Soll man Amnesty International nun bewundern oder bedauern? Die Menschenrechtsorganisation fasst ein glühendes Eisen an: Sie will Sexarbeit weltweit entkriminalisieren. Die Initiative geht von der Amnestyspitze um Generalsekretär Salil Shetty aus, einem Inder, der die Entwicklungsländer stärker in den Fokus rückt. Das Herausheben der Prostitution aus dem Schatten der Illegalität hat für diesen Strategiewechsel hohe Bedeutung. Denn Prostituierte, deren Arbeit unter Strafe steht, sind Freiwild ihrer Kunden – gerade da, wo die innere Sicherheit fragil ist. Das ist in der Dritten Welt häufig so.
Keiner kann behaupten, er hätte den Stein der Weisheit gefunden, um die Würde der Frau (und auch des Mannes) im ältesten Gewerbe zu beschützen. Sie bestrafen – wie in Schweden? Sie unter Verdacht stellen – wie in der halben Welt? Die Prostitution legalisieren – wie in Deutschland? Letzeres hat eine Sexindustrie boomen lassen, die viele Ziele des Prostitutionsgesetzes von 2002 ad absurdum geführt hat. Amnestys Politische Direktorin Catherine Murphy betont daher, dass Deutschlands legalisierte Prostitution gerade kein Vorbild für Amnesty war.
Einen Kollateralschaden hat die Sexarbeits-Resolution bereits erzeugt: die deutsche Sektion von Amnesty hat sich in der Debatte unmöglich gemacht. Soll man sich eigentlich mit einer Position befassen, die nicht zum Auftrag von Amnesty zählt? Das war eine der Fragen, um die sich die Deutschen stritten. Wenn freilich die grassierenden Menschenrechtsverletzungen an Frauen infolge von Prostitution nicht zum Arkanum von Amnesty gehören, dann muss man an dieser Organisation zweifeln.
Es ist ja kaum eine Verletzung von Grundrechten denkbar, die derartige Ausmaße annimmt und die so eng in das sozialkriminelle Gewebe von Machtdifferenzen zwischen Mann und Frau verwoben ist, wie die Prostitution. Acht von zehn Personen, die dem Menschenhandel zum Opfer fallen, sind Frauen. Das ist kein Zufall. Denn die Wegnahme des Frauenkörpers dient in den meisten Fällen dazu, ihn zu verkaufen. Ein halbe Million Frauen werden weltweit gehandelt oder entführt, um prostituiert zu werden. Das aber bedeutet: die Habeas-Corpus-Akte aus dem 17. Jahrhundert, der historische Beginn des Rechtsstaates, sie gilt für Frauen oft noch nicht. Kein Amnesty-Thema?
Die deutsche Amnesty-Sektion ist derart entzweit und verunsichert, dass sie in Sachen Sexarbeit eher wie eine Geheimloge wirkt. Der deutsche Beschluss der Jahresversammlung im Mai zu Sexarbeit: nicht öffentlich zugänglich. Die Delegierten des Dubliner Amnesty-Konvents der vergangenen Woche: stumme Parteisoldaten. Die Mitgliedschaft von Amnesty will zwar basisdemokratisch sein, ist aber zum Schweigen verdonnert.
Das bedeutet, die Nicht-Regierungsorganisation Amnesty verzichtet auf ihr schärfstes Schwert – und ihr einziges: die Öffentlichkeit. Die Debatte findet nun praktisch ohne Amnesty Deutschland statt. Dies geschieht in einem Land, das in dem Dezennium seit der Verarbeitsrechtlichung von Prostitution einen neuen boomenden Billigmarkt der Ware Körper&Sex hat entstehen lassen. Zu Tausenden werden junge Frauen aus Osteuropa importiert, die unter anderem im Saarland in „All-you-can-fuck“-Fabriken gepfercht werden. Die Frauen aus dieser Flatrate-Zone, sie vermissen die glaubwürdige Stimme von Amnesty Deutschland.
Kommentare 36
Sexarbeit ist nicht zwangsläufig idententisch mit Menschenhandel - das muss ins öffentliche Bewusstsein gebracht werden und zwar wieder und wieder. Wir verhindern Menschenhandel, wenn wir Transparenz ermöglichen - AUCH in diesem Metier. Die mutige Resolution von Amnesty International ist hier ein Schritt in die richtige Richtung. Nur dann, wenn es uns gelingt, Sexarbeit aus der Grauzone herauszuholen, helfen wir den Frauen die auf der untersten Stufe dieses Gewerbes stehen - den Frauen in den Billigbordellen. NUR DANN, wenn sie ihre Rechte kennen, wenn sie WISSEN, dass sie sich wehren können, und die Möglichkeit haben, diese Rechte einzuklagen, können sie ihre Situation ändern. Dazu brauchen wir kein Prostituierten"schutz"gesetz - hier genügt die konsequente Anwendung der einschlägigen Paragraphen des STGB. und ein Opferschutzgesetz, dass diesen Namen wirklich verdient, damit Geschädigte aussagen können ohne die Angst vor Abschiebung. Es ist ein Jammer, dass die deutsche Sektion von Amnesty sich hier in Schweigen hüllt - und schädlich für Amnesty International. Diese Organisation war immer ein Synonym für Zivilcourage und Mut gegenüber Diktatoren aller Art. Aber in Deutschland war Zivilcourage nie eine Tugend- und offensichtlich knickt die deutsche Sektion von Amnesty ein gegenüber der Meinungsdiktatur der Abolitionistenfront . Wenn ich es natürlich mit einem Gegner zu tun habe, der so penetrant faktenresistent ist, wie es diese Herrschaften wiederholt unter Beweis gestellt haben - die sofort eine Unterwanderung von Amnesty durch die "Zuhälterlobby" unterstellt und massenhaft mit Austritt gedroht haben, ist es kein Wunder, dass die deutsche Sektion sich in Schweigen hüllt.Aber mit so einer Haltung macht sich Amnesty in Deutschland unglaubwürdig.
