Klima-Religion: Warum wir nicht versuchen sollten, die Erderwärmung zu stoppen
Anthropozän Wir leben über die Verhältnisse des Planeten! Und müssen daher zurück zu einem Einklang mit der Natur: Die meisten Menschen würden heute solche Sätze unterschreiben. Dabei sind sie vollkommen falsch
Die Klimakatastrophe bedroht alles Leben auf der Erde. Sie betrifft jeden Menschen. Wir müssen endlich damit aufhören, die Natur zu zerstören. Stattdessen sollten wir ein Leben im Einklang mit der Natur anstreben und das natürliche Gleichgewicht des Planeten bewahren. Inzwischen würden die meisten Menschen jedem dieser Sätze zustimmen. Ohne zu zögern und nachzudenken. Dabei ist jeder dieser Sätze falsch.
„Wahr“ sind sie höchstens in einem spirituellen Sinne, so wie die Glaubensbekenntnisse der Kirchen für deren Anhänger einen spirituellen Wahrheitsgehalt besitzen. „Klima“ ist unsere neue Religion. Und wie bei anderen Religionen geht es auch dabei um Schuld und Sühne. Das ist gefährlich. Im gebeugten Gan
Das ist gefährlich. Im gebeugten Gang führt kein Weg aus dem Schlamassel, das wir angerichtet haben. Uns fehlt der Glaube in die ordnende Kraft des Menschen. Statt „Zurück zur Natur“ sollte unser Motto lauten: „Zurück in den Garten“. Das passt auch besser. Denn das Paradies, aus dem wir uns vertrieben wähnen, war keine Landschaft. Es hatte mit der Natur in ihrem natürlichen Zustand nichts zu tun. Es war ein Garten.Am besten wäre, es gäbe keine MenschenWir plagen uns mit unserem schlechten Gewissen gegenüber Mutter Natur. Immer fühlen wir uns in ihrer Schuld. Aber ganz gleich, wie sauber wir den Müll trennen, diese Schuld wäscht sich nicht ab. Denn die Sünde besteht bereits in unserer Existenz. Wirklich gut kann der Mensch nur als nicht-existierender Mensch sein. Wir sind nicht nur Sünder – sondern selbst die Sünde. Das unterscheidet „Klima“ erheblich von anderen Religionen – in denen freut sich der Schöpfergott wenigstens hin und wieder an seiner Kreatur. Die Mutter Natur hingehen, die uns vorschwebt, wäre ihre Kinder am liebsten wieder los.Am besten, es gäbe uns nicht. Mit dem Gedanken wachen wir auf und gehen zu Bett. Darum ist der junge Mensch, der „in diese Welt“ keine Kinder mehr setzen will, inzwischen zu einem festen Topos der klimakatastrophalen Medien geworden.Was sollen wir tun? Wir ergehen uns in Ritualen. Dazu ist unsere Befassung mit dem Klima geworden: zum Ritual. Wir reden unablässig darüber – aber wir tun wenig. Wir bringen immer mehr Flaschen zum Recycling – um bloß den wirksamen Maßnahmen gegen die ökologische Katastrophe auch künftig ausweichen zu können. Sie würden eine viel zu drastische Änderung unserer Lebensführung von uns verlangen. Wir leiden unter unserem schlechten Gewissen, aber wir ziehen es vor, im Stand der Schuld zu verbleiben. Wie jeder gute Katholik. Es lässt sich gut leben in dieser Dichotomie von Anspruch und Wirklichkeit – wenigstens für jene, die auf der Sonnenseite des Klimawandels stehen.Der Papst sagt zwar: „Die heutige ökologische Krise, insbesondere der Klimawandel bedroht die gesamte Zukunft der menschlichen Familie.“ Joe Biden sagt das auch und Luisa Neubauer und Greta Thunberg sowieso. Allein – das stimmt nicht so ganz. Wir tun so, als gingen die Veränderungen der Umwelt alle Menschen gleichermaßen an. In Wahrheit hat aber mit dem Klimawandel der Klassengegensatz nur eine neue Dimension gewonnen. Es ist schon richtig, dass die Klimakatastrophe uns miteinander verbindet. Aber nur in dem Sinne, dass wir alle miteinander und untereinander vergleichbar werden in Bezug auf die Frage: Was bedeutet es für Dich?