Zika-Virus: Epidemie oder falscher Fokus?

Mücken & Elefanten Das Zika geistert durch die Nachrichten, wird als Ursache für Mikrozephalie verantwortlich gemacht. Ärzte vor Ort behaupten etwas anderes. Ein Kommentar in Wort und Bild

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Seit etwa zwei Wochen geistert das Zika-Virus durch die Medien, hierzulande als Hintergrundthema interessanterweise weitaus weniger beachtet als noch die Ebola-Hysterie vor knapp zwei Jahren.

Eingebetteter MedieninhaltKarikatur: „Zika-Virus“; Quelle: www.timoessner.de

Vor einigen Tagen stieß ich auf einen Bericht von GMwatch.org, unter Berufung auf eine argentinische Ärzteorganisation, „Physicians in the Crop-Sprayed Towns“ (übersetzt etwa: „Ärzte in den pestizidbehandelten Städten“). Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Ärzten, die in den Gebieten tätig sind, die derzeit wegen der erhöhten Fälle von Mikrozephalie in Argentinien und Brasilien bekannt geworden sind und in denen das Zika-Virus endemisch vorkommt.

Die Grenze zwischen Endemie und Pandemie ist der Flughafen

Endemisch bedeutet, dass eine Krankheit wiederholt in einem begrenzten Gebiet auftritt und wieder verschwindet. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist die jährliche Grippewelle. Die Definition ist heutzutage etwas umstritten, da sich die Wege durch den weltweiten Verkehr verkürzt haben und endemische Krankheiten sich daher inzwischen auch durch Reisende weltweit verbreiten – vom einfachen Schnupfen bis zu Ebola und nun dem Zika-Virus.

Letzteres wird derzeit für die vermehrten Fälle von Schädelmissbildungen bei Neugeborenen in Südamerika verantwortlich gemacht, der sogenannten Mikrozephalie („Kleinköpfigkeit“). Ein Verdacht auf Mikrozephalie besteht, wenn der Kopfumfang von Neugeborenen 32 Zentimeter unterschreitet.

So hat sich die Anzahl von gemeldeten Fällen laut des brasilianischen Gesundheitsministeriums von 17 in der ersten Februarwoche 2016 auf 41 in der siebten Kalenderwoche mehr als verdoppelt. Seit Oktober 2015 besteht in Brasilien Meldepflicht, wurden 462 Fälle von über 3000 Verdachtsfällen bestätigt.

Vorsicht, Killermücke! OxiTec und die Moskito-Art Aedes aegypti

Während in erster Instanz ein missglückter Feldversuch der britischen Firma OxiTec mit einer genmodifizierten Mücke verantwortlich gemacht wurde, erheben die Ärzte von „Physicians in the Crop-Sprayed Towns“ Vorwürfe gegen einen anderen, weitaus bekannteren Verursacher:

„Argentine and Brazilian doctors name larvicide as potential cause of microcephaly”

„Argentinische und brasilianische Ärzte benennen ein Larvizid als mögliche Ursache für Mikrozephalie.“ Ein Larvizid ist ein Insektenvernichtungsmittel, das speziell auf das Larvenstadium der entsprechenden Insekten einwirkt. Ein Larvizid soll etwa verhindern, dass sich die Larven zu Mücken entwickeln, oder die Larven durch Hormonüberflutung töten. Ein solches Mittel ist Pyriproxyfen.

In dem Bericht von GMWatch wird darauf verwiesen, dass das Zika-Virus in den betroffenen Regionen Argentiniens und Brasiliens endemisch ist, also wiederholt dort auftaucht. Tatsächlich ist das Virus seit 1947 bekannt, tauchte aber bis 2015 noch nicht in Zusammenhang mit Mikrozephalie auf.

Um das Bild zu bemühen: Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Berichte um Mikrozephalie in Verbindung mit dem Zika-Virus sprichwörtlich aus einer Mücke einen Elefanten gemacht haben.

Eingebetteter MedieninhaltKarikatur: „PR & Medien“; Quelle: www.timoessner.de

Anders als bei Ebola 2014, als sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schwerer Kritik ausgesetzt sah, weil die obersten Wächter für die Weltgesundheit noch untätig abwarteten, während die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) schon wochenlang Alarm schlug und aktiv gegen die Epidemie in Afrika kämpfte, will die WHO dieses Mal wenigstens nicht zu wenig tun.

