Märchen vom Kapital in einfacher Sprache

Thomas Piketty Der Kapitalismus ist eigentlich in einfacher Sprache vorgetragen, nicht mehr aber auch nicht weniger als die Große Erzählung des Märchens "Rumpelstilzchen"

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Der Kapitalismus ist eigentlich in einfacher Sprache vorgetragen, nicht mehr aber auch nicht weniger als die Große Erzählung des Märchens "Rumpelstilzchen"

Nehmen wir einen braven, aber verarmten Müller, er lebte, sagen wir einmal, zur selben Zeit , wie der englische Ökonom, David Ricardo, dem Erfinder des Prinzips der Knappheit in der Ökonomie als unsichtbarer Hand, die alles lenke, selbst Armut wieder zu Reichtum hoch hinauf bis in den Hofstaat des Königs ränke.

Der gute Müller war sowohl des Lesens als auch Schreibens mächtig, also für damalige Verhältnisse in England ein hochgebildeter Mann, dazu Vater einer wunderschönen Tochter und hatte im Jahr 1818, im Geburtsjahr von Karl Marx, David Ricardos Theorie von der Knappheit in der Ökonomie nicht nur gelesen, sondern sich einen eigenen Reim auf diese Theorie gemacht, nämlich etwas Wesentliches verstanden und bewegte es in seinem Herzen

Das Wesentliche David Recardos Theorie der Knappheit stellte sich für den Müller folgendermaßen dar:

"Der Kpaitalismus bedarf einer allseitig befeuernden Idee, eines Projekts, sagen wir einmal des Projekts der Entdeckung eines neuen Kontinents, des Internets, eines, patriotisch ummantelt ,fremdfinanzierten Krieges, eines Keruzzuges, der Erfindung, künstlichen Goldes, am besten aus dem Rohstoff Heu und Stroh herzustellen, schon entsteht, ohne Sicherheit, ob das Projekt wirklich mit Erfolg gekrönt sein wird, eine spekalative Bereitschaft unter dem Volk, dem Begründer dieses Projektes, ungeahnt unermessliche Profite zu ergattern, vorauseilend Wagniskapital anzudienen, gar aufzudrängen, worauf dessen Kreditwürdigkeit selbst seinem ungeprüften Leumunde nach bei seriösen Banken beträchtich im Ranking, Rating, von unsichtbarer Hand gehoben, stieigt.

Der Preis für Getreide war 1818 in England vor Jahren gerade so tief in den Keller gesunken und erholte sich nicht mehr, dass selbst Stroh als Pferde- , Rind- , Borsten- und Federviehfutter in den Scheunen, Heuschobern der Bauern teurer war als Brotgetreide.

Da sein Einkommen als Müller, prozentual vom Marktpreis des gemahlenen Getreides zu Mehl berechnet wurde, war er, zuvor ein reicher, nun durch den Preisverfall ein armer Mann, Gatte und Familienvater geworden, der nicht einmal mit Ach und öffentlichem Krach seine Selbstkosten zu decken vermochte. Das bekümmerte ihn sehr.

Jetzt hatte er, wie Egon von der späteren dänischen Olsenbande, einen genialen Plan, wie er mithilfe seiner Tochter und einer unbekannten, am besten namenlosen "Dritten Person" unter praktischer Anwendung der Theorie der Kanppheit David Ricardos wieder reich werden könnte und die Tochter dazu selber eine gute Partie machen würde.

Und er dachte bei sich:

"Was wäre, wenn ich alle Welt wissen lasse, meine wunderschöne Tochter könne Heu und Stroh zu Gold spinnen? und gleichzeitig fremdfinanziert über eine "Schwarmfinanzierung" mit Robin Hood aus dem Kings Castel Wood bei Nottingham als größtem Kreditgeber, in Frankreich, irland, in England alle Säckel Brotgetreide, Fuder Heu und Stroh, deren ich allerorten zu Dumpingpreisen zuvor habhaft werde, aufkaufe und an geheimen Orten bewacht lagere?"

Robin Hood ist bestimmt, wenn er meiner wunderschönen Tochter in deren smaraggrüne Augen schaut, bereit, mir Kredit zu gewähren, hat er doch überall im Nottinghamer Castel Wood an dunklen Orten Säcke voll des Geldes, der Banknoten als Beute von Heute aus Raubzügen deponiert, herumliegen und freut sich, wenn da was gut investiert, vor den lauernden Häschern des Königs aus dem Castel Wood vorrübergegehend spurlos verschwindet, um sich wundersam zu vermehren? Sozusagen immer noch da ist, nur woanders ist, besann sich der Müller auf seinen David Ricardo Reim.

