„Abgehobene Gehälter führen zu abgehobener Politik“ – das ist einer der Slogans der Kommunistischen Partei Österreichs. Und das gilt vor Wahlen, vor allem aber danach. Warum ist das wichtig?
Weil es einen grundsätzlich anderen Politikstil etabliert. Die Erfolge der KPÖ in Graz und nun jüngst wieder in Salzburg sind eben nicht allein darauf zurückzuführen, dass die Partei dort charismatische Führungspersonen aufbietet oder das Thema Wohnen gerade in den größeren Städten akut ist. Das sind relevante Faktoren für den schlagenden Erfolg von Kay-Michael Dankl und der KPÖ Plus in Salzburg, aber eben nicht die einzigen.
Was sie sich aus der Steiermark abgeschaut haben, ist die Gehaltsobergrenze für die &
sobergrenze für die – österreichisch gesprochenen – Mandatarinnen und Mandatare. Stadträte in Graz und nun auch in Salzburg begrenzen ihr Mandatsgehalt auf den Durchschnittslohn (dieser liegt gerade bei etwa 2.300 Euro) und geben den Rest direkt an diejenigen, die das Geld brauchen, etwa um Mietrückstände auszugleichen oder eine Waschmaschine zu kaufen.Was auf den ersten Blick wie katholische Mildtätigkeit wirkt, ist doch ein Konzept, das bis in die Pariser Kommune zurückreicht und Politiker davon abhalten soll, sich von den Leben und Interessen derjenigen zu entfernen, die sie zu vertreten beanspruchen. So durchzieht die Geschichte der Arbeiterbewegung die Frage, welche Mechanismen es geben kann, in der parlamentarischen Demokratie zu agieren und dennoch über die hinauszuweisen.Politik sollte keine Karriere seinWas also kann eine sozialistische oder kommunistische Partei von allen anderen unterscheiden, wenn nicht ihre ganze Art, mit den Menschen und dem politischen Zirkus um sie herum umzugehen? Die Vorzüge des bürgerlichen Parlaments sind enorm: Gehalt, Ansehen, Fahrdienst, eine Bahncard100. Eine ganze Reihe an Privilegien, die sich einschleichen und die Politikerin von den Interessen der normalen Menschen entfernen. Wer sich konsequent von diesen Vorzügen fernhalten will, der muss für alle Mandatsträgerinnen eine Regel einführen, die dafür sorgt, dass es keine persönliche, sondern eine politische Entscheidung ist, für diese und keine der anderen Parteien anzutreten. Damit auch den Menschen klar wird: Hier wird etwas grundsätzlich anders gemacht als bei den anderen Parteien.Politik sollte keine Karriere sein, es handelt sich um einen Dienst an den Menschen. Wer eine Karriere und ein hohes Gehalt möchte, soll sich in der Privatwirtschaft eine goldene Nase verdienen. Eine linke oder gar kommunistische Partei aber ist am Gemeinwohl interessiert – und macht sich dadurch glaubwürdig, dass sie die Interessen der Bevölkerung vertritt und nicht die des Managements oder des Spitzenpersonals mimt.Wer durch das Rathaus in Graz geht und die Sprechstunde der kommunistischen Bürgermeisterin Elke Kahr besucht, findet keine von den Dingen enthobene Politikerin. Die Scheiben an ihrem Büro sind von Kindern bemalt, sie nimmt sich auch am Samstag Zeit für die Sorgen derjenigen, die ihre Stromrechnung nicht zahlen können. Es ist diese Kombination aus direkter Unterstützung und der Einsicht, „zu helfen, statt zu reden“, die die KPÖ dort kennzeichnet und vermutlich auch einen guten Teil ihres Erfolgs ausmacht.Gerade in einer Zeit, in der das Vertrauen in politische Institutionen und Parteien insgesamt auf einem Nullpunkt angekommen zu sein scheint, in der Korruption und Lobbyismus die politische Landschaft kompromittieren, in der Menschen vereinzeln und für ihre Armut verantwortlich gemacht werden: Genau in dieser Zeit ist eine politische Kraft, die es anders macht, von enormer Bedeutung für alle.Placeholder authorbio-1ContraWer sich mit den erfreulichen Erfolgen der