Koreanische Studentendemonstrationen, schrieb der Ostasienbeobachter Oskar Weggel Ende der 1980er Jahre, folgten festen Ritualen:
Sie spielen sich fast immmer in einem ganz bestimmten Straßenabschnitt vor der jeweiligen Universität ab, finden zu einer bestimmten Uhrzeit statt und verlaufen mit fast eintöniger Präzision nach demselben Gewalt- und Gegengewaltmuster. Kameraleute, die diesen Vorgang einmal gefilmt haben, bräcuhten ihn eigentlich kein zweites Mal aufzunehmen, sondernn könnten mit Archivmaterial arbeiten, ohne as äußere Geschehen zu verfälschen. Was sich ändert, ist nur der jahrezeitliche Belaubungszustand der Straßenbäume. Dicht neben dem Kampfplatz bereits geht das Leben ganz normal weiter. Der zufällig vorbeigehende Passant trägt eine Aktentasche oder einen Tennisschläger unterm Arm, duckt sich vor Steinwürfen oder nimmt sich vor dem Tränengas der Polizei in acht. ("Die Asiaten", S. 148)
Dieser "kreisförmige" Verlauf koreanischer Konflikte, in dem alles seine Zeit hat, schließt Eskalationsspiralen nicht aus, aber in der internationalen Berichterstattung herrscht eine Perspektive vor, unter der die Aggressivität Pyongyangs (oder Washingtons) ständig zunähmen, die "Einigkeit" unter den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates ständig weiter wachse, und der zufolge die Sanktionen das nordkoreanische Regime langsam, aber sicher seinem gerechten Untergang entgegendrängten.
Neujahrsansprache und Entspannungsangebot
Dass das passieren könnte, ist eine höfliche Fiktion, die in den chinesisch-amerikanischen Auseinandersetzungen über den Umgang mit Pyongyang aufrechterhalten wird, weil das allen Seiten dabei hilft, das Gesicht zu wahren - wo der Geduldsfaden Beijings mit seinem nordöstlichen Bruderstaat wirklich reißen würde, machte die parteinahe chinesische Zeitung "Huanqiu Shibao" im September 2017 deutlich: man müsse Pyongyang
über alle Kanäle sagen, dass die Atomtests nicht Chinas Nordosten kontaminieren dürfen. Chinas strategische und ökologische Sicherheit sind die rote Linie für China, bis zu der hin es bereit ist, sich zurückzuhalten. [...] Wenn Nordkorea diese Linie nicht einhält, und sein eigenes Gebiet und der chinesische Nordosten eine Kontamination erleiden, hören die gegenwärtigen Rahmenbedingungen chinesisch-nordkoreanischer Beziehungen auf zu existieren.
Dass die internationale Berichterstattung einmal merken könnte, dass auch die Sitzungen des UN-Sicherheitsrates einer südkoreanischen Studentendemonstration gleichen (wenngleich mit zunehmend bitteren Folgen für nordkoreanische Durchschnittsbürger), wäre schon darum kein Thema, weil es die unterhaltungsorientierte Leserschaft langweilen und die prinzipienfeste Leserschaft frustrieren würde.
Während die Gelegenheit für zwischen Nord und Süd geteilten Familien, jeweils für kurze Zeit zusammenzukommen, ein Faustpfand des Nordens sind, das nur für Gegenleistungen leihweise aus der Hand gegeben wird, gehen andere "zivilgesellschaftliche" oder auf unterestem Level vertrauensbildende Maßnahmen weiter. So trafen laut dem Deutschen Dienst des südkoreanischen Auslandsradios KBS World in der 51. Kalenderwoche 2017 jeweils zwei südkoreanische und nordkoreanische Jugendfußballmannschaften bei einem Turnier im südchinesischen Kunming aufeinander. Organisiert wurde das Turnier laut KBS vom südkoreanischen Verband für den Sportaustausch zwischen Süd- und Nordkorea veranstaltet.
Und in seiner Botschaft zum Jahreswechsel sprach sich Nordkoreas Partei- und Armeechef Kim Jong-un für direkte Gespräche zwischen Nord und Süd aus, nachdem Pyongyang den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in noch im sommer als Marionette Washingtons geschmäht hatte. Diese Gespräche - unter Führung des südkoreanischen Vereinigungsministers Cho Myoung-gyon und des nordkoreanischen Chefs des Komitees für friedliche Wiedervereinigung des Valterlandes Ri Son-kwon - fanden am Dienstag statt, und dauerten offenbar etwa elf Stunden.
Natürlich kann sich der scheinbar ewige Kreislauf der innerkoreanischen Beziehungen auch in eine de-eskalierende Richtung bewegen - zur Zeit ist das offenbar der Fall, und Pyongyang und Seoul scheinen die Möglichkeiten, die sich daraus in Richtung Entspannung ergeben, nutzen zu wollen - allerdings jeweils zu ihren Bedingungen.
Für das nordkoreanische Regime ist die Vorstellung, die sich entwickelnde atomare Bewaffnung wieder aus der Hand zu geben, unvorstellbar. Warum das so sei (und diese Vorstellung nicht nur Pyongyang, sondern auch Beijing Sorgen mache), versuchte das amerikanische Weltorakel Henry Kissinger im Sommer 2017 so zu erklären:
[...] [I]f North Korea gives up its nuclear weapons, it gives up the only significant achievement to which they can point, and it might therefore lead to either a collapse of the regime or great unrest, and it will lead to a period in all of Korea of major adjustments. (wenn Nordkorea sein Nuklearprogramm aufgibt, dann gibt es die einzige bedeutende Errungenschaft aus der Hand, die es vorweisen kann, und das könnte entweder zu einem Zusammenbruch des Regimes oder zu großen Unruhen führen, und es wird zu einer Periode großer Anpassungen in ganz Korea führen.)
Dass eine amerikanische Garantie zum Nichtangriff oder zum Verzicht auf "regime change" nach den Ereignissen der letzten Jahrzehnte nicht sonderlich glaubwürdig wirken kann, ließ Kissinger - vielleicht dem Publikum zuliebe - außer Acht.
Und bei aller relativen Harmonie bei den Verhandlungen Seouls und Pyongyangs am Dienstag gab es offenbar durchaus auch Machtworte. Laut KBS World
wies die südkoreanische Delegation auf die Notwendigkeit hin, auf der Grundlage des gegenseitigen Vertrauens zu kooperieren, provokative Handlungen zu stoppen und einen Dialog für die Friedenssicherung einschließlich der Denuklearisierung wieder aufzunehmen.
