, wir können.“ Sie fügt hinzu, dass die Stimmung gegen die Lachszucht in Island die Linke und die Rechte geeint habe, und sie beschrieb die Industrie als „ein paar wilde Kerle, die schnelles Geld machen wollen und die Natur opfern“.
Greta Thunberg nahm ein Grußwort für Björks Tour auf
Björk hat eine Vergangenheit als Umweltaktivistin, die einmal einen Auftritt beim isländischen Airwaves-Festival absagte, um gegen den geplanten Bau von 50 Dämmen und Wasserkraftwerken zu demonstrieren. David Attenborough nahm eine Botschaft auf, um das Konzept der „Biophilie“ für eine App zu erklären, die sie zu ihrem gleichnamigen Album veröffentlichte, und 2019 nahm die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg eine Botschaft für Björks Cornucopia-Tour auf.
Im selben Jahr ermutigten Björk und Thunberg die isländische Premierministerin, den Klimanotstand auszurufen – und als Katrín Jakobsdóttir dies nicht tat, beschuldigte Björk sie in einem Interview mit dem Guardian im vergangenen Jahr, ihr Wort gebrochen zu haben: „Ich war so sauer.“
Im Jahr 2008 veröffentlichte Björk den Song Náttúra mit Thom Yorke von Radiohead, dessen Erlöse an die Náttúra-Kampagne gingen, eine von ihr mitbegründete Umweltgruppe, die sich gegen den Bau von Aluminiumfabriken mit ausländischer Unterstützung in Island einsetzt.
Die Mutter der Sängerin, Hildur Rúna Hauksdóttir, die 2018 nach langer Krankheit starb, hatte sich ebenfalls gegen die Fabriken eingesetzt. Im Jahr 2002 war sie aus Protest sogar 23 Tage lang in den Hungerstreik getreten. „Wir sind Umweltschützer“, sagt Björk. „Wir wollen die Natur bewahren.“
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