Verteidigungsminister Thomas de Maizière sagt, dass es uns nichts anginge, wen ein Spitzensportler mit schwarz-rot-goldener Flagge liebt. Und deshalb sollten wir Nadja Drygalla nun bitteschön endlich einmal in Ruhe lassen. Schließlich sei es nicht die Spitze des Nazi-Eisberges, dass die deutsche Ruder-Titanic bei Olympia hart Steuerbord geschippert ist, sondern eher ein unsittlicher Tauchgang der Medien in die Kloake des braunen Privatlebens eines blonden Engels. Drygalla, die aus dem Polizeidienst ausgeschieden, mit einem ehemaligen Landtagskandidaten der NPD liiert ist, sich gleichzeitig aber von rechtsradikalem Gedankengut distanziert, wurde per Regierungs-Dekret zum Medienopfer erklärt.
Also gut, lassen wir sie kurz in Ruhe und fragen lieber grundsätzlich, ob Mann und Frau einander überhaupt lieben können, wenn sie unterschiedliche politische Weltbilder verfolgen. Sicher ist, dass gleiche Werte nicht unbedingt für harmonische Ehen sorgen: Selbst Wassergott Neptun musste erst einen poetischen Delfin einspannen, um die gleichgesinnte, an ihm aber nicht interessierte Wogengöttin Amphitrite zu ehelichen.
Bei Gegensätzen ist die Sache noch komplizierter: Romeo und Julia haben nur deshalb Geschichte geschrieben, weil sie die Liebe als gemeinsamen Wert über die ideologische Rivalität ihrer Familien gestellt haben.
Kampfplatz der Weltanschauungen?
Wenn die Ehe zum Kampfplatz der Weltanschauungen wird, geht das meist schief: Bier- und Wurstkanzler Gerhard Schröder trennte sich irgendwann von seiner Veggie-Hillu, und der konservative Polit-Actionheld Arnold Schwarzenegger hat seine liberale Kennedy-Nichte Maria Shriver irgendwann mit der Haushälterin betrogen.
Vielleicht wäre die Weltgeschichte anders verlaufen, wenn Eva Braun Jüdin, Margot Honecker Demokratin und Barbara Bush Muslimin gewesen wäre. Aber, liebe Freunde der historischen amour fou, die Geschichte funktioniert anders.
Gleiche moralische Grundlage
Dass Gegensätze sich anziehen, mag für vieles gelten. Und, ja, Liebe kann durchaus von politischen Differenzen beflügelt werden, aber sie müssen auf der gleichen moralischen Grundlage basieren. Politik beginnt, wenn wir sie zur Abwechslung mal ernst nehmen, am Küchentisch. Sie ist Privatsache – klar! Aber es gibt Situationen, in denen sie politisch wird.
Vielleicht unterschätzt de Maiziére den Fall Drygalla. Denn das Privatleben kann durchaus öffentlich werden. Und das sollte es auch – besonders dann, wenn es wirklich stimmt, dass Drygalla ihren Freund langfristig vom Rechtsextremismus wegbringt, und die Liebe das Paar nach Backbord steuert.
Kommentare 2
Ich kann es mir nicht nur vorstellen, sondern kenne etliche Fälle, wo man durchaus über Jahre - wie Sie auch richtig anmerken "an die eigene Substanz geht", oder durch ein größeres Ereignis (Weltkrieg, Ungarn 1956, Vietnamkrieg, 9/11, Finanzkrise) - wo man durchaus sein politisches Weltbild ändert. Auch im "höheren" Alter. Ich meine damit sowohl Fälle aus meinem privaten Umfeld (wie ich selbst...) bis hin zu bekannten Persönlichkeiten (Otto Schily, Sahra Wagenknecht, Horst Mahler, Heiner Geißler, etc. etc.) wo durchaus eine Änderung über Jahre festzustellen ist. Da ist bei einer 23jährigen Frau ja noch einiges drin!...
zum thema sippenhaft sei wikipedia zitiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Sippenhaftung.
gäbe es diese sippenhaft heute und wäre eine nazivergangenheit ein problem in diesem land, dann könnte der zitierte verteidigungsminister de maizière gar kein minister sein.
dessen vater:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_de_Maizière
"... In dieser Funktion nahm er im Frühjahr 1945 auch an den Lagevorträgen bei Adolf Hitler in der Berliner Reichskanzlei teil. ..."
... setzte seine militärische karriere nach 45 als hochdekorierter generalinspekteur der bundeswehr fort.
und jetzt soll an einer kleinen, weltanschaulich sehr wahrscheinlich kaum reflektierten, ruder-eva etwas richtiggestellt werden, das offensichtlich ein sorgsam verdrängter geburtsfehler der demokratie in deutschland ist? wie soll das funktionieren ohne von grund auf lächerlich zu sein? das hat sich sicher auch der verteidigungsminister gefragt.
abseits von all dem, es ist zunächst frau drygallas privatsache, mit wem sie eine beziehung führt.