Und:
Nordkoreas Chefunterhändler und Chef des Komitees für friedliche Wiedervereinigung des Valterlandes Ri Son-kwon soll über die Bemerkung "Denuklearisierung" seinen starken Unmut zum Ausdruck gebracht haben.
Bei der Verfolgung dieses Anliegens kann Beijing Südkorea offenbar nicht helfen. Während Südkorea auf einem chinesischen Bein (in Grenzen) vertrauensbildende Maßnahmen durchführen kann, steht es zur Wahrnehmung einer sicherheitspolitischen Rolle als Mittelmacht auf einem amerikanischen Bein. Eine "Hedging-Strategie" nennt das ein Autor für die Fachwebsite "Sino-NK".
Zumindest einstweilen aber gibt es ein bisschen Frieden. Und am 9. Februar beginnen die Olympischen Spiele in PyeongChang - voraussichtlich unter Beteilgung nordkoreansicher Delegationen.
Kommentare 22
Danke für den Link zur Neujahrsansprache. Auch wenn die meisten kein Koreanisch verstehen werden, so erkennt man doch immerhin, dass Kim Jong-Un ganz normal spricht, nicht so pathetisch wie seine Nachrichtensprecher. Und dass er nicht alles vom Blatt abliest.
Hier noch der Link zur englischen Übersetzung. Diese bricht leider nach 12 Minuten plötzlich ab. Die drei Kernaussagen sind:
1. Die Atomraketen sind unsere Lebensversicherung gegen Angriffe der USA und dabei bleibt es.
2. Die Widervereinigung mit Südkorea bleibt eine hohe Priorität.
3. Die Selbstversorgung mit allen notwendigen Gütern gemäß der Juche Ideologie muss 2018 besonders voran getrieben werden und verlangt die Anstrengung des ganzen Volkes.
Danke für den Hinweis! Die Inhaltsangabe ist korrekt, aber der korrekte Link zur englischsprachigen Wiedergabe für den 01.01.18 ist hier - diesmal beschränkt man sich beim Englischen von vornherein auf gut sieben Minuten.
Noch etwas kürzer ist die deutschsprachige Version.
(Etwaige weiße Abgründe in diesem Kommentarfeld stellen einen Einbettungsversuch dar.)
In dem Video kommt Kim Jong Un ja sehr mediengerecht rueber. Gar nicht wie ein Monster. Wenn man mir darauf antworten wuerde, dass ich dann doch nach Nordkorea gehen soll, wuerde ich trotzdem dankend ablehnen. Die Verhaeltnisse, die dort herrschen, wuerden mir Angst machen und ich kaeme da nicht zu recht. Sozialismus geht anders.
Hi Poor,
die Ansagen, denen zufolge jemand "nach drüben" gehen solle, kenne ich noch aus meiner Kindheit - das hauten sich einige Erwachsene ganz gerne um die Ohren, meinten das aber wohl nicht ganz ernst, und außerdem die DDR und nicht Nordkorea damit.
Wenn man mal davon absieht, dass der Beifall anscheinend reingeschnitten wurde (wie schon im vorigen Jahr), war das halt auch nur eine Neujahrsansprache von ziemlich vielen.
(Eine hab' ich noch, aus der Weltmacht Bayern.)
Wirkt ja wie ein ganz normaler braver Buchhalter oder Gemischtwarenhändler. Schön, dass der Part über Wohnungsbau und Waldwirtschaft mit Bildern von Raketenstarts unterlegt ist, das passt sehr gut...
Überrascht hat mich die Ankündigung, dass es eine gemeinsame Olympia-Delegation der beiden Koreas geben soll. Wenn das keine fake news sind, wäre es ein ziemlich starkes Symbol. Nicht mehr, aber immerhin.
Was ich nicht verstehe: Dass Pyöngyang nicht auf seine Atomwaffen verzichten wird, ist mehr als offensichtlich. Was soll mit einer völlig weltfremden Debatte darüber bezweckt werden? Geht es nur darum, den Norden als Buhmann hinzustellen?
Oder anders gefragt: Wenn es tatsächlich um den Verzicht darauf gehen sollte, müsste dafür ein Preis gezahlt werden. Was wären Seoul und Washington bereit zu geben?
Wenn es tatsächlich um den Verzicht darauf gehen sollte, müsste dafür ein Preis gezahlt werden. Was wären Seoul und Washington bereit zu geben?
Gegenfrage: warum sollten sie überhaupt etwas Substanzielles geben? Ich vermute, sie zählen darauf, dass das Regime in Pyongyang am ökonomischen und sozialen Wandel zerbricht.
Das muss natürlich nicht der Ausgang der Geschichte sein, aber so lange die "Workers' Party of Korea" in den Augen der Bevölkerung nicht delegitimiert ist, passiert nichts Wesentliches es sei denn, der kalte Konflikt läuft aus dem Ruder).
Bis dahin unterhält man sich mit Shows wie dieser. Ich meine, der Status Quo ist für die Konfliktbeteiligten hinnehmbar. Spannend scheint mir vor allem die Frage zu sein, ob das auch für die nordkoreanische Bevölkerung gelten wird.
Wenn es tatsächlich um den Verzicht darauf gehen sollte, müsste dafür ein Preis gezahlt werden. Was wären Seoul und Washington bereit zu geben?
Gegenfrage: warum sollten sie überhaupt etwas Substanzielles geben? Ich vermute, sie zählen darauf, dass das Regime in Pyongyang am ökonomischen und sozialen Wandel zerbricht.
Das muss natürlich nicht der Ausgang der Geschichte sein, aber so lange die "Workers' Party of Korea" in den Augen der Bevölkerung nicht delegitimiert ist, passiert nichts Wesentliches es sei denn, der kalte Konflikt läuft aus dem Ruder).
Bis dahin unterhält man sich mit Shows wie dieser. Ich meine, der Status Quo ist für die Konfliktbeteiligten hinnehmbar. Spannend ist die Frage, ob das auch für die nordkoreanische Bevölkerung gelten wird. Jieun Baek, die Autorin, die im verlinkten Interview spricht, dürfte zumindest insofern recht haben, als ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung es in den 1990er Jahren gelernt hat, sich bei einem Grundbedürfnis (Nahrung) nicht mehr fest auf die politische Führung zu verlassen.
Insofern sind die Sanktionen - wenn auch absichtsvoll unvollständig - nicht wirkungslos, und wenn Beijing nicht will, dass die Bruderpartei stürzt, muss man dort die Blockadepolitik vorsichtig dosieren.