„Die Katastrophe“ – das gibt es nichtDenn jeder einzelne Mensch hat seine eigene Stufe auf der Überlebensleiter in einer klimakatastrophalen Welt. Und je reicher einer ist, desto größer kann die Katastrophe sein, der er noch entkommt. Am Ende dieser Arithmetik der Ungleichheit stehen buchstäblich vier, fünf Menschen, die es sich leisten werden, mit ihrem eigenen Raumschiff den unbewohnbaren Planeten zu verlassen.Wir lassen uns jetzt in Überlebensgruppen einteilen: Den Menschen in Europa wird die Klimakatastrophe weniger anhaben als denen in Südostasien. Den Menschen im Norden weniger als denen im Süden. Den Reichen weniger als den Armen. Den Gesunden weniger als den Kranken. Die Ungleichverteilung der Risiken, die Unterschiede in der Exposition, sind so eklatant, dass sich die Frage stellt, wie wir überhaupt von „der Klimakatastrophe“ reden können. Wer daran Zweifel hat, möge die deutsche Flutkatastrophe an der Ahr von 2021 – für deutsche Verhältnisse wirklich schwerwiegend – mit der in Pakistan vom vergangenen Jahr vergleichen.Die Wissenschaft spielt hier keine gute Rolle. Sie liefert Erkenntnisse, so gut sie kann. Und diese Erkenntnisse haben zwar für alle Menschen dieselbe Gültigkeit, aber sicher nicht dieselbe Bedeutung. Doch dafür fühlt sich die Wissenschaft sonderbar unzuständig. Das ist kein Zufall: Die Wissenschaftlerinnen wollen die Wucht ihrer Ergebnisse nicht relativieren. Ohne diesen Unterschied nämlich verlieren die wissenschaftlichen Erkenntnisse beinahe ihren gesamten Wert. Der Umgang mit dem Corona-Virus war dafür ein gutes Beispiel.Nur wenige Menschen haben sich für dieses Virus interessiert. Also für das Virus selbst, wie es aussieht, wie stabil die Konformation seines Spike-Proteins ist und so weiter. Die Leute wollten wissen, wie gefährlich es ist. Aber auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort, wie ein Blick auf die entscheidende Frage nach der Sterblichkeit zeigt. Zwischen Dezember 2020 und Januar 2021 starben in Deutschland mehr als 42.000 Menschen an oder mit Covid-19. Aber in sozial benachteiligten Regionen lag die Sterblichkeit rund 50 bis 70 Prozent höher als in Regionen mit geringer sozialer Benachteiligung. Angesichts eines so drastisch ungleich verteilten Risikos war eigentlich schon der Begriff Pandemie irreführend.Pandemie, griechisch, heißt ja: das ganze Volk betreffend. Die amerikanische Philosophin Judith Butler hat während der Corona-Krise geschrieben: „Eine Pandemie verbindet die Menschen durch die Erfahrung von Infektion und Genesung, Leid und Hoffnung, Immunisierung und Sterblichkeit.“ Aber wenn man sich die soziale Bedingtheit der pandemischen Realität ansieht, dann war Butlers Aussage nur in einem so extrem oberflächlichen Maße richtig, dass sie eigentlich kolossal falsch war. Denn in Wahrheit ist das Virus – und mit ihm die gesamte Natur – nur eine soziale Konstruktion. Es „gibt“ das Virus für den Menschen überhaupt nur in Bezug auf den Menschen. Und das selbe gilt für die Natur. Alles andere ist Esoterik.„Einklang mit der Natur“? – eine UnmöglichkeitDass dieser Umstand einer so klugen Frau wie Judith Butler entgangen ist, lässt sich schwer vorstellen. Es wird wohl eher so sein, dass sie absichtsvoll darüber hinweggesehen hat, weil ihr zum Beispiel im Zusammenhang mit Corona in Wahrheit das Virus selbst auch ziemlich egal war. Ihr – und ganz vielen anderen in der Corona-Debatte – ging es um unsere Art zu leben, um lauter Dinge, die mit dem Virus unmittelbar gar nichts oder nicht so viel zu tun haben. Aber wenn man das alles miteinander verknüpft, kann man das Virus bekämpfen und den