Austro-Kommunisten befasst, stößt auf ein Alleinstellungsmerkmal: „Wir leben, was wir sagen“ ist ein Mantra etwa des Salzburger Vizebürgermeisters Kay-Michael Dankl. Von seinen Polit-Bezügen behält er den durchschnittlichen Facharbeiterlohn von netto 2.300 Euro. Den Rest spendet er direkt an Menschen in Not.Das ist ein nicht zu unterschätzendes Signal. Es wird nicht nur von denen goutiert, die diese Hilfe brauchen, sondern auch von vielen, die das einfach toll finden. Es ist mehr als eine symbolische Geste, nämlich konkrete und effektive Unterstützung von Menschen für Menschen. Und es ist ein sympathischer Bruch damit, selbstverständlich einzukassieren, was überwiesen wird, eine freiwillige Minderung eigener Privilegierung. Auch das Argument mit der Bodenhaftung hat einiges für sich.Konzept ist es aber keines, auch kein Ansatz zur Lösung sozialer Probleme. Es bleibt Symptombekämpfung, mehr Service als Politik. Zurzeit betrifft diese Regelung auch nur wenige Politiker in Graz und Salzburg. Wenn etwa in Graz Gemeinderäte 2.270,70 Euro verdienen und Bezirksvorsteher 1.974,50 – brutto! –, kommen die gar nicht in die Verlegenheit, etwas abliefern zu müssen.Soziale Frage darf nicht über das Mandat entscheidenKann die KPÖ aber reüssieren und in den Nationalrat und weitere Landtage einziehen, wird sich die Frage des Gehaltsverzichts allerdings für einen größeren Kreis stellen. Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis bestimmte Mandatare aus nachvollziehbaren Gründen Sonderarrangements einfordern. Was tun mit einer Gemeinderätin, die alleinerziehend vier Kinder zu versorgen und vielleicht eine kranke Mutter zu betreuen hat? Muss Pflege und Aufsicht zugekauft werden, dann werden 2.300 netto sehr eng. Man wird hier also nachgeben (müssen), will man nicht jemanden aus sozialen Gründen das Mandat verwehren. Auf keinen Fall kann man der Betroffenen empfehlen, sich ihrerseits an den Sozialfonds der KPÖ zu wenden. Das wäre zwar logisch, wirkte aber grotesk: Futter für den Boulevard.Dass politische Referenten und öffentlich Bedienstete oft mehr kassieren, birgt ebenfalls Konfliktstoff. Dass etwa im Umfeld von Elke Kahr alle Spitzenbeamten der Gemeinde Graz besser entlohnt werden als sie selbst, wird eine altruistische Person wie die kommunistische Bürgermeisterin nicht groß aufregen. Aber nicht alle sind wie Elke. Über kurz oder lang steht zu fürchten, dass die propagierte Gehaltskürzung Schrammen abbekommt. Dass sie in mittlerer Zukunft nicht wiederzuerkennen ist und auch das kommunikative Surplus für die KPÖ verpufft. Im Extremfall bleibt dann ein peinliches Intermezzo. Als die Austrogrünen jung und frisch waren, galten ähnliche Beschlüsse. Ganze zwei Abgeordnete haben sich in der ersten Nationalrats-Legislaturperiode (1986 – 1990) daran gehalten. Hehre Ansinnen geraten oft in den Mahlstrom der monetären Realität. Wobei das natürlich mehr gegen die Realität als gegen das Ansinnen spricht.Nicht dass das KPÖ-Modell gleich kollabieren muss. Aber es wird doch kräftig ausgehöhlt werden, sobald es die überschaubare Dimension überspringt. Die Gleichbehandlung aller Amtsträger wird nicht funktionieren. Die Ungleichbehandlung hat freilich ebenso ihre Tücken. Sobald also differenziert werden muss (und daran führt kein Weg vorbei!), drohen heillose und endlose Debatten über das liebe Geld und wie man damit umgeht. Man kann hier schwer vorbauen. Die Teufel stecken wie stets in unvorhersehbaren Details.Das alles wird sich kaum vermeiden lassen, ebenso die Häme der Medien, dass derlei sowieso nie und nimmer funktionieren kann. So wird aus einem Stimmungsaufheller ein Stimmungshemmer.Placeholder infobox-1
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