(Zukünftig kommentiere ich nur noch bei mir selber - Doppel-Pastes kann ich hier ja bei Bedarf locker einklappen.) 2. Versuch:
Wenn es tatsächlich um den Verzicht darauf gehen sollte, müsste dafür ein Preis gezahlt werden. Was wären Seoul und Washington bereit zu geben?
Gegenfrage: warum sollten sie überhaupt etwas Substanzielles geben? Ich vermute, sie zählen darauf, dass das Regime in Pyongyang am ökonomischen und sozialen Wandel zerbricht.
Das muss natürlich nicht der Ausgang der Geschichte sein, aber so lange die "Workers' Party of Korea" in den Augen der Bevölkerung nicht delegitimiert ist, passiert nichts Wesentliches es sei denn, der kalte Konflikt läuft aus dem Ruder).
Bis dahin unterhält man sich mit Shows wie dieser. Ich meine, der Status Quo ist für die Konfliktbeteiligten hinnehmbar. Spannend ist die Frage, ob das auch für die nordkoreanische Bevölkerung gelten wird. Jieun Baek, die Autorin, die im verlinkten Interview spricht, dürfte zumindest insofern recht haben, als ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung es in den 1990er Jahren gelernt hat, sich bei einem Grundbedürfnis (Nahrung) nicht mehr fest auf die politische Führung zu verlassen.
Insofern sind die Sanktionen - wenn auch absichtsvoll unvollständig - nicht wirkungslos, und wenn Beijing nicht will, dass die Bruderpartei stürzt, muss man dort die Blockadepolitik vorsichtig dosieren.
Wenn das keine fake news sind, wäre es ein ziemlich starkes Symbol. Nicht mehr, aber immerhin.
Unter Normalverbrauchern in Ostasien sind freundlich-symbolische Gesten ja Mittel dazu, eine konstruktive Atmosphäre zu schaffen, um hinterher zu gucken, ob und wie das funktioniert hat. Das führt natürlich bei weniger kühlen Rechnern auch manchmal zu umso intensiveren Enttäuschungen. Ich vermute aber, dass Pyongyang und Seoul sich über den nahezu ausschließlichen Symbolcharakter der Gemeinschaftsdelegation im Klaren sind.
In den Augen der Öffentlichkeit (Nord und Süd) zeigt sich eine Führung, die dabei mitmacht, also von ihrer konstruktiven Seite. Das ist das eine.
Außerdem erweist man sich auf diese Weise als patriotisch. In der Presseerklärung der zwei Koreas vom 09.01. hieß es lt. KBS, man wolle eng kooperieren, damit der Status des koreanischen Volkes durch die erfolgreiche Austragung der Olympischen Spiele und Paralympischen Spiele in PyeongChang erhöht würden (dort auf Deutsch).
Dessen ungeachtet werden Südkorea und die USA nach Beendigung der Olympischen Winterspiele ihre gemeinsame Militärpolitik (also auch die von Pyongyang und Beijing beanstandeten Übungen) wohl fortsetzen. Insofern ist es sinnvoll, schon vorher daran zu erinnern, dass der Anlass zu Manövern, ungeachtet der derzeitigen Frühlingsmilde, nicht aus der Welt ist.
Eher erwarte ich das Auftauchen von Godot. Bei aller sicher vorhandenen Unzufriedenheit - seit wann führt eine äußere Blockade zur Auflehnung gegen die Regierung? Wenn USA & SK daran ein ernsthaftes Interesse haben (woran gezweifelt werden darf), müssen sie zu Gegenleistungen bereit sein - ist das nicht die Logik jeder Verhandlung? Was wären sie bereit zu geben?
Allein die Teilnahme & freundliche Aufnahme nordkoreanischer Sportler wäre ja auch schon eine Geste gewesen, insofern hat zumindest mich die Deutlichkeit des Symbols doch überrascht. Dass deswegen noch lange nicht die Abschluss- zur Wiedervereinigungsfeier wird, ist auch klar. Aber allein das Bild der gemeinsamen Olympia-Delegation kann zur Ikone werden und eine nachhaltige Wirkung entfalten. Hoffe ich.
Eher erwarte ich das Auftauchen von Godot.
Wie viele Menschen von denen, die sich morgen - wo auch immer - einer Revolution oder Revolte anschließen, wussten schon vor einer Woche, dass sie das tun würden? Ich behaupte: die krasse Minderheit. Regimes wie das nordkoreanische stürzen überraschend, insbesondere, wenn sie Schwäche zeigen, oder in der Bevölkerung missverstanden werden.
Die Blockade bringe ich damit nicht in Zusammenhang - wobei eine ungewollte Überdosis natürlich ebenfalls für Überraschungen sorgen kann. Es mag durchaus noch ein oder zwei Jahrzehnte dauern, aber Erschütterungen der Autorität der Führung im Norden sind heute gefährlicher, als sie es zu Kim Jong-ils Zeiten waren.
Wenn USA & SK daran ein ernsthaftes Interesse haben (woran gezweifelt werden darf), müssen sie zu Gegenleistungen bereit sein
Ich nehme an, Sie meinen ein (k)ein ernsthaftes Interesse an einem Sturz des Regimes?
Südkorea hat an einer Flüchtlingswelle vermutlich so wenig Interesse wie China - dass auch landsmannschaftliche Verbundenheit keine große Willkommenskultur bedeutet, wussten ja schon die WK-2-Flüchtlinge aus Ostpreußen und Schlesien.
Aber beide Koreas arbeiten auf eine staatliche Einheit hin - jeweils zu ihren Bedingungen. Auch Projekte wie die Industriezone Kaesong (von der früheren Präsidentin Park geschlossen, vom der regierenden Minju-Partei hingegen als vertrauensbildende Maßnahme hochgehalten) ist ja Teil einer südkoreanischen "Konterrevolution auf Filzlatschen".
Aber allein das Bild der gemeinsamen Olympia-Delegation kann zur Ikone werden und eine nachhaltige Wirkung entfalten.
Es wird bestimmt Anlass zu etwas Freude sein - aber ich vermute, man wird das in Nord und Süd auch sehr schnell gedanklich "einsortieren" - etwa so.
"Regimes wie das nordkoreanische stürzen überraschend, insbesondere, wenn sie Schwäche zeigen, oder in der Bevölkerung missverstanden werden."
