Erstes KI-gesteuertes Fast-Food Restaurant: Schmeckt so die Zukunft?
Künstliche Intelligenz Vor der KI ist wirklich nichts sicher. Jetzt übernehmen Roboter wie „Flippy“ oder „BurgerChef“ auch noch die Fastfood-Küchen. Kann das wirklich schmecken? Zu Besuch bei einer Verköstigung in Kalifornien
Wenn der Roboter kocht wirds schnell mal etwas grob
Foto: Miso Robotics/Flippy
Seit dem 1. April muss den Angestellten von Fastfood-Läden in Kalifornien ein Mindestlohn von 20 US-Dollar pro Stunde gezahlt werden. Am selben Tag eröffnete ein Fastfood-Restaurant, das auffallend wenig Angestellte beschäftigt.
CaliExpress ist nach eigenen Angaben das wohl erste KI-gesteuerte Restaurant der Welt. Hier werden Roboter, die von einer Künstlichen Intelligenz gesteuert werden, für die Zubereitung von Burgern und Pommes eingesetzt. Zwar werden noch einige wenige Mitarbeiter gebraucht, um die Knöpfe der Maschinen zu betätigen und die Burger zusammenzustellen. Doch das Unternehmen Flippy erhofft sich durch den Einsatz der Roboter eine drastische Senkung der Lohnkosten. „Schmecken Sie die Zukunft!“, lautet der verheißungsvolle Slo
Sie die Zukunft!“, lautet der verheißungsvolle Slogan des Restaurants.Ich wollte herausfinden, wie das so schmeckt: ein typisch US-amerikanisches Fast Food-Menü, gewürzt mit einem Hauch Niedergang des Abendlands. Also bin ich vergangene Woche nach Kalifornien gereist. Das Restaurant, das nahe der Caltech University in Pasadena gelegen ist, bewirbt auf großen Plakaten das „Wunder des bratenden KI-Roboters“. Nur wenige Besucher:innen haben an diesem Tag ihren Weg zum CaliExpress gefunden, die meisten anderen Leute vor Ort sind Journalist:innen. Dekoriert ist das Restaurant mit Prototypen von Roboterarmen. Die Hand einer dieser Arme greift – in Anspielung an Michelangelos Sixtinische Kapelle – statt nach der Hand Gottes, nach einer Portion Pommes.„Bezahlen Sie mit einem Lächeln!“Meine Bestellung gebe ich an einem Bildschirm auf. Ein Cheeseburger mit Pommes, zubereitet vom Roboter, kostet hier 15 US-Dollar plus Steuern. Ein Schild wirbt: „Bezahl mit deinem Gesicht“ und verspricht mir 10 US-Dollar, wenn ich mich bei der Firma PopID registriere, um mein Gesicht mit meiner Kreditkarte zu verknüpfen. „Bezahlen Sie mit einem Lächeln“, drängt das Schild. Ich verzichte darauf.Der Burgerladen entstand als Kooperation verschiedener Firmen, die ihn als Testlabor für neue Technologien nutzen wollen. Produziert wurde der Roboter, der die Burger grillt, von einer Firma namens Cucina, die sich auf die Automatisierung von Lebensmittelproduktion spezialisiert hat. Laut der Firma sind die Lohnkosten im Fast-Food Sektor in den letzten 15 Jahren um 65 Prozent gestiegen. Ihr „BurgerChef“ biete nun eine Lösung dafür. Der Roboter, der für das Frittieren der Pommes zuständig ist, wurde von einem Start-up namens Miso Robotics gebaut, das von Absolventen der örtlichen Universität gegründet wurde.Denise Koons, die für die Gesichtserkennungs-Firma PopID arbeitet, bietet mir eine Küchentour an. Hier zeigt sie mir die verschiedenen Schritte, die der Roboter für meine Bestellung durchläuft. Auf Knopfdruck beginnt der „BurgerChef“, ein Stück Wagyu-Steak zu zerkleinern, es aus einer Tube zu drücken und es dann zum Braten zwischen zwei Metallplatten zu schieben. Nach 159 Sekunden nimmt ein Roboterarm den gebratenen Burger in Empfang und legt ihn in einen Behälter.Eingebetteter MedieninhaltMit dem Burger-Wenden war Flippy überfordertBesonders aufregend ist es nicht, dem großen, kastenförmigen „BurgerChef“ zuzusehen. Dagegen ist „Flippy“ der eigentliche Star der Show und auch ein wenig angsteinflößend. Gerade menschlich genug, um die Betrachter:innen zu verstören, beugt sich der schlangenartige Greifarm von „Flippy“ über die Fritteuse. Ein weiter Knopfdruck folgt, der Greifarm hebt den Frittierkorb hoch und manövriert ihn zur Seite. Dann purzelt eine abgemessene Menge gefrorener Pommes in den Metallkorb. „Flippy“ hebt den Korb wieder an und taucht ihn in das heiße Öl, während die Journalist:innen gespannt warten.Eigentlich war „Flippy“ mal konzipiert worden, um Burger zu grillen und zu wenden. Daher stamme auch der Name, erzählt Rob Anderson, Mitbegründer von Miso Robotics. Die Bedienung eines Grills stellte sich für den Roboter jedoch als zu schwierig heraus. So sei es für einen Roboter nur schwer möglich, den Überblick über die Burgerpatties, den Käse, die Brötchen und die Zwiebeln zu behalten und alle Objekte zum richtigen Zeitpunkt umzudrehen, sagt Anderson. Daher entschied das Start-up sich dazu, einen Roboter zu bauen, der eine Fritteuse bedienen kann. „Das ist für Menschen die wahrscheinlich stressigste und gefährlichste Aufgabe in der Küche“, so Anderson. Es sei also eine gute Aufgabe für einen Roboter, denn der verbrenne sich weder am heißen Öl noch störe ihn die Hitze.Wie ich da stand und zusah, wie ein riesiger gummiummantelter Metallarm den Frittierkorb wieder aufhob und ihn grob schüttelte, hatte ich nur einen Gedanken: Die Zukunft der Sexroboter wird sehr unangenehm sein.Eingebetteter MedieninhaltWas genau macht die KI eigentlich?Welche Rolle die Künstliche Intelligenz dabei spielt, ist mir zunächst nicht ganz klar. Wie unterscheidet sich CaliExpress von anderen Restaurants, die Robotik einsetzen? Davon gibt es in Kalifornien mittlerweile schließlich recht viele.Anderson erklärt mir, dass die KI hinter „Flippy“ vor allem für subtile und schwierige Aufgaben eingesetzt wird – die Anpassung an unterschiedlich große Küchen und Herde zum Beispiel. Zudem verfüge „Flippy“ über eine sogenannte „Computer Vision“: Eine Art Künstlicher Intelligenz, die maschinelles Lernen und neuronale Netze einsetze, um dem Computer zu ermöglichen, auf visuelle Reize wie Fotos und Videos zu reagieren. So kann „Flippy“ mithilfe dieser „Computer Vision“ ständig überwachen, wo die Frittierkörbe platziert sind. Wenn also einer der Mitarbeitenden den Frittierkorb an einer etwas anderen Stelle abstellt, passt sich „Flippy“ einfach an.Aber nicht nur Pommes kann der Roboter frittieren. Auch Zwiebeln und Chicken Wings landen bei „Flippy“ in der Fritteuse und der bemerkt sogar, wenn Zwiebeln statt Pommes in den Frittierkorb gelegt werden und passt die Frittierzeit entsprechend an. Auch die Reihenfolge, in der die Lebensmittel gekocht werden müssen, kann „Flippys“ Künstliche Intelligenz bestimmen. So schafft es der Roboter sowohl während der Rush-Hour als auch während ruhigerer Phasen am Nachmittag, die perfekte Kochzeit für die verschiedenen Lebensmittel zu bestimmen.Rob Anderson sagt, der Roboter sei nicht als Ersatz für menschliche Arbeiter:innen entwickelt worden, sondern vielmehr als Instrument, das die Arbeit erleichtern und sicherer machen soll. Vor allem gehe es dabei um genau diese Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, die im CaliExpress stattfindet. „Dabei können die Arbeiter:innen auch neue Fähigkeiten erlernen, die ihre Karrierechancen auch abseits vom Pommes frittieren, positiv beeinflussen könnten“, sagt Anderson. Aber welche Fähigkeiten könnten das, abgesehen vom Knöpfe drücken, sein? Zwar sei „Flippy“ recht leicht zu bedienen, meint Anderson, Mitarbeiter:innen müssten aber wissen, wie genau der Roboter funktioniere, wie er gereinigt werden könne und wie man ihn in Betrieb halte. Denn sich selbst reinigen, das könne „Flippy“ nicht, sagt Anderson: Der Roboter müsse jede Nacht abgewischt, zusätzlich monatlich und vierteljährlich noch intensiver gereinigt werden. Zudem könnten menschliche Mitarbeiter so mehr Zeit in den Kundenkontakt investieren. „Die Mitarbeitenden müssen nicht einfach dasitzen und die Fritteuse überwachen“.Das erste Exemplar von„Flippy“ ist das im CaliExpress nicht. „Wir haben schon eine ganze Flotte von Robotern da draußen“, sagt Anderson: In mehreren Filialen von Fastfood-Ketten wie White Castle und Jack sei „Flippy“ schon im Einsatz.Geschmackstest: Wie schmeckt der KI-Burger?Aber wie gut sind die Burger denn nun? Mein Resümee: Ziemlich mittelmäßig. Positiv hervorzuheben sind der frische Salat und die Tomaten, sowie die Saucen, die etwas an die von In-N-Out-Burgers erinnern. Dagegen ist die Konsistenz des Rindfleisches etwas gummiartig. Die Pommes aber waren knusprig und schön gebräunt, anders als man es häufig in Fast-Food-Restaurants erlebt. Geschmeckt haben sie mir zwar, Lust auf mehr machten sie aber nicht wirklich.Die Burger aus Rindfleisch mit Pommes als Beilage sind bisher die einzigen Optionen auf der Speisekarte. Einer der wenigen Kunden, die während meines Besuchs den Laden betritt, fragt nach einem Veggie-Burger und verlässt das Restaurant unverrichteter Dinge wieder. Ein anderer läuft telefonierend herein, schaut sich um, und läuft wieder raus. Nachdem ich CaliExpress verlassen habe, fahre ich zur nächsten McDonald's-Filiale und bestelle einen Cheeseburger. Diesmal einen, der von Menschen zubereitet wird. Er ist kleiner und die Zutaten weniger hochwertig, die gut abgestimmten Aromen des Drive-In-Klassikers überzeugen mich aber.Als ich auf den Timer blicke, den ich gestellt habe, merke ich, wie sich meine Schultern entspannen: Nur eine Minute und 26 Sekunden haben die Mitarbeitenden gebraucht, mir einen Burger in die Hand zu drücken. Bis jetzt waren die Menschen immer noch schneller als die Maschinen.
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