Bei der Wahl ist Österreich weit nach rechts gerückt. So weit, dass es für die Grünen keinen Platz mehr im Nationalrat gibt: gescheitert an der Vier-Prozent-Hürde. Die Abgeordneten der einzigen Partei, die sich immer schon klar von der rechtspopulistischen FPÖ distanziert hat, räumen ihre Büros, während Kommentatoren noch die Gründe für das Scheitern sezieren. Wer ist schuld an dem Debakel? „Ich bekomme seit der Wahl permanent Nachrichten, in denen mir mitgeteilt wird, dass der Feminismus der Untergang der Grünen sei und ich das noch immer nicht kapiert hätte“, erzählt Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer.
Feminismus zählt zu den Grundwerten der österreichischen Grünen, dementsprechend wurde auch in den eigenen Reihen konsequent auf Gleichstellung gesetzt. Als einzige Partei stellten sie sich mit einer Spitzenkandidatin der Wahl, als einzige Partei waren sie mit mehr als 50 Prozent Frauen im Nationalrat vertreten. Für diesen Erfolg – immerhin lebt repräsentative Demokratie auch von der tatsächlichen Repräsentation ihrer Bürgerinnen und Bürger – gab es kaum Anerkennung. Vom kompromisslosen weiblichen Machtanspruch war da die Rede. Das ungeliebte „Gendern“: ein scheinbar grüner Wert. In Foren und sozialen Medien ergießt sich Häme über die „Weiberwirtschaft“ der „männerfeindlichen“ Partei. Die „GrünInnen“ – rechtes Feindbild Nummer eins – hätten ihre Rechnung präsentiert bekommen, kommentierte etwa FPÖ-Chef Strache auf Facebook.
Gepöbelt wird allerdings nicht nur von rechts. Der Herausgeber der linksliberalen Wochenzeitung Falter sprach in einem Kommentar von „Gendergetriebenen“, die verantwortlich für das grüne Scheitern seien, und schimpfte auf vermeintliche „Social Justice Warriors“. „Man kann die Wahl auch als Absturz bestimmter Eliten mit ihren lästigen Diskursen über das Binnen-I sehen“, vermutete hingegen ein Journalist der Tageszeitung Kurier. Feminismus wird diskreditiert und auf das Binnen-I reduziert. Auf geschlechtergerechte Sprache zu verzichten, bringe offensichtlich eine Zweitdrittelmehrheit, kommentierte Vice-Journalistin Hanna Herbst angesichts der Berichterstattung launig. Die Herren Kritiker können einstweilen aufatmen. Angesichts der bevorstehenden Rechtskoalition, deren Parteien im Wahlkampf auf Fremdenfeindlichkeit und Sozialabbau setzten, werden Binnen-I und Frauenquote ganz bestimmt in den Hintergrund treten.
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