Bis zum Krieg in der Ukraine haben sowohl Wladimir Putin als auch Außenminister Sergej Lawrow stets dementiert, dass Russland neben seiner Berufsarmee, ähnlich wie die USA, auch private Söldnergruppen einsetze. Doch es passierte auch das. Die Formationen bestanden zu großen Teilen aus ehemaligen Offizieren oder Soldaten und fanden sich mit hochmodernen Waffensystemen aus russischer Produktion ausgestattet. Zwischen der Berufsarmee und den Legionären wurde wohl bewusst eine Grauzone hergestellt, die es erlaubte, Personen real und Verantwortlichkeiten medial zu verschieben.
Sowohl die syrische als auch die malische Regierung streiten ab, von Wagner-Söldnern unterstützt zu werden, und sprechen von „russischer Militärhilfe“. Unbekannt ist, wie
t ist, wie Marschall Khalifa Haftar, der den größten Teil Libyens sowohl im Osten als auch im Süden kontrolliert, den Beistand aus Russland nennt. Allerdings existieren Filmaufnahmen, die ihn im November 2018 in Moskau bei einem Treffen mit russischen Regierungsvertretern zeigen. In diesem Kreis sind auch Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin zu sehen. Erwiesen ist, dass die ein halbes Jahr später, im Frühjahr 2019, einsetzende Offensive Haftars gegen die Konkurrenzregierung in Westlibyen von russischen Truppen flankiert wurde, die etwa zehn Kilometer südlich vor Tripolis operierten. Zum Rückzug von Haftars Verbänden wie russischen Militärs kam es, nachdem – ebenfalls mit modernen Waffen ausgerüstete – türkische Einheiten der Tripolis-Regierung zu Hilfe kamen.US-DrohnenangriffDabei bedarf die militärische Seite des Libyen-Konflikts der politischen Einordnung. Die in westlichen Medien als „international anerkannt“ bezeichnete Regierung in Tripolis stützte sich seit der westlichen Militärintervention von 2011 gegen den damaligen Staatschef Muammar al-Gaddafi auf ein fragiles Netzwerk islamistischer Milizen, die sich nur teilweise anerkannten und untereinander bekämpften. Der schließlich mit UN-Hilfe ausgehandelte Waffenstillstand enthielt Klauseln, wonach alle ausländischen Truppen aus Libyen abziehen und Wahlen abgehalten werden sollten. In dem beginnenden politischen Prozess wurde von einem alle Gruppierungen repräsentierenden Abgeordentenrat schließlich 2022 der aus der östlichen Region Tobruk kommende Fathi Baschagha als Interimspräsident gewählt. Der in Tripolis als Premier regierende Abdul Hamid Dbeiba verweigerte jedoch seine Demission. Da er kaum Chancen hatte, eine Parlamentswahl zu gewinnen, verschob er ein solches Votum immer wieder. Einigermaßen stabil wurde Dbeibas Position erst, als ihn die Türkei zu stützen begann.Libyen ist heute faktisch geteilt. Beim Bau eines umfangreichen Befestigungssystems soll Ostlibyen Unterstützung von russischen Militärs, vermutlich Wagner-Söldnern, erhalten haben. Khalifa Haftar, ehemals ein von Gaddafi abtrünniger General, lebte lange in den USA und arbeitete dort mit der CIA zusammen. Das war wohl der Grund, weshalb Donald Trump seiner Machtübernahme in Libyen nicht abgeneigt war. Während der westlichen Intervention von 2011 kämpfte Haftar gegen die Truppen Gaddafis, überwarf sich aber schnell mit der provisorischen Regierung über die Frage, welchen Einfluss die von den aufständischen Milizen vertretene Ideologie der Muslimbrüder künftig haben sollte. Auf dem von ihm beherrschten Gebiet gelang es Haftar, bewaffnete islamistische Gruppen auszuschalten oder sie durch eine Integration in die eigenen Streitkräfte unter Kontrolle zu bringen. Trotzdem gilt er in Westeuropa bis heute als „Rebellengeneral“ und die nicht gewählte Regierung in Tripolis als „legitime Instanz“.Mit der Errichtung starker militärischer Befestigungen kann Libyen zwar nicht als befriedet, aber als durchaus stabilisiert angesehen zu werden. Zumal es gelungen ist, dass beide Seiten von den Öl- und Gasausfuhren profitieren und das Land wieder Investoren aus dem Ausland anzieht, auch wenn weder die türkischen noch die russischen Kombattanten aus Libyen abgezogen sind. Auf dem Militärstützpunkt Al Khadima wurde im Januar 2023 ein russisches Militärflugzeug zerstört – wie es hieß, von einer amerikanischen Drohne.Prigoschins Meuterei hat die Situation seiner Leute auch in Libyen unsicher gemacht. Wenige Tage nach der Revolte wurde ihr Standort erneut mit Drohnen angegriffen, offenbar ohne Schaden anzurichten. Russland hat mittlerweile verkündet, dass die Wagner-Truppen dort bleiben, wo sie bislang im Einsatz waren – freilich unter Kontrolle des regulären Generalstabs der russischen Armee.