Dein Freund und Amtshelfer

Bundeswehr Deutsche Soldaten sollen künftig bei der Bearbeitung von Asylanträgen helfen. Das verkürzt zwar die Wartezeit, aber die Gesellschaft wird weiter militarisiert
Ausgabe 50/2013

Hat eigentlich jemand mal darüber nachgedacht, wie sich Flüchtlinge dabei fühlen würden, wenn sie hierzulande Asyl beantragen und dabei Leuten gegenübersitzen, die geschworen haben, Deutschland „tapfer zu verteidigen“?

Es hört sich fast an wie ein schlechter Scherz: Bundeswehr-Soldaten sollen künftig bei der Bearbeitung von Asylanträgen helfen. Die Armee hat dem Bundesamt für Migration Amtshilfe angeboten. Grund ist eine Passage im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union, die vorsieht, dass Asylanträge künftig in maximal drei Monaten entschieden werden sollen. Derzeit müssen Flüchtlinge in Extremfällen mehr als zwei Jahre auf einen Bescheid warten.

Droht eine "Flüchtlingswelle"?

Sicher ist es ein Fortschritt, wenn Asylverfahren künftig schneller bearbeitet werden. Aber um diesen Preis? Eigentlich darf die Bundeswehr nur in Notfällen im Inland eingesetzt werden. So steht es im Grundgesetz. Aber ein Notfall liegt nicht vor. Ein Bundeswehr-Einsatz in den Amtsstuben würde nur den Eindruck vermitteln, es gebe eine gefährliche "Flüchtlingswelle". Dabei ist die heutige Lage nicht mit den hohen Asylbewerberzahlen in den neunziger Jahren vergleichbar.

Aber was spricht schon dagegen, wenn Soldaten helfen – sei es bei Naturkatastrophen oder Asylverfahren? In beiden Fällen gilt die gleiche Antwort: Sie sind dafür nicht ausgebildet. Möglicherweise gibt es einige Gemeinsamkeiten zwischen Bundesamtsverwaltung und Bundeswehr-Bürokratie. Sonst hätte es wohl kaum den Vorschlag der Amtshilfe gegeben.

Ein Heer an Amtshelfern

Und trotzdem ist das nicht der Sinn der Sache. Denn wenn die Soldaten nicht gebraucht werden, um das Land zu verteidigen – es fehlt schlicht an Feinden –, dann sollte die Bundeswehr verkleinert werden, anstatt die Soldaten wie Söldner an andere Behörden auszuleihen. Ein Heer an Amtshelfern, die im Verwaltungsapparat herumgereicht werden, ist jedenfalls teurer, als ausreichend Fachleute einzustellen.

Zwar ist nicht vorgesehen, dass die Soldaten über die Asylanträge entscheiden dürfen. Sie werden auch nicht in Uniform arbeiten. Trotzdem gilt: Durch jeden Armee-Einsatz im Innern wird die Gesellschaft ein Stück weiter militarisiert. Und das ist der falsche Weg.

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