Schade drum... damit sind die Sexarbeiterinnen weiterhin Freiwild - hilflos ausgeliefert dem Meinungsterror der Rettungsfurien und einer Regierung, die vor den selbst ernannten Moralaposteln aller Couleur einknickt, anstatt das Problem pragmatisch und zugunsten derjenigen anzugehen, die sie angeblich schützen, aber in Wirklichkeit kontrollieren will. Im übrigen sollte man hier anmerken, dass Vorverurteilung ala Alice Schwarzer generell mit Vorsicht zu genießen ist - wie wir kürzlich wieder einmal durch die Medien erfahren konnten...
We firmly believe and agree with Amnesty that human beings bought and sold in the sex trade, who are mostly women, must not be criminalized in any jurisdiction and that their human rights must be respected and protected to the fullest extent. We also agree that, with the exception of a few countries,governments and law enforcement grievously violate prostituted individuals’ human rights.However, what your “Draft Policyon Sex Work” is incomprehensiblyproposing is the wholesale decriminalization of the sex industry,which in effectlegalizes pimping, brothelowning and sex buying.Growing evidence shows the catastrophic effects of decriminalization ofthe sex trade. The Germangovernment, for example, which deregulated the industry of prostitution in 2002, has found that the sexindustry was not made safer for women after the enactment of its law.4Instead, the explosive growth of legal brothels in Germany has triggered an increase in sex trafficking.51Amnesty International, 32nd International Council Meeting, Circular No. 18, 2015 ICM Circular: Draft Policy on Sex Work; AI Index: ORG 50/1940/2015 2 International Labour Organization, Profits and Poverty: The Economics of Forced Labour (Geneva: ILO, 2014), http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---declaration/documents/publication/wcms_243391.pdf3Amnesty uses the term “sex work,” a term invented by the sex industry and its supporters to mainstream and normalize the inherent violence, degradation and dehumanization that defines prostitution. It is not a term that complies with the principles of human rights or with international law.4 German Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth, Report by the Federal Government on the Impact of the Act Regulating the Legal Situation of Prostitutes (Prostitution Act), (Berlin: 2007), https://ec.europa.eu/anti-trafficking/sites/antitrafficking/files/federal_government_report_of_the_impact_of_the_act_regulating_the_legal_situation_of_prostitutes_2007_en_1.pdf5 Seo-Young Cho, Axel Dreher and Eric Neumayer, “Does Legalized Prostitution Increase Human Trafficking?,” World Development 41 (2013): 75-76, http://www.lse.ac.uk/geographyAndEnvironment/whosWho/profiles/neumayer/pdf/Article-for-World-Development-_prostitution_-anonymous-REVISED.pdf2Decriminalization of the sex trade renders brothelowners “businessmen” whowith impunityfacilitate the trafficking of very young women predominantlyfrom the poorest countries of Eastern Europe and the Global South to meet the increased demand for prostitution. For instance, the 2002 German deregulationlawspawnedcountrywide brothelchainsthatoffer “Friday-night specials”6 for men who have license to purchase women for sexual acts that include acts of torture.7This prompted mainstream news outlets to tag Germany the “Bordello of Europe.”8Last year, leading trauma experts in Germany petitioned their government to repeal the 2002 law, underlining the extensive psychological harm that serial,unwanted sexual invasion and violence, which are among the hallmarks of prostitution, inflicts on women.Harm reduction is not enough, they explain; governments and civil society must invest in harm elimination.9Additionally, reports indicate that the Netherlands has also seen an exponential increase in sex trafficking that is directly linked to that government’s decriminalizationof the sex industry in 2000.10The Dutch government confirmssuch links.11Up to90%12 of the women in Amsterdam’s brothels are Eastern European, African and Asian womenwho are being patronized by predominantly Caucasian men.Without a vibrant sex industry, there would be no sex trafficking.
http://catwinternational.org/Content/Images/Article/617/attachment.pdf
Und schauen Sie sich bitte mal an, wer alles unterschrieben hat.
A primary way of protecting the human rights of commercially sexually exploited individuals is to provide comprehensive services and exit strategies, should they opt to leave the sex trade,and to hold their exploiters accountable.A number of governments have already passed legislation that reflects this gender and human rights framework.17In a 2014 resolution, the European Parliament also recognizedprostitution as a form ofviolence against women and an affront to human dignity, urging its members to pass laws that decriminalize solelythose who sell sex and criminalize solely those who purchase it.
Zum Lesen:
Report on sexual exploitation and prostitution and its impact on gender equality,
Shifting Sands: A Comparisonof Prostitution Regimes AcrossNine Countries
Wenn du deine Links nicht komplett einkopierst, sondern nur ein (Stich) - Wort und diesen dann verlinkst, wird dein Kommentar nicht abgehakt.