Kapitalismus, den Kolonialismus und den Individualismus gleich mit. Im Rückblick muss man sagen, das hat nicht so gut funktioniert: Die Welt läuft im Grunde weiter wie zuvor, nicht mal das Homeoffice konnte sich durchsetzen.Das bedeutet aber nicht, dass man es mit der Klimakatastrophe nicht noch mal versuchen könnte: Da gibt es noch viel größere Chancen für die Weltverbesserung, weil es ja buchstäblich um alles geht, Mensch, Tier, Pflanze, Planet. Oder, wie die deutsche Philosophin Eva von Redecker es formuliert: „Können wir auf diesem Planeten leben, ohne in ständigem Terror nur mühsam seinen Katastrophen entgegenzuarbeiten, können wir hier so bleiben, dass wir auch frei bleiben, dass wir Zeit im Überfluss genießen, dass wir hinaufschauen können in einen Himmel, in dem Schwalben tanzen?“Die Idee, aus dem drohenden Chaos die Kraft für eine neue Harmonie zu schöpfen, endlich einen Einklang herzustellen, nicht nur der Menschen miteinander, sondern auch der Menschen mit der Natur, die wirkt wie aus einer lange vergangenen Zeit herübergeweht. „Erlösung durch Sünde“ ist ein kabbalistisches Konzept: Da ist ein Gebot, das wird überhaupt erst durch seine Übertretung erfüllt. Wir haben die Welt verdammt, jetzt schulden wir ihr die Erlösung. Das sind die Kategorien, um die es in der neuen Klimareligion geht. Ein Zitat aus einem Spiegel-Online-Kommentar von Ende August 2023: „Meine Generation hat große Schuld auf sich geladen. Das anzuerkennen, ist schmerzlich. Doch die Katharsis ist befreiend. Sie ermächtigt, aktiv zu werden für eine lebenswerte Zukunft.“Man fragt sich, wie die 800 Millionen Chinesen das sehen, die in den vergangenen Jahrzehnten auf ihrem Weg aus der Armut beachtliche Mengen an CO₂ in die Atmosphäre gepustet haben. Sollen die sich auch schuldig fühlen? Oder dürfen die sich freuen, dass ihre Kinder nicht verhungert sind, sondern zur Schule gehen können?Die Wahrheit ist: Es gibt für den Menschen kein Leben im Einklang mit der Natur. Und das war immer so. Seit es Menschen gibt, war die Natur dem Menschen ein Feind: Hunger, Krankheit, Kälte, und wer über 30 wurde hatte Glück – das war das Schicksal der meisten Menschen für die längste Zeit ihrer Existenz auf dieser Erde. Jede Besserung seiner Lage musste der Mensch sich mühsam erarbeiten, erkämpfen, der Natur abtrotzen. Denn der Natur ist es vollkommen gleichgültig, ob es uns gibt und wie es uns geht. Es besteht zur Sentimentalität kein Anlass.Nun verändert sich um uns herum die Natur in einem erstaunlichen Tempo. Wir müssen uns andauernd mit ihr und ihren Erscheinungen zu beschäftigen. Mit der Temperatur, dem Stand der Flüsse und Meere, dem fallenden oder ausbleibenden Regen, dem Zurückweichen der Gletscher, dem Tauen im Permafrost, und wir sind verblüfft, wie abhängig, ausgesetzt und gefährdet wir sind. Den Menschen, die vor drei, vier Generationen gelebt haben, wäre unsere Verwunderung kurios vorgekommen. Sie kannten es nicht anders.Wir sind beunruhigt, dass unsere Normalität verloren geht: die Normalität der irrelevanten Natur. Einer Natur, die einfach da war, aber keine große Rolle mehr spielte, die den mehr oder weniger stillen Hintergrund unseres Lebens abbildet. Aber das, was wir für normal hielten, war – geschichtlich – alles andere als normal, sondern die absolute, unerhörte Ausnahme. Unsere heutige Zivilisation hat sich in den letzten 150 Jahren in einem zufälligen Zwischenraum entwickelt. Das Leben, an das wir uns gewöhnt haben, setzte ein Verhältnis zwischen Mensch und Natur voraus, das nur vorübergehend sein konnte: Einerseits musste der Mensch mächtig genug sein, um sich gegen