Was ist im Kapitalismus die Gründung einer Bank gegen die Gründung einer Anhängerschaft für ein profitversprechendes Projekt?, brachte es der Müller auf seinen Punkt, gar nichts, nicht mehr als ein matter Furz des Teufels.

"Nach dem Prinzip David Ricardos von der Knappheit würde doch folgendes geschehen:

Alle Welt in England würde mir mein gelagertes Heu und Stroh zu Höchstpreisen abkaufen, um es meiner wundrschönen Tochter sodann zu schenken, wenn sie ihnen doch nur Gold daraus spinnen tät.

Gleichzeitig würde den Bauern immer mehr das Stroh und Heu zum Füttern ihrer Pferde, ihres Rind- , Borsten- und Federviehs fehlen. Ihnen bliebe zu Guterletzt nichts als ihre Pferde, ihr Borsten- und Federvieh mit Brotgetreide zu füttern, damit diese nicht auf abgegrasten Weiden, in den Ställer verhungerten,

Der Preis für Getreide, das der Müller selbstverständlich höheren Marktpreis voraueilend, ebenfalls fremdfinanziert zu Dumpingpreisen gebunkert hatte, würde unbegrenzt auf der Richterskala für Marktbeben in die Höhe schnellen.

Nun begab es sich, dass der Müller mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein entsprechendes Ansehen zu geben, sagte er beiläufig zum König:

"Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen."

Der König sprach zum Müller:

"Das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt, wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie morgen in mein Schloss, da will ich sie auf die Probe stellen."

Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach: "Jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so musst du sterben."

Darauf schloss er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin. Da sass nun die arme Müllerstochter und wusste um ihr Leben keinen Rat: sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer grösser, dass sie endlich zu weinen anfing, denn sie ahnte nicht, welche dunklen Pläne ihr Vater mit einem Dritten Mann im Bunde hegte.

Da ging auf einmal die Türe auf, und es trat ein kleines hageres Männchen herein und sprach: "Guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint Sie so sehr?"

"Ach," antwortete das Mädchen, "ich soll Stroh zu Gold spinnen und verstehe das nicht." Sprach das Männchen: "Was gibst du mir, wenn ich dirs spinne?" - "Mein Halsband," sagte das Mädchen.

Das Männchen nahm das Halsband, überredete die Jungfer Müllerin sich keine Sorgen zu machen, sich schlafen zu legen, er werde alles zu ihrem Wohlgefallen richten, setzte sich dann aber nicht, wie es im überlieferten Märchen "Rumpelstilzchen" heißt, vor das Rädchen mit der Haspel und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll.

Nein, er hatte, wie mit der Jungfer Müllerins Vater verabredet, anderes im Sinn. Flugs brachte er alles Heu auf einen Pferdewagen vor der Tür der Kammer mit Bedacht und schon flogen die Pferde die Fracht auf dem Hohen Wagen mit wehenden Mähnen davon und hin durch Regen, Wind und dunkle Nacht zum Vater, um eine Kreislaufwirtschaft zu initiiieren, hatte doch der König das aristokratische Monopol, alles Heu im Lande, wenn er wolte, allein einzukaufen, um daraus von des Müllers Tochter Gold spinnen zu lassen.

In der Kammer zurück, zog das Männlein ohne Namen,vorbereitet, tausende an Fäden reinen Goldes aus seinen Mantel- , Jacken- und Hosentaschen, um diese flink über Rad und Haspel auf die Spulen zu spinnen

Des Morgens erwacht, war die Müllerstochter froh, denn das Wunder des Spinnens von Gold aus Stroh und Heu war dem Anschein nach vollbracht

Es kam, wie es kommen musste, der König war des Goldspinnens der Müllerin überaus zufrieden und wollte immer mehr Gold gesponnen haben. Also ließ er landesweit alles Stroh und Heu über seine Hofhändler zu Höchstpreisen aufkaufen.

Das alles unternahm der König, , ohne zu ahnen, dass der Vater der Müllerin inzwischen reich geworden, ein Monopol für den Verkauf von Heu und Stroh im Lande erworben hatte und gerade dabei war, dazu ein Monopol für den Verkauf von Brotgetreide unbemerkt anzustreben, wenn da nur nicht der namenlos Dritte Mann im Bunde wäre.