Stimmt. Ich hatte Sie so verstanden, dass die Blockade das beschleunigen könnte - aber äußerer Druck führt idR eher zur Stabilisierung eines Regimes. Wie stabil es heute in sich ist, vermag ich nicht zu sagen. Anzeichen für Risse wären mir nicht bekannt, aber das will natürlich nicht viel heißen - wissen wir überhaupt, wie es wirtschaftlich im Norden aussieht?
Sorry - ich meinte (k)ein ernsthaftes Interesse daran, dass NK seine Atom- und Raketenprogramme aufgibt. Wenn doch, müssten sie bereit sein, etwas dafür zu tun.
Sorry - ich meinte (k)ein ernsthaftes Interesse daran, dass NK seine Atom- und Raketenprogramme aufgibt. Wenn doch, müssten sie bereit sein, etwas dafür zu tun.
Man könnte sich ja auch fragen, warum China kein hinreichend ernsthaftes Interesse an einer Beendigung des Atomprogramms hat. Ich habe den Eindruck, denen ist das in den letzten Jahrzehnten schlicht aus dem Ruder gelaufen - sie haben nicht erwartet, dass die nordkoreanische Führung das durchziehen würde. Ich kenne Chinesen, die sich sonst nie aufregen, wohl aber darüber, dass eine chinesische Sicherheitsgarantie (atomarer "Schirm") dem hässlichen kleinen Bruder nicht gut genug war.
Unter diesen Voraussetzungen gelten m. E. einige Spielregeln: wenn es denn Praxis ist, dass größere Staaten Verantwortung für kleinere übernehmen (Hegemonie inbegriffen - mir scheint das vom Souveränitätsprinzip her problematisch zu sein), dann ist es nicht an Amerika oder Südkorea, zu "geben".
Man wird sich mit einem atomaren Nordkorea arrangieren müssen, und ich meine, das wird auch funktionieren. Das Pyongyanger Regime ist vor allem daran interessiert, nicht angegriffen zu werden. Eine amerikanische oder auch chinesische Sicherheitsgarantie können Sie vergessen - so funktionieren internationale Beziehungen nicht. Ich halte das Regime in Nordkorea für illegitim, aber seine Atomstrategie für durchaus folgerichtig, und aus seiner Sicht unvermeidlich notwendig.
Und Trump hat so viel Unterschiedliches über Land und Führung gesagt (von "eine Ehre, Kim zu treffen", bis zu "rocket man on a suicide mission", oder so ähnlich), dass man ihn zwar schwerlich respektabel finden kann. Er sitzt - verbal derart gut verteilt - aber auch auf keinem Baum, von dem er nicht wieder herunterkäme. Letztlich kann er sogar für seine Wach- und Schließgesellschaft in Fernost die Hand aufhalten, so wie er es ja in den Neuverhandlungen über das Freihandelsabkommen mit Südkorea bereits tut.
Ja, kann er - aber ihm muss klar sein, dass er sich auf längere Sicht mit dieser Schutzgelderpressung bei den 'Verbündeten' nicht gerade beliebt macht, siehe Saudis.
"Eine amerikanische oder auch chinesische Sicherheitsgarantie können Sie vergessen - so funktionieren internationale Beziehungen nicht."
Jein - die Iraner haben sich zum Verzicht auf ein (militärisches) Atomprogramm bereiterklärt, weil Russland für ihre Sicherheit garantiert. Allerdings lässt sich das nicht übertragen, weil NK bereits Atomwaffen hat. Insofern ist die Debatte relativ akademisch, weil PY sie (mit oder ohne guten Grund) kaum wieder hergeben wird.
Auch die Frage, warum ein Kleinstaat trotz großer Schutzmacht ein eigenes Abschreckungspotential will/ braucht, ist eher von theoretischem Interesse. Der Ist-Zustand stellt sich so dar, dass es sehr starke Anreize (oder extremen Druck aus Beijing) bräuchte, um PY zu nuklearer Abrüstung zu bewegen. Ob das legitim ist oder den globalen Gepflogenheiten entspricht, spielt realpolitisch keine Rolle - es ist halt die 'normative Kraft des Faktischen'.
Der einzig denkbare 'Deal' wäre, dass NK nachprüfbar auf Atomwaffen und ICBMs verzichtet, und die Amerikaner im Gegenzug ihr Militär aus Korea abziehen. Die gegenseitige Bedrohung würde verschwinden, womit auch für beides die Legitimation entfiele.
Daran hat natürlich auch Beijing ein großes Interesse - und so gesehen macht es plötzlich wieder Sinn, dass die Chinesen die nukleare Aufrüstung 'zugelassen' haben, um ein Druck- und Tauschmittel zu haben.
Ja, kann er - aber ihm muss klar sein, dass er sich auf längere Sicht mit dieser Schutzgelderpressung bei den 'Verbündeten' nicht gerade beliebt macht, siehe Saudis.
Wer es schafft, sich als Auswärtiger bei Koreanern beliebt zu machen, kriegt einen Nobelpreis für social networks von mir. Ich glaube, Sie unterschätzen den Konflikt zwischen China und seinen Nachbarn - ein altes Thema zwischen uns. China hat sich zugunsten alter Hegemonievorstellungen von seiner "Vision" des 20. Jahrhunderts verabschiedet, dem zufolge Beziehungen zwischen Staaten gleichberechtigt zu sein hatten - seine kleineren Nachbarn aber haben diesen Anspruch selbstverständlich nicht aufgegeben. Ein Trump reicht nicht, um die USA dort vom Spielfeld zu bekommen.
Jein - die Iraner haben sich zum Verzicht auf ein (militärisches) Atomprogramm bereiterklärt, weil Russland für ihre Sicherheit garantiert.
Auch Russland selbst hat seinen Beitrag zur Relativität solcher Garantien geleistet. Siehe Krim-Annexion. Dass der Iran trotzdem cool bleibt, hat zum einen mit seiner konventionellen militärischen Stärke sowie mit seiner relativen staatlichen Stabilität zu tun, und zum anderen damit, dass der Nahe Osten und Europa für die USA seit dem "Pivot" (oder schon vorher) weniger wichtig werden als der Pazifik. Davon abgesehen gehe ich davon aus, dass der Iran sich mittlerweile sehr schnell atomar bewaffnen kann, wenn er das will. Entscheidend ist das Know-how, und eine solide Verbunkerung der Entwicklungsanlagen. Beides soll ja reichlich vorhanden sein, und insofern reden sich die Befürworter des Abkommens die Sache auch ein bisschen schön (was kein Argument dafür sein soll, es in Frage zu stellen).
