Das eigentliche Problem mit der Moralisierung von heute

Debatte Das „Gift der Moralisierung“, hat Michael Andrick neulich hier geschrieben, zerstöre unsere Gesellschaft. Falsch, sagt Michael Jäger – sie weicht aber den wirklich wichtigen moralischen Fragen aus
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 08/2024
Moralischer Rückwärtssalto: Für das Zeigen von Michelangelos „David“ wurde in den USA eine Lehrerin gekündigt
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Foto: Pond5 Images/Imago Images

Der Diagnose von Michael Andrick, dass mit der Moral etwas falsch läuft in unserer Gesellschaft, stimme ich sofort zu. Nur sehe ich nicht, dass er auch sagen kann, was falsch läuft, und auch sein analytisches Instrumentarium scheint mir nicht griffig zu sein. „Das Gift der Moralisierung“, sagt er, werde dann ausgespritzt, wenn eine Frage, die gar keine Moralfrage sei, in eine solche „unnötig“ „umgedeutet“ werde. Da fragt man sich gleich: Wer entscheidet denn, ob die Behandlung einer Frage als Moralfrage „unnötig“ ist oder nicht? Andrick meint, es gebe ein Kriterium: „Eine moralische Frage erkennen wir daran, dass wir sie nicht mit dem Verweis auf irgendjemandes Festlegungen beantworten können.“ Es ist wahr