„Experten hätten das Virus im Vorfeld unterschätzt, gestand WHO-Strategiechef Christopher Dye ein. ‚Wir hatten eine Liste mit acht potenziellen Virus-Gefahren, und Zika stand nicht darauf.‘“ Nun will man noch in diesem Jahr unter Hochdruck einen Impfstoff entwickeln.

Rückblick DDT

Das Insektizid DDT war ein wahres Wundermittel und wurde weltweit geliebt. Man konnte damit buchstäblich alles töten, was auf den Feldern lebte, nur die Feldfrüchte überlebten. Ganze Generationen von Schulklassen wurden damit entlaust, sogar die Überlebenden der Konzentrationslager wurden nach ihrer Befreiung von den wohlmeinenden Amerikanern mit DDT gegen Läuse und Flöhe behandelt, und im Italien der 1940er Jahre verfolgte das US-Militär eine dezidierte Anti-Typhus-Kampagne in der Zivilbevölkerung inklusive Flohbekämpfung mit DDT.

Der Lake Michigan, einer der größten Binnenseen der USA, ist bis heute ein wichtiger Platz zum Überwintern für unzählige Wasservögel. Rund um den Lake Michigan gibt es viele landwirtschaftlich genutzte Flächen, und das war auch in den 1950ern und 1960ern schon so. Unmengen an Pestiziden wie DDT oder PCB gelangten damals von den Feldern über die Zuflüsse in den Lake Michigan. So nahm jeder Fisch, jeder Frosch, jeder Vogel mit der Nahrung und dem Wasser einen Teil der Giftstoffe zu sich. Ein großer Fisch jagt kleine Fische und nimmt ihren Giftanteil ebenfalls auf, ein Vogel verschlingt den großen Fisch – schon hat der Vogel die Giftdosis des großen Fisches und der vielen kleinen Fische intus. Man spricht dabei von Bioakkumulation. In guten Zeiten legen sich die Tiere Fettvorräte an, die sie in knappen Zeiten verbrauchen. 1970/71 herrschte in Michigan ein strenger, außergewöhnlich langer Winter, und die Tiere mussten ihre letzten Fettreserven verbrauchen, um durchzuhalten. Dabei wurden hohe Konzentrationen an eingelagerten Giften in den Blutbahnen der Tiere freigesetzt. Hunderttausende Vögel mit extrem hohen Werten an DDT und PCB im Blut lagen plötzlich tot an den Ufern des Lake Michigan. Der Fall ist bis heute ein Gegenstand der Forschung, denn die Nachricht schlug damals ein wie eine Bombe. Es war die Zeit, als Begriffe wie „Umwelt“ und „Umweltschutz“ entstanden.

„Third-generation pesticides“

Etwa zu der Zeit wuchs auch das Bewusstsein dafür, dass die chemische Industrie nicht nur Probleme löste, sondern auch neue schuf. Gleichzeitig hielt eine neue Forschungsrichtung Einzug in die akademische Welt: die Genforschung.

In deren Umfeld wurde auch die Wirkung von Hormonen im Zusammenspiel mit bestimmten Gensequenzen und Entwicklungsstadien erforscht – zunächst lediglich gedanklich, da sich die entsprechenden Forschungsfelder noch in den Kinderschuhen befanden.

So wurde etwa 1968 in der Fachzeitschrift „Nature“ laut darüber nachgedacht, ob man die eingesetzten chemischen Pestizide in Getreidespeichern nicht durch „juvenile hormones“ (Geschlechtshormonen) oder chemisch ähnliche Stoffe („analogues“) ersetzen könne, indem man gezielt bestimmte Entwicklungsphasen von Schädlingen beeinflusst.

Exkurs Hormone

Hormone haben einen tiefgreifenden Einfluss auf unseren Körper. Beispiele sind der Anstieg des Blutdrucks bei Stress oder die berühmten Schmetterlinge im Bauch. Die Zusammensetzung des individuellen Hormonhaushalts ist dabei eben: höchst individuell. Der Hormoncocktail variiert auch langfristig je nach Lebensphase – etwa in der Pubertät –, mit entsprechenden Gemütsschwankungen und tiefgreifenden Änderungen des Körperbaus. Das ist auch für die Zellen im Körper anstrengend, was die Anfälligkeit für Mutationen in den Zellen entsprechend erhöht.