Der einzig denkbare 'Deal' wäre, dass NK nachprüfbar auf Atomwaffen und ICBMs verzichtet, und die Amerikaner im Gegenzug ihr Militär aus Korea abziehen
Dagegen sprechen zwei Faktoren. Zum einen wird m. E. mittlerweile regelmäßig vergessen, dass der einzige Krieg, den es bisher im nachkolonialen Korea gab, vom Norden vom Zaun gebrochen wurde. Pyongyang mag ja bizarr wirken, aber komisch sind die keineswegs - und was sie konventionell auf Lager haben, wäre auch ein paar Abrüstungsverhandlungen wert, bevor die Amerikaner aus dem Süden abzögen.
Und zweitens gehen die Amerikaner ja manchmal tatsächlich, wenn man sie dazu auffordert. Das galt 1970, als sie ihre Basis in Libyen an Gaddafi übergaben, und ebenso 1992, als sie Subic Bay in den Philippinen aufgaben.
Also, ich würde jedenfalls erstmal die Südkoreaner darüber abstimmen lassen, ob die US-Streitkräfte wirklich abziehen sollen.
Die chinesische Übermacht in allen Belangen führt zwangsläufig zu einer hegemonialen Stellung in Asien, selbst wenn Beijing das nicht will bzw. wollte. Das für die Jahrzehnte des (Wieder-)Aufbaus 'unter den Scheffel zu stellen' war taktisch naheliegend, genau wie Russland in den 90ern/00ern. (nb - selbst wenn eine Regierung es damit ernstmeint, kommt früher oder später eine neue ans Ruder, die das anders sieht und die neue wirtschaftliche Stärke auch außenpolitisch ausspielen will.)
Dass sich kleinere Staaten eine weiter entfernte Großmacht als Verbündeten suchen, um nicht völlig vom großen Nachbarn dominiert zu werden und sich außenpolitisch eine gewisse Eigenständigkeit zu erhalten, ist ein wiederkehrendes Standardmuster. Das gilt für SK und Vietnam genauso wie für Kuba, Katar, Armenien oder Polen.
Dieser strategische Vorteil geht aber mit einem gewissen Risiko einher - spätestens dann, wenn der kleinere Staat zum Aufmarschgebiet und potentiellen Schlachtfeld wird. So gesehen steht SK vor der Wahl, ob die Halbinsel ein hochgerüstetes Pulverfass(?) oder ein chinesisches 'Protektorat' sein soll.
Das müssen die Menschen vor Ort entscheiden, ja - im Bewusstsein, dass es beiden Großmächten um eigene strategische Interessen geht, nicht um das Wohl der Koreaner*innen. Was auch heißt: Sollte es zum Krieg kommen, würde Washington u.U. eher Korea 'opfern' als zurückzustecken. Die erwähnten Basen wurden aufgegeben, weil sie strategisch uninteressant schienen - bei Subic Bay etc. ärgern sich die Amerikaner inzwischen grün und blau, und für Korea gilt dieses Desinteresse sicherlich nicht.
"Davon abgesehen gehe ich davon aus, dass der Iran sich mittlerweile sehr schnell atomar bewaffnen kann, wenn er das will."
Stimme im Prinzip zu, wobei mir 'sehr schnell' übertrieben scheint, ich schätze mindestens drei Jahre. Den Pivot und die Krim-Sache sehe ich anders, aber das spielt hier keine Rolle. Es ging mir nur darum, dass Sicherheitsgarantien durchaus eine gewisse Bedeutung haben (können) - im Einzelfall sind natürlich die jeweiligen Umstände zu betrachten.
Auch zur Genese des Koreakriegs gibt es unterschiedliche Sichtweisen, aber die Diskussion darüber würde hier wohl zu weit führen.
... bei Subic Bay etc. ärgern sich die Amerikaner inzwischen grün und blau
Desinteressiert war der philippinische Senat - Washington und die philippinische Regierung hatten eine Verlängerung der Basisnutzung bereits ausgehandelt, und bekamen sie im dortigen Parlament nicht ratifiziert. Ich vermute ja eher, dass manche damalige Unterstützer der Senatoren sich ein paar Jahre später grün und blau geärgert haben, aber die Einschätzung des Ärgers anderer Leute ist sicherlich eine etwas spekulative Sache.
Dass sich kleinere Staaten eine weiter entfernte Großmacht als Verbündeten suchen, um nicht völlig vom großen Nachbarn dominiert zu werden und sich außenpolitisch eine gewisse Eigenständigkeit zu erhalten, ist ein wiederkehrendes Standardmuster. Das gilt für SK und Vietnam genauso wie für Kuba, Katar, Armenien oder Polen.
Mit dem Unterschied, dass China als Hegemon vor einer vergleichsweise multipolar geprägten Welt steht - und darauf mental nicht gut vorbereitet ist, obwohl es selbst immer eine solche Welt gefordert hat. Südkorea sieht sich als Mittelmacht, und ganz gewiss nicht als "Protektorat" eines anderen Landes. Übrigens: eine Regierung oder parlamentarische Mehrheit in irgendeinem Land, die eine Mehrheit für eine fortdauernde Unabhängigkeit erreichen wollen, wären m. E. gut beraten, den Menschen bei ihrer Entscheidung eine Fragestellung mit ungefähr Ihrer Wortwahl vorzulegen: "Pulverfass oder Protektorat"? Die Antwort der stimmberechtigten Öffentlichkeit ist - gerade im Falle Koreas (Nord und Süd wären sich in dieser Hinsicht durchaus ähnlich) schon absehbar.
"Hochgerüstetes Pulverfass" halte ich - ungeachtet seiner Nützlichkeit als Begriff - für eine Übertreibung, vor allem aber für eine einseitige Schuldzuweisung, die den Tatsachen nicht gerecht wird.
Auch zur Genese des Koreakriegs gibt es unterschiedliche Sichtweisen, aber die Diskussion darüber würde hier wohl zu weit führen.
Es gibt dazu eine Version, die bis heute - meines Wissens - in China seit Anfang des Jahrhunderts nahezu unwidersprochen ist.