Gruss
Das Rumgeeiere, dass die deutsche ai-Sektion in der Frage praktiziert, ist sicher kritisch zu sehen und entsprechend zu vermerken. Allerdings kann ich ein gewisses Verständnis für diese Absicherungs-Taktik nicht verhehlen. In kaum einem westlichen Land – die USA wahrscheinlich ausgenommen – ist die Front der Moralisten und Abolitionisten derart militant aufgestellt wie in Deutschland. Der Shitstorm (wohlgemerkt: wir reden nicht über eine prostitutionsunterstützende Position, sondern lediglich eine, die Unterdrückung, Diskriminierung und Verfolgung als Mißstand angehen und entsprechend ächten will) war auch ohne zusätzliche Positionierung des deutschen Charters nicht ohne.
Ich weiß nicht, was der deutschen amnesty-Sektion um die Ohren geflogen wäre, wenn sie die Position des internationalen Dachverbands abstrichslos und offensiv unterstützen würde. Das soll kein Argument für »Kneifen« sein. Überlegungen allerdings, eine Position nicht offensiv zu vertreten, um nicht die gesamte Menschenrechts-Arbeit an die Wand zu fahren, kann ich eine gewisse Stringenz nicht absprechen.
Amnesty ist gegrn Kriminalisierung der Prostitutopn. Due indischrn heiligen Temelpristuierten sind bressefr als der Stein de Weisen, da sstimmt, den braucxht man da gar nicht. Die Frsau lässt den man frewillig "ran". Wie unvorstellbar das für viele "StellvertTRETERinnen" ist, ode "scheinunverstellbar" (heimtückiscvhe Dummheit) odtmehr aus der Hystreruedigmostik Urverdrängungszeit. Verdängte Gebärmutter - schon bei den gruevchrnb DZe hatren sauch Tempelhuren.
Prostitution in Deutschland wurde NICHT durch das Prostitutionsgesetz von 2002 legalisiert, legal war sie schon lange vorher. Das Prostitutionsgesetz von 2002 stellt allein fest, dass Prostitution nicht mehr gegen "die guten Sitten" verstößt. Die deutschen SexarbeiterInnen sind fast alle keine ArbeiterInnen, worunter man im Lohnverhältnis stehende Menschen versteht, sondern Selbstständige. Dass es in Deutschland weithin sichtbare Großbordelle gibt, liegt in keiner Weise am Prostitutionsgesetz, sondern größtenteils am Interesse, welche die Kommunen an den nicht unwesentlichen Steuereinnahmen aus diesen Unternehmungen haben. In meiner Wahlheimat Frankreich ist Prostitution von der sozialistischen Regierung noch weiter in den Untergrund verdrängt worden, wobei das "schwedische Modell" Pate gestanden hat. Es herrschen hier tatsächlich Zustände, welche einem Rechtsstaat Hohn sprechen. Hier sind die Prostituierten Gewaltakten völlig ausgeliefert. Deutschland gehört zu den wenigen Staaten, in welchen Prostituierte die Möglichkeit haben, ihre Rechte vor Gericht einklagen zu können.
Amnestie International Deutschland hat offensichtlich vor den Prostitutionsabolistionisten gekuscht, womit man sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat.
Freier kriminalisieren, Prostituierte kriminalisieren, das ist geil. Wie wäre es mit folgendem: Prostitution als ganz normalen Lehrberuf etablieren, Zuhälterei als dem Mord gleichgestelltes Verbrechen einstufen und Freier in Ruhe lassen?
Drecksdoppelmoral.
"Es ist ein Job den es immer geben wird, aber er wird sicher niemals etwas ganz normales sein."
Genau da hakt es: Warum ist etwas, dem wir unser Leben unser ganzes Lebensglück zu verdanken haben nicht normal? Antwort: Weil es ein Job ist – weil dieser Job wie jeder andere Job ans "Geldverdienen" gekoppelt ist. Würde es keinen Zwang zum Geldverdienen geben, würde sich keine Frau der Welt freiwillig prostituieren. Erst ohne diesen Zwang könnte sich so etwas wie eine auf die menschliche Libido ausgerichtete SEXUAL-KULTUR entwickeln.
Doch Kapitalismus kennt keine natürliche Sexualkultur, in der unter Wahrung der Menschenwürde alle Formen der menschlichen Sexualität toleriert werden. Seine zerstörerische Kultur ist die von Kaufen und Verkaufen, mit andern Worten – die der freien Marktwirtschaft – auf deren Grundlage man logisch nicht mehr zustande bringen konnte, als eine gigantische Sex-Industrie deren ausschließliches Ziel die industrielle Vermarktung der menschlichen Sexualität ist – eine soziale Entfremdung, die man uns auch noch mit Stolz als sexuelle "Revolution" verkaufte. Wir brauchen aber eine Geisteshaltung, die in der Sexualität kein "Geschäftsmodell", sondern ein natürliches auf Gegenseitigkeit beruhendes KOSTENLOSES VERGNÜGEN sieht.
Die wohl bedeutendste negative Leistung unserer "Zivilisation" war die "Problematisierung" der Sexualität. Der christlichen Lustfeindlichkeit und dem "freien Spiel" der Marktwirtschaft haben wir es gleichermaßen zu verdanken, dass wir uns im 21. Jahrhundert immer noch mit Prostitution und ihren Folgen herumschlagen müssen.
Amnestie International Deutschland hat offensichtlich vor den Prostitutionsabolistionisten gekuscht, womit man sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat.
Prostitutionsabolistionisten: Sie wissen vielleicht, daß der Begriff sich an die Abschaffung der Sklaverei anlehnt?