Eine Schwangerschaft erhöht beispielsweise das Risiko für Brustkrebs. Keine Angst, liebe Damen – das bedeutet nicht, dass Sie als Mutter automatisch Krebs bekommen. Ich kann Ihnen nicht einmal sagen, wie hoch Ihr persönliches Risiko wäre, da jenes eben auch höchst individuell ist; betrug das Risiko vorher bspw. ein Prozent, wäre selbst eine Verdoppelung des Krebsrisikos wohl vertretbar. Ich verweise da auf das allgemein bekannte Krebsrisiko durch Tabakrauch und das beeindruckende Kontrabeispiel Helmut Schmidt. Es geht nur darum: Hormone wirken auf den Körper, kurz- wie langfristig. Je nach Individuum können sogar hohe Belastungen durch Hormone oder hormonähnliche Stoffe ohne weiteres kompensiert werden – oder selbst kleinste Einwirkungen von außen schwere Auswirkungen haben.

Ein eindrucksvolles Beispiel dafür auf der langen Zeitachse ist die Geschichte der Antibabypille bzw. der weiblichen Hormonverhütung. Die ersten Präparate waren noch wahre Dampfhammer und für die Mehrheit unverträglich oder gar gefährlich, doch selbst heutige Präparate sind je nach persönlichem Hormonhaushalt unbedenklich bis sogar tödlich, was auch ein Grund für die unzähligen verschiedenen Präparate auf dem Markt ist. Obwohl die Zusammensetzung und die Dosierung inzwischen weitaus sanfter gestaltet ist und sich nach dem natürlichen Zyklus der Frau richten soll – die Zusammensetzung der künstlich zugeführten Hormone ist unterschiedlich, je nach Tag im Monat, was einige Hersteller sogar farblich hervorheben –, besteht nach wie vor das Risiko für individuelle Überreaktionen. Erst 2015 wurde der deutsche Pharma-Hersteller Bayer für Todesfälle durch Thrombosen und Lungenembolien nach Einnahmen von Hormonpräparaten mit dem Wirkstoff Drospirenon verantwortlich gemacht und war dabei nur ein Akteur auf einer langen Liste von Skandalen um hochgefährliche Hormonpräparate. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt für Drospirenon unter Hunderten von Verdachtsfällen auch 16 mit Todesfolge auf.

Duogynon, Contergan und Bisphenol-A

Duogynon war ein Hormonpräparat der Firma Schering und wurde von 1950 bis 1978 zur Regulierung des weiblichen Zyklus oder als Schwangerschaftstest verschrieben. „Löste die starke Hormondosis die Regelblutung nicht aus, galt die Frau als schwanger. Ein Medikament, geeignet, die Menstruation einzuleiten – ausgerechnet eine solche Pille sollte als Diagnose dienen bei Frauen, die sich ein Baby wünschten und die befruchtete Eizelle eben gerade nicht verlieren wollten. Der Verdacht: Europaweit soll das Medikament Tausende Kinder im Mutterleib so schwer geschädigt haben, dass sie mit offenem Rücken, mit Herzfehlern, Hirnschädigungen, mit verkürzten oder fehlenden Gliedmaßen, deformierten Därmen, Harnblasen oder Genitalien zur Welt kamen. Einige Säuglinge starben kurz nach der Entbindung. Es kam möglicherweise auch zu Fehlgeburten.“

Contergan war ein Schlafmittel, das zwischen 1957 und 1961 in kaum einem deutschen Haushalt fehlte. Auch schwangeren Frauen wurde das Mittel bedenkenlos verschrieben – bis vermehrte Fälle von Missbildungen gegen alle Widerstände der Herstellerfirma Grünenthal publik wurden und das Präparat vom Markt genommen wurde. Contergan führte ähnlich wie Duogynon zu schrecklichen Missbildungen der Kinder im Mutterleib, zu Fehl- und Totgeburten.

