Ende Oktober ging ein Foto durch die spanischen Medien. Es zeigte Carles Puigdemont und Santo Cerdán. Ersterer Ex-Präsident Kataloniens, 2017 aus dem Amt gejagt, seither im belgischen Exil und weiter tonangebend in der katalanischen Partei Junts per Catalunya – der andere Unterhändler des sozialistischen PSOE. Die Aufnahme korrespondierte mit der Nachricht, dass eine Einigung zwischen beiden Parteien bevorstehe und bald auch die andere katalanische Partei ERC dazustoßen werde. Es fehlte dem Treffen Puigdemont-Cerdán nicht an Brisanz. An der Wand des Büros, in dem man sich sah, war das Bild einer Wahlurne aus der Zeit des verbotenen Referendums vom 1. Oktober 2017 zu sehen, seinerzeit der Grund für Puigdemonts Amtsenthebung.
PSOE, ERC und Junts per Ca
m man sich sah, war das Bild einer Wahlurne aus der Zeit des verbotenen Referendums vom 1. Oktober 2017 zu sehen, seinerzeit der Grund für Puigdemonts Amtsenthebung.PSOE, ERC und Junts per CatalunyaAm 2. November unterzeichneten dann – wie zu erwarten – die Sozialisten und die Republikanische Linke ERC ein Abkommen zur Investitur von Pedro Sánchez, dem bisherigen PSOE-Premier. Es enthielt Verpflichtungen einer künftigen Regierung. So sollte Katalonien ein Teil der Schulden beim spanischen Staat erlassen und Verhandlungen zur Zukunft der Region fortgeführt werden, die schon unter der letzten Regierung von Sánchez begonnen hatten. Das von dem PSOE versprochene Amnestiegesetz wurde zwar festgehalten, stand aber eher im Hintergrund.Doch kaum war das veröffentlicht, wurden die Sondierungen mit Puigdemont komplizierter, was vor allem damit zu tun hat, dass zwischen den beiden katalanischen Parteien ein Kampf um Prioritäten tobt. Für die konservativ-katholische Junts geht es um eine Abspaltung vom spanischen Staat ohne Wenn und Aber, während sich die Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) vom politischen System Spaniens distanziert. Man will statt der Monarchie die sozialistische Republik. Folgerichtig hatten die ERC-Abgeordneten im Parlament Sánchez’ Mitte-links-Kabinett in den vergangenen Jahren immer wieder bei fortschrittlichen Gesetzen unterstützt, Junts dagegen niemals.PP und Vox: Die UltrarechtenWie geht es nun weiter? Die ERC ermahnt Puigdemont zu verantwortlichem Handeln. Zu Recht, denn dem dürfte klar sein, dass die Alternative zu einer Unterstützung für Sánchez Neuwahlen sind, die den Rechten und Ultrarechten zum Vorteil gereichen. Will heißen: Statt Amnestie würde dann womöglich der bestehende europäische Haftbefehl gegen ihn durchgesetzt und eine Auslieferung erwirkt. Von einer Schlüsselfigur der spanischen Politik würde Puigdemont zum Häftling in einem spanischen Gefängnis. So wird er wohl einlenken, pokert aber vorerst um eine erweiterte Amnestie. Für Pedro Sánchez heißt das: Die Regierungsbildung wird zur Gratwanderung an der Kante zum Verfassungsbruch.Allein die Justiz setzt bereits alle Hebel in Bewegung, um eine Amnestie zu verhindern. José Ramón, Richter am Madrider Gericht Nr. 104, vor nicht allzu langer Zeit wegen Rechtsbeugung für zwei Jahre vom Richteramt suspendiert, hat gerade eine Klage gegen ein Amnestiegesetz zugelassen, das bisher noch keiner kennt. Die Rechte ruft landesweit zu Demonstrationen auf. Gerade hat es eine Sitzung des CGPJ, der obersten Behörde des Justizapparats, gegeben, dessen Erneuerung seit fünf Jahren von der Rechten verhindert wird. Ergebnis: Die dem rechten Partido Popular nahestehende Mehrheit verabschiedete die Erklärung: Eine Amnestie für die Verantwortlichen des Referendums von 2017 bedeute „Abschaffung des Rechtsstaats“.