Aber keine Angst, es soll ja nur die Prostitution abgeschafft werden und nicht der Sex. Das verwechseln nämlich viele gern, besonders wenn warnend auf die Prohibition hingewiesen wird. Die hätte ja erst die Unterwelt und die Kriminalität befördert.
Stimmt schon. ABER: bei der Prohibition wurde der komplette Zugang zum Alkohol gekappt, aber Sie dürfen weiterhin Sex haben soviel Sie und mit wem Sie wollen. Ok, nicht mit allen: Minderjährige / Abhängige fallen auch weg.
Normaler Lehrberuf?
Leider ist das Utopie, da die wenigsten Frauen diesen Job freiwillig ausüben wollen. Wenn die Frauen mit Vergnügen mit den Freiern ins Bett gehen würden, bräuchten diese kein Geld bezahlen, sondern es wäre gratis für sie.
Leider wird die Realtität oft so aussehen:
Dem Vernehmen nach soll es sich bei der jungen Frau um eine aus Rumänien stammende Prostituierte handeln. Wie es heißt, sollen ihre Zuhälter sie verprügelt haben. Daraufhin sei sie – offenbar aus schierer Verzweiflung – aus dem in der ersten Etage gelegenen Fenster gesprungen und auf den gepflasterten Hinterhof aufgeschlagen. Es wird nicht ausgeschlossen, dass es sich um einen Streit um Drogengeschäfte gehandelt haben soll.
24-Jährige bei Sturz aus Fenster von Bordell schwer verletzt | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/staedte/essen/stahlstrasse-frau-stuerzt-aus-fenster-im-bordell-id11154124.html#plx119515096
Wenn die Frauen mit Vergnügen mit den Freiern ins Bett gehen würden, bräuchten diese kein Geld bezahlen
Es scheint mir plausibel, dass es bei den Dienstleistungen einer Prostituierten grundsätzlich nicht um das Vergnügen der Prostituierten geht, wie es übrigens in keinem Beruf um den Spaß geht, den der/die Ausübende daran empfinden oder nicht empfinden mag. Das unterscheidet Profis, die einem Beruf nachgehen, von Amateuren, die einem Hobby nachgehen.
Wenn wir davon ausgehen können, dass es Prostitution geben wird, völlig gleichgültig davon, wie die Gesetzeslage ist, lässt sich eigentlich leicht einsehen, dass es nur darum gehen kann, die soziale Situation der Prostituierten zu entlasten und die Unabhängigkeit von Zuhälterei zu erhöhen. Da würde die Anerkennung als "normaler" Beruf in Kombination mit einer schärferen Ächtung der Zuhälterei sicher einiges dazu leisten. Die Normalform der Organisation wäre dann vielleicht sogar ein Prostituierten-Kollektiv. Dass damit alle Probleme dieser Frauen und dieses Berufes für alle Ewigkeit gelöst sind, will ich damit gar nicht gesagt haben. Wo ist das schon der Fall.
Die Geschichte wird zweifellos nicht einfacher dadurch, dass sie in die Praktiken des organisierten Verbrechens eingebunden ist. An dieser Stelle ist der Staat ernsthaft herausgefordert und gefordert, weit über die Prostitutionsfrage hinausgehend. Ich glaube allerdings, dass Prostitution eines der am wenigsten geeigneten Gebiete ist, organisiertem Verbrechen nachzugeben. Nur dürfen sich die Maßnahmen nicht gegen die Prostituierten und auch nicht gegen gewaltlose Freier richten, sondern gegen die Verbrecher.
oder möchtest du irgendwann, wenn deine Tochter sich einen Job sucht, vom Arbeitsamt eine entsprechende Liste mit "freien Lehrstellen" zugestellt bekommen
Das kommt auf die Rahmenbedingungen an. Unter den derzeitigen Bedingungen nein, aber wenn sich diese Bedingungen ändern, und wenn man den Ämtern ins Gesetz hineinschreiben würde, dass man diesen Beruf folgenlos verweigern darf, würde ich es meiner Tochter überlassen, nach einem entsprechenden Gespräch zwecks Klärung der Motive und der Freiwilligkeit natürlich. Es wäre jedenfalls keine Frage der Moral. Prostituierte sind moralisch genauso ambivalent wie jeder andere Mensch auch, und die Ausübung dieses Berufs impliziert keinerlei verstärkte Fragwürdigkeit der Moral der entsprechenden Frau. Und keinerlei Reduktion ihres Wertes und ihrer Würde.
Organisiertes Verbrechen ist in jedem Kontext ein Problem.
Ja, aber Sonderregelungen für bestimmte Berufe sind auch nichts wirklich Außergewöhnliches. Es geht mir dabei auch nicht um eine Überformalisierung, sondern um rechtliche Absicherung. Wenn das dann wie ein Privileg aussieht, nehme ich das gern in Kauf, sofern den Frauen nur die Zuhälterei erspart werden kann. Darum geht es im Kern. Diese ganze Diskussion ist m.E. falsch aufgehängt, denn das Problem der Prostituierten ist nicht die Prostitution sondern die Zuhälterei.