Bisphenol A (BPA) ist ein Weichmacher für Plastik, mit der Kennziffer 7 im abgerundeten Dreieck, und macht Kunststoffprodukte des Alltags biegsam und beständig – von Badelatschen bis zu Babytrinkflaschen. Leider wirkt BPA auch hormonähnlich in Organismen, was zunächst mit Experimenten an Fröschen bestätigt wurde. Dabei wurde festgestellt, dass männliche Frösche in mit BPA belastetem Wasser ihren besonderen Lockruf verlieren, dabei jedoch verstärkt auf eingespielte männliche Lockrufe reagieren – sie verweiblichen regelrecht.

„Studien mit Versuchstieren weisen auf einen Zusammenhang zwischen hohen Bisphenol A Konzentrationen im Blut und schädlichen Einflüssen auf die Fruchtbarkeit, die Entwicklung der Geschlechtsorgane und möglicherweise eine Anfälligkeit für bestimmte Krebsarten hin. Überträgt man diese Ergebnisse auf den Menschen, so könnten vor allem Schwangere und deren ungeborene Kinder besonders sensibel auf Bisphenol A reagieren.“

Nachdem weltweit vermehrt Verdachtsfälle von Zwitterbildung bei Neugeborenen in Verbindung mit BPA gebracht wurden, wurde der hormonähnliche Weichmacher 2011 EU-weit für Babytrinkflaschen verboten, mit dem Ziel eines Komplettverbots in den nächsten Jahren.

Ist das Heilmittel schlimmer als die Krankheit?

Wir lernen also: Hormone oder hormonähnliche Stoffe können empfindlich auf die Entwicklung des Kindes im Mutterleib und von Neugeborenen einwirken. Dabei ist den Herstellern von Produkten für einen bestimmten Zweck nicht jede Nebenwirkung an anderer Stelle bewusst. Manchmal entstehen Probleme, mit denen keiner gerechnet hat oder rechnen konnte.

Zika, Mikrozephalie und Pyriproxyfen

Die Stechmücke Aedes aegypti ist wie alle Blutsauger ein gefährlicher Quälgeist. Sie verbreitet das Zika-Virus, das Erkrankte etwa eine Woche lang mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und sogar Hautausschlägen peinigt. Missbildungen bei Neugeborenen wie Mikrozephalie wurden in fast 70 Jahren dokumentierter Forschung nicht beschrieben.

Trotzdem ist die Mücke ein Plagegeist, den einzudämmen sich eine Firma auf die Fahnen geschrieben hatte: das britische Unternehmen OxiTec. Die Genforscher nahmen sich die Aedes aegypti vor, mit dem Ziel, die Genetik der Mücke derart zu beeinflussen, dass deren Nachkommen sterben, bevor sie sich vermehren können – ein klassisches „Kill Gene“. Nach zufriedenstellenden Testreihen im Labor setzte OxiTec ab April 2015 die modifizierten Mücken im Feldversuch ein.

Der Plan schlug fehl, wie so oft. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie die Natur die Genforscher durch Mutation austrickst. Das Selbstzerstörungs-Gen der modifizierten Mücke funktionierte nicht wie vorgesehen, dafür ist nun ein genverändertes Tier in freier Wildbahn und vermehrt sich frank und frei, wie es eben Teil der Natur ist. Die Behörden versuchen derzeit mit einigen hunderttausend Sprühtrupps und dem Einsatz von Insektiziden die Ausbreitung der genmodifizierten Mücke zu einzudämmen.

Etwa zur selben Zeit, ab Ende 2014, wurde den Ärzten vor Ort zufolge in den betroffenen Regionen eine andere Herangehensweise getestet: Die Desinfizierung der Wasserversorgung mit dem Larvizid Pyriproxyfen. Laut des japanischen Herstellers Sumitomo Chemical besteht keine Gefahr für die Gesundheit oder die Umwelt.

