Papua-Neuguinea erscheint von Europa aus gesehen als weit abgelegener Ort. Dass es mal eine deutsche Kolonie war, ist hier längst vergessen. Für die Supermächte China und USA sieht die Sache anders aus. Sie haben die geostrategische Schlüsselposition des Landes für den Indopazifik im Blick. Papua-Neuguinea ist nicht nur das bevölkerungsreichste Land im Pazifik, mehr als doppelt so groß wie Neuseeland, sondern auch reich an Bodenschätzen, mit gut ausgebauten Häfen, gelegen an der Schnittstelle zwischen Asien und dem Pazifik. Kein Wunder, dass Chinesen und Amerikaner um die Gunst Papua-Neuguineas wetteifern.
Vor fünf Jahren besuchte Staatspräsident Xi Jinping den Inselstaat. Er wurde mit großem Pomp empfangen. Xi erhob bei seinem Bes
seinem Besuch die Beziehungen zu Papua-Neuguinea zur „umfassenden strategischen Partnerschaft“, höher geht es nicht in der chinesischen Diplomatie. Papua-Neuguinea gehört zu den Partnerländern der chinesischen Neue-Seidenstraße-Initiative. China investiert in Infrastrukturprojekte, baut Brücken, Straßen, Flughäfen, Stromnetze, Krankenhäuser, wenn auch bisher nur in bescheidenem Umfang. Einige chinesische Projekte wie der forcierte Ausbau der kleinen Daru-Insel in der Torres-Straße zwischen Australien und Papua-Neuguinea gingen allerdings schief, weil China wenig Rücksicht auf die strenge Regulierung der Fischerei in diesen Gewässern nehmen wollte. Allerdings konnte das die Beziehungen nicht wesentlich trüben.Treffen mit Xi Jinping in BangkokBei ihrem jüngsten Treffen in Bangkok im November 2022 versicherte Premierminister James Marape Xi Jinping, dass sein Land unverändert zur Ein-China-Politik stehe und keinerlei Absichten habe, mit Taiwan anzubandeln. Im Gegenzug bekräftigte Xi die chinesische Absicht, die Zusammenarbeit mit dem armen Inselstaat bei Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Infrastruktur, Katastrophenschutz und grüner Energie weiter auszubauen. China werde den Import von Produkten aus Papua-Neuguinea erweitern und künftig mehr dort investieren.US-Präsident Joe Biden musste seinen lange angekündigten Besuch im Mai absagen, die Querelen in der US-Haushaltspolitik hielten ihn in Washington fest. In Port Moresby, der Hauptstadt des Landes, kam das nicht gut an. Man hatte zum Biden-Besuch extra einen offiziellen Feiertag ausgerufen, der nun zur Enttäuschung der Inselbewohner ins Wasser fiel. Premierminister Marape verfolgt die offizielle außenpolitische Linie der Pazifikstaaten: „Freunde für alle, Feinde für niemanden“.Freie Fahrt für die U. S. NavyGern würde er mehr US-amerikanische Hilfe für den wirtschaftlichen Aufbau seines Landes bekommen. In Papua-Neuguinea leben noch immer 74 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft, die meisten davon als Subsistenzbauern. Bergbau wird in klassisch kolonialer Manier betrieben, ohne jede Verarbeitung werden die gewonnenen Rohstoffe exportiert, ebenso wie die Früchte der Kaffee-, Kakao- und Kopra-Plantagen.Mit China verhandelt die Regierung in Port Moresby über ein Freihandelsabkommen. Es sieht ganz so aus, als würde es bald unterzeichnet werden. Was Papua-Neuguinea exportiert – Kupfer, Gold, Erdöl, Flüssig-Erdgas, Kaffee und Kakao –, ist in China heiß begehrt. Das Land realisiert einen kräftigen Exportüberschuss, für China ist es also ein potenziell lukrativer Markt.Papua-Neuguineas Bindung an AustralienZu einem Sicherheitsabkommen, wie es die Salomonen, Papua-Neuguineas pazifische Nachbarn, mit China abgeschlossen haben, wird es jedoch nicht kommen. Dazu ist die alte Verbindung mit Australien zu stark. Australien war nach dem Ende der britischen beziehungsweise deutschen Kolonialherrschaft Mandatsmacht der Inseln, bis Papua-Neuguinea 1975 unabhängig wurde. Nach wie vor fließen erhebliche Summen an Hilfsgeldern aus Australien, in diesem Jahr werden es mehr als 600 Millionen Australische Dollar (etwa 365 Millionen Euro) sein.Amerikas und Australiens Hilfe beim Ausbau der noch immer kärglichen Infrastruktur des Inselstaats ist hochwillkommen. Die USA hatten schon 1944 einen ersten Militär- und Marinestützpunkt in Lombrum auf Manus Island errichtet, der derzeit ausgebaut wird. Weitere Stützpunkte sollen folgen.Der Kampf um Einfluss im Indopazifik geht also weiter – und Papua-Neuguineas Regierung nutzt die geostrategische Schlüsselstellung des Landes zum eigenen Vorteil, ohne sich zu sehr unter den Einfluss der einen oder der anderen Supermacht begeben zu wollen. Traditionell neigt das Land zu den vormaligen Schutzmächten, zu Australien und den USA. Chinas Werben lässt man sich durchaus gefallen, aber die USA haben die Nase vorn. Dafür spricht Premierminister James Marapes Ankündigung vor kurzem, man werde ein Sicherheitsabkommen mit den USA abschließen, das der U. S. Navy freie Fahrt in allen Gewässern des Inselstaats und Zugang zu allen Häfen wie Militärstützpunkten gewährt. Fortan werde man verstärkt bei der Überwachung des Seeverkehrs kooperieren. Offenbar haben die USA, trotz des verpatzten Besuchs, dem Inselstaat ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte.