Einer von Millionen Trump-Anhängern, die ihrem Idol zufolge zum Schweigen gebracht werden sollen
Foto: Mark Peterson/Redux/Laif
Für einen Nachruf ist es zu früh. Rupert Murdochs Ankündigung, er werde jetzt „emeritierter Vorstand“ von Fox und News Corp und gebe die Kontrolle an den ältesten Sohn Lachlan ab, bedeutet wohl kaum, dass wir jetzt in der Vergangenheitsform über ihn sprechen können. Wie es der frühere Sun-Redakteur Kelvin MacKenzie ausdrückte: „Er wird auf der Rückbank des Autos sitzen, während Lachlan das verdammte Ding fährt, und es wird eine Qual für ihn sein.“
In seinem Brief an die Belegschaft versuchte Murdoch senior, die Tränen vorzeitig Trauernder so zu trocknen: „Wenn ich Ihre Länder und Unternehmen besuche, können Sie damit rechnen, mich am späten Freitagnachmittag im Büro zu sehen
esuche, können Sie damit rechnen, mich am späten Freitagnachmittag im Büro zu sehen“ – ein Versprechen, das nicht den Hauch einer Drohung enthielt. Murdochs toxisches Vermächtnis steht jedoch schon fest: Dank ihm können die Mächtigen alle Probleme dieser Welt „der Elite“ anlasten.Wir wissen, dass Murdochs Hass auf diese mysteriöse, nicht genau definierte Kaste seit seiner Jugend brennt. „Die Eliten verachten alle, die nicht ihrer erlesenen Klasse angehören“, wütete er in seinem Semi-Abschiedsbrief. „Ein Großteil der Medien steckt mit diesen Eliten unter einer Decke und geht mit politischen Narrativen hausieren, anstatt der Wahrheit nachzugehen.“Rupert Murdochs Masche war Vorlage für Donald TrumpNatürlich hat es eine eigene Komik, wenn ein milliardenschwerer Konzernmagnat, für den Präsidenten und Könige jahrzehntelang ein offenes Ohr hatten, darauf besteht, die „gehobene Klasse“, das seien die anderen. Er ging in der Downing Street ein und aus, wenn auch durch die Hintertür. Jachten und Privatjets hielten ihn nicht davon ab, sich als Durchschnittsbürger zu gerieren, den die da oben ausgrenzen.Murdoch soll Donald Trump den Tod wünschen, aber das ist die Wut des Meisters auf seinen Lehrling. Trumps Masche, den Blue-Collar-Milliardär, hat Murdoch erfunden. Beide haben gut geerbt, bezeichnen sich aber Selfmademan, der gegen den Snobismus der Mächtigen ankämpft.Diese Position ist so absurd wie Murdochs angeblicher Glaube an die freie Marktwirtschaft, wurde sein Weg zum Reichtum doch durch Amigo-Geschäfte mit Politikern geebnet: Seine Monopolstellung beim Satellitenfernsehen im Vereinigten Königreich war ein Geschenk von Margaret Thatcher, um nur eins von vielen ungeheuerlichen Beispielen zu nennen.Von Australien nach Großbritannien und schließlich in die USADie Wurzeln von Murdochs Elitenfeindlichkeit liegen in seinen Anfängen in Australien, wo eine inoffizielle Kultur florierte, über die der Wissenschaftler David McKnight schrieb, sie sei „egalitär, verachte Affektiertheit und Eliten – was Intellektuelle einschloss“. Murdoch nahm dieses Ethos mit ins Großbritannien der 1960er Jahre, wo es zunächst wirkte wie eine erfrischende Herausforderung des steifen Establishments. Doch vor allem in den USA und bei Fox News hat sich daraus längst etwas anderes entwickelt – ein rechtspopulistisches Glaubensbekenntnis, dem zufolge Normalbürger unter der Fuchtel einer liberalen Elite stehen, die den öffentlichen Dienst, die Medien, die Wissenschaft, die Universitäten und die Justiz kontrolliert. Die Rechte mag die eine oder andere Wahl gewinnen, aber es sind die Linke und ihre „politisch korrekten“ oder „woken“ Orthodoxien, die die gesamte Kultur beherrschen – und die es zu brechen gilt.Murdoch und seine Zeitungen haben diese Doktrin gepusht, und die Folgen sind kein Geheimnis. Nicht nur trugen beide rechtspopulistische Wahlsiege von 2016 – Brexit und Trump – Murdochs Stempel. Wie McKnight feststellte, haben die von Murdoch kontrollierten Medien die Klimakrise jahrelang als eine weitere liberale Orthodoxie dargestellt: „In diesem Szenario sind die Wissenschaftler eine ‚Elite‘. Demgegenüber werden Klimaleugner ... in den Status mutiger Dissidenten gegen eine unterdrückerische Glaubensdoktrin erhoben.“Rupert Murdoch hat öffentliche Debatten nachhaltig vergiftetDer Schaden ist so global und nachhaltig, dass Murdochs Schlussworte an seine Mitarbeiter den bittersten Beigeschmack haben: Sie sollten „das Beste aus dieser großartigen Gelegenheit machen, die Welt, in der wir leben, zu verbessern“.Und dann ist da noch die Reaktion des Comedians Russell Brand auf die Vorwürfe der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des Missbrauchs im Zuge der Recherchen der Sunday Times, der Times und von Channel 4. In einer Videobotschaft konterte er: „Ich frage mich, ob da eine andere Agenda im Spiel ist.“ Seine Anhänger hätten ihn gewarnt – „Pass auf, Russell, sie haben es auf dich abgesehen, du kommst der Wahrheit zu nahe“ – und er habe „eine konzertierte Agenda“ aufgedeckt, Stimmen wie die seine und seiner Anhänger unter Kontrolle zu bringen. Diese Argumentationslinie ist allzu bekannt. Trump ist Meister darin. Er tut 91 Anklagen gegen ihn als das Werk eines liberalen „tiefen Staates“ ab, der es auf seine Zerstörung abgesehen hat und seine Millionen Anhänger zum Schweigen bringen will. Die umfangreichen Beweise? Ein Komplott der Elite.Ähnliches hört man von Benjamin Netanjahu, der in Israel wegen Korruption vor Gericht steht. Es handele sich um die „Hexenjagd“ eines linken Establishments – in einem Land, das drei Jahrzehnte lang überwiegend von der Rechten regiert wurde. Auch Robert Fico, bis zu seinem Rücktritt wegen Betrugs 2018 Premier der Slowakei, klingt so, wenn er droht, bald zurückzukehren. Er behauptet jetzt, Opfer eines „von der Polizei angeführten Staatsstreichs“ zu sein. Sie haben vom Paten des Rechtspopulismus gelernt, wie man die Eliten für einfach alles verantwortlich macht.
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