1974: Konrad Wolf überrascht mit dem Film „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“

Zeitgeschichte Nach dem Großprojekt „Goya“ dreht Regisseur Konrad Wolf einen sehr persönlichen, grüblerischen Künstlerfilm. Der Schauspieler Kurt Böwe agiert als sein Alter Ego
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 10/2024
Enthüllung der Statue in „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“, Konrad Wolf (1977, fünf Jahre vor seinem Tod)
Enthüllung der Statue in „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“, Konrad Wolf (1977, fünf Jahre vor seinem Tod)

Fotos: Defa-Stiftung/Wolfgang Bangemann, Alexander Kühn; dpa (rechts)

Kemmels Hände, wir haben sein Gesicht noch nicht gesehen, formen einen kleinen Klumpen Lehm zur Menschenplastik. So beginnt der Film Der nackte Mann auf dem Sportplatz. Der Titel meint die Statue eines Läufers. Kemmel ist Bildhauer. Bildhauer schlagen Formen aus Gestein, entlocken sie dem Holz. Sie meißeln, hauen, schleifen. Und wenn Claire Waldoff in ihrem berühmten Chanson (es kommt im Film nicht vor) fragt: „Wer schmeißt denn da mit Lehm?“, es könnte ein Bildhauer sein, wütend, weil ihm eine Arbeit misslang. Kemmels Hände also. Eine agile Kamera zeigt sie. Bilder ohne Schwere, wie skizziert. Wer ist da am Werk? Ein Proletarier? Gott? „Ein Künstler der mittleren Position“, heißt es im Protokoll einer Drehbuchbespre