"Wenn die Frauen mit Vergnügen mit den Freiern ins Bett gehen würden, bräuchten diese kein Geld bezahlen, sondern es wäre gratis für sie." Was ist das für eine verquere Auffassung von Berufstätigkeit? Mit anderen Worten: Geld als Gegenleistung für eine berufliche Tätigkeit sollte immer nur als eine Art Schmerzensgeld verstanden werden - und wenn ich einen Job habe, den ich GERNE ausübe, dann soll ich dafür Geld mitbringen? Na bravo! Auf diese Art und Weise kann ich natürlich auch jegliche Form von Ausbeutung legitimieren! Wenn ich mir anschaue, dass es mittlerweile ganze Geschäftsfelder gibt - zum Beispiel in den Medien - in denen ganze Völkerstämme von fleißigen Mitarbeitern für Gotteslohn arbeiten, "weil es doch so viel Spaß macht..." - da kommen ja völlig neue Perspektiven auf die werktätige Klasse zu! Mal davon abgesehen, dass es Jobs gibt, in denen die Entlohnung WIRKLICH nur als Schmerzensgeld zu verstehen ist (z. B. Callcenter) - aber dann möchte ich in solchen Jobs in Zukunft bitteschön etwas besser bezahlt werden - und nicht nur diesen mickerigen Mindestlohn bekommen, der zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist. Also- wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, sieht die Arbeitswelt der Zukunft SO aus: es gibt die miesen Scheißjobs - wie Toilettenfrau, Müllwerker, Tatortreinger, Abdecker, Callcenteragent etc. - die mit dem miesen sozialen Image, den schlechten Arbeitsbedingungen - aber bei denen man so richtig, richtig Kohle verdienen kann - und dann gibt es die TOLLEN Jobs mit dem hohen Sozialprestige wie Chefarzt, Anwalt, Redakteur, Fernsehmoderator - die den Leuten auch Spaß machen und die sie gerne tun - und für DIESE Jobs gibts dann kein Gehalt mehr, die werden nur noch ehrenamtlich ausgeübt von Menschen, die schon von Hause aus genug Kohle haben. Hab ich das jetzt richtig verstanden? OK - und wo siedeln Sie in diesem Spektrum die Huren an? Dürfen die Geld verdienen oder nicht?
Aber jetzt mal Spaß beiseite - in jedem anderen Beruf wird es honoriert, wenn jemand voll motiviert bei der Sache ist und seinen Job mit Lust und Liebe ausübt- und beim Erotikgewerbe soll das falsch sein...? DA ist die Welt nur DANN in Ordnung, wenn diejenigen, die diesen Job ausüben, geschundene, misshandelte, gehetzte Geschöpfe sind, die permanent in Lebensgefahr schweben? Also ehrlich gesagt: es gibt Frauen, die arbeiten GERNE als Hure. Und die finden es GAR NICHT so klasse, wenn sie immer wieder von irgendwelchen wohlmeinenden Menschen gesagt bekommen: "Verdammt noch mal, du bist ein Opfer - jetzt fang gefälligst endlich an, die mies zu fühlen und dich wie ein Opfer zu benehmen!" Ich war vor 14 Tagen beim Jahrestreffen des BeSD - die Frauen, mit denen ich dort zusammen war, hatten alle Würde, Stolz und persönliche Integrität - und das OBWOHL das Leben mit vielen von ihnen verdammt ruppig umgegangen ist.
Armutsprostitution ist auch Prostitution unter Zwang.
Das halte ich für problematisch. Armutsschlosserei ist auch Schlosserei unter Zwang. Oder Armutsreinemachefrau im Nobelhotel usw.
Das ist schwer in Worte zu fassen, Sexualität berührt halt nach wie vor einen schwer zu fassenden emotionalen Tabubereich, der wohl auch subjektiv sehr unterschiedlich empfunden wird.
Dem stimme ich grundsätzlich durchaus zu. Finde aber, der Staat sollte das jede Frau für sich selbst entscheiden lassen, nachdem er, der Staat, dafür Sorge getragen hat, dass keine Frau durch Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung in diesen Beruf gezwungen werden kann. Wie gesagt, Maßnahmen gegen die Zuhälter, nicht gegen die Prostituierten oder Freier (gegen letztere nur im Rahmen des normalen Strafrechts, also wenn sie übergriffig werden).
Damit die Diskussion nicht zu strong wird, hier ein kleiner Aufmunterer von Lemmy & Anhang:
@tillebrei
"...irgendwer muss Häuser bauen, Müll entsorgen, Nahrung produzieren..."
Ja, natürlich. Dies muss aber nicht unbedingt mit "Geldverdienen" zusammengehen.
"Frauen haben es schon immer auch für Luxus und Einfluß getan"
Allein was die historische "Sozialisation" von Frauen anbelangt, dürfte nur ein verschwindender Teil der Frauen dieses Ziel anstreben – was übrigens in einer vom Geld-Fetisch beherrschten Gesellschaft durchaus mit "Geldverdienen" zu tun hat.
"Welches Ausweichsystem schwebt dir denn vor?"
Wenn die heutigen Gesellschaften durch die verkehrende zerstörerische Bewegung des Geld-Fetisch negativ vergesellschaftet sind und folglich im Weltmaßstab an historische Grenzen stoßen, dann steht eine gesellschaftliche Planung jenseits von Markt und Staat, jenseits von Wert und Geld auf der Tagesordnung, unabhängig davon, wie man ein solches "Ausweichsystem" nennen mag – daran führt meiner Meinung nach kein Weg vorbei.
"Du verkennst die Tatsache, dass ständig ein nenneneswerter Teil der Menschen ohne Partner ist und dieses kostenlose Vergnügen eben nicht hat."