Ich nehme das so wahr, dass man es sich unter vielen Linken angewöhnt hat, Amerika (und ggfs. seine Verbündeten) für das Problem zu halten, und seine Gegner für die Chance zu einer besseren Welt. Das greift aber zu kurz. Man kennt oft lediglich den einen Teufel besser, und den anderen schlechter. Wenn man solche Hypothesen zur Grundlage für Einschätzungen macht, bekommt man eine linksdrehende Atlantikbrücke. Ich meine, die Südkoreaner, Vietnamesen und Taiwaner treffen da informiertere Entscheidungen als wir - auch wenn die Rolle, die Nationalismus und mediale Beeinflussung auf beiden Seiten - China und seinen Nachbarn - spielen, Größen sind, die man nicht außer Acht lassen sollte.
Die Details der damaligen Entscheidung sind bzw. waren mir nicht bekannt. Bisher hatte ich es so verstanden, dass die US-Regierung die philippinischen Basen nach Ende des KK nicht mehr für so wichtig hielt. Wäre das nicht der Fall gewesen - hätten sie dann nicht ein besseres Angebot vorgelegt, um den dortigen Senat umzustimmen? Es soll Länder geben, wo für Stationierungsrechte Regierungen gestürzt werden...
Südkorea als Mittelmacht? Was hat man denen in den Tee getan?
...im Ernst, für eine Schaukelpolitik scheint mir das Land auf die Dauer zu klein und der Nachbar zu groß und nah. Es stimmt zwar, dass China sich für die Krone der Schöpfung hält und das einer Akzeptanz der Multipolarität eher im Wege steht, aber ist das bei den USA oder Russland anders? Von daher sehe ich keinen fundamentalen Unterschied zu anderen Fällen von (regionalem) 'großen Nachbarn'. 'Hochgerüstetes Pulverfass' bezog sich auf beide Seiten, allerdings eignet es sich eher nicht als Referendumsfrage und war auch nicht so gemeint.
"Man kennt oft lediglich den einen Teufel besser, und den anderen schlechter."
Wie wahr - darauf weise ich auch häufig in Diskussionen hin. Zum Aufbau einer (halbwegs) gerechten multipolaren Welt gehört aber ein Abbau der ärgsten Spannungen und Eskalationsgefahren - was die Räumung mancher strategischen Positionen aus der 'unipolaren Ära' einschließt. Es ist verständlich und richtig, dass die asiatischen Nachbarn Chinas politische, wirtschaftliche und militärische Beziehungen zu den USA pflegen. Aber mit THAAD wurde eine Rote Linie überschritten, was keine Groß-/Supermacht in ihrer Nachbarschaft dulden würde.
Wäre das nicht der Fall gewesen - hätten sie dann nicht ein besseres Angebot vorgelegt, um den dortigen Senat umzustimmen?
Die übliche Reihenfolge ist die, dass Regierung mit Regierung verhandelt, und dass danach das Parlament an der Reihe ist. Das läuft in den Philippinen ganz ähnlich wie in den USA, die auch eine lange Geschichte ausgehandelter, aber unratifizierter (multi- und bilateraler) Verträge haben.
Es soll Länder geben, wo für Stationierungsrechte Regierungen gestürzt werden...
Mag sein - aber können Sie ein paar nennen? Es ist leichter, über konkrete Fälle zu diskutieren.
Südkorea als Mittelmacht? Was hat man denen in den Tee getan?
Nationalismus. Dass Deutsche auf entkoffeinierten Kaffee umgestiegen sind, verpflichtet ja weder Amerikaner, noch Chinesen, Polen oder Koreaner dazu, ihrem Beispiel zu folgen. Davon abgesehen sehen Koreaner sich ja im Norden und Süden als geteiltes Land. Die Überzeugung, zusammenzugehören, haben sie mehr oder weniger gemeinsam, und dass sie als Land kein Leichtgewicht sind, stellt der Norden militärisch-totalitär unter Beweis, und der Süden ökonomisch.
Ob eine Schaukelpolitik funktioniert, hängt vermutlich zu einem nicht unwesentlichen Teil davon ab, wie weit Chinas Nachbarn mit dem hegemonialen Anspruch bilateral oder multilateral umgehen.
Ein Punkt, der daran vielleicht thematisch angrenzt, ist die Frage, ob sich Japan und Südkorea zu einem institutionalisierten Bündnis entschließen. Präsident Moon hat zwar Anfang November ein derartiges Bündnis als nicht wünschenswert bezeichnet, aber das würde ich zunächst als Geste an China (via Singapur, aus deren Medien sich Chinesen gerne informieren, zumal sie häufig nicht blockiert sind) interpretieren. Zum einen bemühte man sich gerade, Beijing zur Rücknahme seiner inoffiziellen Wirtschaftssanktionen gegen Südkorea zu bewegen, und zum anderen hat man wohl die Hoffnung noch nicht aufgegeben, China könne Pyongyang entscheidend unter Druck setzen. Andererseits setzt auch Moon den direkten geheimdienstliche Austausch mit Japan fort, den erst die Regierung Park Geun-hyes begonnen hatte. Ich habe den Eindruck, dass die chinesischen Medien die Öffentlichkeit auf eine "Fernost-NATO" vorbereiten. Auch hier gilt vielleicht, dass Druck von außen als Chance dazu gesehen wird, die Einheit im inneren zu verstärken.
Es stimmt zwar, dass China sich für die Krone der Schöpfung hält und das einer Akzeptanz der Multipolarität eher im Wege steht, aber ist das bei den USA oder Russland anders?
Die Ironie scheint mir darin zu liegen, dass Russland - meines Wissens - nie von internationalen Beziehungen unter Gleichen gesprochen hat, und dass die Politik Wilsons, die in diese Richtung zu zielen schien, nahezu ein Jahrhundert her ist. Immerhin aber haben die USA es - zumindest in Ländern ihres seinerzeit mehr oder weniger "WASP"-Kulturkreises - recht gut geschafft, westlichen Ländern den Eindruck zu vermitteln, es handle sich um Bündnisse unter Gleichen. Wenn man mal von disruptiven Phasen absieht wie den Vietnamkrieg oder der frühen Präsidentschaft Ronald Reagans, lebte sogar die BRD unter einem solchen Eindruck. Das könnte sich in Ostasien wiederholen, zumal Amerika ja inzwischen längst ein multikultureller Staat ist, mit einer Vielzahl kommunikativer Schnittstellen.
China hingegen ist noch gar nicht von dem Pferd herunter, dass es "Demokratie in den internationalen Beziehungen" geben müsse, benimmt sich aber schon wie der Fluch der Karibik.
... allerdings eignet es sich eher nicht als Referendumsfrage und war auch nicht so gemeint.
