Wir Heimatlosen: Vom Gefühl, in den aktuellen Debatten nirgendwo zuhause zu sein

Distanz Früher galten wir als „kritisch“, heute nennt man uns „Versteher“. Ob Krieg oder Rassismus: Wir fremdeln mit der Öffentlichkeit. „Ambiguitätstoleranz“ hilft auch nicht mehr, und unser Kainsmal ist der Konservativismus
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 10/2024
Die Stachel dienen nur dem Schutz
Die Stachel dienen nur dem Schutz

Foto: Jeff Moore/Eyevine/Laif

Der Gedanke kam mir beim (verspäteten) Lesen von Daniela Kriens Die Liebe im Ernstfall. Der Roman handelt von fünf Frauen, die mit dem Mauerfall erwachsen geworden sind und in Leipzig leben. Zwei sind Schwestern, sie haben einen schwierigen Papa. Der war Musiker in der DDR, jetzt zweifelt er an der „spätkapitalistisch westlichen-liberalen Gesellschaft“ und fragt laut, ob die Demokratie wirklich die beste aller Staatsformen sei. Das ist einer, der sich selbst vermutlich als sächsischer Ketzer verstehen würde, und den andere, zum Beispiel der Vater seiner Enkelkinder aus dem Westen, umstandslos einen Rechten nennen. Nicht direkt er interessiert mich hier, sondern seine Tochter Jorinde, eine Schauspielerin. Sie kann sich in den aktuellen Debatten und Gesin