Dazu fällt mir ein Spruch von Marx ein: "Wenn du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, d. h., wenn dein Lieben als Lieben nicht die Gegenliebe produziert, wenn du durch deine Lebensäußerung als liebender Mensch dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist deine Liebe ohnmächtig, ein Unglück."
Und Du meinst also, für unglückliche ungeliebte Menschen sind ungeliebte und unglückliche sich prostituierende Frauen zuständig bzw. ist Prostitution notwendig? Ungeliebte Menschen wird es auch in einer Gesellschaft ohne Geld-Fetisch geben. Ob sich aber auch Frauen finden lassen, die ohne Bezahlung "Liebesdienste" für Menschen leisten die sie nicht lieben, das sei mal dahingestellt.
Fantastisch, welche Feinutopien sich am grünen Reißtisch so ergeben.
Da macht sich einer nicht nur Gedanken, für wie viel – nämlich für lau – Müllmänner im Reich Utopia den Dreck wegkarren (»(…) Dies muss aber nicht unbedingt mit ›Geldverdienen‹ zusammengehen«). Auch für das Reich der Sexualität ist bereits bis aufs i-Tüpfelchen genau festgelegt, wer mit wem unter welchen Umständen in die Kiste steigen darf und wer nicht. Das Ganze, unglaublich, auch noch mit Marx-Zitat. (Ich dachte bislang, der Mann sei Philosoph und Ökonom. Anscheinend war Karl Marx jedoch – man lernt nie aus – ein früher Epigone von Dr. Sommer. ;-)
Richtig Hammer finde ich allerdings den mittleren Teil: »(…) dann steht eine gesellschaftliche Planung jenseits von Markt und Staat, jenseits von Wert und Geld auf der Tagesordnung, unabhängig davon, wie man ein solches ›Ausweichsystem‹ nennen mag – daran führt meiner Meinung nach kein Weg vorbei.« Jenseits von Markt und Staat reicht nicht, wie der unbedarfte Zeitgenosse erfährt; Wert und Geld müssen auch gleich mit dran glauben. Geloost hat aber auch im voll entwickelten Voll-Kommunismus eine Gruppe – wenn Deutsche anfangen zu denken, kann schlechterdings kaum etwas anderes rauskommen. Kann man das Schicksal der »Ungeliebten« (manno, was für eine Terminologie) nicht dem Voll-Kommunismus überlassen und dann mal sehen, was rumkommt? Nee – da wird bereits im Jahr 2015 (also noch im voll entwickelten Neoliberalismus) prognostiziert, dass die vom Leben in 10.000 Jahren – Sorry: vom Kommunismus – nix zu erwarten haben.
Danke für diese Belehrungen. Wenn ich linksseitig nicht so gefestigt wäre, würde ich spätestens im Anblick dieser sogenannten linken »Utopien« schreiend zu Pegida abhauen.
Obendrüber stehender Kommentar war als Antwort auf Ihren Beitrag gemeint.
So gilt es in der Stahlstraße als offenes Geheimnis, dass die rumänischen Prostituierten offenbar mit Drogen gefügig gemacht werden. Immer wieder fällt das Wort Menschenhandel.
Ärger über Niedrigpreise und Mitleid mit den Mädchen
Anderswo in der Stahlstraße firmieren die Häuser nicht etwa unter dem Begriff Bordell, sondern als „Zimmervermietung“. Die Prostituierten verfügen als selbstständige Sex-Arbeiterinnen über eigene Haus- und Zimmerschlüssel und können die Räumlichkeiten betreten und verlassen, wann sie wollen. Zuhälter, so heißt es, gebe es dort aus Prinzip nicht. Anders im Haus Nummer 60. Dort stehe hinter jeder Prostituierten ein Zuhälter. „Die Frauen werden in Geländewagen mit getönten Scheiben vorgefahren, es gibt einen ständigen Wechsel“, sagt ein Kenner. Um sie daran zu hindern, sich aus dem Staub zu machen oder gar nur zum Einkaufen in die nahegelegene Innenstadt zu gehen, würden die Zuhälter nicht nur Personalausweise und Reisepässe, sondern sogar ihre Kleidung einbehalten.
Fenstersturz einer Prostituierten beschäftigt Milieu an Stahlstraße | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/staedte/essen/fenstersturz-einer-prostituierten-beschaeftigt-milieu-an-stahlstrasse-id11160299.html#plx1876946489
@Richard Zietz
Ihren hilflosen Anti-Kommunismus können Sie sich sparen. Vielmehr sollten Sie sich mit Werttheorie befassen, dann wären Sie nicht gezwungen hier unqualifizierte Kommentare abzugeben.
Wann tritt – laut Werttheorie – der Kommunismus ein? Schon genauere Zahlen?
Viel Spass, aus deinem Alltag
https://www.youtube.com/watch?v=U21GF3047cg
https://www.youtube.com/watch?v=TnWRx-3s-Ag
https://www.youtube.com/watch?v=9yJWvphsa3A
https://www.youtube.com/watch?v=88FojG1lWsA
Und da koennte man noch das ein oder andere Video Doku einfuegen...
Die aus meinem Lande-Dokus, also da wo ich mich aufhalte und auskenne, werde ich nichts hinzufuegen, so etwas kann sehr gefaehrlich werden...
Kurzverlinkt
Furchtbares Zeuch's ...
Wenn ich bei Ihnen "Werttheorie" lese denke ich sofort an Saturn Hansa...
