Tunesien: Zarzis' Friedhof der unbekannten Flüchtlinge

Reportage Als der Fischer Chamseddine Marzoug in seinen Netzen immer wieder sterbliche Überreste ertrunkener Flüchtlinge findet, beginnt er, sie an einem stillen Ort zu bestatten. Doch der Bürgermeister der Hafenstadt nennt ihn einen Hochstapler
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 32/2023
Chamseddine Marzoug (rechts) schläft viel in diesen Tagen, auch auf „seinem“ Friedhof
Chamseddine Marzoug (rechts) schläft viel in diesen Tagen, auch auf „seinem“ Friedhof

Foto: Klaus Petrus

Vor zwanzig Jahren sei es gewesen, dass sich erstmals Leichenteile in seinen Netzen verfangen hätten, einmal ein Arm, dann ein Bein, ein Kopf, ein paar Finger, auch Kleidungsstücke, Schuhe und Puppen waren dabei, erinnert sich der Fischer Chamseddine Marzoug. Er fand Habseligkeiten von Migranten, die auf maroden Schiffen von Tunesien über Lampedusa nach Europa fliehen wollten, die kenterten, ertranken und vom Meer an die Küste zurückgeschwemmt wurden. Im Jahr 2011 seien es besonders viele gewesen. Damals tobte in Libyen der Bürgerkrieg, 300.000 Menschen flüchteten allein in den ersten Monaten nach Tunesien. Immer mehr stiegen auf die Kutter oder Gummiboote. Sie zahlten den Schleppern viel Geld, alle wollten sie weg.

Als das Meer, das Marzoug einst liebte