Ukraine-Krieg: Schlechte Chancen für Mario Draghis Friedensplan

Meinung Der Friedensplan von Italiens Ministerpräsident Mario Draghi umfasst vieles, was offensichtlich ist. Trotzdem ist eine Einigung unwahrscheinlich – zumindest vorerst
Ausgabe 21/2022
Mario Draghi, Ministerpräsident Italiens
Mario Draghi, Ministerpräsident Italiens

Foto: Imago/Zuma Press

Wenn Russland geplant hat, die Ukraine in einer Art Blitzkrieg zu überwältigen, ist das gescheitert. Analog hat es im Westen, in Deutschland starke Kräfte gegeben, die das Entsetzen über den Krieg in die blitzschnelle Supermilitarisierung des öffentlichen Denkens und staatlichen Handelns zu überführen versuchten. Man hat jüngst tatsächlich schon gelesen, es könne ja zum amerikanisch-chinesischen Krieg kommen und dann müsse die EU den Krieg mit Russland allein führen.

Auch dieser hastige Wahnsinn bekommt nun Risse. Die Diplomatie kehrt langsam zurück. Schon weil der Ukraine-Krieg sich hinzieht, konnte das nicht ausbleiben. Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi legte jetzt in Washington einen Friedensplan in vier Punkten vor.

Der ganze Wahnsinn des Ukraine-Kriegs zeigt sich daran, dass sie sich alle von selbst verstehen. Sofortiger Waffenstillstand auf Basis der vorhandenen Fronten, überwacht vielleicht von der Türkei: Ihr könnten beide Seiten vertrauen. Dauerhafte militärische Neutralität und EU-Perspektive der Ukraine: Darüber schienen sich die Ukraine und Russland schon bald nach Kriegsbeginn einig zu sein.

Doch gab es wohl „Falken“ im Umkreis des US-Präsidenten, die das als Niederlage empfanden. Es hieß ja, Russland solle dauerhaft militärisch geschwächt, ja schon im jetzigen Krieg besiegt werden. Drittens, die territoriale Integrität der Ukraine wird wiederhergestellt, dafür erhalten die jetzt russisch besetzten Gebiete den Autonomiestatus. Dieser Status war schon in den Minsker Abkommen vereinbart, sie wurden aber von der Ukraine sabotiert, und der Westen spendete Beifall. Jetzt sollen die Ukraine und Russland noch einmal darum verhandeln, und mit demselben Ergebnis. So sinnlos ist dieser Krieg.

Am weitesten geht der vierte Punkt: Die EU, Russland und die Ukraine einigen sich auf eine neue europäische Sicherheitsarchitektur. In der Tat kann dieser Krieg nicht anders enden, soll nicht ein Folgekrieg und schließlich der nächste Weltkrieg vorprogrammiert werden. Gibt es irgendjemanden, der das nicht weiß? Aber so eine Architektur ist nur denkbar, wenn der Westen den Handel mit Russland wieder aufnimmt und wenn West und Ost aufhören, mit Sanktionen um sich zu werfen.

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Geschrieben von

Michael Jäger

Redakteur „Politik“ (Freier Mitarbeiter)

Michael Jäger studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. für poststrukturalistische Philosophie an der Universität Innsbruck inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

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