die Natur zu schützen und sich von ihr unabhängig zu machen – andererseits durfte er aber nicht so mächtig sein, dass er die Natur nachhaltig störte.Das konnte nicht von Dauer sein. Und jetzt ist Schluss damit. Was nun? Es braucht eine radikale Umstürzung unseres Verhältnisses zur Natur. Soviel ist sicher. Das haben jetzt alle verstanden. Aber wie?Der Mensch hatte einmal im Universum, wie es sich die abendländische Kultur vorstellte, eine Sonderstellung: Er stand an der Spitze der Schöpfung, die er seinem Zweck und Nutzen dienlich machen durfte, für die er aber auch Sorge zu tragen hatte. Darum hat Gott auch zu ihm gesagt: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“Vom Leben „im Einklang mit der Natur“ ist in der Bibel nicht die Rede.Mehr oder weniger bis zur Französischen Revolution und Aufklärung war so das Verhältnis des Menschen zur Natur: Er war mehr als diese, aber weniger als Gott. Der Mensch kann in der Natur viel bewirken: Er kann verändern, auswechseln, entwickeln, erneuern, hervorbringen. Er hat eine große Macht. Was er aber nicht kann, ist die Natur auf Dauer zerstören oder sie ganz neu erschaffen. Das bleibt Gott vorbehalten. In dieser ganzen Zeit bildete die Natur also den Hintergrund der menschlichen Geschichte – sie selber hatte keine. Sie war einfach da, statisch, ewig, unabänderlich.Im Übergang zum 19. Jahrhundert ändert sich das.Klimatheologie und remoralisierte WissenschaftenPlötzlich wird die Natur zum geschichtlichen Objekt – sie wird in ihrer Veränderlichkeit erkannt. Es kommt zur „Historisierung der Natur“. So hat der Soziologe Wolf Lepenies das genannt, der sich in den 1970er und 1980er Jahren mit diesem Thema befasste. Die neuen Natur-Wissenschaften entstehen und verpflichten sich im Augenblick ihres Entstehens ganz von selbst, auf die „Behandlung religiöser und staatlicher Angelegenheiten“ zu verzichten. So wurde es Mitte des 17. Jahrhunderts vor der Gründung der Royal Society festgehalten. Eine eigentümliche Kombination aus „Erkenntnisanspruch und Orientierungsverzicht“, nannte Lepenies das. Die Wissenschaft beschränkte sich selbst – aber sie befreite sich dadurch auch selbst. Früher hatte man gesagt, die Philosophie sei die Magd der Theologie. Die neue Naturwissenschaft wollte niemandes Magd mehr sein. Das bedeutet, die Wissenschaft trennte sich von der Moral. Das ist wichtig: denn wir erleben heute die Remoralisierung der Wissenschaften. Sie schlüpfen wieder in die Dienstbotenrolle. Das heißt heute freilich anders: Politikberatung.Also: Zunächst ist die Natur der Hintergrund der menschlichen Geschichte, und sie war unveränderlich. Der Mensch hat nicht die Macht, die Natur zu zerstören, er bemüht sich aber, ihrer Herr zu werden – und die Wissenschaft unterstützt mit ihren Werken dieses Ziel. Dann ändert sich das. Die Natur wird in ihrer Veränderbarkeit erkannt. Die Herrschaft des Menschen über die Natur wird problematisiert. An dieser Stelle stehen wir. Es ist eine Kreuzung, eine historische, eine epistemologische. Wohin gehen wir? Wer und wie wollen wir sein?Klimatheologinnen wie Judith Butler oder Eva von Redecker würden den Menschen – und, seien wir ehrlich, den Mann – gern aus dem Zentrum nehmen, weil er dort zu viel Schaden anrichtet. Er soll sich bitte einreihen, sich seiner natürlichen Bedingtheit bewusst werden, als ein Lebewesen unter vielen auf einem Planeten, der ihm nicht gehört und den er nicht zerstören soll.Die Journalistin Ulrike Herrmann hat in ihrem Buch Das Ende des Kapitalismus einen Weg aufgezeigt, wie das zu bewerkstelligen wäre: Grünes Schrumpfen. Also Kontraktion bis zu dem Punkt, an dem wir CO₂-neutral leben können: „Würden wir auf die Hälfte unserer Wirtschaftsleistung verzichten, wären wir immer noch so reich wie 1978. Auch damals ließ es sich gut leben.