Klimakonferenz ohne Meinungsfreiheit? Die COP28 in Dubai scheitert, bevor sie beginnt
Meinung Wie soll man sinnvoll über die Bekämpfung des Klimawandels diskutieren, wenn eine Klimakonferenz in einem Öl-Staat stattfindet, wo es keine Meinungsfreiheit gibt und Dissidenten inhaftiert werden?
Eine Erderwärmung katastrophalen Ausmaßes abzuwenden, das kann nur eine aktive und handlungsfähige Zivilgesellschaft. Die bevorstehende Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP28) in Dubai wird ziemlich sicher einen weiteren Beweis dafür liefern, dass wir scheitern werden, wenn wir uns auf schwerfällige, große Institutionen wie nationale Regierungen und multinationale Konzerne verlassen.
Die großen Ölfirmen wissen seit den 1970er Jahren, dass ihr Geschäft zum Klimawandel beiträgt; dennoch bohren und fördern sie weiter und immer weiter. Und obwohl viele Staaten mit der Verabschiedung der UN-Klimarahmenkonvention und des Pariser Klimaabkommens auf dem Papier Verantwortung für das Problem übernommen haben, zeigt der jüngst
Pariser Klimaabkommens auf dem Papier Verantwortung für das Problem übernommen haben, zeigt der jüngste Production Gap Report, wie wenig diese Verpflichtungen in der Praxis bedeuten. In den Jahren bis 2030 wird die Produktion der 20 größten Förderländer für fossile Brennstoffe mehr als doppelt so hoch sein, wie es mit einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5° Celsius vereinbar wäre.Die Selbstregulierung durch Regierungen und Ölfirmen reicht bei Weitem nicht aus, nicht zuletzt, weil die beiden in vielen Fällen überlappen und ein und dasselbe sind. Schon viel zu lange haben beide versucht, die Sorgen der Öffentlichkeit durch Greenwashing-Kampagnen und dem Versprechen künftiger Wundertechnologien wie der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung zu besänftigen. Und wenn ein Teil der Öffentlichkeit durch solche Tricks nicht beschwichtigt werden kann, dann sind viele Staaten und Unternehmen nur allzu bereit, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit zu unterdrücken.Ohne Raum für die Zivilgesellschaft über Lösungen diskutieren? Da bleiben Ölfirmen und Ölstaaten unter sichNur durch kollektives Handeln und die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Politikgestaltung können Regierungen dazu gezwungen werden, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, die Energiewende zu unterstützen und die Menschenrechte in einer Welt mit immer extremeren Wetterbedingungen zu schützen. Aber die Zivilgesellschaft kann ohne Öffentlichkeit nicht gedeihen – ohne öffentliche Foren, in denen Bürgerinnen und Bürger gemeinsam die Mächtigen kritisieren und unter Druck setzen können, ohne Angst oder Einschüchterung und Repression. Auf der COP28 wird es außerhalb der geschützten Grenzen der „blauen Zone“ der UNO so gut wie keinen zivilgesellschaftlichen Raum geben.Dubai ist eine der teuersten Städte der Welt, was bedeutet, dass Unterkunft und Verpflegung für die meisten Menschen unerschwinglich sind, vor allem für die Armen und Marginalisierten, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind. Aber sowieso ist es in den Vereinigten Arabischen Emiraten illegal, die Regierung zu kritisieren oder etwas zu sagen, das als gegenläufig zum „öffentlichen Interesse“ angesehen wird. Auch Ausländer werden immer wieder inhaftiert, nachdem sie sich öffentlich äußern. Kleinere Anzeichen von Dissens während des Arabischen Frühlings 2011 wurden schnell und gewaltsam unterdrückt. Bis heute bleiben zahlreiche