Fleischallergie: Bis(s) zur Öko-Diktatur

USA Militante Veganer-Zecken auf dem Vormarsch: Ausgerechnet in den USA, dem Land von Spareribs, Barbecue und Steak verbreitet sich die Fleischallergie
Ausgabe 32/2023
Ob diese Wurst wohl auch militanten Zecken gefällt?
Ob diese Wurst wohl auch militanten Zecken gefällt?

Foto: Imago / Pond5 Images

Das Leben als Freiheitskämpfer ist hart. Er steht morgens im beruflichen Stau, heizt sein Zuhause mit Rohstoffen, die in den nächsten Jahren immer teurer werden und leidet an den körperlichen Folgen einer fleischlastigen Ernährung. Aber für die Verteidigung seiner Freiheit nimmt er all dies selbstlos auf sich.

Beim Heizen hat er es immerhin geschafft, Robert Habeck einen Denkzettel zu verpassen und sein SUV darf immer noch in der Stadt fahren. Nur dieser verdammte Veggie-Day in der Kantine ist eine Zwangsmaßnahme, die ihn persönlich diskriminiert. Deshalb wird er das Gemüse auch nicht essen.

Der Hinweis, dass eine vegetarische Ernährung weniger als die Hälfte an Treibhausgasen verursacht als eine fleischliche, eine vegane sogar nur ein Drittel, ist ein direkter Angriff auf die Leitkultur der deutschen Bratwurst und ein weiterer Schritt in die Öko-Diktatur.

Da kann der deutsche Freiheitskämpfer aber sehr froh sein, dass er gerade nicht in den USA für sein Steak kämpfen muss. Freilich, seine Kameraden dort sind besser und erfolgreicher darin, die Uhren zurückzudrehen und grüne Verbote zu verhindern. Doch der amerikanische Freiheitskämpfer und sein nationales Kulturgut des ritualisierten „Barbecue“ werden bedroht. Auch bei ihm sind es, wie so oft in Deutschland, militante Zecken, die dabei sind, seinen angestammten Lebensraum zu zerstören. Anders als in Deutschland besetzen sie jedoch keine Häuser, prügeln sich nicht mit Nazis und Polizei oder verschanzen sich in Kohledörfern.

Ein Biss und die betroffenen Personen sind allergisch gegen Fleisch

Die Zecken in Amerika setzen eine Zwangsveganisierung durch, der keine Form der Staatsgewalt etwas entgegensetzen kann. Fast eine halbe Millionen Menschen sind inzwischen zu Opfern der „lone star ticks“ (zu Deutsch: Einsamer-Stern-Zecke) geworden. Bei Verstößen gegen das Gemüsediktat drohen heftige körperliche Reaktionen – im schlimmsten Fall sogar der Tod. Dass sich diese echten Zecken, erkennbar an dem weißen Fleck auf ihrem Rücken, immer weiter ausbreiten, hat allerdings nichts mit einer Verschwörung vegan lebender radikaler Klimaaktivist:innen zu tun, sondern ausgerechnet dem, wogegen sie kämpfen. Denn die Klimakrise sorgt für ideale Lebensbedingungen über den natürlichen Verbreitungsraum der Zecken im Südosten der USA hinaus.

Dass ein Biss der Blutsauger mit einer allergischen Reaktion auf Fleisch einhergeht, ist dem Zuckermolekül Alpha-Gal zu verdanken, das im Speichel der Zecken enthalten ist. Reagiert das Immunsystem auf den Biss, speichert es das Molekül als gefährliche Substanz ab.

Leider ist dieses Molekül auch im Fleisch der meisten Säugetiere enthalten, die auf die amerikanischen Teller kommen. Das Ergebnis: mit jedem Bissen Fleisch von Schwein, Rind und Co., aber auch bei jedem Schluck Milch oder mit jedem gelatinehaltigen Gummibärchen, wird das Immunsystem getriggert – und trainiert, sodass die Reaktionen von Mal zu Mal heftiger werden. Angefangen bei Ausschlägen, Pusteln und Quaddeln auf der Haut über Magenkrämpfe und Durchfall kann der Fleischverzehr aber auch zu Atemnot und im schlimmsten Fall Atemstillstand und Tod führen. Die Reaktionen treten verzögert auf, weshalb ein direkter Zusammenhang zwischen dem Fleischverzehr und den Symptomen nicht sofort ersichtlich ist.

Blöd nur, dass sich Zecken nicht wie grüne Politik und klimafreundliche Alternativen mit Konzepten wie „individueller Freiheit“ beeindrucken lassen. Für die von Fleischallergie Betroffenen bedeutet Freiheit, im Gegensatz zu den Kulturkämpfern, in Zukunft deshalb: „Veggie-Day, every day“.

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Geschrieben von

Alina Saha

Redakteurin „Online“

Alina Saha hat in Berlin und Tokio Vergleichende Literaturwissenschaften und Japanstudien studiert. 2019 kam sie als Hospitantin zum Freitag, blieb zunächst als freie Autorin und ist seit Ende 2021 Teil der Online-Redaktion. Ihre Themen sind die Klimakrise, mit Schwerpunkt auf Klimabewegungen, sowie Gesellschaft und Politik Ostasiens.

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