“ Die Welt, die ihr vorschwebt, sähe ungefähr so aus: „Man würde nur noch regionale und saisonale Produkte nutzen, könnte Freunde treffen, notwendige Reparaturen selbst durchführen und Kleider nähen.“Das ist eben das Problem an den wirklich durchschlagenden Antworten auf die Klimakrise: Sie sind mehr Realsatire als praktikable Politik. Wir sind jetzt schon mehr als acht Milliarden Menschen auf dieser Erde. Die werden sich nicht alle ihre Kleider selber nähen. Und die können sich auch nicht am Rand der Welt drängeln. Es ist dafür zu spät.Wir müssen die Natur gestalten, nicht anbetenAber das ist auch nicht notwendig. Zunächst zur Idee, der Mensch zerstöre die Natur. Diese Idee ist nichts anderes als eine neue Variante menschlicher Hybris. Dem Menschen fehlt auch heute dazu schlicht die Macht. Die Natur wird weiterbestehen. Abgesehen davon kommt es aber auf die Natur auch gar nicht an. Der Mensch ist das Maß der Dinge. Die Natur hat eine Bedeutung nur insoweit sie eine Bedeutung für den Menschen hat. Wenn wir uns um die Natur sorgen, sorgen wir uns um die für den Menschen zuträgliche Natur.Im 16. und 17. Jahrhundert gab es eine Denkrichtung, die Physikotheologie genannt wird. Es war der Versuch, naturwissenschaftliches und theologisches Denken miteinander zu verknüpfen. Damals fand ein barockes Überwältigtsein von den Wundern der Schöpfung zusammen mit dem Bestreben, sie zu beobachten und zu verstehen. Dieses physikotheologische Denken sah in der Natur eine göttliche Ordnung und der Mensch spielt darin eine Rolle: Er hat die Ordnung nicht geschaffen, aber er ist jetzt für sie zuständig, er erhält sie, er pflegt sie, er wirkt darin eigentlich wie ein Gärtner.Es wäre nicht das Schlechteste, wenn wir dahin zurückkämen. Ohne dass sie sich dessen voll bewusst zu sein scheinen, ist dieses sorgende, steuernde, kümmernde Verhältnis des Menschen zur Natur auch in den Forderungen der Klimatheologinnen längst angelegt: Wenn sie eine Verantwortung anmahnen für alles, was hier kreucht und fleucht, dann verorten sie den Menschen bereits jenseits oder außerhalb des natürlichen Zusammenhangs.Wir werden die Natur dergestalt verändern müssen, dass nicht wir eingebettet sind in die Natur, sondern die Natur eingebettet ist in eine vom Menschen gemachte Welt. Das heißt, es gibt keine Grenze mehr zwischen dem, was wir Natur nennen und dem, was wir Kultur nennen. Das ist das Merkmal des Gartens. Wir müssen aus der Welt einen Garten machen. Also einen kontrollierten, geordneten Raum, in dem die Natur nach unseren Wünschen und Bedürfnissen geformt ist.Wenn wir Grün in die Städte holen, um sie abzukühlen, um ihnen Sauerstoff zuzuführen, dann ist das ein gutes Beispiel dafür. Der so genannte Kö-Bogen II in Düsseldorf, ein riesiges neues Geschäftshaus mitten in der Stadt, das von Weitem aussieht wie ein großer grüner Hügel, ist mit 35.000 Hainbuchen bepflanzt, in Terrassen. Das ist eine neue Form der Architektur, die mit der Natur arbeitet, sich die Natur dienstbar macht, die Natur nutzt – aber es handelt sich keineswegs um eine Rückkehr zur Natur, sondern um einen neuen Gebrauch.Wir stehen da noch ziemlich am Anfang. Und wir haben viel Zeit verloren mit dem irrigen Projekt, den Klimawandel zu stoppen. Er ist unaufhaltsam. Die Welt der Zukunft wird anders aussehen als unsere Welt. Das Anthropozän hat erst begonnen.Placeholder infobox-1
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