Mir geht es eher darum, die Wirkung bestimmter Formulierungen zu beschreiben. Solche wie die von Ihnen verwendeten würden sich m. E. gut dazu eignen, ein öffentliches Bewusstsein - in diesem Fall das südkoreanische - noch weiter in eine nationalistische Richtung zu schärfen, und Sie hatten ja zuvor darüber geschrieben, dass die Entscheidung über die strategischen Vorteile und Risiken einer transpazifischen Bündnispolitik von den Menschen vor Ort entschieden werden müsse. Ein Referendum wäre da nur die unmittelbarste Form. Sicherlich sind aber auch parlamentarische Mehrheiten Ausdruck eines öffentlichen Willens.
Aber mit THAAD wurde eine Rote Linie überschritten, was keine Groß-/Supermacht in ihrer Nachbarschaft dulden würde.
Wie definiert sich eine solche Linie? Wodurch wird sie zu einer roten?
Dass das Parlament erst am Ende entscheidet, ist klar - aber damit ist nicht gesagt, dass die Regierungen es damit bewenden lassen (müssen). Wenn es ihnen sehr wichtig wäre... Spontan fallen mir Panama und Kirgistan ein, es gibt mit Sicherheit weitere Fälle.
Nationalismus mag eine starke Motivation sein, aber er taugt nicht als Grundlage für Außen- oder Machtpolitik. Dass eine 'Schaukelpolitik nicht möglich ist', mag übertrieben sein, aber angesichts der Größenverhältnisse und Entfernungen scheint es mir kaum in halbwegs symmetrischer Form vorstellbar. In einem festeren Bündnis mit Japan sähe das anders aus, ja - aber soweit ich es beurteilen kann, ist ein solches sehr unwahrscheinlich. Aufgrund der Geschichte, des unterschiedlichen (Wirtschafts-)Verhältnisses zu China und der Tatsache, dass es ohne chinesische Rückendeckung niemals eine Vereinigung der Halbinsel geben kann.
"Ich habe den Eindruck, dass die chinesischen Medien die Öffentlichkeit auf eine "Fernost-NATO" vorbereiten. Auch hier gilt vielleicht, dass Druck von außen als Chance dazu gesehen wird, die Einheit im inneren zu verstärken."
Interessante Idee. Bisher sehe ich keine Anzeichen für eine solche "Fernost-NATO", aber das muss ja Chinas Medien und KP nicht daran hindern, das Schreckgespenst an die Wand zu malen und damit Politik zu machen...
"Die Ironie scheint mir darin zu liegen, dass Russland - meines Wissens - nie von internationalen Beziehungen unter Gleichen gesprochen hat..."
Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Mir ging es um das Verhältnis zu anderen Großmächten, wo Russland durchaus eine Form der multipolaren Koexistenz anzustreben scheint. Wenn ein Land wie China gegenüber Kleinstaaten von 'Beziehungen unter Gleichen' spricht, würde ich das unter Höflichkeitsfloskeln verbuchen. Selbst wenn Beijing das wollte - es geht nicht. Die chinesische Finanz- und Wirtschaftskraft ist so groß, dass kleinere Länder 'geneigt' sind, sich Chinas Wünschen anzupassen, um Investitionen und Handel abzubekommen (und keinen Zorn). Der Hund wedelt mit dem Schwanz, der kleine Körper wird vom größeren angezogen. (Ich weiß, die Anziehung ist wechselseitig - aber es ist der kleinere, der 99% der Bewegung vollführt.)
So gesehen und trotz der zeitweise guten Erfahrungen mit den Beziehungen USA-Europa würde ich sagen, dass es wohl graduelle Unterschiede geben mag, aber keine prinzipiellen.
"Mir geht es eher darum, die Wirkung bestimmter Formulierungen zu beschreiben. [...] Ein Referendum wäre da nur die unmittelbarste Form. Sicherlich sind aber auch parlamentarische Mehrheiten Ausdruck eines öffentlichen Willens."
Ich stimme Ihnen zu, deswegen würde ich eine solche Formulierung auch nicht als koreanischer Politiker im Fernsagen sagen. In unserer Diskussion kann ich zuspitzen, was zur Wahl steht - die Politik vor Ort muss diplomatischer sein. Wobei 'Wahl' nicht bedeutet, dass der Bevölkerung oder auch dem Parlament mal eben eine ja-nein-Frage vorgelegt werden sollte wie beim Brexit. Das ist ein langer Prozess der Meinungsbildung, und es sollte nicht gewaltsam gegen eine große Minderheit entschieden werden.
"Wie definiert sich eine solche Linie? Wodurch wird sie zu einer roten?"
Dadurch, dass sie die strategische Verteidigungsfähigkeit oder ähnlich essentielle Interessen der Supermacht untergräbt, und damit die nationale Sicherheit.
Spontan fallen mir Panama und Kirgistan ein, es gibt mit Sicherheit weitere Fälle.
Mich interessieren diese Machtwechsel im Zusammenhang mit den US-Militärbasen. Können Sie Näheres zum jeweiligen Hergang sagen?
Nationalismus mag eine starke Motivation sein, aber er taugt nicht als Grundlage für Außen- oder Machtpolitik.
Nationalismus ist ja kein Werkzeug, dass Regierungen sich selber basteln, auch wenn sie Fällen versuchen, ihn sich zunutze zu machen. Die Alternative wäre, als Politiker mit ihm konfrontiert zu sein. Ich glaube, sie nehmen den Nationalismus der ostasiatischen Länder zu sehr als Mittel zum Zweck wahr, und nicht als Realität, mit der man umgehen muss.
Zum einen - das scheint mir ein relativ universaler Zug zu sein - nimmt eine Feindschaft nicht dadurch ab, dass die Geschäfte zunehmen - vergl. erster Weltkrieg dort, Text für eine Browsersuche: Während die Wirtschaft floriert, der internationale Warenaustausch ...
Und den deutlichsten Ausweis nationalistischer Wirkungsmacht sehen wir in Nordkorea; den zweitdeutlichsten vermutlich in Vietnam (im Vietnamkrieg). Dass andere Länder und Staaten - eben auch Südkorea - gleich nach dem 2. Weltkrieg oder in den 1960er Jahren - Wege gewählt haben, die einen ganz anderen Wohlstand ermöglichen als den nordkoreanischen, bedeutet nicht, dass wir unsere hiesige Bereitschaft zur Kooperation mit als feindselig wahrgenommenen Mächten auf Chinas Nachbarn übertragen können. Das sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Und auch in Japan und Südkorea sind Normalverbraucher weitaus eher bereit, eigene (Arbeitnehmer)interessen "nationalen" Zielen unterzuordnen, als im Westen. Insofern ergeben Investitions- und Warenaustausch mit China schon insofern Sinn, als die Verteidigung der eigenen Souveränität eine ökonomische Basis braucht, und diese Basis wiederum wird in der Beteiligung an der Globalisierung gesehen.
