Was ist linker Antisemitismus? Ein Blick in die Geschichte

Gesellschaft Gibt es ideologischen Judenhass im Lager von Gleichheit und Fortschritt? Wo kommt er her? Wie virulent ist er? Immer wieder ruft der Nahostkonflikt diese Fage auf. Und die Antwort darauf fällt nicht leicht
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 50/2023
Demo der Außerparlamentarischen Opposition am 4. September 1969 in Westberlin, wo es am 9. November desselben Jahres zum versuchten Anschlag auf ein Jüdisches Gemeindehaus kam
Demo der Außerparlamentarischen Opposition am 4. September 1969 in Westberlin, wo es am 9. November desselben Jahres zum versuchten Anschlag auf ein Jüdisches Gemeindehaus kam

Foto: dpa

Linker Antisemitismus ist eine Schimäre. Natürlich können auch Linke antisemitisch denken, fühlen, handeln. Als Wortfügung klingt „linker Antisemitismus“ aber paradox, wie ein Oxymoron. Schließlich wird gerade jener politische Pol der radikalen Demokratie gemeinhin „links“ genannt, der für Gleichheit und Solidarität stritt. Viele Juden fanden hier ihre Heimat – im Streben nach einer herrschaftsfreien und gleichen Gesellschaft.

Von antijüdischer Religions- und antisemitischer Kapitalismuskritik

Dennoch konnten sich antisemitische Ideologien auch gerade aus dem Impetus radikaler Demokratie und Aufklärungsemphase ergeben. So startete die Karriere so mancher Antisemiten – wie einiger Junghegelianer oder Frü