Pyriproxyfen wird vielfach eingesetzt und wurde daher auch von verschiedenen anderen Stellen untersucht. Kalifornien nutzt das Mittel etwa zur Bekämpfung der roten Feuerameise und hat den Wirkstoff daher von der Pestizid-Regulierungsbehörde „Department of Pesticide Regulation“ untersuchen lassen. Demnach „überlädt“ Pyriproxyfen das Hormonsystem von Insekten und stört dadurch Eierproduktion, Brutpflege und soziale Interaktion. Die Behörde listet in einer Zusammenfassung eine ganze Reihe unterschiedlicher Tiere und die dazugehörigen Dosen pro Kilogramm Körpergewicht auf, bei der 50 Prozent der Versuchstiere sterben (LD50 = „lethal dosis“: „Stockente: 2000mg/kg“, „Wachtel: 2000 mg/kg“) und stellt fest: „Pyriproxyfen is a juvenile hormone analogue“ – Pyriproxyfen ist ein künstliches Geschlechtshormon.

Die WHO hat Daten zu Pyriproxyfen mehrfach ausgewertet und kam 2010 zu dem Schluss, dass die Maximaldosis 0,01 mg pro Kilogramm Körpergewicht nicht übersteigen sollte.

Schaut man heute in das „Chemical Fact Sheet“ der WHO, wird eine Einschätzung von 2007 aufgerufen, mit der Empfehlung: „Das Pestizid sollte nicht in Trinkwasser angewendet werden, sofern keine anderen effektiven und sicheren Maßnahmen verfügbar sind.“

Was die Frage aufruft: Wurde die Empfehlung geändert, weil man den Wirkstoff neu untersucht hat und zu alten Ergebnissen gekommen ist? Oder wurde die Empfehlung geändert, weil es gerade ein Problem mit Mücken gibt?

Jedenfalls wird in der längeren WHO-Auswertung von 2010 zwar ebenfalls eine jeweils lethale Dosis für Versuchstiere ermittelt, es werden allerdings nicht die hormonellen Auswirkungen auf die Nachkommen untersucht. Auch eine Nachtschicht der Querrecherche im Archiv ergab: Die WHO hat offenbar keine Daten über die hormonelle Wirkung des künstlichen Hormonanalogs Pyriproxyfen veröffentlicht.

Fassen wir zusammen:

  • Es gibt seit mindestens 70 Jahren in bestimmten Regionen Brasiliens und Argentiniens eine durch Mücken übertragene Krankheit, die plötzlich und ohne vorhergehend dokumentierte Fälle für die Missbildung tausender Neugeborener in wenigen Monaten verantwortlich sein soll.
  • Etwa zur selben Zeit wird zur Bekämpfung dieser ständig wiederkehrenden Stechmücke ein Pestizid ins Trinkwasser der Dörfer und Städte der betroffenen Regionen gemischt. Dieses Pestizid wirkt wie ein künstliches Geschlechtshormon.
  • Beispiele aus der Geschichte der chemischen und pharmazeutischen Industrie beweisen eindrucksvoll, wie schlecht die unerwünschten Folgen von neuen Wirkstoffen einzuschätzen sind – von DDT über Contergan bis BPA.
  • Die Wirkung des hormonähnlichen Pestizids ist nicht auf seine Hormonwirkung im Körper von schwangeren Frauen bzw. auf das Ungeborene im Mutterleib untersucht, wird aber trotzdem von der WHO als Alternative zur Trinkwasseraufbereitung empfohlen, sofern keine anderen Möglichkeiten bestehen.
  • Etwa ein Jahr nach dem Beginn des Einsatzes des hormonähnlichen Pestizids im Trinkwasser – also einer Zeitspanne, die für eine Bioakkumulation eines regelmäßig aufgenommenen Wirkstoffs und eine ganze Schwangerschaft beim Menschen bis zur Geburt ausreicht – wird eine ungewöhnliche Häufung von Missbildungen an Neugeborenen festgestellt.

Fazit

Nun bin ich zwar kein Arzt und bestimmt habe ich nicht alle verfügbaren Daten zu dem Komplex vorliegen, aber ich würde vorschlagen: Die WHO sollte sich die Mücke und das Gegenmittel Pyriproxyfen noch einmal genauer anschauen, bevor Fehler der Vergangenheit in neuer Form begangen werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Timo Essner

Flensburger Jung, zweisprachig aufgewachsen, dritter Sohn von Literaten.Karikaturist und freier Redakteur in diversen Publikationen on- und offline.

Timo Essner

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