Interessante Idee. Bisher sehe ich keine Anzeichen für eine solche "Fernost-NATO", aber das muss ja Chinas Medien und KP nicht daran hindern, das Schreckgespenst an die Wand zu malen und damit Politik zu machen...
2010 sendete Japan einem chinesischen Beobachter zufolge zum erstenmal überhaupt Beobachter zu einem US-südkoreanischen Militärmanöver, und im Herbst 2017 verabredeten die drei Regierungen eine verstärkte gemeinsame Militärpolitik. Interessant finde ich auch, dass selbst Moon, der ja eine Entspannungspolitik gegenüber dem Norden und eine ausgewogenere Politik als seine Vorgängerin gegenüber China verfolgt, ein institutionalisiertes Bündnis mit Japan lediglich als "nicht wünschenswert" bezeichnet hat - und das offenbar aufgrund der ganz aktuellen Motivation, China ins Boot gegenüber Pyongyang zu bekommen. Ein hartes Dementi sieht anders aus, und wäre in einem überwiegend Land, das überwiegend wohl konservativer ist als sein Präsident, auch nicht nachhaltig - Querlenker hat dazu im vorigen Jahr einen Kommentar gepostet.
Dadurch, dass sie die strategische Verteidigungsfähigkeit oder ähnlich essentielle Interessen der Supermacht untergräbt, und damit die nationale Sicherheit.
Können Sie das konkretisieren?
Das hat jetzt eine Weile gedauert, sorry.
Zu Panama und Kirgistan müsste ich jetzt die Details raussuchen, dabei scheint es mir in diesem Kontext nicht wahnsinnig relevant...oder?
Bzgl. Nationalismus - natürlich ist dieser eine Realität, mit der Regierungen umgehen müssen, die sie manchmal schüren und manchmal dämpfen. Aber er ersetzt keine Realpolitik, die sich an den ökonomischen und strategischen Gegebenheiten und Möglichkeiten orientiert. Nationalismus mag zwar die Fassade der Außenpolitik (mit)bestimmen, aber nicht die Substanz - zumindest auf längere Sicht.
"Und auch in Japan und Südkorea sind Normalverbraucher weitaus eher bereit, eigene (Arbeitnehmer)interessen "nationalen" Zielen unterzuordnen, als im Westen."
Ist das wirklich so? Es mag traditionell dieses 'Gemeinschafts-Denken' geben, aber...
Gemeinsame Militärübungen und Informationsaustausch gibt es zwischen vielen Ländern - unter einer (möglichen) 'Fernost-NATO' würde ich mir doch deutlich mehr vorstellen.
Je mächtiger ein Land, desto weniger ist es bereit, von anderen (militärisch, ökonomisch, technologisch, nachrichtendienstlich...) abhängig und damit erpressbar zu sein. Als Groß- bzw. Supermacht beansprucht China einen viel größeren außenpolitischen Handlungsspielraum ("Souveränität") für sich als z.B. Vietnam oder Südkorea - ob zurecht oder nicht ist eine müßige Frage. Die Beteiligung an der Globalisierung mag Südkorea Wohlstand bescheren, sie bedeutet aber auch Abhängigkeiten von China, USA und anderen. THAAD dient dem Ziel, den Handlungsspielraum (->Zweitschlagsfähigkeit) Beijings einzuschränken, und kann deshalb nicht einfach hingenommen werden. Entweder wird es wieder abgebaut, oder China rüstet soweit auf, dass der Effekt neutralisiert wird.
Zu Panama und Kirgistan müsste ich jetzt die Details raussuchen, dabei scheint es mir in diesem Kontext nicht wahnsinnig relevant...oder?
Ich meine schon - immerhin stellt sich in unserer Diskussion zum wiederholten Mal die Frage, inwieweit und ggfs. mit welcher Intensität die USA überhaupt auf zusätzliche Stützpunkte in Ostasien oder Südostasien aus sind.
Ist das wirklich so? Es mag traditionell dieses 'Gemeinschafts-Denken' geben, aber...
Ja, definitiv. Ich glaube, in Deutschland macht man sich davon keine Vorstellung. Insofern frage ich mich auch manchmal, wie Mainstream und Gegenentwürfe sich die hiesige Ökonomie im globalen Zusammenhang vorstellen.
Sie werden gelegentlich hören, wie sich jüngere Japaner oder Taiwaner über ihre Chefs beklagen - so, wie manche Chinesen sich über die politischen Versammlungen beklagen oder mokieren, zu denen sie genötigt werden. Aber man nimmt das generell ernst, und die Älteren tun es auch. Ich beobachte außerdem, wie Menschen in meinem Alter mit den Jahren in dieser Hinsicht immer konservativer werden - also gesellschaftlich noch "kohäsiver".
THAAD dient dem Ziel, den Handlungsspielraum (->Zweitschlagsfähigkeit) Beijings einzuschränken, und kann deshalb nicht einfach hingenommen werden. Entweder wird es wieder abgebaut, oder China rüstet soweit auf, dass der Effekt neutralisiert wird.
Ich verfolge das derzeit nur mit einem Ohr, aber Trumps Konzentration auf taktische Atomwaffen bezieht sich ja anscheinend nicht nur auf Russland, sondern auch auf China. Von einem Wettrüsten gehe ich sowieso aus.
Als Groß- bzw. Supermacht beansprucht China einen viel größeren außenpolitischen Handlungsspielraum ("Souveränität") für sich als z.B. Vietnam oder Südkorea
Das stimmt - aber die USA tun es auch. Und gemeinsame Militärübungen und geheimdienstliche Zusammenarbeit gab es zwischen diversen Staaten zwar schon immer - aber eben nicht zwischen Seoul und Tokio. Ich halte diesen Trend für einen Beginn zu mehr militärischer Integration. Von daher glaube ich nicht, dass sich z. B. die chinesisch-südkoreanischen Beziehungen vornehmlich bilateral betrachten lassen. Im Gegensatz zur klassischen fernöstlichen Vergangenheit gibt es inzwischen mindestens zwei Sonnen am Himmel, und nicht nur eine. Das führt zu einer anderen Schwerkraftverteilung.
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