Lieber Tlacuache,
wenn die von dir verlinkten Zustände – oder auch Vorfälle wie die in der Bremer Stahlstraße – das Problem wären, wäre die ganzganzgroße Koalition zur Abstellung respektive Bekämpfung kein Problem – inklusive Sexworkinnen wie Lady Hecate, amnesty, Linkspartei und so weiter. (Probleme sähe ich da allenfalls bei der konservativen Hardliner-Ecke und den Ordnungsbehörden, die in der aktuellen Anti-Prostitutions-Koalition mit an Bord sind).
Wir wissen beide, dass dem nicht so ist. Was unter anderem Ursache auch dafür ist, dass in diesem Artikel – großteils bewußt – aneinander vorbeigeredet wird. Für die Bekämpfung von Sexsklaverei und Frauenhandel braucht es a) eine gesellschaftliche Basis, die das unterstützt, b) politischen Willen (auch auf internationaler Ebene), c) die entsprechenden Taten. Die aktuelle Diskussion hingegen nimmt die (teils) mafiösen Verhältnisse lediglich als Anlass – als Anlass, um eine moralische Agenda durchzudrücken (mehr Kontrollen, mehr Polizei, mehr Repression). Dass diese Lösungen das Desaster komplett machen, wissen – zumindest – wir beide ebenfalls: Theodora – um ein Beispiel aus der verlinkten Doku aufzugreifen – werden die deutschen Maßnahmen ebensowenig helfen wie die in Belgien oder Frankreich.
Man kann das alles als Kollateralschaden betrachten wie beispielsweise das kampagnenführende Medium Emma. Mir jedenfalls ist diese zynische, mit viel Bigotterie angereicherte Haltung zutiefst zuwider. Darüber hinaus sehe ich auch nicht, dass sie auch nur in einem der reklamierten Punkte irgendwas Positives bewirken würde.
Off Topic Herr Zietz,
ich waere wie meine Alten ein guter Lohnschreiber geworden, der Alte hat mit Journalismus richtig Kohle gemacht, die Alte hat sogar Preise gewonnen, Sie haben nur vergessen das Balg zu erziehen. Da ich nicht die richtige Ausbildung hatte, naemlich gar keine, musst du mir jetzt schon mal mit einem 100 EUROscheinchen wedeln dass ich dir darauf richtig antworte, im Freitag mache ich nur HEADLINES 0.2 weil es mir Spass macht.
Ich koennte das Thema derartig zerupfen das an der Emma kein Federchen mehr dranbleibt, in sofern...
Viel Spass
Boehse Onkels halt...
Dann zerrupf’ doch. P. s.: Mir zahlt der Augstein auch keine Talerchen – so dass mir als Motiv beim Zerrupfen, Anpreisen oder whatever auch nur der Spaß an der Freud’ bleibt.
P. s: Die bürokratischen Hürden hierzulande für gesellschaftlich erlaubten Sex aus »Liebe« kenne ich zumindest aus dem engeren Bekanntenkreis. Als Kommentar hier nur so viel: Mich wundert, dass angesichts dieser Sesselpupser-Dichte in Germany überhaupt noch jemand heiratet.
Hochwohllöblicher Mitforist - niemand BEZWEIFELT, dass im Bereich Erotikgewerbe jede Menge Schweinereien und Menschenrechtsverletzungen hinter den Kulissen ablaufen. Und ich am allerwenigsten. Aber man möge doch BITTE nicht permanent pars pro toto argumentieren und durch die Bank die Gleichung aufmachen Erotikgewerbe = Menschenhandel. Ich wiederhole NOCHMALS: die von Ihnen angeprangerten Mißstände lassen sich mit den bereits existierenden Paragraphen des StGB ( §232- Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung,§239 - Freiheitsberaubung, §177 - sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) bekämpfen - vorausgesetzt, es ist der WILLE da, gegen die Misstände vorzugehen. Im übrigen: Auf jeder Großbaustelle gibt es Razzien , in denen nach Schwarzarbeitern gefahndet wird - und eine Kollegin, die regelmäßig in einem Bordell in München als Gast-Domina arbeitet, ist schon MEHRMALS in eine unangemeldete Razzia hineingeraten. Also: wo ein Wille, da ein Weg. Unsere Justiz HAT bereits das nötige Instrumentarium - wenn es nicht angewendet wird, muss es logischerweise am mangelnden Willen liegen. Und die Herrschaften, die sich hier und anderswo ebenso wortreich wie eloquent für Prostitutionsverbot und Freierkriminalisierung einsetzen, täten besser daran, sich für ein Opferschutzgesetz stark zu machen, das diesen Namen wirklich verdient. Damit Geschädigte vor Gericht aussagen können ohne die Angst vor einer anschließenden Abschiebung. Aber um hier etwas bewirken zu können, muss man etwas dickere Bretter bohren als die Frau Alice Schwarzgeld und ihr gutsituierter gutbetuchter Anhang. Nur in wohlfeiler sittlicher Entrüstung machen langt da nicht. Es gibt nur eine wirkliche Lösung des Dilemmas: wir müssen die Sexarbeit aus der gesellschaftlichen Grauzone herausholen. Das Abschieben ins Zwielicht und an die gesellschaftlichen Randzonen begünstigt die Gewalt gegen die Frauen in diesem Metier.
"...bitte benutze doch die Antwort-Funktion..."
Sorry, für meine digitale Blindheit.
"...hoch spezialisierten Gesellschaft..."
