Grundkurs: Arme-Leute-Küche (3)

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Grundkurs: Arme-Leute-Küche (3)

Diesmal geht es um türkische Vorspeisen, und zwar um solche mit Joghurt, die in der Türkei ganz besonders geliebt werden. Die sind so gut, dass ich manchmal in einem Lokanta nur zwei oder drei Vorspeisen bestelle und auf einen Hauptgang verzichte.



Die türkische Küche pflegt ihre traditionellen Vorspeisen (Meze, sprich: Mäsä), auch kleine Restaurants bieten 10, 20 und noch mehr davon an. Das ist ein Teil der Trinkkultur, man trinkt Wasser zu den Vorspeisen. Fromme Menschen in der Türkei, die eine permanent plagende Magenverstimmung wahrnehmen, dürfen die trotz des vom Koran auferlegtem Alkoholverbots auch mit Raki bekämpfen, als Medizin, die eigentlich jedes Leiden erfolgreich bekämpft. Raki genießt man verdünnt mit Wasser, ganz besonders bekömmlich machen ihn sorgfältig gewählte Vorspeisen, die nämlich sind ebenfalls Balsam für den Magen. Und die Zubereitung ist so simpel!



Haydari

Für 4 Personen:

200 g Joghurt (10 Prozent Fett), 100 g weißer Käse (aus dem türkischen Laden, gilt vielen als Schafskäse, aber die Milch stammt von der Kuh), 1 TL getrocknete Minze, Olivenöl nach Geschmack, ein Spritzer Zitronensaft.

Den Käse mit einer Gabel zerdrücken, alles vermischen und erst zum Schluss mit Salz abschmecken, wegen des salzhaltigen Käses. Ich reichere Haydari gern mit fein geschnittenem frischem Dill an und mit schwarzem Pfeffer.



Joghurt mit Möhren und Walnusskernen

(Spezialrezept der geliebten Perihan, Ihr Name bedeutet Feenkönigin. Nun ja.)

Für 4 Personen:

500 g Joghurt (10 Prozent Fett), 2 üppig große Möhren, 5 Knoblauchzehen, 1 Handvoll Walnusskerne, 1 Handvoll feingewiegte Blattpetersilie, Salz, schwarzer Pfeffer, 2 EL Olivenöl.

Die Möhren schälen und grob raspeln, die Walnusskerne nicht zu fein hacken, beides in heißem Olivenöl eine Minute rührend anschwitzen, damit sich Möhren- und Walnussaromen vermählen. Joghurt mit dem sehr fein gehackten oder durchgepressten Knoblauch in eine Schüssel geben, mit etwas Olivenöl, der Persilie, Salz und Pfeffer verrühren, dann mit der Möhren-Walnuss-Zubereitung vermischen. Fertig. Der Feenkönigin macht es Spaß, immer zu wenig davon zu reichen, um dann den Gästen das Rezept vorzuenthalten. Kein schöner Zug.

Nun ein Rezept, es ist nicht türkisch, aber einer meiner Favoriten. Außerdem glaube ich, dass es meine Erfindung ist, bin mir aber nicht sicher.



Gebratene Auberginenscheiben

Für 4 Personen:

1 zwei Fäuste große Aubergine, ½ Zitrone, 2 Eier, Salz, Pfeffer, Muskat, 4 EL Olivenöl, 1 Schüsselchen Knoblauchjoghurt.

Die Aubergine in maximal ½ cm dicke Scheiben schneiden (Schale dranlassen), die Scheiben beidseitig mit der geschnittenen Zitrone abreiben, damit sie nicht braun anlaufen. Eier in einer Schüssel verquirlen, mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Darin die Auberginenscheiben baden und sofort in die heiße Pfanne mit Olivenöl geben. Das Quirl-Ei verhindert, dass die Auberginenscheiben sich mit Öl vollsaufen. Je Seite zwei, drei Minuten bei kleiner bis mittlerer Hitze braten. Die Scheiben auf Teller verteilen und ihnen etwas Knoblauchjoghurt zur Seite geben.



Verfeinerung: etwas Parmesan grob darüber raspeln.

(Bleibt was übrig, schmecken die Scheiben zum Frühstück auf Brot sehr gut.)



Was bisher geschah: Grundkurs: Arme-Leute-Küche (2)

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Eintopf von weißen Bohnen

(Kuru Fasulye)

Für 4 Personen

500 g getrocknete weiße Bohnen, 3 EL Olivenöl, 2 mittelgroße Zwiebeln, 2 EL Tomatenmark (besser: je 1 EL Tomaten- und scharfes Paprikamark), 3 milde und 2 scharfe dünne lange Spitzenpaprika (in feine Röllchen geschnitten), 1 fette Fleischtomate, 4 oder mehr Knoblauchzehen, 1 Liter Hühnerbrühe, Salz, Pfeffer, Plättchenpaprika (Pul Biber), Salz, Pfeffer.

Am besten gelingt das Gericht mit kleinen weißen Bohnen. Die großen heißen hier Minister-Eier und sind ungeeignet. Abbrausen und mit reichlich kaltem Wasser bedeckt über Nacht einweichen. Manche Rezepte empfehlen Salzwasser, was vor allem Freunden harter Bohnen zu raten ist.

