CIA-Chef William Burns und US-Präsident Joe Biden sind offenbar seelenverwandt. Sie verfolgen eine Politik, die Interessen der USA sichert, keine zu großen Risiken eingeht und Rücksicht nimmt auf Verbündete, solange das nicht zu weit geht. Beide sehen China langfristig als bedeutendsten Kontrahenten. Kurzfristig soll Burns mit Israel, Ägypten und Katar ein Abkommen zum Gaza-Krieg in die Wege leiten. Er täte dies irgendwo in Europa und in geheimer Mission, was beim Geheimdienst CIA bedeutet, dass diese Behörde mit geschätzt 20.000 Mitarbeitern (die genaue Zahl ist geheim) keine Auskunft gibt über Reisepläne ihres Direktors. William Joseph Burns, 67, war vor seiner Zeit als CIA-Chef Diplomat und stellvertretender Außenminister in demokra
Zeit als CIA-Chef Diplomat und stellvertretender Außenminister in demokratischen und republikanischen Regierungen, danach führte er die Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace.Eine Figur wie in einem John-le-Carré-RomanBurns, geboren in Fort Bragg (North Carolina), ist ein Spionagechef mit außergewöhnlicher Macht, schrieb einmal die New York Times, eine Figur, die man sich in einem John-le-Carré-Roman vorstellen könne, graue Haare, diskretes Auftreten, wachsame Augen. „Bill hat mir immer eine aufrichtige Analyse vorgelegt, die das Schwergewicht auf die Sicherheit des amerikanischen Volkes legt“, hat ihn Joe Biden kürzlich gelobt. „Verschärfte Verhörmethoden“ werde es bei ihm nicht geben, sagte Burns im Februar 2021 bei der Anhörung im Senat, die seiner Ernennung zum CIA-Chef vorausging. Also keine Schläge, kein Waterboarding und kein Schlafentzug, wie es nach 9/11 in US-Geheimgefängnissen bei Terrorverdächtigen üblich war.Burns, dessen Vater General und 1988/1989 Chef der Rüstungskontrollbehörde war, ist für einen CIA-Direktor auffallend häufig in den Medien und scheint bei allem Bekenntnis zur amerikanischen Führungsrolle auch die Grenzen von Macht zu sehen. Man stehe gegenwärtig vor einer Transformation, vergleichbar mit dem Wandel nach dem Ende des Kalten Krieges, sagte er im Frühjahr 2023 bei einer Rede in Texas. Zwar hätten die USA nach wie vor die besseren Karten, doch ihr Platz am „Kopfende des Tisches“ sei nicht länger sicher. Chinas Präsident Xi Jinping reiche ein Platz am Tisch längst nicht mehr, er wolle bestimmen, was am Tisch passiert. Russland als Macht im Niedergang wolle lieber den Tisch umstürzen, als auf einen unbedeutenden Platz verwiesen zu werden. Viele mittlere Mächte warteten ab, ihre Suche nach dem ihnen zukommenden Platz sei eine große Herausforderung für US-Diplomaten und -Geheimdienstler.Wie James BakerZweifellos gehört Burns zu denen, die Macht nicht offen zeigen. Vorbild dafür ist der frühere Außenminister James Baker, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 nicht öffentlich triumphierte. Seiner einstigen Chefin Hillary Clinton, Außenministerin 2009 – 2013, empfahl Burns, dem Iran mit „Respekt und der Verpflichtung zu direktem Engagement“ zu begegnen. Er soll bei geheimen Sondierungen mit Teheran die Verhandlungen über das Atomabkommen von 2015 mit angestoßen haben.Derzeit hat die Ukraine-Hilfe trotz der Konzentration auf China Top-Priorität für den Mann von der CIA. Der Ukraine-Krieg habe Putin geschwächt. In einem bemerkenswerten Interview beim US-Hörfunksender NPR im Juli 2023 sprach Burns über Unzufriedenheit mit Putin in der russischen Elite. „Wir wären verrückt, wollten wir das nicht nutzen“, so Burns, was im Endeffekt eine einmalige Chance für einen Dienst mit menschlichen Quellen sei. Die Reporterin erkundigte sich daraufhin nach der Wirkung eines Videos auf dem Kanal Telegram, der „tapfere Russen“ darüber informiere, wie sie „uns im Darknet sicher kontaktieren können“.Eingebetteter MedieninhaltIn der ersten Woche sei das Video zweieinhalb Millionen Mal aufgerufen worden, erklärte Burns, der unbestritten Erfahrung mit Russland hat. Von 2005 bis 2008 war er für die Regierung von Präsident George W. Bush Botschafter in Moskau. Er sehe Wladimir Putin „als eine Kombination von Groll, Ehrgeiz und Unsicherheit“, befindet Burns. Wikileaks hat ein Schreiben veröffentlicht, das Botschafter Burns im Februar 2008 nach Washington schickte. Darin heißt es, angesichts der ukrainischen NATO-Ambitionen lägen die Nerven blank in Russland. Man sehe dort eine drohende Einkreisung. Schon bei der ersten Runde der NATO-Erweiterung Ende der 1990er sei die russische Opposition stark gewesen, nun aber sehe sich Russland in der Lage, stärker („more forcefully“) zu reagieren.Und jetzt Gaza. Es sei extrem schwierig, doch man müsse die Hoffnung wiederbeleben auf einen „dauerhaften Frieden, der Israels Sicherheit garantiert und zugleich palästinensische Eigenstaatlichkeit“, schrieb Burns, der 1998 bis 2001 Botschafter in Jordanien war, soeben im außenpolitischen Magazin Foreign Affairs. Schlüssel zur Sicherheit für Israel und die Region sei der Umgang mit dem Iran. Das dortige Regime fühle sich ermutigt durch die Gaza-Krise und sei anscheinend bereit, regionale Alliierte bis zum Ende kämpfen zu lassen, sein Atomprogramm auszubauen und die russische Aggression zu ermöglichen (was immer das heißen mag). Präziser wird Burns nicht in seinem Artikel.