Dass die Spulen voller Goldes von völlig anderer Herkunft waren, denn reiner Spinnerei, nämlich aus einem Gold- Depot des Vaters, das das Männlein in Form von Fäden mitgebracht, und nicht aus gesponenem Stroh und Heu, war der Jungfer Müllerin Vater heimlicher Plan.

Bei Sonnenaufgang kam schon der König, und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz ward nur noch goldgieriger.

Die weitere Geschichte des Märchens "Riumpelstilzchen" ist bekannt, was fehlt, ist die Nachricht, dass der Müller selber als Hofberater des Königs berufen, den Namen des bis dahin namenlosen Mannes, verriet , der von Kindesbeinen "Rumpelsilzchen" gerufen ward.

Schon war der Müller seinen insgeheimen Kompanion los, dessen Forderungen ihm gegenüber immer unverschämter wurden, wollte der doch glatt des Müllers Tochter ehelichen.

Nun wurden König und Müller Kumpanen, die Müllers Tochter dem König mit säkularem Pomp, klerikaler Monstranz, aristokratisch untadelig hochadeligem Glanz und Gloria zur Gattin gefreit, was die Leut erfreut.

Jahre später, nachdem der König das Zeitliche gesegnet, ward des Müllers Tochter hochherrschaftlich zur neuen allmächtigen "Zarin".

Rumpelstilzchen wurde, bei Wasser. Brot, täglich einer Suppe, niemals Obst noch frischem Gemüse, nur in dringenden Ausnahmen Freigang zur Toilette auf dem Hof, in die Kammer gesperrt, an der Müllers Tochter Statt für all seine restlichen Lebenstage, ohne >Zank noch Murren, Gold aus Stroh und Heu, zu spinnen, wenn nicht, galt königlicher Befehl , dass er den öffentlichen Feuertod am Marterpfahle verstürbe, noch bevor am nächsten Morgen der Hahn vom Misthaufen kräht.

Was Rumpelstilzchen im Weiteren, voller Unrat, Unrast, Zorn im Bach, in aussichtsloser Lage, im zwangsweise heimlichen Bunde mit dem Müller tat, damit der Müller sein Monopol für Heu und Stroh, dazu Brotgetreide ungetrübt preistreibend mehren konnte und er selber nicht vor seiner Zeit verstarb.

Alles in Allem ist zum Schluss zu sagen, des Müllers Plan, ging mithilfe der Theorie David Ricardos von der Knappheit in der Ökonomie, anders als die congenialen Pläne Egons von der dänischen Olsenband, in vollem Umfang zu seinen und zu Gunsten seiner Tochter auf.

Wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute in England, in der EU oder wo ganz anders, wer weiß das schon nach über 200 Jahren zu sagen, ich jedenfalls nicht.

Wer es aufmerksam gelesen hat, erkennt hierin nun unschwer die Große Erzählung des Märchens vom Kapitalismus mit seinen Auswüchsen, der Scheere wundersamer Vermögensinflation von unsichtbarer Hand im Lande hier, Einkommensdeflation für Lohn aus Arbeit da.

Meint da Jemand gar, die Erzählung des Märchens vom Kapitalismus, sei hier und da noch nicht ganz dicht, da zu offen, so mag er sie weiter spinnen und nach seinem Gusto erzählen.
JP

https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/thomas-pikettys-buch-lesen-und-sich-wundern

JOACHIM PETRICK 18.10.2014 | 00:11 4
Thomas Pikettys Buch lesen und sich wundern
"DAS KAPITAL" im 21,Jahrhundert zu lesen, bereitet mir Vergnügen, gerade, weil ich mich bei dieser Lektüre und deren Argumentation immer wieder, aufgeladen wärmend, reiben kann.

https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/vermoegensinflation-vs-einkommensdeflation
JOACHIM PETRICK 16.10.2014 | 15:04 18
Vermögensinflation vs. Einkommensdeflation
Thomas Piketty Gefährdet nicht datenerfasstes Vermögen den Weltfrieden? Liegt auf solcher Art vagabundierendem Vermögn kein volkswirtschaftlicher noch makroökonomischer Segen?


https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/dem-genetiv-des-kapitals-ist-sein-dativ
JOACHIM PETRICK 14.01.2014 | 16:11 8
DEM GENETIV SEIN KAPITAL IST SEIN DATIV
Ulrike Herrmann Oder aber die "Spekulations- Blasenwirtschaft" staatlich reguliert zu Verteilungs- Gunsten von Privathaushalten, Unternehmen des Mittelstandes zu bewirtschaften?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

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