In der Horten-Filiale meiner Heimatstadt befand sich unter der Rolltreppe ins erste Stockwerk ein kleiner Verkaufsstand. Eine ältere Dame im weißen Berufskittel verkaufte hier in meiner Kindheit Teilchen und Gebäck und – wenn ich mich recht erinnere – auch Softeis. Neben der Kinderbuchabteilung gab es einen gediegenen Erfrischungsraum, der für meine sparsamen Eltern aber nicht infrage kam.
Grand Café im Erdgeschoss, Bar auf dem Dach
Später dann, als sich das Ende der Warenhauskultur schon abzeichnete, wollte man es dann noch einmal so richtig wissen. Der Laden wurde umfänglich umgebaut, in „Lust for Life“ umbenannt und ein noch junger Bruce Darnell beriet beim Pulloverkauf in der Herrenabteilung. Aber das ist eine andere Geschichte.
andere Geschichte. Auch gastronomisch ging man damals neue Wege – im Erdgeschoss gab es ein Grand Café, in einem der ersten Stockwerke ein italienisches Restaurant und auf dem Dach eine Bar. Geholfen hat das alles nichts, inzwischen steht die Immobilie seit Jahren leer und das, was an gastronomischen Restposten in deutschen Kaufhäusern noch zu finden ist, ist Zeuge einer untergegangenen Ära.Essen und Trinken waren nämlich lange Jahre ein Teil des Einkaufserlebnisses und die gastronomischen Angebote von Kaufhof, Hertie, Karstadt und Horten warteten dabei mit einer Art von bürgerlichem Glamour auf. „Der Kaufhof bietet tausendfach, alles unter einem Dach“, lautet ein bekannter Slogan – und dazu gehörte auch mal ein Mittagessen.Das Kulinarische wurde traditionell mit zwei Orten bespielt, zum einen mit einer Feinkostabteilung, die sich oft im Keller befand, zum anderen mit einem hauseigenen Restaurant in einer der oberen Etagen. Während die Regale im Tiefgeschoss mit Ragout fin in Dosen, Fisch in Büchsen und Präsentkorbangeboten bestückt waren, versuchte man, den zumeist fensterlosen Kantinen unter dem Dach mit Namen wie Bon Appetit oder Le Buffet einen Touch von französischem Savoir-vivre zu verleihen.KaDeWe oder Ikea machen mit Gastronomie UmsatzBetritt man gegenwärtig eines der übrig gebliebenen Restaurants, hat das nicht mehr sonderlich viel mit der städtisch-bürgerlichen Atmosphäre von einst zu tun. Speisen in deutschen Warenhäusern ist in Sachen Ambiente und Qualität eine eher triste Angelegenheit geworden, auch wenn es noch ein durchweg älteres Publikum gibt, das die Treue hält.Und dennoch hat sich die Kombination aus Einkauf und Gastronomie als eine erfolgreiche Strategie erwiesen. Nicht nur im Spitzensegment des Konsums, wie etwa beim Berliner KaDeWe, auch im Falle des schwedischen Inneneinrichters wurden Restaurants bereits mit der Eröffnung der ersten Häuser in den späten 1960er Jahren mitgedacht. Das zahlte sich aus: 2011 erreichte der Ikea Food Service allein in Deutschland einen Umsatz von 175 Millionen Euro und positionierte sich damit auf dem neunten Platz im Ranking der Systemgastronomie.Ob es in Zukunft in Deutschland noch Warenhäuser geben wird, sei einmal dahingestellt. Klar ist aber, dass – allen Rettungsversuchen zum Trotz – die Zeit der großen Filialen mit ihren umfassenden Angeboten als zentraler Orte der Innenstädte längst vorbei ist. Diese Funktion haben die sogenannten Flagshipstores internationaler Marken übernommen. Ein bisschen was ist dabei doch auf der Strecke geblieben, denn auch wenn es im Apple Store eine Genius Bar gibt, kann man dort keine Erfrischungen bestellen.