Am nächsten Tag das Einweichwasser entfernen und die Bohnen gut bedeckt mit Wasser (wieder ohne Salz) 20 bis 30 Minuten leise köcheln. Kochen sie zu heftig, platzen sie. Danach die Bohnen in ein Sieb geben und abtropfen lassen.

In einem Kopftopf die gewürfelten Zwiebeln in Olivenöl hellgelb anschwitzen, Tomaten- und/oder Paprikamark hineinrühren, eine Minute rühren, mit einigen Löffeln Brühe ablöschen, wieder eine Minute rühren, dann die vorgekochten Bohnen und die Brühe dazu geben. Die Garzeit bei mildester Hitze beträgt ab nun 45 bis 75 Minuten, sie hängt vom Alter und der Größe der Bohnen ab. Gelegentliches Probieren rate ich an. Der Eintopf sollte niemals blubbernd kochen.

Gefühlte zehn Minuten vorm Ende der Garzeit die fein gewürfelte Tomate, den in dünne Scheiben geschnittenen Knoblauch, der Pul Biber und die kurz in Öl angeschwitzen Röllchen vom Spitzpaprika einrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Im Dorfrestaurant, dem Lokanta, wird frisches Weißbrot dazu gereicht. In der Mitte steht ein Teller mit Rucola, Rettichscheiben und geachtelten Zwiebeln.

Verfeinerung:

50 g hauchdünne Scheiben Pastirma (in Israel und den USA: Pastrami. Woody Allen ist süchtig nach diesem luftgetrockneten Rinderfilet) fein gewürfelt schon zu den angeschwitzen Zwiebeln geben.

In der Südosttürkei verwendet man statt Hühnerbrühe eine kräftige Bouillon von Lammknochen.

Geschwurbelter Nachsatz: So den geduldig und sanft köchelnd all ihrer Aromen beraubten - in die Bouillon überführten - Lammknochen noch Fleisch anhaftete, verschafft es, fein gewürfelt dem fast garen Eintopf hinzugefügt, den weißen Bohnen einen Höchstgenuss.





Grundkurs: Arme-Leute-Küche

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Die Küchen der Türkei lassen sich grob unterteilen in Palast und Dorfküche. Mir geht’s um die Arme-Leute-Küche, um köstliche Gerichte, die im ganzen Land genossen werden. Die Zubereitung ist meist simpel, die Ingredienzien oft günstig zu haben, auch in Deutschland.

Rezepte zu solchen Gerichten lassen sich massenhaft im Internet finden, meist aber auf die eine oder andere Art verfälscht. Da werden Zutaten hinzu gedichtet und manches Essen gern auch mal verdeutscht. An eine türkische Suppe mit roten Linsen gehören nun mal weder Möhren noch Sellerie, noch darf man den Knoblauch weglassen.

Die türkische Küche hat eine lange Geschichte und stellt eine Weiterentwicklung der ursprünglichen nomadischen Kochtradition der Turkvölker durch Vermischung mit der indischen, persischen, islamisch-arabischen Küche sowie den Kochtraditionen der Völker des Mittelmeerraumes und des Kaukasus, wie zum Beispiel der armenischen und/oder aramäischen Küche dar. Diese Vielfalt der Einflüsse entwickelte sich durch die Jahrhunderte besonders unter der Prägung der osmanischen Kultur und Lebensweise zur heutigen charakteristischen türkischen Küche.“

de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkische_K%C3%BCche

Türkische Linsensuppe

(Mercimek çorbası)

Für 4 Personen:

2 EL Olivenöl, 1 Zwiebel, 150 g rote Linsen, 1 Liter Hühnerbrühe, 1 feiste Fleischtomate, 2 Knoblauchzehen, Salz, Pfeffer, etwas Grünes wie Petersilie, Koriander oder Portulak. Petersilie ist üblich.

Außerdem, Saft einer Zitrone, vermischt mit derselben Menge Wasser und zwei sehr fein gewürfeltem (oder durch die Presse gedrückten) Knoblauchzehen. Diese Würze wird separat zur Suppe gereicht, jeder bedient sich nach Belieben.

Die Zwiebel würfeln, im Olivenöl anschwitzen, die roten Linsen dazu geben, kurz mit anrösten, alles mit der Hühnerbrühe (Würfel? Ok.) ablöschen. 15 bis 20 Minuten leise köcheln, bis die Linsen zerplatzen und sie Suppe zu dünnem Mus wird. Ist es zu dick, muss noch etwas Wasser oder Brühe dran. Wer es besonders fein mag, hält eine Minute den Stabmixer rein. Jetzt die feingewürfelte Fleischtomate und ebensolchen Knoblauch hineingeben, nach einer Minute mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die Suppe auf Tassen verteilen, mit Grün bestreuen. Dazu gibt’s Fladenbrot.

Besonders lecker: das Fladenbrot mit etwas Kaşar-Käse (sprich: Kaschar) belegen und kurz im Ofen überbacken.

Spitze: Butter und Tomatenmark in einer Pfanne erwärmen und damit die Suppe unmittelbar vor dem Servieren bekringeln.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

weinsztein

Journalist. Lebt vorwiegend an der türkischen Ägäis. Guckt auf griechische Inseln. Kocht gern.

weinsztein

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