Die "arbeitsteilige hoch spezialisierte Gesellschaft" hat in den letzten 30 bis 40 Jahren durch den Einsatz der Mikroelektronik nachweislich ihre Produktivität nahezu um das Dreifache gesteigert. Eine Entwicklung, die längst über die gesellschaftlichen Infrastrukturen als Konsequenz der "Verwissenschaftlichung" der Produktion und somit über die Form des Werts hinausgewachsen ist – faktisch "Geldverdienen" obsolet gemacht hat.
"Ja, ja, die Sozialisation"
So wie die angeblich allgemeine sexuelle Zurückhaltung der Frau im Vergleich zum Mann in der öffentlichen Meinung fälschlicherweise ontologisch begründet wird, in Wirklichkeit aber der historischen sexuellen Unterdrückung der Frau und dem daraus resultierenden "typisch" weiblichen Verhaltensmuster geschuldet ist. Es geht mir nicht um die "Erziehung" von Menschen, und schon gar nicht zum "sozialistischen Menschen", sondern um das warenförmig domestizierte und kritiklose Subjekt zum Nachdenken zu bringen – z.B. wie man den sinnvollen und sachlich diversifizierten Einsatz von natürlichen, technischen und intellektuellen Ressourcen sozialpolitisch auf den Weg bringen kann.
"...die Nachfrage wird natürlich bleiben..."
Ja sicher, der menschliche Geschlechtstrieb und seine Befriedigung wird logisch immer Grund menschlicher Existenz sein. Aber seine Formen, zu der auch die Prostitution zählt, werden sich verändern wenn der Zwang zum "Geldverdienen" wegfällt. Wie man weiß, definiert sich Prostutition bildungssprachlich als sich erniedrigen, sich herabwürdigen, sich hergeben, sich zur Verfügung stellen, sich für Geld anbieten, käuflich sein. Ergo muss sich in einer Arbeitsgesellschaft die ausschließlich auf Kaufen und Verkaufen beruht, die Masse ihrer lohnabhängigen Mitglieder ökonomisch prostituieren.
"Eine ungefähre Vorstellung wie deine neue Gesellschaftsordnung aussehen soll, hast du doch, oder?"
Nein – ich kann Dir leider keine umfassende Blaupause bzw. eine beigepackte sozialökonomische Gebrauchsanweisung einer neuen Gesellschaftsordnung abliefern. Wer eine solche Gebrauchsanweisung einfordert, verlangt unbewusst, dass selbst noch die Überwindung der Marktgesellschaft nach dem gewohnten Muster des Kaufens und Verkaufens vonstatten gehen soll.
"Klingt sehr nach Marx"
Was hast Du gegen Marx? Gerade heute ist er aktueller denn je.
"Wenn man dann fragt wie der/die Person sich das praktisch vorstellt, kommen fast immer nur Ausreden. Bei dir offenbar auch."
Tut mir leid, dass ich Dich entäuschen musste. Die Frage nach der Praxis ist höchst unrealistisch. Du erwartest von mir etwas, zu was kein Mensch in der Lage ist.
"Wenn man nicht drüber nachdenkt und lieber einen auf "kritische Theorie" macht"
Hier liegt ein Missverständnis vor. Die Rede ist nicht von der Frankfurter Schule. In meinen Ausführungen geht es um WERTKRITIK – die Kritik des modernen Fetischismus, um die Kritik der Warenproduktion als System, um die Kritik der "Verwertung des Werts" als "automatisches Subjekt" der Gesellschaft. Sie ist kein Angebot, sondern ein Spiegel der Selbsterkenntnis, eine Wut des Begreifens und eine "Aufforderung zum Tanz" mit ungewissem Ausgang. Diese Kritik kann die negativen und destruktiven Erscheinungen des Kapitalismus wie sie von den Menschen in irgendeiner Weise erfahren werden, erklären und auf den Begriff bringen, analysieren und die Notwendigkeit seiner Überwindung begründen. Diese Begründung der Kritik ist aber etwas ganz anderes, als eine "Skizze" oder gar Gebrauchsanweisung für den korrekten Aufbau einer "idealen" und womöglich "widerspruchsfreien" Gesellschaft, ein Reißbrettentwurf für eine Gesellschaftsarchitektur nach irgendeinem Modell des Menschen, wie er zu sein hätte.
Niemand kann ehrlicherweise für sich beanspruchen zu wissen, wie das Leben von Zigmillionen Menschen zu organisieren wäre, wenn das Geld seine Funktion verloren hat. Zumindest könnte die Kenntnisnahme und Anerkennung des Problems ein guter Anfang sein. So wie auf eine Zeit nach dem Öl sollten wir uns auf eine Zeit nach dem Geld vorbereiten.
"Über was reden wir dann?"
Ja, über was reden wir dann? Über radikale Wertkritik von der Du scheinbar NULL Ahnung hast.
Du schlägst immer in dieselbe Kerbe. Nur destruktive nach links ausschlagende Ablehnung ohne etwas zu sagen. Die Wertkritik ist ein Thema, das im öffentlichen Diskurs überhaupt nicht stattfindet und erst dort etabliert werden muss. Das ist zunächst die Aufgabe die sich stellt. Wie heißt es so schön: Ohne revolutionäre Theorie, keine revolutionäre Praxis.
Dieter Süverkrüp: Die Kunst, Andersmeinende für den Sozialismus zu gewinnen
Die letzten 10 Absaetze unterschreibe ich.
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