Geimeinschaftserlebnis Kino

Kino + Film Die Probleme der Kinobranche haben nicht unbedingt die Konkurrenz von Online-Videotheken als Ursache sondern sind selbst gemachte Probleme.

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Eben war ich im Film "X".

Ein Filmteam mietet sich im Nebengebäude einer Farm im schwül-heißen Texas ein, um einen Pornofilm zu drehen. TEXAS CHAINSAW MASSACRE lässt grüßen. Kleine Anleihen gibt es auch bei TANZ DER TEUFEL, FREITAG DER DREIZEHNTE und SHINING. Das alte Ehepaar, das dort lebt, ist merkwürdig und die Oma ist sexsüchtig. Dann gibt es Morde und Leichen. Mehr verrate ich nicht.

Eingebetteter Medieninhalt

Der Film ist nicht schlecht. Man kann ihn schauen, es aber auch bleiben lassen. Die Tötungsszenen sind sparsam und einige Gewalteruptionen sind heftig. Bei Tötungsmethoden wie Nagel im Auge finde ich die Altersfreigabe ab 16 eher fragwürdig.

Wenn ich eben herausfinde, dass der Film bereits Anfang September im Heimkino veröffentlicht wird, frage ich mich schon, warum ich ins Kino gehen soll. Das Kino, in dem ich war, hat 99 Plätze. Die Leinwand ist in meinem Blickfeld in einer der hinteren Reihen nicht wesentlich größer als mein Fernsehbildschirm. Die Leinwand hat Flecken, die beim Film sehr störend wirken. In der Reihe hinter mir sitzen zwei junge Frauen, die mehrfach quatschen, telefonieren und Nachrichten schreiben und empfangen, was sehr lästige Töne absondert.

Die DVD wird mich in einer normalen Ausstattung ohne Blechhülle und ähnliche Extras schätzungweise 20 Euro kosten. Wenn ich warte, kann ich sie gebraucht vielleicht günstiger bekommen. Die einfache Kinokarte hätte mich 11 Euro gekostet. Mit einer Fünf-Sterne-Karte kostet mich der Eintritt 7,50 Euro und damit ist klar, bei welcher Kinokette ich war, ohne, dass ich es verraten muss.

Da stimmt Einiges nicht beim Preis-Leistungs-Verhältnis und da werde ich mir sehr genau überlegen, welche Filme ich noch im Kino schauen werde. Abgesehen vom dritten JURASSIC-WORD-Film, der im Juni starten wird, werde ich auf solche Gemeinschaftserlebnisse im Kino eher verzichten.

Das Gemeinschaftserlebnis Kino geht auch anders.

Es gibt zum Glück noch einige wenige Kinobetreiber, die Film und Kino als Kulturgut sehen und Filme als Kulturgut betreiben. Z.B. das Frankfurter Filmmuseum, wo ich am letzten Wochenende Costa-Gavras´ „Z“ in Anwesenheit des Regisseurs sah. Und ich freue mich nach drei Jahren mehr oder weniger Pandemie-bedingter Pause wieder auf NIPPON-CONNECTIN, das japanische Filmfestival. Hier ist das Publikum wesentlich angenehmer und zivilisierter und Kino ist tatsächlich noch Kultur und nicht nur Kommerz und Produkt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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