Menschenrechtsaktivisten und Dissidenten willkürlich inhaftiert, darunter 60 Mitglieder der „VAE-94“, die 2013 vor Gericht gestellt wurden. Vier Jahre später verhafteten die VAE Ahmed Mansoor, den einzigen verbliebenen Emirati, der sich öffentlich für die Menschenrechte im Land einsetzt.Die Regierung hat diese Art der Repression im Vorfeld der COP28 fortgesetzt. Sie hat die Kommunikation zwischen vielen Gefangenen und ihren Familien unterbrochen, sie hat Emiratis, die in die VAE abgeschoben wurden, nachdem sie im Ausland Zuflucht gesucht hatten, strafrechtlich verfolgt und sie hat Forderungen der UNO nach Freilassung von Gefangenen aus Gewissensgründen zurückgewiesen.In den Emiraten werden Dissidenten überwacht und inhaftiertDie VAE sind auch bekannt und berüchtigt für ein krasses Ausmaß an elektronischer Überwachung. Mansoor ist nur einer von vielen Menschenrechtsverteidigern, die mithilfe von Spionagesoftware von Cyberüberwachungsunternehmen wie der NSO Group und Hacking Team überwacht wurden.Solche Übergriffe reichen aus, um ein Klima der Angst unter Aktivistinnen und Aktivisten zu schaffen, die an der COP28 teilnehmen wollen. Die VAE versprechen zwar, „Raum für Klimaaktivisten zur Verfügung zu stellen, um sich friedlich zu versammeln und sich Gehör zu verschaffen“, aber es bleibt abzuwarten, wie dies in der Praxis aussehen wird. Welchen Risiken setzen Aktivisten sich aus, wenn sie die miserable Rechtslage in den VAE oder das Versäumnis, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, anprangern? Wir wissen es nicht, da das UNFCCC-Sekretariat und die VAE nicht einmal das Gastlandabkommen offengelegt haben – eigentlich ein Mindeststandard an Transparenz für jede COP.Natürlich sind die VAE mit ihrer feindseligen Haltung gegenüber der Zivilgesellschaft nicht allein. Überall auf der Welt gehen Länder hart gegen Demonstranten vor, wenden geltendes Recht falsch an, um abweichende Meinungen zum Klima zu unterdrücken, und erlassen neue Gesetze, um Proteste zu kriminalisieren – oft aufgrund von Lobbyismus mächtiger Fossil-Firmen. Einige dieser Gesetze zielen direkt auf Klimaaktivisten ab, was darauf hindeutet, dass Gipfeltreffen wie die jährlichen COPs für repressive Regierungen ein Ärgernis darstellen.Obwohl 2023 ein Jahr voller Extremwetter war und sein wird, obwohl jetzt schon sichtbar ist, wie verheerend der Klimawandel sich auswirken wird, ist es unwahrscheinlich, dass die COP28 zu einem sinnvollen Ergebnis kommen wird. Das ist ebenso ungerecht wie tragisch. Die Menschen, die am meisten unter dem Klimawandel leiden, sind keine Staatsoberhäupter oder Bosse von Ölfirmen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten und auf der ganzen Welt sind diejenigen, die die Hauptlast der Krise zu tragen haben, oft dieselben Menschen, die von ihren Regierungen ausgegrenzt und diskriminiert werden.Da es auf der COP28 um ihre Zukunft geht, sollte auch ihr Engagement, ihr Aktivismus und ihre Forderungen nach Rechenschaft im Mittelpunkt stehen. Nur die Zivilgesellschaft kann Greenwashing aufdecken und Gegenmaßnahmen gegen die Erderwärmung einfordern. Internationale Konferenzen, auf denen über eine existenzielle globale Bedrohung diskutiert wird, sind nur dann sinnvoll, wenn jeder auch die Freiheit hat, Kritik zu üben, sich friedlich zu versammeln und zu demonstrieren. Repressive Gesetze, ein Klima der Angst und inhaftierte Dissidenten im Inland erfüllen nur den Zweck, den Status quo zu zementieren.
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